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Sächsischer Landes-Anzeiger : 06.03.1890
- Erscheinungsdatum
- 1890-03-06
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-189003060
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18900306
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18900306
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1890
-
Monat
1890-03
- Tag 1890-03-06
-
Monat
1890-03
-
Jahr
1890
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 06.03.1890
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- Sächsischer LandeS-Anzeiger (Ehe«»itz«r »eneral-Attzetger). Nr. 54. — 6. März 18S0. ob die Staats- »nd Amtsanwältc nicht angewiesen tveroen könnte», den Polizeibehöide» auf deren Strafanzeigen kurze Nach richten zusammen zu lasten, ob die strafrechtliche Verfolgung eingrleitrt ist oder nicht. Jnstizministcr v. Schclliug: Nach de» überein stimmenden Aeußerungen der Oberstaatsanwälte erscheint eine der artige Mittheilung nicht räthlich. Mg. I)r. Gerl ich (frcicons.) meinte, im Interesse einer Erleichterung de- Dienstes der Amtsvor- stehcr tvärc die Ertheilung eine» k>,rzcn Bescheides wohl erwünscht. Abg. Or. Grimm (uat.-lib.) wünschte eine Verbesserung der Lage der Actnare, die in großer Zahl Jahre lang unentgeltlich für de» Staat arbeiten müssen. Die Folge sei dann nicht selten, das; diese Leute unter dem collectivcn Begriss „Sorialdemokratcn" erscheinen. Abg. Bachem (Clr.) wünschte Verbesserung der Lage der Actnare in der Rheinprovinz durch Errichtung neuer Gcrichtsschreiberstelien. Geh. Rath Eich Holz erwiderte, die Stellenvermehrnng sei sür den nächsten Etat in Aussicht genommen. Der Nest der ordentlichen Ausgaben wurde genehmigt und daun die Sitzung ans Mittwoch 11 Uhr ver tagt. (Anträge und Petitionen.) Oesterreich-Nttgani. Das ungarische Abgeordnetenhaus ge nehmigte nach kurzer Debatte den Gesetzentwurf, bezüglich der Er richtung eines Denkmals sür Andrassh auf Staatskosten. Nur die äußerste Linke stimmte dagegen. Die Redner feierten Andrassh vor wiegend als Schöpfer des deutschen Bünduisscs und drückte» die Hoff nung ans, dasselbe werde auch in Zukunft cine Schutzwehr des enrv päischen Friedens bleiben. Italien. Wie aus Rom gemeldet wird, genehmigte die Kammer mit 210 gegen 25 Stimme» die Vorlage, die Apanage des Herzogs von Aosta seiner Familie zuzuerkennen. — Crispi legte den Friedens und Handelsvertrag mit dem Sultan von Hanssa vor. Frankreich. Der Rücktritt des bisherigen Ministers des Znneru, Constans, und seine Ersetzung durch den radical angehauchte» Pariser Advocalen Bourgeois hat diesmal noch nicht zu einer allge meinen Ministerknsis Anlaß gegeben, obwohl die Freunde des Herrn Constans sich rechtschaffene Muhe gaben, dem Premierminister Tirard den Boden unter den Füße» fortzuziehcn. Mit 249 gegen 200 Stimmen bewilligte die Depntirtenkauimer aber den» Cadinet ein Ver trauensvvtum, indem sie zugleich die Uebcrzengnng aussprach, die Regierung werde eine entschieden republikanische Politik verfolgen, Trotz dieses Kammersieges, den cs dc» Radikalen zu danken hat, ist aber die Lage des Ministeriums Tirard recht fatal. Es befindet sich zwischen zwei Stühlen. Thnt es jetzt nicht, was die Radikalen wollen, so wird es bei der ersten passenden Gelegenheit von de» Radicalen über den Hansen geworfen. Und läßt es sich von den Radikalen leite», so erhält cs die Opportunisten zu Gegnern. Der Anfang vom Ende des Cabinets Tirard scheint also gekommen zu sein, Dank der Uneinigkeit der Republikaner. Ein Jahr ziemlich hat die Einigkeit unter den Republikanern glücklich gedauert. Jetzt ist cs damit zu Ende. Die Pariser Blätter aller Parteien sind den» auch darin einig, daß die Stellung der Regierung vollständig erschüttert bleibe. Das Journal des Debats bemerkt, selten habe ei» parlamen tarisches Eabinet ein kläglicheres Schauspiel gegeben, als jetzt das Ministerium Tirard. Frankreich habe in Wahrheit seil Montag eine neue Negierung unter dem Präsidium des Ministers Bourgeois, der wieder von den radicalen Führern Clemenceau und Flvgnet geleitet werde. Bester wäre es schon gewesen, mit dem ganzen Cabinct ein Ende zu machen. — Die französische» Trupoen in Senegambicn haben ben schwarzen Soldaten des Königs von Dahomeh, der die französische Colonie angegriffen hatte, eine erhebliche Niederlage bei- gcbracht. England. Im Parlament zanken sich jetzt die Parteien um Geschäflsocrnnnzsfrageu herum. Interesse für anßcrenglische Kccise haben dieselben nicht. — Großbritannien wird auf der Berliner Arbeilerschntzconfcrenz durch drei Abgesandte ans den Kreisen der Arbeitgeber vertreten sein. — Die britische südafrikanische Gesell schaft wird sich mit der afrikanischen Seeengcsellschast vereinigen. Das Terrain der Sceengesellschast ist es, welches man Portugal svrtgc- nommen hat. — Die englische» Kvhlengrnbenarbcitcc haben jetzt definitiv beschlossen, am 15. März ausnahmslos die Arbeit niederznlegcn, wenn ihnen nicht die geforderte Lohnerhöhung bewilligt wird. Orient. Zwischen Serbien und Bulgarien sind wieder einmal, wie schon östcr, kleine Zänkereien ansgebrochen, zu welchen das Auftreten des bulgarischen Vertreters in Belgrad, der sich allerlei heransgcnommen haben soll, Anlaß gegeben zu haben scheint. Ans der anderen Seite klagt die bulgarische Negierung über das nngenirte Treiben panslawistischcr Agenten in Serbien, die dort bei Hellem Tage ungchindcrt gegen Bulgarien conspirirtc». Solche Streitereien sind, wie gesagt, schon ziemlich hänsig dagcwesen, und sie haben nicht die allermindeste größere Bcd-utnng. — Vorige Woche hatte die bulgarische Regierung auf Grund der bei den Thcilnehmern der letzte» Verschwörung beschlagnahmten Papiere bekanntlich constatiren „Ganz gict, aber cs ist bekannt, daß er seiner Zeit Unsummen in Jnwclcn angelegt, die er förmlich aufgehäust. Bei seiner Flucht nahm ec mehrere Kasten voll kostbarer Edelsteine, großer Perlen und so weiter mit sich . . ." „Und hat sic verkauft oder thnt es noch, wollen Sic sagen? Aber wo, wenn ich bitten darf? Haben Sie seit seiner Anwesenheit in Frankrcich je von einen, größeren Jnwclenkanf oder Verkauf ge hört? So etwas macht doch von sich reden, wenn cs in größerem Umfange geschieht — schon der Geschäftsinhaber, welcher einen solchen bcmerkcnswcthen Ankauf macht, läßt cs doch in seinem Interesse, um s.nncr Kundschaft und seines Gcschästsrnhmes willen laut werden!" „So zweifeln Sie an diesem Jnwelcnbesitz?" „Ganz bestimmt." „Viele glaubwürdige Personen aber haben ihn in Tunis bei Mnrad, den sie dort besuchten, gesehen — unter Anderem der sran- zvsischc Consul, der mir selost davon erzählt. Mnrad zeigte ihm, um damit zu prunken, seinen Jnwclenreichthn,», drei Cassetten voll, dar unter Stücke von hochbcdentendem Werth." „Ich bestreite nicht, daß Mnrad sie besessen hat, aber — aber cr hat sie nicht mit nach Frankreich gebracht, sondern unterwcgs eingcbüßt." „Wie? Ist cs möglich?" „Nicht nur möglich, sondern Thalsache. Ec ist seiner Schätze ans tcr Reise beraubt worden." „Wie das?" „Ich crsuhr die Sache von einem Schifsscapitän, mit dem ich mich ans meiner erwähnte» Reise in Gesellschaft eben desselben Fran zosen ans Tunis befand, von dem ich zu Ihnen vorher sprach. Der Cipitän selbst war eigentlich die Ursache, daß wir ans Mnrad zu spreche» kamen, indem ec sich bei mir nach dem Ergehen desselben erkundigte, als cr Hörle, daß ich ans Paris kam. Der alte Seemann cvmmandirlc srühcr einen kleinen Küstcndampser, de» „Tripolis", ans welchem Mnrad seine Flucht ans Tunis bewerkstelligte, nur begleitet voa seinem Sekretär Sirasti und einer sehr schönen jungen Dame. Die Reisenden litten Schissbrnch, retteten sich jedoch sammt der Mann,.hast aus eine tunesische Insel — auf dieser aber sind sic von einer Arabcrlruppe überfallen und vollständig ausgeplündcrt worden." Fortsetzung folgt- lassen, daß ein russischer General unterwegs »ach Bulgarien gewesen sei, uni die Diktatur im Falle des Gelingens der Erhebung zu über nehmen. Jetzt erklärt das Petersburger Journal, von dieser ganzen Erklärung sei kein Wort wahr. Die Antwort darauf wird wohl aus Bulgarien kommen. Afrika. Major Wißmann's Vertreter, Major Liebert vom Großen Generalstabe i» Berlin, ist mit 23 deutschen Osficieren, welche i» die Schntzlruppe cinlrcte» sollen, in Zanzibar eingetrosfcn — Für die deutsche Schntztruppe in Ostafrika finden seit einiger Zeit erhebliche Neuanwerbnngen in Aegypten statt. Seit Mitte Februar werden in Kairo etwa tausend Mann einexcrcirt, hauptsächlich Sudanesen, darunter ein Thcil der Leute Emin Pascha's. Das ge sammle angcworbene Contingent beläuft sich ans 1500 Mann, welche am 10. März von Aegypten nach Zanzibar abgehen werden. — Von Or. Peters weiß man etwas Gewisses immer noch nicht. Die Nach licht, daß französische Missionare mit Vv. Peters am Tana znsammen- gctroffen seien, die wir schon Ende Januar als falsch bezeichneten wird nun auch durch das folgende bei dem Emin-Pascha-Comitee in Berlin eingetroffene Telegramm aus Zanzibar widerlegt: „Englische, sowie französische Meldung durchaus unrichtig, verwechselte» mich mit Peters. Derselbe ist vermnthlich in Kavirondo (Bucht des Victoria Nyanza). Ich sende durch Uganda-Missionäre Nachricht an Peters Borchert." Vom Landtage. Die 2. Kammer verwies am 4. März zunächst das Dekret be treffs eines Uebereinkommens mit der schwarzbnrg-rudolstädtische» Re gicrnng über die Vollstreckung von Gefängnißstrafen an die Finanz- depntation .4, und genehmigte hierauf den Etat der Gcnsdarmerie- Anstalt. Zum Capitel Polizci-Directio» Dresden (Präsid.nit Haber körn hatte den VorsitzZnnterdeß an den Vicepräsidenten Streit abge geben) bemerkte der Berichterstatter v. Oehlschlägel, daß sich die Deputation mit de», zwischen der Stadt Dresden und der Regierung bezüglich der Einverleibung von Strehlen und Zschertnitz getroffenen Uebereinkommen, wonach Dresden künftig eine» weiteren Beitrag von 20,000 Mk. jährlich zu den Kosten der städtischen Polizciverwaltung zu zahlen habe, nicht für befriedigt erklären könne, sonder» Ablehn ung bcanlragt. Der Beitrag der Stadt Dresden zu den Gstammt- kosten der Polizei betrage jetzt nur 12 Procent; eS sei deshalb an der Zeit, eine Aendecnng dieses Vertrags eintrete» zu lassen. Abg. Kaden beschwerte sich hierbei über das gegen die socialdemo kratischen Bcrrnfserklärnngcn gerichtete Polizeiverbot von Vertheilnng von Druckschriften ans öffentlichen Straßen rc. Nicht die Soeialdemo- kratie habe den Boykott hecanfbeschworen, sondern die heute dominiren- den Parteien »nd die Negierung selbst. Fälschlich sei behauptet worden, daß bei dem Bertheilcn von Flugblättern erst durch das Einschreiten der Polizei ein Tumult verhütet worden sei. Im G-genthcil: ge rade von Unlecofsicieren und Feldwebeln des Schüßen- und G.irderciter- Regiments seien die Leute gerempelt und anfgesordert worden, Krawall anznfangcn. (Präs. Streit mach e den Rebner hierbei darauf aufmerksam, saß er Beschnlbigungen gegen Mitglieder des Heeres aussprcchc und dieselben nach Befinden werde beweisen müssen.) Abg. Kaden: Das Kri gsminifterinm verhänge gegen jeeen Geschäfts mann, der socialdemokraiisch angehaucht sei, das Militärvcrbot. Hierbei erkläre die Militärverwaltung, sie bekomme ihre Instructionen von den Polizeibehörden. Da das Kriegsministerinm selbst das Boykott-System in ausgedehntem Maße handhabe, könne ec also mit vollem Rechte die frühere Behauptung des Ministers des Innern zurückweisen, daß die Socialdemokraten die Urheber dieses Verfahrens seien und zu ihren Parteizwecken den Leuten die ehrliche Nahrung entziehen. Abg. Opitz: Bei den Socialdcniokraten sei der Zweck des Boykottirens die Verfolgung ihrer Partciabsichten und die Vernichtung derbürgerlichcn Existenz Anderer,den Militärverbotcn aber liege die berech tigte Absicht zu Grunde, die Disciplin innerhalb des Heeres ausrecht zu erhallen. Abg.Bebel: Es sei ihm intec.ssa- t, zu erfahren, daß dicStadt Dresden trotz des großcnBeitrages des Staates zu denKvste» derPol zei zeitweise ohne polizeilichen Schutz sei. Gegen den hohen Staats- znschnß werde er auch diesmal stimme». Den Militärbehörden sei cs mit den Militärverbvte» nur um cine Schädigung der betreffen de» Geschäftsleute zu thnn, nicht um die Ansrechtcrhaltnng der Disciplin. (Präs. Streit ruft den Redner zur Ordnung. Der Mili tärbehörde läge cine solche Absicht fern.) Bebel: Ich werde das erst glauben, wenn es der Herr Kricgsminister selbst sagt. Der Herr Präsident ist mir sür cine solche Erklärung nicht kompetent. (Präs. Streit verbat sich jede Kritik und wiederholte dies, als Abg. Bebel nochmals äußerte, der Präsident überschreite seine Function.) Abg. Bebel (fvrtfahrend): Der so schmachvoll geendete „pflicht treue Beamte" Comnnssar Paul sei cs ganz besonders gewesen, der in dieser Art Ger Bekämpfung der Socialdemvkratie cine Stärke ge sucht habe. Die Lumpereien, die derselbe seit zehn Jahren ausgesührt, seien auch den oberen Behörden bekannt gewesen. Man habe sich nur gewundert, daß sie es so hingehen ließen, bis endlich die Kata strophe cintrat. Hierein sei auch der Herr Polizeipräsident mit ver wickelt, der sich mit dem Commissar Panl so weit eingelassen habe, wie ein hoher Beamter es ni cht thnn dürfte. Man habe mehr Nach sicht gehabt, als zu billigen sei. Die Becanlassnng zu den zahl reichen Miliiärverboten sei bei den Behörden übrigens die Erwägung gewesen: „Wenn wir es dahin bringen, daß die Wirthe ihre Locale den Socialdemokraten verweigern, so sind wir der Eventualitäl ent hoben, die Versammlungen zu verbieten." Staatsminister v. Nostitz- Wallwitz: Eine Verrufserklärung jeder Art sei mit den Grundsätzen der Gewerbeordnung unvereinbar. Wenn die Polizei diesen Verrufs- crklärnngcn cnlgcgenwirke, thue sie nur ihre Pflicht. Er begreife nicht, wie man die Berrufserklärnngen mit den Militärvcrboten in Ver bindung bringen könne. Die Militärbehörde handle einfach in der Erfüllung einer ihr obliegenden Pflicht. Der frühere Commissar Paul stehe jetzt vor einem höheren Richter. Er nehme deshalb Anstalt, zu seiner Entschuldigung oder zu seiner Vcrurtheilung etwas zu sagen. Es handle sich lediglich darum, ob die Vorgesetzte Behörde ihre Pflicht gethan, oder gegen ihre Pflicht Nachsicht ge übt. Die Sache sei jetzt zu einer Art Staatsaction aufgebanscht. In socialdemokralischcn und freisinnigen Blättern sei der Commissar Paul als besonderer Liebling des Ministers bezeichnet und daran die Vermnthung ans eine bevorstehende Acnderung in der Leitung dcs Ministeriums geknüpft worden. Wenn eine solche Aendcrung cintrcten solle, sei Niemand mehr erfreut darüber als cr, denn cr würde dann seine Zeit besser anwcnden können, als Reden anhören, die doch nur zum Fenster hinausgesprochen werden. Den Commissar Panl aber habe er nur zweimal gesprochen und ans der Straße würde cr ihn kaum erkannt haben. Tie Behörden hätten wohl ge wußt, daß derselbe Schnloen habe, aber nie sei eine Beschwerde über denselben an die Behörden gekommen. An dem ersten Tage, wo ihm gesagt worden, daß der Comnnssar Panl angetrunken öffentlich ge sehen worden sei, habe cr den Polizeipräsidenten zu sich kommen lassen und gesagt, daß Panl aus dem Dienst entlassen werden solle. Das sei zwei Tage nachher geschehe». Der Commissar Paul sei übrigens selbst in der socialdemokcatische» Presse als ein gntmüthiger Mensch bezeichnet worden: von einem solchen dürfe man doch wohl kaum voraussetzen, daß cr es als Sport betreibt, den Socia^ demokcaten die Versammlung'locale zu entziehen. Der Boykott sek nicht nur gegen Wirthe geübt worden, sondern man habe soaaH Barbiere genöthigt, socialdem akratische Blätter zu lalteu. Bezüglich Strehlens bedauerte der Minister di« durch den Antrag der Depn-j tation bewirkte Verzögerung der Einverleibung. Wenn di« Stadt in dieser Frage entgegcnkäme, wäre es der Negierung sehr angenehm^ Abg. Bebel: Erst in der Nolhwehr sei die Socialdemokratie zunr- Boykott geschritten. Daß diese Maßregel gegen die Ge verbeordnung verstoße, bestreite er, denn erst auf «ine gegentheilige Entscheidung- des Oberlandesgcrichts hin habe sich die Socialdemolratie zu diesen»' Vorgehen entschlossen. Die Angelegenheit dcs Commissars Paul habe cr erst ans die Provocation des Abg. Opitz hin zur Charakterisirung der Dresdner Verhältnisse vorgebracht. Es sei kein Zweifel, daß derselbe die treibende Feder zu de» gegen die Socialdemvkratie gerichteten Maßregeln gewesen. Er zweifle nicht daran, daß der Minister nichts von dem Treiben Panl's gewußt habe, seine Partei aber sei seit vielen Jahren über das Privatleben desselben und auch seine ChesS aus's Best« unterrichtet »nd man habe Vergleiche zwischen dem Privatleben und de^ öffentlichen Stellung angestellt. (Präs. Streit schneidet die weitere» Aus lassungen dcs Redners mit dem Bemerken ab, daß er die Beleidigungen^ dcs Herrn Polizeipräsidenten als nicht schicklich znrückweise» müsse.)' KriegSministcr Graf v. Fabrice: Der Berns der Armee sei, Stellung, Macht, Ansehen »nd Besitz dcs Vaterlandes »ach Außen zu sichern» im Inner» aber Ruhe, Gesetz und Ordnung zu gewährleisten. Dieser Berns der Armee stehe im grellen Gegensatz zu den Bestrebungen der socialdemokratische» Partei. Ec wolle sich daher nur auf di« Erklärung beschränke», daß die verschiedenen Militärverbote seitens der Militärbehörden im Einverständniß mit dem Ministerium erfolgt seien, und daß das Ministerium dafür die Verantwortung übernimmt. Der Abg. Kaden habe Beschuldigungen gegen Unterofficiere deS Schützen- und Gardereiter-Regiments ausgesprochen. Nach tz 14 d«( Landtagso dnnng sei der Betreffende verpflichtet, ans Verlangen der Regierung die Namen der Personen anzngeben. Er ersuche den Abg.s Kaden hierum, dann werde sich Herausstellen, aus welcher Seite dies Veranlassung zu den Tumulten zu suchen sei. Er sei überzeugt, daß- die Unterofficiere sich nicht ohne Veranlassung den Unwillen jener! Herren zngezogen hätte». Nachdem ein Antrag ans Schluß der- Debatte zur Annahme gelangt, versagte die Kammer gegen 14 Stimmen dem Vertrag wegen der Einverleibung Strehlens ihre Zustimmung» und bewilligte gegen die 8 Stimmen der Socialdemokraten den Etak der Dresdner Polizei. — Zum Capitel „Medicinaleinrichtungen" be. sürworlcte Abg. Klein in warm die Einrichtung eines Gesundheits- Museums. Abg. Wetzl ich bat, schärfer gegen das G.'heiminittel- »nwesen vorzugehen. Geheimer Reg.-Rath Schmiedel entgegncte, dieser Wunsch sei bereits verwirklich,, indem durch das Landes- Mcdicinal-Collcginm Geheimmittel unlecsncht und ihre Zusammen setzung bekannt gegeben werde. Znm Capitel „Thierärztliche Hoch schule" plaidirle Abg. Horst für die möglichste Beschränkung der Viviscclivn. Geh. Rath v. Charpentier entgcgnets, daß bereits früher in diesem Sinne Verfügungen erlasse» worden seien. Schließ-- lich wünschte Abg. v. Oehlschlägel noch, daß die staatlichen Organe dcs Bctcrinärwesens in möglich enge Beziehungen zu den Thierärzte» treten möchten. Staatsminister v. Nostitz-Wallwitz sicherte zu, die Anregungen in Erwägung zu ziehen. Schließlich gelangte d.r ge-, iammte Etat dcs Polizei- und Medicinalwcjens zur Annahme. In der 1. Kammer gelangten am 4 März ausschließlich Bitt schriften zur Schlußberatynng. Entsprechend den Beschlüssen der 2. Kammer ließ das Hans n. A. die Beschwerde und Petition dest Herrn F. W. Nestler n. Gen. in Kappel, die Zusammensetzung des dortigen Gemeindcvorstandes betreffend, ohne Debatte und eiustinnnim auf sich beruhen. Laut Anzeige der 4. Deputation wurden auf Grund des tz 23 der Landtagsordnung die Petitionen des Berginvalide» Wigelt in Nicderwürschnitz b. Slollberg, der Wiitwe Wetzlich in Kamenz, des Gutsbesitzers Doberanz in Wenigossa, deS Ehregott Zenker in Tharandt, des Auszüglers Ziescha,g in Ucvigan b. Großen hain, des Markthelfcrs Gcetcr und Schleget's in Chemnitz für unzulässig erklärt. Die Wahl de? Chemnitzer Abgeordneten für die 2. Kammer, Herrn Engen Esche, ist für giltig erklärt worden. Sächsisches. — Dresden. Ein hiesiger, 40 Jahre alter Gewerbtreibende» prang in der Nacht znm Montag o^12 llhc von der Augnstns- brücke in die Elbe, um sich zu ertränke», schlug aber ans den Pfeiler ans und blieb mit dem Kvpfe und Oberkörper ans dem Pfeiler tvdt liege». Wegen des starken Eisganges war cs nicht möglich, mit! dem Ncltnngskahne heranznkominen. Ein Fenerwehnnann NamcnS Wagner 11. ließ sich an einem Seile, weiches er an seinem Gurte befestigte, in die Tiefe hinab. Lange Zeit hckte er z» a.beiten, che cr den regungslosen Körper aus dem Wasser brachte „ad so befestigen konnte, daß man den Todten ans die Brücke ziehen lonnte. Al ber mnthige Feuerwehrmann selbst wieder die Brücke erstiegen hatte, brachte ihm das i» Massen angesam,necke Passantcnvnblicn.n ein Hoch aus und veranstaltete sofort eine Gelbsammlunz sür denselben, die ziemtich reichlich aussiel. Der Leichnam ward nach dem Fried- Hose übergefühlt. Bautzen. Am 28. v. M. sind die der Gutsbesitzerin Wil- helmiue verehcl. Hilbenz in Guttan gehörige Scheune, sowie das Stall- und Schnppengcbände durch Feuer zerstört worden. Nach dem der Brand bewältigt war, gcrieth das Auszugswvhngcbände des- elben Gehöftes am 1. d. M. in Brand und ist dasselbe ebenfalls zerstört worden. — Leipzig, 4. März. In einer gestern Abend hier stattge- undcnen Versammlung der Tapezirer theilte der Vertrauensmann mit, daß nur 4 Arbeitgeber aus die seitens der Gehilfen gestellte» Forderungen (Ostündige Arbeitszeit bei 37 Pfg. Mindcststnndenlohn. 25pror. Lohnzuschlag für Ucberstunden, 50proc. für Sonntags- »nd lOOprocentige» sür 'Nachtarbeit, Auslösung von 1—2 Mk. bei Land arbeit und Einführung der 14tägigen Kündigungsfrist) cingcgangen seien, die übrigen aber ablehnend sich verhalten hätten, während nach Angabe des Vorsitzenden des Jnnnngsansschnsses, der ebenfalls mit der Innung wegen der gedachten Forderungen verhandelt hat, von der Innung nur die Bewilligung einer lOstündige» Arbeitszeit bei 30 Pfg. Stnndenlohn zugebilligt worden ist. Es wnrdc die Aufrecht- crhaltung der gestellten Forderungen und für überall da, wo selbige nicht bewilligt werden sollten, Einstellung der Arbeit sür nächsten Sonnabend beschlossen. 148 Gehilfen verpflichteten sich sofort namcns- unterschrifllich zur Bethcilignng an dem allen Anschein »ach gar nicht zu vermeidenden Streik. — Lengefcld. Pastor Göllnitz hier erhielt das Ritterkreuz 1. Classe vom Verdienstorden. —X Hartmannsdorf. Bei hiesiger Sparcasse wurden in» Monate Februar 10,789 Mk. 62 Pfg. in 136 Posten eiugezahlt uni» 5061 Mk. in 31 Posten zurückgezahlt. — In Burkhard tsdorf wurde am Sonntag, den 2. Mär^ eine von 600 Wirkern besucht« Versammlung abgehalten, «elchr aiq Antrag einer Deputation des Chemnitzer Verbandes beschloß, eine» '
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