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Sächsischer Landes-Anzeiger : 13.11.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-11-13
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-188811135
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18881113
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18881113
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1888
-
Monat
1888-11
- Tag 1888-11-13
-
Monat
1888-11
-
Jahr
1888
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 13.11.1888
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Nr. 205. — 8. Jahrgang. Der jeden Wochentag Abend (mit Dalum dcS folgenden TagcS) zur Versendung gelangende „Sächsische LandeS-Anzciger" »nt täglich einem Extra-Beiblatt: 1. Kleine Botschaft L. Sächsischer Erzähler ö. Sächsische GerichtSzeitnng 4. Sächsisches Allerlei b. JlluslrirtcS UnterhaltniigSVIatt 6. Soiintagsblatt 7. Lustiges Bilderbuch lostet bei den Ausgabestelle» monatlich 70 Psg., bei ten Post-Anstalten 7> Psg. (Pvst-Zeitungö-Prciöliste Nr. 6035.) Sächsischer Unparteiische tägliche Zeitung für Sachsen und Thüringen. Verlattö-Expedition: Alexander Wiede, Bnchdrn«kerek, Chemnitz, Theaterstrake Nr. 5. Fernsprech-Anschluß Nr- 136. — Telegramm-Adresse: Landes-Anzeiger, Chemnitz DienStag, 13. November 1888. Bon de» Haiiptblättern des „Sächsischen Laudcs-Anzeigcrs" erscheint (ohne dessen tägliche Erlra-Beiblätter) eine billigere Sonder-AnSgabc unter dem Titel: Chemnitzer General-Anzeiger sür monatlich nur 60 Pfg. mit Zntrage»; außerhalb Chemnitz monatl. 67 Ps. m. grr. (Zeitungs-Preisliste 0. Nachte. Nr. IAO».) FürAbonncnten erscheint jecinnial iniJahr. lsommer-Cisenbalnisahrplanhest ftir Lanist»: Wt»ker-Eise»bah»fahr>>ia»hcst siir Lachsen. Zitlistr. Katciidrr öes Sächsischen Lnnöboten. JlliislrirlesZnhrcsbuchoesLatchcS-Äiizetgexs. Anzeigenpreis: Nanm einer schmalen Corvnszcile t en EinrücknngSbctrag (in Briesinnrken) besingen isc 6 Silbni'Corpnsschriil 2ie Anzeige» sindcu ohne Prcisaufschlag gleichzeitig Verbreitung durch 16 Psg. — Bevorzugte Stelle (Ispnltige Petitzcilc) 30 Pfg. — Be, Wiederholung großer plnzcigcn Preisermäßigung. — Bei Bestellungen von Auswärts wolle man bilden ca. 1 Zeile.) — Anzeige» können nur bis Vormittag angenommen werden, da Druck und Verbreitung der großen Auslage längere Zeit erfordern. — Verbreitung durch den „Chemnitzer General-Anzeiger" (billigere Sonder-Ausgabe der Hauvtblätter des „Sächsischen Landes-Anzeigers" ohne dessen tägliche Extra-Beiblätter.) Aiiltskttichtliche Bekanntmachungen. Ja, Handelsregister für den Stadtbezirk des untcrzcichncten Amtsgerichts wurde heute auf Folmm 3180 die Firma H. M. Baden (Voststraße Nr. 1) eingetragen und zugleich verlanlbart, daß Fran Helene Marie verehcl. Baden geb. Delling daselbst, Besitzerin eines Wäsche- nnd Konfektionsgeschäfts, In haberin der Firma, der Kaufmann Herr Salomo», genannt Alex Baden, aber Prokurist dieser Firma ist. Chemnitz, am 0. November 1888. Königliches Amtsgericht. Im Handelsregister sür den Landbezirk des untcrzcichnctc» Amtsgerichts wurde heute ans Folinm 117 verlantbart, daß der Kaufmann Herr Clemens Richard Riehlc ans der Handelsgesellschaft unter der Firma Richard FricbelS Nachfolger in Siegmar als Thcilhaber ansgeschicdcn ist, daß der seitherige Mitinhaber dieser Firma, der Kaufmann Herr Georg Adolf Kicker in Siegmar, das Handclsgeschäst der ansgclöstcn Gesellschaft unter der bisherige» Firma sortsührt und daß Herrn Friedrich Gustav Richard Holsert sür die genannte Firma Prokura crthcilt worden ist Chemnitz, am 0. November l888. Königliches Amtsgericht. Das im Grnndbuchc auf de» Namen Emil Hugo Muster eingetragene Grundstück, Wohn- und Stallgebände, sowie Baustelle Nr. l07 des Flurbuchs, Sir. 18 des Braudkatasters, Folinm 193 des Grundbuchs für Altchcmnitz. ge schätzt ans 6600 M., soll im hiesigen Amtsgericht zwangsweise versteigert werden nnd ist der 14. December >888, Vormittags >0 Uhr, als Anmelde- terniin, ferner der 29. December 1888, Vormittags >O UHr, als Vcrstcigernngs- termin, sowie der 8. Januar 1889, Vormittags 10 Uhr, als Termin zu Ver kündung des Vcrthcilnngsplans anberanmt worden. Die Realbeicchtigten werden anfgefordcrt, die ans dem Grundstücke lastenden Rückstände an ivieder- kchrenden Leistungen, sowie Kostenforderunge», spätestens in, Anmeldctermine zu melde». Eine Ucbcrsicht der ans dem Grundstücke lastenden Ansprüchen nnd ihres Rangvcrhältnisscs kann nach dem Anmeldetcrmine in der Gerichts- schrcibcrci des Unterzeichneten Amtsgerichts Angesehen werden. Chemnitz, am 6. November 1888. Königliches Amtsgericht. Im Handelsregister für den Stadtbezirk des Unterzeichneten Amtsgerichts wurde heute aus Folinm 318l die Firma N. Giebner i» Chemnitz (Thcater- straße Nr. 32) und als deren Inhaber der Kaufmann Herr August Richard Giebner daselbst, Besitzer eines Handelsgeschäfts mit Fahrrädern nnd HanS- wirthschaftsmaschinen, eingetragen. Chemnitz, am 9. November 1888. Königliches Amtsgericht. Im Handelsregister für den Stadtbezirk des nnterzcichnctcn Amtsgerichts wurde heute ans Fvlium 3182 die Firma Hugo Göckcritz in Chemnitz (Kascrncnstrnße Nr. II) und als deren Inhaber der Kaufmann Herr Hugo Göckeritz daselbst, Besitzer eines Tricotagcn-FabrikaliousgcschüfteS, eingetragen. Chemnitz, am 9. November 1888. Königliches Amtsgericht. Neueste Nachrichten. Rom, 11. November. Die „Rifvrma" bringt die überraschende Nachricht, der heute Nacht abreiscnde Botschafter Nigra überbringe dem Grafen Kalnvki den Annunziata-Orden, die höchste italienische Dekoration, welche den Dekvrirten zum Vetter des Königs macht. Ncwyork, 11. November. Gestern brach in Rochcster (Staat Newhork) in einer Manvineterfabrik Feuer ans. Die in der Fabrik Beschäftigteil versuchten sich zu retten, indem sie durch die Fenster sprangen, 12 Personen wurden jedoch durch den Einsturz der Fabrik gctödtet nnd 20 verwundet. Man glaubt, daß 21 weitere Personen, die noch fehlen, unter den Trümmern begraben sind. Berlin, 12. Nov. (Drahtnachricht unseres Anzeigers.) Der deutsch-schweizerische Handels-Vertrag ist gestern hier unterzeichnet worden. Madrid, 12. Nov. (Drahtnachricht unseres Anzeigers.) Die feindlichen Kundgebungen vor dem Clublocale der Conservaiwen crncncrlcn sich gestern Abend. Gegen den Wagen der Ge mahlin Canovas wurden Steine geworfen. Studenten und Arbeiter durchzogen die Straßen mit dom Rnie: „Nieder mit den Conservativcn! Es lebe die Republik! ES lebe Zvrilla!" Bvr dein Hanse des Republikaners Sanlanarla dcmvnsirirlen etwa 100 Republikaner, theilwcisc mit Stöcken und Flinte» bewaffnet. Die Truppen waren in Bereitschaft gesetzt; Gendarmen palronillirlcn ans den Hanptplätzen. Der conservativc Club erließ einen Protest gegen die Vorkommnisse. Der Pfarr-Heinrich. Novelle von Theodor Winkler. Fortsetzung. Nachdruck verboten. „Sie wünschen sich also mit dem Herr» Hanptmann zu schlagen?" „Zu schlagen? Sie meinen ein Duell? Nein, Herr Rittmeister. Das würde ein schlechter Witz sein, mir Gcnngthnniig zu schaffe»! In Ihren Kreisen mag dieses Mittel beliebt sein, ich aber erkläre cs sür eine sinnlose Komödie." Der Rittmeister zuckte mit einer ganz spöttischen Miene die Achseln. „Nun, was verlangen Sie?" „Alles, was ein Mensch geben kann, »»> eine solche Büberei in den Augen der Welt wieder gut zu machen." „Und was verstehen Sic darunter?" Osten schwieg eine Weile nnd schien mit einem aufwallenden Uiimnth zu kämpfe». „Nun, mein Herr Rittmeister, wenn es Ihnen Ihr Gefühl für Recht und Pflicht nicht sagt, so will ich es Ihnen sagen: Der Haupt mann v. Holdvrff hat sich unverzüglich zu der Dame zu begeben, der er die Ehe llbrsprvchcn, nhre Verzeihung zu erbitten und sein Gslöbniß zu erfüllen ..." V. Der Rittmeister sprang bei vjescn Worten von seinem Stuhl ans. „Mein Herr, Ihren beleidigenden Bemerkungen habe ich bisher die Nachsicht entgegengesetzt, die Sie zu verdienen scheinen. Ein so tolles Ansinnen aller kann ich nur wie einen schlechten Witz anfsassen." „Thun Sie, Ivos Sie für gut finden. Wenn meine Forde rung über den Horizont Ihrer Begriffe von Recht und Billigkeit geht, so wundert mich das nicht. Sie gehören mit sammt Ihrem Freund zu jener Klasse der Gesellschaft, sür die göttliche und menschliche Ge setze nur ein lecrcr.Schnll zu sein scheinen. Um so mehr sollen Sic erfahren, daß ich die Rechte meiner Familie, die Ehre meiner Schwester zu wahren weiß." „Sie vergessen, daß das bürgerliche Gesetzbuch in selchen Fällen nichts weiter verlangt—" „Bleiben Sic mir fern mit dem bürgerlichen Gesetzbuch! Ein reeller Mensch fragt zunächst sein Gewissen, und lhut er das nicht, so muß cs ihm gezeigt werden, was er zu thn» hat." Es trat wieder eine Panse ein, während welcher der Maler unausgesetzt seinen Blick auf den Rittmeister Knllman» geheftet hielt, welcher mittlerweile wieder Platz genommen hatte. Politische Nundscha«. Chemnitz, den 12. November. Deutsches Reich. Kaiser Wilhelm, König Albert und Prinz' Georg von Sachsen und der Herzog Ernst von Sachsen-Kvbnig-Gotha sind am Sonnabend Abend von der Hofjagd an- Königs-Wnstcr- hanscn, wohin sie sich Tag-S zuvor begeben hatten, wieder in Berlin nngekommcn. Im Wnsterhanjencr Jagdschlösse hatte vorher, nach Beendigung der Jagden auf Damwild nnd Sauen, das Jazddiner stattgefnnden. — Am Donnerstag Abend gm 6 Uhr trifft der Kaiser in Breslau ein. Der Monarch hat millheilen lassen, daß er nur die zur Stunde seiner Ankunft geplante festliche Erleuchtung Bres laus als Huldigung annehme, alle sonstigen von Brcslan nnd an deren schlesischen Städten, Körperschaften nnd Vereinen angebotcncn Festlichkeiten aber ablehne, da er sich lediglich ans einem Jagdausslng befinde. Vor der Reise erfolgt noch die Ucbcrsiedelnng der kaiser liche» Familie ans dem Marmvrpalais nach dem Berliner Schlosse. — Binnen Kurzem erscheint die englische Schrift über Kaiser Friedrich, zu welcher die Kaiserin Friedrich einen Beitrag geliefert hat. Da versucht ist, die Schrift als ein Scnsativnswcrk hiuzn- stcllcn, veröffentlicht die Verlagshandlung der deutschen Ausgabe Folgendes: „Um nicht der Mißdeutung ansgesetzt zu werden, daß wir durch Schweige» an jener Mystifikation thcilnchmen, sehen wir uns gezwungen, gegen dieselbe hierdurch energisch Einspruch zu er heben. Das Werk enthält zunächst in Fori» eines Briefes von Ihrer Majestät der Kaiserin Friedrich an den Herausgeber eine licfergreifcnde Einleitung, in welcher der Auftrag zur Abfassung der Biographie erthcilt nnd dieselbe dem Besten des Londoner Hospitals für Halskranke gcwidmct wird, „gleichsam ei» Gruß des vecklärtcn Kaisers an seine Leidensgefährten". In der Vorrede des Verfassers wird sodann ausdrücklich betont, daß Alles, was zur Polemik Anlaß geben kü nnlc, ausgeschlossen nnd Politik, soweit wie möglich, vermie den ist. Dann folgen die Schilderungen, welche voller Pietät und Wärme in anmnthendcr Form ein Lebensbild des hohen Verblichenen entwickeln, wie es nur von ganz nahestehenden Personen gezeichnet werden kann." — Die „Köln. Ztg." pnblicirt die Hnldigungsadrcsse der preußischen Bischöfe an Kaiser Wilhelm II. nnd die Antwort des Letzteren an den Kölner Erzbischof. Die Bischöfe sprechen die Zu versicht ans, daß unter der Regierung des Kaisers die friedlichen nnd wohlwollenden Beziehungen zwischen Kirche und Staat, deren erste Strahlen den Levcnsabend Kaiser Wilhclm's 1. verschönten, sich befestigen und ansgcstaltcn werden als sicherer Hvrt in der Stnrm- flnth der, Umsturz drohenden Lehren und Ideen der Gegenwart. Kaiser Wilhelm dankt für die Beileidsbezeugungen und Segens wünsche bei der Thronbesteigung nnd gicdt, da er die Glaubens freiheit seiner katholischen Unlerlhanen durch Recht und Gesetz ge sichert weiß, seiner Zuversicht auf dauernde Erhaltung des kirchlichen Friedens Ausdruck. — Der Abschluß der Untersuchung gegen Gcheimrath Geffcken wegen der Tagebuch-Angelegenheit läßt sich noch immer nicht absehcn. Man glaubt, daß die Untersuchung noch mehrere Wvchen in An spruch nehmen wird, lieber das bisher erzielte Resultat wird das strengste Geheimnis) bewahrt. — Großes Aussehen erregt cs, daß die „Boss. Zeitung", die anerkannte Vertreterin des gutsitnirlen freisinnigen Berliner Äürger- thnms, alsv des HanptstützpnnkteS der Partei in der Reichshaupt- stadt, offene Anklage gegen die freisinnige Parteileitung erhebt, ihre Aufgaben zu verkennen. Das Blatt schreibt wörtlich: „Eine Er kältung, Rauch nnd Staub wird von einem starken, gesunden Menschen leicht überwunden, erzeugt aber in einer dispvnirten Lunge Schwindsucht. Wäre Alles sonst nur, wie cs sollte, so würbe sich die freisinnige Partei gegen jede Anfechtung behaupten. Da sie aber zusehends zerfällt, so wird der Sitz des Uebels ergründet „Glauben Sie denn," ergriff letzterer das Wort, „daß Sie das Glück Ihrer Schwester begrünben, wenn Sie einen Mann, der doch über ihr steht, zur Ehe nölhigen?" „Das glaube ich keineswegs. Wie könnte auch eine Frau an der Seite eines so aller Grundsätze baarcn Menschen —" „Mein Herr, Sic vergessen sich wieder!" „Nicht ii» Geringsten; ich weiß recht wohl, was ich sage. Es geschieht dies auf meiner Stube, und paßt cs Ihnen nicht, sv bleibt Ihnen der Rückzug nnbenommen .... Glücklich wird meine arme Schwester nicht durch solchen Mann, aber sie erlangt bis zu einem gewissen Grad ihre Ehre wieder, und das ist vorerst die Hauptsache. So lange ich am Leben bin, werde ich nicht von ihrer Seite weichen nnd, wenn ihr eine ungebührliche Behandlung zu Thcil wird, stets mit den Schutzmitteln zur Hand sein, die einem freien Menschen z» jeder Zeit zu Gebote stehen." „Diese Ehe müßte in drei Tage wieder gelöst werden müssen!" polterte der Rittmeister aufgebracht. „Darauf bin ich gefaßt, und cs wäre unserseits die Scheidung kein Verlust. Meine Schwester führt den Namen ihres ehemaligen Geliebten nnd das muß ihr genügen." „Und was wollten Sie gegen den Herrn Hanptmann beginnen, wenn er Ihre Forderungen doch nicht berücksichtigt?" „Darüber bin ich mir völlig klar. Entweder thut er seine Schuldigkeit, vdcr er erhält die Züchtigung, die er für seine Weiger ung verdient." „Lassen Sie sich zu keinem Gewaltakt verleiten, es könnte Ihnen mehr schaden, als jenem!" „Mein Plan ist fertig nnd nnnmstößlich." „Wissen Sie auch," sagte der Rittmeister nach einer Weile stummen Nachsinncns, „daß Leute unseres Standes zu ihrer Vcrhei- rathnng die Einwilligung des Königs nöthig haben und diese im vor liegenden Fall nimmermehr zu erlangen sein wird?" „Sei dem, wie cs wolle", cntgcgnctc der Maler, „hat der Hauplinann in jener dunkeln Stunde, da er meiner Schwester heilige Eide schwur, nicht an seinen Vorgesetzten gedacht, so sehe er zu, wie er sich hinterdein mit dem Könige avsindc." „Sie sind ein Starrkvpf!" brauste der Rittmeister ans, als er sah, daß Osten nicht aus dem Sattel zu heben war. „Ich erkläre Ihnen, daß es absolut unmöglich ist, Ihre Forderungen zu erfüllen. Ich sage Ihne» das im Namen und Auftrag »-eines Freundes. werden müssen. Besser eine schmerzhafte Kur, als ein sicheres Siechthnm. Es gicbt keine Partei, welche nicht gelegentlich schwere Fehler gemacht hätte. Sie hat dann die Lehren, welche ihr das Volk und die Geschichte crthcilen, zu beherzigen und die erlittenen Scharten ansznwetzcn. Die Halsstarrigkeit, welche niemals geirrt haben will, verliert den Zusammenhang mit dem Volksgciste. Auch im Leben der Parteien heißt cs „nicht Stillstand, sondern Fortschritt." Eine Parteileitung, welche weder durch den Inbegriff der Politischen Intelligenz, noch wenigstens durch den Erfolg gerechtfertigt ist, genügt weder für die Vcrtheidignng, noch für den Angriff, nnd eine Organisation, mit welcher man von Niederlage zu Niederlage gelangt, ist der Verbesserung dringend bedürftig. In wenig mehr a!s Jahres frist werden die Reichstagswahlcn erfolgen, wieder auf ein halbes Jahrzehnt hinaus. Wenn die freisinnige Partei nicht inzwischen mit strenger Selbstkritik eine Reform in sich selbst vollzieht, so wird sie zwischen Sozialdemokratie und Reaktion wie zwischen zwei Mühl steinen zerrieben werden." — In Kamerun und im Togogebiet haben sich die Verhält nisse so günstig gestaltet, daß vom nächsten Jahre ab kein Ncichszu- schnß mehr nöthig ist. Die einheimische Polizei unter deutschen Unteroffizieren hat sich bewährt und soll verstärkt werden. — Die Kolonialzeitung bringt Einzelheiten über den Kampf, welchen das deutsche Kriegsschiff „Leipzig" an, 22. Scpicmber i» Bagamoho mit den Eingeborenen hatte, welche die Niederlassung der Ostafrikanischen Gesellschaft angriffen. Da die Angreifer sich gut hinter die Hütten versteckten, wurden dieselben vom Stationsgebäude ans mit Granate» beworfen und zugleich die schon mit der „Leipzig" verabredeten Nothsignale gegeben, worauf das Schiff 11 Böte aus- setzle. Die ankommenden Fahrzeuge wurden vom Strande aus mit Gcwchrfcner empfangen, welches von der Marine mit Geschütz- nnd Gewehrfeucr erwidert wurde. Die Truppen landeten mit Hurrah und trieben die Schwarzen in die Stadt zurück, wo sich ein ziemlich hef tiges SIraßcngesecht entwickelte. Nachdem die Rebellen znrückgcschlagen waren, zogen sich die Truppen mit Zurücklassung von einem Offizier nnd dreißig Mann aus die Stadt zurück. Am nächsten Tage wurden die ans dein Platze gebliebenen Araber, etwa 100 Todtc, beerdigt. Zahlreiche Todte nnd viele Verwundete waren aber während der Nacht schon von den Arabern sortgeschleppt. Seitdem ist die Ruhe nicht mehr erheblich gestört. Italien. Die Forderungen der italienischen Negierung an ihre Kammern sür Militärzwecke betragen 92 Millionen Lire. — Nicht nur Frankreich, auch Rußland umwirbt den Papst eifrig: Leo XIII. hat den russischen Gesandten Jsmolski in Privatandienz empfangen. — Brüsseler Blättern wird aus Nom berichtet, die Diplomaten des Vatikans, insbesondere der Nuntius Galimbcrti itt Wien, böten alles ans, um den Plan der Heirath zwischen dem Kronprinzen von Italien und der belgischen Prinzessin Clcmentine zu hinlcrtreiben oder wenigstens zu verzögern. — Italien hat be schlossen, an den Maßnahmen zur Unterdrückung des ostasrikanischen Sklavenhandels thcilzunehmcn. Zwei Kriegsschiffe werden sich in die Gewässer von Zanzibar begeben. — In Turin hat am Sonn abend das feierliche Bcgräbniß des verstorbenen italienischen Bot schafters in London und früheren Ministers des Auswärtigen, Grafen Robilant, stattgefunden. Frankreich. Ans den Kammerverhandlungen liegt wenig Interessantes vor. Die Debatte dreht sich im Allgemeinen um rein lokale Angelegenheiten. Ter Krieg-minister versicherte u. A., von 1890 ab werde die Stärke der französischen Jnsanteriekompagnien 125 Alaun betragen. Klagen über die Höhe der Militärcmsgaben beantworicte der Minister damit, daß sich angesichts der allgemeinen europäischen Lage hieran nichts ändern lasse. Ein großes Land müsse zur Vertheidignng seiner Sicherheit und Unabhängigkeit viel anfwenden. Herr Freycinet pfeift immer und ewig dieselbe Melodie: Frankreich ist vom Auslände bedroht! Wenn die Franzosen uns Er ist crbött'g, sür Ihre Schwester eine angemessene Summe Geldes anszusctzen, mit der es ihr leicht werden wird, in Bälde einen Mann zu finden, der sie heirathet. Ueberlcgcn Sie sich das gefälligst! Hier ist meine Karte und meine Adresse; wenn Sie das Nutzlose Ihres Trotzens cinsehe», sv besuchen Sie mich gefälligst, um das Geschäft zum Abschluß zu bringen." Osten halte während dieser ihn lief verletzenden Offerte die Thüre geöffnet, welche nach der Treppe führte: „Mein Herr Rittmeister," sagte er, ans die Thür deutend, „wir sind fertig, leben Sic wohl!" Knllmann stieß einen seiner Kcrnflüche ans und entfernte sich. Auf der Straße angekvmmen, stieg er in den Wagen und befahl dem Kutscher, ihn nach seiner Wohnung znrückzufahren. V. Heinrich Berner that, wie er gesagt hatte. Der Verzicht auf die spärliche Hinterlassenschaft des Vaters, mit welchem sich das aus- gleichen sollte, Ivas er im Anfang seiner Uuiversitätszcit z» seinen .verfehlten" Studien erhalten hatte, war ausgestellt, ganz wie der Onkel cs gewünscht hatte, nnd mithin stand seiner Einreihung unter die Schreiber der Obersorstmeistcrei nichts mehr im Weg. Die Mutter war froh, den Sohn hierzu entschlossen zu sehen, nnd Hein rich suhlte, wie der alte Humor gleich einem gewaltsam znrnckgcdämmten Strom, seiner Fesseln ledig, sich wieder durch seine Seele goß. Am Nachmittag vor seinem Abgang nach Grünlhal begleitete ihn die Mutter an das Grab des Vaters und bat ihn bei dessen Namen, sich wacker zu halten und sich die Liebe und Freundschaft des Onkels zu erwerben. Heinrich war in so weicher Stimmung nnd von der Sorge der Mutier so gerührt, daß er zu Allein Ja sagte, obwohl in seinem Innern Stimmen rege wurden» die seine „verfehlte Existenz" auf Rechnung des verstorbenen Vaters setzten, der kein Auge für die Talente des Sohnes gehabt, nnd obwohl sein Stolz sich gegen den demüthigcnden Antrag des philisterhaften Onkels bäumte. „Sei ohne Sorge, liebe Mutter", sagte er, „Dein Heinrich ist zwar kein Pfarrer geworden, wie Du und der Vater cs euch in dm Kopf gesetzt hattet, und noch weniger wird cs dem Onkel gelingen, einen Schreiber aus mir zu machen; aber die Zeit der Prüfung, denke ich, ist nun bald vorüber und dann sollst Du sehen, daß Dein Sohn doch nicht ohne Grund ein verbummelter Student wurde. Ich
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