Volltext Seite (XML)
SSch fische» LastdeS-««zeige*. Nr. 71. Sonntag, 35. März 1868. -«legend« AriegSbudget. Die Nachricht von bedeutenden außerordent- lichen Forderungen für Militärzwecke wird dementirt. — Auch bei den Wahlen des zweiten städtischen Wahlkörpers in Wien haben die Antisemiten und Demokraten den Liberalen mehrere Sitze abge- nommen. Italien. Aus Rom wird berichtet, daß der Kronprinz Victor Emanuel wieder dort eingctroffen ist. Alles hat ihm in Berlin ge fallen, nur die Kälte nicht. — Die italienisch-französischen Handels, Vertragsverhandlungen sollen nun endlich Aussicht auf Erfolg haben. — Römische Blätter schreiben aus Konstantinopel, der türkische Groß Vezier habe Rußland ein weiteres Vorgehen der Türkei gegen Bub garien abgelehnt. Frankreich. Für Freitag war General Boulanger vor das in Paris gebildete Kriegsgericht geladen, um sich wegen seiner Unge- hürigkeiten zu verantworten. Er konnte aber nicht erscheinen, weil er erst am Freitag Morgen aus Clermont abgereist ist. Der Grund dasür ist der, weil er die unterwegs für ihn vorbereiteten Demo» prationen bei Tage genießen will. Auch bei der Abreise aus Cler mont gab es schon Halloh. Seine Anhänger hoffe», er werde in Laon gewählt werden. Natürlich kann er das Mandat nur an nehmen, wenn er ganz aus dem Militärdienst ausscheidet. — Prinz Victor Napoleon soll heimlich in Paris gewesen sein. Belgien. Die belgische Regierung traut dem Frieden nicht so recht. Obgleich seit längerer Zeit die Vorarbeiten für den Bau der neuen Maasbefestigungen bereits im Gange sind, so sieht sich die Regierung doch veranlaßt, die Citadelle und das Fort von Huy dem nächst militärisch besetzen zu lassen. Unter dem Befehl des Com- mandanten Marschall soll in letzterem eine Batterie Feldgeschütze untergebracht werden und die Citadelle mit achtzehn Geschützen armirt werden, die zur Vertheidigung der beiden Brücken und der Eisenbahn dienen sollen. Die Citadelle Von Huy war schon seit Jahren zur Schleifung bestimmt. England. Die Königin Victoria verlieh dem irischen Vice- könig, Lord Londonderry, den Hosenbandorden. — Der Krieg Eng lands gegen die unbotmäßigen Thibctaner, die ein eigenmächtig in Besitz genommenes Gebiet nicht räumen wollen, hat nunmehr be gonnen. Am 22. März griffen die englischen Truppen ein Pallisaden- werk der Thibctaner im Sikkim-Gebiet an und nahmen dasselbe. Die Thibctaner leisteten keinen Widerstand und flüchteten. Rutzland. Das Petersburger Journal dementirt in kategorischer Weise die durch auswärtigen Blätter verbreiteten Gerüchte von fort gesetzten Truppenbewegungen. Das ist zu glauben, denn bei der jetzigen Schneemenge hört die Bewegung von selbst auf! Dasselbe halbamtliche Blatt unternimmt einen verzweifelten Versuch, die wirth- schaftliche Lage Rußlands herauszustreichen. Es sagt zunächst, gewisse Blätter schienen enttäuscht, daß dem Tode des Kaisers Wilhelm keine Erschwerung der Beziehungen zwischen Deutschland und Rußland ge folgt sei. Die guten Beziehungen hätten sogar ihre Wirkung auf die Börse ausgeübt. Die düsteren Schilderungen von der ökonomischen Lage Rußlands seien unbegründet. Die Regierung werde dies in allernächster Zeit Vürch.Fechten über die Reichseinnahmen und Aus gaben beweisen. Die österreichische Presse sei unwirsch, weil die russische Presse sich so freundlich Deutschland gegenüber ausgesprochen. In ihrem Interesse liege es besonders, ungünstige Meldungen zu verbreiten. Das klingt ja Alles recht schön, aber es weiß ja Jeder, daß sich auf alle mögliche Weise zu helfen sucht, wen der Schuh fürchterlich drückt. Gegen das Projekt des Finanzministers Wyschne- gradski auf Einführung der fakultativen Metallwährung zeigt sich allgemeine Abneigung, und der Plan wird wohl fallen gelassen werden. — Unter den Kundgebungen der russischen Presse nach dem Thron wechsel in Deutschland verdient ein Artikel der „Moskauer Zeitung", des nichtamtlichen Organs der Petersburger Diplomatie, besondere Er wähnung. Dieselbe bringt eine warme Beglückwünschung Kaiser Friedrich's, welche in der außerordentlichen Aeußerung gipfelt, der neue Souverain werde in seiner Friedensliebe die Schritte zu ver hindern wissen, mit denen die „nächsten Rathgeber Kaiser Wilhelms, theils ohne sein Wissen, theils ohne sein Wollen" Rußlands gerechte Ziele bisher gehindert hätten, während sie gleichzeitig beanspruchten, daß Rußland freundlich sei. Nur dann könne sich Alles noch ändern. Die in diesen Worten liegende Drohung tritt nicht nur in der ge hässigen Sprache des Urtextes hervor, sondern findet einen praktische» Hintergrund auch in den unverändert fortgesetzten militärischen Vor kehrungen Rußlands an der Grenze. So werden jetzt zu Pulawy im Gouvernement Lublin, also in der Nähe der österreichischen Grenze, Baracken für 6000 Mann mit größer Schnelligkeit gebaut, welche beim Schneeschmelzen mit Verschanzungen umgeben werden sollen. Ob dieselben für die Kasernirung der bisher in den Dörfern liegen den Truppen oder für frische Zuzüge bestimmt sind, ist unbekannt. Neue Truppcnmärsche haben übrigens in letzter Zeit nicht stattgefunden. Die bezüglichen Wiener Meldungen beruhten auf einem Jrrthum. An solche Bewegungen war schon des starken Schneefalles wegen nicht zu denken. Schweden. Aus Christiania wird berichtet: Ein Armeebefehl macht bekannt, daß dem Prinzen Oskar von Schweden unter dem Namen Prinz Oskar Bernadotte der Ehrengrad als Major in der norwegischen Artilleriebrigade verliehen worden ist. Orient. In der rumänischen Deputirtenkammer wurde eine Interpellation über die auswärtige Politik verhandelt. Minister präsident Bratiano wies jeden Gedanken an die angeblich beabsichtigte Gründung eines rumänisch-bulgarischen Kaiserreiches entschieden zurück. Die Regierung lasse sich, fügte Bratiano hinzu, die weitere Entwick lung der Armee angelegen sein, denn, wenn sie den Frieden wolle, müffe sie auch die Rechte Rumäniens zu sichern im Stande sein Die Anwesenheit König Karls von Rumänien in Wien wird allge- mein als Vorbote besserer Beziehungen zwischen Oesterreich und Rumänien auch in Handclsfragen aufgefaßt. Man erhofft nun zu versichtlich den Abschluß eines neuen Handelsvertrages. Australien. Aus Sydney wird vom 20. März berichtet, daß nach den neuesten dort eingetroffencu Nachrichten aus Apia in Samoa Ruhe herrscht. Die Feindseligkeiten der Eingeborenen gegen den neuen König Tamasese haben so gut wie ganz aufgehört und auch die fremden Bewohner sind mit seiner Regierung zufrieden. Vom sächsischen Landtag. Die II. Kammer verhandelte am 23. März um die Platzfrage bez. um Sein oder Nichtsein des Botanischen Gartens in Dresden. Die Mehrheit der Deputation beantragte, die zur Verleg ung geforderten 500,000 Mk. abzijlehnen und die Regierung uni Erwägung zu ersuchen, ob von Errichtung eines Botanischen Gartens in Dresden abgesehen und die Befriedigung der landwirthschaftlichen und gärtnerischen Interessen und Anstellung botanischer Versuche auf andere geeignete Weise erlangt werden könne. Die Minderheit der Deputation empfiehlt dagegen, die verlangte Summe zu bewilligen und die um Verlegung des Gartens nach Striesen cingegangenen Petitionen dadurch für erledigt zu erklären. Kultusminister vr. von Gerber betonte das hervorragende wissenschaftliche Interesse, welches das Polytechnikum an dem Garten habe. Dasselbe könne ohne Zweifel einen Lehrstuhl der Botanik nicht entbehren, der ohne den Garten in der Lust schwebe. Auch die organische Chemie könne des Botanischen Gartens nicht cntrathcn. Alle Polytechniken in Deutschland mit nur zwei Ausnahmen besäßen deshalb auch Botanische Gärten. Minister von Nostitz-Wallwitz wies nach, daß sich die Stände nicht weniger als drei Mal für das Fortbestehen des Botanischen Gartens ent schieden haben. Auch der vorige Landtag habe sich mit der Verlegung des Gartens einverstanden erklärt. Hierauf habe die Regierung ihre Maßnahmen gegründet. Nach der Entscheidung der Sachverständigen konnte die Regierung gar nicht anders, als den jetzigen Platz auf Stricsener Flur wählen. Außerdem sei es ein nicht zu unterschätzen der Vorthcil, ein Grundstück zu erwerben, das so weit in den große» Garten einschneide. Abg. Uhlema»» trat für den Majoritäts-Antrag ein. Nach seiner Ansicht würde es das Beste sein, den Gärtnern die Gründung und Unterhaltung des Botanischen Gartens selbst zu überlassen und höchstens eine Unterstützung hierzu zu gewähren. Die landwirthschaftlichen Untersuchungen könnten auf de» bereits bestehen den Anstalten vorgenommen werden. Schließlich wurde der Mchr- hcitsantrag mit 43 gegen 32 Stimme» abgelehut und die Anträge der Minderheit gegen 24 Stimmen angenommen. Eine lebhafte Debatte rief ferner die Bittschrift des Vereins für Reform des Be- stattungswesens, „Urne", um Genehmigung der Bestattung mittelst Feuer hervor. Die Deputation beantragt, die Petition auf sich beruhen zu lassen. Nachdem die Abgg. Or. Minkwitz, von Vollmar, Kirbach für die Leichenverbrennung, von Carlowitz, Opitz und vr. Schill aber dagegen gesprochen hatten, wurde ein Antrag auf Schluß der Debatte angenommen, und beschloß die Kammer gegen 11 Stimmen, die Bittschrift auf sich beruhen zu lassen. Zum Schluß erstattete Abg. Hartwig Bericht über die Petitionen bezüglich der Loschwitzer Brücke und der Uferstraße und beantragte, bei den früher gefaßten Beschlüssen stehen zu bleiben. Abg. Bartholomäus erklärt, ür die Beschlüsse der I. Kammer auf Ucbcrgabc zur Kenntnißnahmc timmen zu wollen, während Abg. Bönisch betont, daß durch den Bau der Brücke die Uferstraße keineswegs aus der Welt geschafft sei. Erst aber müsse die Brücke gebaut werden. Gegen 3 Stimmen Pflichtet hierauf die Kammer dem Dep.-Antrag bei. Die I. Kammer übergab ohne Debatte die Bittschriften der geprüften Lehrerinnen für Nadelarbciten um Verleihung der Ständig- keitsrechte der Regierung zur Kenutnißnahme und ließ die Petitionen um Aenderung des Offiziers-Pensions-GesetzeS auf sich beruhen, des gleichen die Beschwerde einiger Gemeinderathsmitglieder in Volkmars dorf bezüglich des dortigen Ortsstatuts unter Annahme der hierzu von der II. Kammer gefaßten weiteren Beschlüsse. Sächsisches. — In den Controlversammlungen, welche demnächst kattfinden, werden den Mannschaften der Landwehr ersten Aufgebots ihre Militärpässe abgenommen. Es handelt sich darum, die in den Pässen vorhandenen allgemeinen Bestimmungen zu entfernen und durch andere, dem neuen Wchrgesetz entsprechende zu ersetzen. Außer dem hat man die Absicht, diejenigen Stellen im Paßbüchlein, welche den Vermerk tragen: „Uebergetrcten zur Landwehr am ... . oder übergetreten zum Landsturm am . . . ." durch Papierstreifen zu überkleben und darauf folgenden Vermerk zu machen: „Uebergetrcten zur Landwehr ersten Aufgebots am . . ." Der Vermerk, welcher vom Uebertritt zum Landsturm handelt, kommt für die Folge natür lich in Wegfall. — Dresden, 24. März. König Albert wird sich, wie verlautet, noch vor Ostern zum Besuche der Königin Carola nach Riva begeben. Das Allgemeinbefinden der Königin soll eine Ver längerung des Aufenthalts im Süden, wünschenswerth erscheinen lassen — Die Kgl. Kreishauptmannschaft Dresden hat in Würdigung der an sie gelangten Bittschriften die Genehmigung zurErrichtung eines st e i- nernenCirkusgebäudesin Dresden auf dem zwischen der Grunaer- und Pirnaischenstraße gelegenen Terrain versagt. Bekanntlich hätte die Zustimmung zu dem Projekt eine ganz rücksichtslose Durchbrechung der Grundsätze des für jenes Stadtviertel giltigen Baurcgulativs erfordert, was jedoch seitens des Raths-Collegiums befürwortet worden war. — Freiberg, 23. März. Eine weite und langandauernde Reise wurde heute früh von drei hiesigen Bergleuten — zwei Ge brüdern Raue und einem gewissen Glöditzsch — »ach dem fernsten Südwcsten von Afrika, der Walfischbai, angetreten. Diese uner schrockenen Männer sind von einer, die dortigen neuentdeckten Gold- und Kupferminen ausbeutenden Gesellschaft vorläufig auf ein Jahr engagirt worden. Von hier gingen sie zunächst nach Dortmund, woselbst Vereinigung mit einem Bergingenieur und 2 Markscheidern stattfindct, und von Dortmund setzen sie dann die Reise nach bezw. über Kapstadt fort. Zwei von diesen Männern sind schon 1884 und 1885 im fernen Afrika gewesen. Für diesmal soll die Reise aber weiter in das Innere des Negerlandes fortgesetzt werden. — Ein neuer artetischer Brunnen. Seit 14 Tagen, so schreibt der „Pirn. Anz.", wurde in Zehista an einem für die dor tige gräfl. Dampfziegelei nöthigen Brunne-> gegraben. Da der aus geschachtete Brunnen bei einer Tiefe von 10 Metern nicht hinreichen des Wasser gab, wurde die weitere Vertiefung desselben durch Bohrung beschlossen. Als nun am Sonnabend Abend gegen Vs? Uhr man bis zu einer Tiefe von 48 Metern gekommen war, trieb auf einmal ein mächtiger Wasserstrahl nach oben, sodaß die Bohrarbeiten sofort ein gestellt werden mußten. Da die ausströmendcn Wassermasscn so be deutend waren, daß Gefahr für die benachbarte Ziegelei entstand, so mußten sofort 50 Arbeiter, welche die ganze Nacht und den Sonn tag früh zu arbeiten hatten, einen Canal nach dem ca. 200 Meter entfernten Chansscegraben ziehen, um die hcrvorschicßcndeu Wasscr- massen nach dort abzulcitcn. Das Wasser, welches aus diesem arte sischen Brunnen mannsstark und ziemlich 2 Meter hoch emportrcibt, ist krystallhcll, sowie wohlschmeckend und hat eine Temperatur von 10 Grad. Jetzt hat man, um einem Auswaschen des Erdreichs vvr- zubeugcn, weite Eisenrvhre in den Brunnenschacht eingelassen und wird, wenn man engere Rohre aufgesetzt, das Wasser jedenfalls sehr hoch treiben können. Für Pirna erscheint das Vorkommniß um so wichtiger, als dadurch jedenfalls die Frage wegen Versorgung des Kascrncments an der Rottwerndvrfer Straße und der Mühlvorstadt mit Trink- und Nutzwasser in ein anderwcitcs Stadium tritt. — Plauen, 23. März. Uebcr die durch den strengen Nach winter verursachte Noth der Thiere des Waldes gicbt nachstehendes Vorkommniß einen traurigen Beleg: Herrn Restaurateur Schwarz im Hammer ist gestern Mittag ein Feldhase in die Küche ge laufen, der vor Hunger so heruntergekommen war, daß er kaum noch im Stande war, sich fortzuschlcppen. Frau Schwarz fütterte denselben langsam mit Milch und Brod, aber cs muß doch wohl schon zu spät gewesen sein, denn nach 3 Stunden verendete das Thier. — Reichenbach, 22. März. Die Arbcitsverhältnisse in unserer Stadt wie gleichfalls auch in Mylau und Netzschkau und Umgebung haben sich seit Beginn dieses Jahres durchweg befriedigend erhalten. Einzelne Fabrikationszweige sind seit Wochen sogar derart mit Aufträgen überhäuft, daß sie dieselben nur unter Zuhilfenahme verlängerter Arbeitszeit zu bewältigen im Stande sind. Daneben ist auch die Handwcberei gut beschäftigt und im weiten Umkreis werden die auf dem Lande zahlreich vertheiltcn Webstiihle von hier aus be schäftigt, wovon der bedeutende wechselseitige Verkehr aus den reus- sischcn Dörfern, den betreffenden Ortschaften der Lcngeufclder, Treuen- schen und Elsterbcrger Amtsbezirke, bis hinauf nach der Amtshaupt mannschaft Oclsnitz mit Rcichenbach beredtes Zeugniß ablegt. — Zwickau, 23. März. Gestern Abend wurde aus hiesigem Bahnhöfe ein 12jähriger Knabe aus Reicheubach angchalten, welcher sich im Besitze größerer Geldmittel befand. Es stellte sich heraus, daß derselbe von seinem Vater beauftragt war, Geld von der Spar kasse abzuholcn, der Junge dies auch gethan, mit dem Gelde aber das Weite gesucht hatte. — Burgstädt. Diesen Palmsonntag tritt der gewiß seltene Fall ein, daß drei Kinder einer Familie zugleich confirmirt werden. Es betrifft dies die Familie des Herrn Moritz Eilitz in Göppersdorf; und zwar sind dies 1 Mädchen und 2 Knaben. Welche Sorgen — und gewiß auch Freuden — mögen die Eltern wohl empfunden haben, ehe sie die Kinder bis zu diesem Lebensabschnitt brachten! -f- Li mb ach, 23. März. Eine gestern Abend in „Stadt Mannheim" zur Gedächtnißfeier Kaiser Wilhelms abgchaltene turne rische Vereinigung (auch von Nichtmitgliedern besucht) ließ an Se. Majestät Kaiser Friedrich I., Charlottenburg, folgende Depesche ab gehen: „Die zur Gedächtnißfeier Sr. hochseligen Majestät Kaiser Wilhelms versammelte Mittwochs-Riege entbietet Eurer Majestät ihren ehrfurchtsvollen Gruß mit der Versicherung unwandelbarer Treue und Verehrung." — Dem Aufrufe des Vorstandes der deutschen Turnerschaft folgend, hatten sich eben die Mitglieder und Gäste der Mittwochsriege auch zusammengcfunden, um den 22. März, um das Andenken des Hcldenkais.'rs Wilhelm würdig zu begehen. Turntag des Turngaues der Chemnitzer Umgebung. lH— Der Turngan der Chemnitzer Umgebung hielt am 11. d. M. seinen diesjährigen ordentlichen Tunitag »n Gasthause zu Oberrabenste in ab. Es waren 40 Vereine durch 56 Abgeordnete vertreten. Die Vereine Adors, Berbisdorf, Turnclub Jahnsdors, Klaffenbach, Kleinolbersdorf, Neuwiese, Obcr- hcrmersdorf und Schönau waren nicht vertrete». Der Gauvcrtretcr eröffnet- den Turntag Nachmittags IV. Uhr, gedachte zunächst in beredten Worten des Hinscheidens Sr. Majestät des Kaisers Wilhelm und bat die Anwesenden, sich zum Ausdruck der Trauer von den Plätzen zu erheben. Hierauf begrüßte der Gauvertrcter die Versammlung, wünschte dem Gaue wie bisher Frieden und gedeihliche Fortentwickelung und erstattete sodann den Jahresbericht. Der Gau zählte zu Anfang 1887 44, zu Ende 48 Vereine. Es traten ein: Turn club Jahnsdorf, Schönau, Kirchberg, Adorf, Hoheneck Neuwiese, Turnclub Altendors und Obcrhcrmcrsdorf. Ausgetreten sind dagegen: Burkhardtsdorf, Erfenschlag, Harthau und Kemtau. Diese 48 Vereine bestehen in 45 Ort schaften mit zusammen 107,856 Einwohnern und habe» 4553 Mitglieder, von denen 2778 praktische Turner sind. Tie letzteren turnten an 3702 Abenden, im Durchschnitt jeden Abend 29,24 Mann- 7 Vereine führen noch nickt Buch über den Turnbesuch und wird denen das vonDe. Götz i» Linvennu ycraus- gegebene Tagebuch zum Preise von 3.25 Mk. hiermit dringend zur Anschaffung empfohlen. 5 Vereine turnen im Winter noch nicht und werden dieselben hoffentlich danach strebe», diesen Mangel zu beseitigen. 3 Vereine benutze» SchulturnhaÜcn, 4 Vereine besitzen eigene Turnplätze und 1 Verein besitzt eine eigene Turnhalle. Die Turnzeitung wird von sämmtlichen Vereinen in 58 Stück gehalten. Das Geschäftliche des Gaues wurde in 4 Gauturnrathssitzungen und 2 Turntagcn erledigt. Das Ganturnscst fand am 24. Juli in Oclsnitz i. Erzg. statt. Die Zahl der Fcsttheilnehmer betrug 1150. An den Freiübungen be theiligten sich 280 Mann, zu dem Mustertnrnen stellten die Vereine 28 Riegen und zuni Kunstwettturnen traten 82 Turner an, von denen 44 Preise er rangen. Ringer traten 24 aus. Zn dem im Juli iu Coburg stattgefnndencn deutschen Turntag entsendete der Gau 2 Abgeordnete. Die im Anschluß an den Gauturntag am 31. Oktober stattgefundenc Fcstkneipc als Nachfeier aus das in allen seinen Thcilen so günstig verlaufene Gauturnfest war sehr gut besucht und recht schön gelungen. Im Weiteren berichtete der Gauturnwart, daß die Vorturnerschaft in 16 Bczirksvorturnerstunden mit einem Durch- schnittsbcsuch von 28,4 Mann üble und 1 Sitzung hielt, während der techni sche Unterausschuß in 6 Sitzungen und die Kampfrichter in 2 Sitzungen ihre Arbeiten erledigten. Die Gaukasse schließt nach dem Berichte des Kassenwarts mit 677,36 M. Einnahme, 649,60 M. Ausgabe, einem Ueberschnß von 27,76 M. und einem Vermögcnsbcstand von 128,9 M. ab. Der Tnrutag nahm hiervon Kenntniß und wählte Beyer-Grüna und Lieberwirth Neükirchen zu Rechnungsprüfern. An Stelle der ausschcidendcu 5 Mitglieder des Gauturn raths wurden Otto Seifert-Hilbersdorf als 2. Sprechwart, Liebcrwirth-Neu- kirchen als 2. Schriftwart und Rcichel-Oclsnitz, Kreßner-Pleisa und Enge- Rcichenbrand als Turnrathsmitglieder wieder- bezw. ncugewählt. Für die Abgeordneten zum Kreisturntag in Waldheim werden je 5 Mk. Tagegelder vcrwilligt und E. Seifert, O. Seifert, Henschel, Wienhold, Türk I und E. Kreßner als Abgeordnete und Lieberwirth, Hofmanu, Enge, Müller, Tesch und Reichest zu deren Stellvertretern gewählt. Für die für das laufende Jahr in Aussicht genommene Tnrnfahrt wird der 29. Juli festgesetzt und Ncukirchen als Festort gewählt. Den Vorschlägen des technischen Unterausschusses, wonach beim Eintreffen im Fcstort ei» kurzer Umzug, Freiübungen, volksthümlichcs Wcttturnen, Kürturnen au den Gerüchen, allgemeine Spiele und zum Schluß Fcstkncipe geplant sind, wird allenthalben zugestimmt, nur bezüglich der Werthung der Wettübunge» wird eine Aendcr- nng gewünscht und diese Sache a» de» Ausschuß zurückgegcbc». Die Sammel zeit und die Sammcl- und Treffpunkte an diesem Tage werde» später vom technischen Unterausschuß bestimmt und in der Turnzeitung veröffentlicht. Der Anregung des Gauturnraths, ob es nicht zweckmäßiger sei, von der Beschenkung der Turnvereinsfahncn mitNägeln in Zukunft abzuschc» und dem betreffenden Verein das darauf verwendete Geld zum Ankauf von Turnge- räthcn oder zum Besten seines Turnhallenfonds einzuhändigcu, wurde cin- müthig zugestimmt und beschlossen, von Zeit zu Zeit deswegen Bekanntmach ung in der Turnzeitung zu erlassen. Ebenso einstimmig wird beschlossen, beim Kreisturntag die Herausgabe eines zweistimmigen Liederbuchs für den XI V. Turnkreis zu beantragen, und übernehmen die Gauabgcordneten die Begründung des Antrags beim Turntag in Waldheim. Zu dem in der Zeit vom 24. März bis 7, April dieses Jahres in Dresden stattsindcndcn Vorturnerkursns sind die Turnwarte Böttcher i» Pleisa, Schmiedel in Rottluff und Dietrich in Hoheneck zugelaffen worden, von denen der erster« eine Freistelle vom Krcisturnrath zngcbilligt erhalten hat, während den beide» letztgenannten je 25 M. Unterstützung aus der Gaukasse verwilligt werden. Zum Schluffe fordert der Vorsitzende zur Bestellung von Gau-Vcrei»s- abzcichcn auf, um die Lieferung in größeren Mengen zur Erzielung billigeren Preises veranlassen zu können. Aus Nah und Fern. — Ueber ein Lieblingslied Kaiser Wilhelms, welches in bewegter Stunde einen für sein ganzes Leben nachhalligen Eindruck machte, wird Folgendes berichtet: Es war am 2. April 1848, als die ritterliche Gestalt des Prinzen von Preußen zum deutschen Gottes dienste in der Savoy-Kirche in London erschien. Es war der erste Gottesdienst, dem er seit dem Verlassen Berlins beiwohnte. Und da ging es ihm tief ins Herz, als die Gemeinde aus dem hier gebranchten hannoverschen Gesangbuch den Vers sang: „Da siehst Du Gottes Herz, Das kann Dir nichts versagen, Sein Mund, sein theures Wort Vertreibt ja alles Zagen. Was Dir unmöglich dünkt, Kann seine Vatcrhand Noch geben, die von Dir Schon so viel Noth gewandt." Der Prinz nahm sich das Gesangbuch zum Andenken mit, und auf dem Schreibtische Kaiser Wilhelms in Schloß Babelsberg liegt dasselbe noch heute. Den Vers hat der Kaiser angcstrichen und da neben die Worte geschrieben: „Bei meinem ersten Besuch- des Gottes dienstes in der Savoy-Kirche in London am 2. April 1848 gesungen." Daß das Ableben Kaiser Wilhelms die gesammten civilisirten Völker zu einer Familie geeint hat, der das theure Ober haupt durch den Tod entrissen worden ist, das wurde bereits angesichts der sympathischen Beileidskundgcbungen hervorgehoben, die aus Italien nicht blos von Behörden, sondern auch im private» geschäftlichen Verkehr nach Berlin gelangt sind. Wir koinmen heute dar auf zurück, weil solche Privat-Kundgcbungen jetzt auch aus Belgien vorliegen. So hat der Direktor eines belgischen Fabrik- Unternehmens au die deutschen Geschäftsfreunde der Firma ein schwarz gerändertes Kondolenz-Cirkular versendet, das wie folgt lautet: Vnl 8t. 1-swdort, ke 11 Tonis 1888. Hochverehrter Herr! Seien Sie meiner vorzüglichsten Hochachtung versichert. Jules Deprü. —i. Darm stad t, 21. März. In hiesigen Offizierskreisen ver lautet, daß in der Armee umfassende Uniform Veränderungen be- vorstchcn. Als eine derselben darf der Wegfall der Osfizierscpauleties bezeichnet werden. Nachdem während der Trauer »m den verstorbenen Kaiser die EpanletleS nicht getragen werden dursten, besagt ein« heutige Verordnung des GroßherzvgS, daß dieselben bei den hessischen Truppen bis ans Weiteres überhaupt nicht mehr angelegt werden sollen-