Suche löschen...
Sächsischer Landes-Anzeiger : 02.08.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-08-02
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-188808025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18880802
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18880802
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1888
-
Monat
1888-08
- Tag 1888-08-02
-
Monat
1888-08
-
Jahr
1888
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 02.08.1888
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Nr. 178. — 8. Jahrgang. Der jeden Wochentag Abend (mit Datum der folgende» Tage») zur Vcrlendung gelangende „Sächsische LandcS-Anzciger" mit täglich einem besonderen Unter haltungsblatte und mit dem Extrabeiblatt Lustiges Bilderbuch tostet bei de» Ausgabe stellen monatlich 70 Pfq., bei den Post-Anst. 75 Pf. (1888er Ztgs.-Preisliste Nr. 503S.) Sächsischer DouuerStag, 2. August 1668. irnii>es-Aiskil>kl Kinter-i. Illustr. Kalender der Sächsischen Landboteir. JlIustrirterJahrerbllchdksLandcs>AuzcigerS. mit „Chemnitzer Stadt-Anzeige^ Unparteiische tägliche Zeitung für Sachsen und Thüringen. LeiWiederhvlnng großer Annoncen Rabatt, Bei Bestellungen von Auswärts wolle man JnsertionSbetrag (in Briefmarken) beifüge« tte 8 Silben Eorpusschrift bilden ca. 1 Zeile.) «mioncrnannahine nur bis Vormittag. Mmiln Wiest. Buchdruckerei. Lhemuttz. Lheoterstraße 5 (Fernsprechstelle Rr.lkky. Telegr -Adr.: Landes-Anzeiger, Lhenmitz. Mit täglich einen! besonderen Unterhaltnngsblntt: 1. Kleine Botschaft — 2. Sächsischer Erzähler — 3. Sächsische Gerichts-Zeit,mg 4. Sächsisches Allerlei - 5 Illnftrirtes Unterbaltnngsblatt — 6. Sonntagsblatt — Ertra-Beiblatt: Lustiges Bilderbuch. Amtsgerichtliche Bekanntmachungen. Im Handelsregister für de» Stadtbezirk des Unterzeichneten Amtsgerichts wurde heute auf dem den Vorschußvcrcin zu Chemnitz „eingetragene Ge nossenschaft in Liquidation" bctrcsfendcn Folium 1800 verlautbart, daß Herr Bruno Schröter nicht mehr Liquidator des Vereins ist, daß die Firma künftig von dem verbleibenden Liquidator Herrn Carl Hermann Fritzsche in Chemnitz und einem Aussichtsrathsmitglicde gezeichnet wird, sowie, daß Aussichtsrathsmitgliedcr Herr Louis Oswald Kolbe und Herr Oswald Hennig, Beide in Chemnitz, zur Ausführung dieser Funktion bestimmt worden sind Chemnitz, am 26. Juli 1888. Königliches Amtsgericht. Im Handelsregister sür de» Stadtbezirk des Unterzeichneten Amtsgerichts wurde heute ans Folinm 1823 verlautbart, daß Frau Martha Clcmentine vcrw. Müller geb. Schneider in Chemnitz die Firma Eberhardt Müller da selbst ans dem Nachlasse des bisherigen Inhabers derselben zur Fortführung überlassen erhalten hat. Chemnitz, am 26. Juli 1888. Kguigliches Amtsgericht. Telegraphische Nachrichten. Vom 31. Juli. Kiel. Eine Torpedoboot-Division liegt in der Wirker Bucht, das Divisionsboot in der Mitte, je drei Böte zur Seite. Um 3 Uhr lief die Krenzerkorvelte „Irene" in den Hafen ein. Der Fremdem verkehr ist groß. Die Stadt ist beflaggt. Keinerlei officieller Ab schied findet statt. Mehrere Privatdampfer fahren dem kaiserlichen Geschwader entgegen. Budapest. Neuerdings taucht das Gerücht auf, Unterrichte minister von Gautsch werde vor der Eröffnung der Herbstsession seinen Abschied nehmen; auch ein officiöser Corrcspondent des „Pestcr Lloyd" meldet dies heute. Es wird ferner mitgetheilt, daß Graf Taaffc, um die mögliche Annahme des berüchtigten klerikalen Schnl- antragcs des Fürsten Liechtenstein zu hintcrtrciben, die Erklärung abzngeben beabsichtigt, die Regierung werde selbst in der Schulfragc die Initiative ergreifen, nur brauche sie Zeit dazu. Wie viel Zeit, das wird augenscheinlich von der parlamentarischen Situation ab- hängen. Paris. Der Kriegsminister hat angeordnet, daß eine gewisse Anzahl Stabsoffieicre und Osficiere der Kriegsschule im nächsten Monat längs der Grenze militärisch-topographische Studien unter Leitung eines Mitgliedes des Oberkricgsrathcs vornehmen sollen. Die Maßregel wird u. A. damit begründet, daß ähnliche Reisen >jedes Jahr in Deutschland unter Leitung eines Generals stattfinden. London. Nach einer Meldung des „Daily Chronicle" aus Nom hat der Vatican eine lange Depesche des Fürsten Bismarck erhalten, in welcher die Gründe angeführt werden, weswegen Nom als Ort des Besuches, den Kaiser Wilhelm dem König Hnmbert ab statten wird, bestimmt ist. Berlin, den 1. August, Mittags. Der Kaiser ist mit dem Grafen Bismarck in Fricdrichsruh in vergangener Nacht um 12 Uhr angekvmmen und vom Reichskanzler an dessen Villa empfangen worden. Bon der zahlreich herbcigeströmtcn Menge wurde der Kaiser mit Hurrah- und Hochrufen und mit dem Absingen der Volkshymne und der Wacht am Rhein begrüßt. Politische Nmtdschair. Chemnitz, den 1. August. Deutsches Reich. Das deutsche Kaisergeschwadcr ist Dienstag Morgen von Kopenhagen heimwärts nach Kiel gedampft. Kaiser Wilhelm begab sich am Montag Abend 11 Uhr an Bord des „Hohenzollern", begleitet vom Könige und sämmtlichen Prinzen. Der Landungsplatz und die angrenzenden Gebäude waren prachtvoll erleuchtet. Vorher hatte der Kaiser den dänischen Ministerpräsidenten Estrup in längerer Audienz empfangen. Dem Prinzen Waldemar Leidenschaftliche Herzen. Roman von Karl Zastrow. Fortsetzung. Nachdruck verboten. Langsamen Schrittes begab er sich darnach in seine Wohnung zurück. Er war sich bewußt, seine Pflicht erfüllt zu haben, und doch, er wußte nicht warum, fehlte ihm jenes freudige, gehobene Gefühl, welches ein solches Bewußtsein zu begleiten pflegt. Trug er doch selbst die Schuld, daß nicht Alles so war, wie es wohl hätte sein können. War es doch sein eigener Wille, daß er jetzt zum zweiten Male das Paradies verließ, das ihm schon einmal in seinem ganzen zauberischen Glanze offen gestanden hatte. Bei alledem quälten ihn fürchterliche Zweifel, ob denn wirklich das Opfer, welches er brachte, zum Glücke Emmy's beitragen würde, ob nicht ein unwürdiger, verdienstloser Mensch, den vielleicht nur eine glänzende Außenseite zierte, das holde Wesen über kurz oder lang sein Eigen nennen würde. Im höchsten Grade verstimmt trat er in seine Wohnung ein. Hier überraschte ihn sein Wirth mit der Nachricht, daß ein Fremder in seiner Abwesenheit dagewesen sei, der das Verlangen, den Buchhalter zu sprechen, kundgegcbcn habe. „Sie möchten sich im Hotel zum „goldenen Anker", der Post gegenüber, einfinden, und zwar so rasch als möglich! denn Jemand, dem Sie einst sehr nahe gestanden, habe Ihnen etwas wichtiges mit- zutheilen." Mit diesen Worten schloß er seinen Auftrag. Die Schilderung jedoch, welche der Wirth von der Persön lichkeit des Besuchers entwarf» ließ den Buchhalter keinen Augenblick darüber in Zweifel, daß der Klaviervirtuose aus dem „straffen Segel" den Boten des unbekannten Freundes gemacht habe. Wer aber war dieser Jemand, dem Werner einst so nahe ge standen? Zu wem stand der Virtuos überhaupt in irgend einer Beziehung? Zumal in dieser Stadt, in welcher er seiner eignen Angabe nach vollständig fremd war? Ein verzehrendes Verlangen, zu wissen, was man von ihm wolle, erfüllte ihn. Waren ihm doch in der letzten Zeit so viele Räthsel entgegen getreten und hatte er doch beinahe eine Ahnung, daß er nunmehr über dies und jenes, was ihm dunkel erschienen war, Aufklärung erhalten werde, daß er körmlicb braun«- -ndlich klar zu jeheu. ! hat der Kaiser den Schwarzen Adlerorden verliehen, dem Minister des Auswärtigen von Rosenörn das Großkcenz des Rothen Adler- ordens. Der König verlieh dem Prinzen Heinrich von Preußen den Elephantcnorden, dem Grafen Herbert Bismarck das Großkreuz des Danebrogordens; auch das Gefolge Kaiser Wilhelms und die höheren Offiziere des deutschen Geschwaders erhielten dänische Auszeichnungen. Beim Besuche der internationalen Ausstellung machte der Kaiser in der russischen, dänischen und deutschen Abthcilung mehrere Ankäufe. Namentlich bei dieser Fahrt wurden die Majestäten mit Ovationen überschüttet.^ — Die Sccstrecke von Kopenhagen bis Kiel ist nicht bedeutend, und so ist der Kaiser nebst seiner Begleitung schon am Dienstag Abend wieder in der deutschen Ostsccveste eingetroffen, wo er unter endlosem Jubel willkommen in der Hcimnth geheißen wurde. Vor Verlassen der „Hohenzollern" soll der Kaiser noch einen Erlaß unterzeichnet haben, in welchem er den Führern der Geschwader, welche ihn auf der Reise begleitet, allen Offizieren und Mannschaften seine kaiserliche Anerkennung ansspricht. In Kiel fand ein besonderer Empfang nicht mehr statt, nach kurzer Begrüßung der erschienenen Herren erfolgte unter brausenden Hochrufen die Fahrt durch die festlich geschmückten Straßen znm Bahnhof, wo der Kaiser vom Prinzen Heinrich und dessen Gemahlin, der Prinzessin Irene, Abschied nahm. Die Nacht zu heute ist der Kaiser in Friedrichsruhe beim Reichskanzler Fürsten Bismarck geblieben. Daß der Monarch sofort nach der Heimkehr von seiner ersten großen Auslandsreise das Hans seines ersten Rathgcbers anfsucht, ist ein Ereigniß, welches so für sich selbst spricht, daß jede weitere Bemerkung überflüssig ist Heute Mittwoch Abend trifft der Kaiser von Friedrichsruhe in Spandau ein und bcgiebt sich auf den Dampfer „Alexandria" nach dem Marmorpalais in Potsdam. — Eine Zusammenkunft zwischen Kaiser Wilhelm und seiner Großmutter, der Königin Victoria von England, wird nach britischen Blättern im Herbst in Baden-Baden stattfinden. Auch die drei Kaiserinnen Victoria, Friedrich und Angnsta werden bei dieser Ge legenheit in Bade» anwesend sein. — Von gut unterrichteter Seite wird versichert, daß sämmtliche schriftliche Hinterlassenschaften Kaiser Friedrichs thatsächlich in Deutsch land sind und auch nicht ein Blatt drüben in England gewesen ist. Die bezüglichen Gerüchte waren sammt und sonders erfunden. Die Kaiserin Friedrich ist übrigens eine viel zu stolz und hoch denkende Fran, als daß sie heimlich Schriftstücke ihres Gemahls entfernt haben sollte. Die Sachlage ist ganz einfach die, daß Erörterungen darüber schweben, welche der Aufzeichnungen des hochseligcn Herrn pnblizirt werden sollen. Daß der Kaiser sich sehr frcimnthig geäußert, wird Niemand bezweifeln, der seinen Charakter kannte. Kaiser Friedrich war weder liberal, noch conscrvativ, aber er dachte sehr frei, und in diesem Sinne hat er sich auch in seinen Tagebüchern geäußert. — Die „Nordd. Allg. Ztg." erwähnt die Londoner Nachricht, Mackenzie wolle gegen jeden Londoner Buchhändler, welcher den Krankheitsbcricht der deutschen Aerzte in englischer Sprache hcraus- gebe, die VerleumdnngSklage einrcichen, und bemerkt dazu, Mackenzie habe es selbst nicht genau mit der Wahrheit genommen. Weiter schreibt das Kanzlerblatt dann: „Die deutschen Aerzte haben in ihrer Schrift eine objektive Darstellung der Krankhcitsgcschichte des hoch seligen Kaisers Friedrich gegeben und damit eine Pflicht gegen die deutsche Wissenschaft und gegen die deutsche Nation erfüllt. Herr Mackenzie hatte seit Monaten die deutschen Aerzte in der Presse mit falschen Anklagen verfolgt oder verfolgen lassen, und Letztere waren also verpflichtet, sich in der Weise, ivie sie cs gelhan haben, zu recht- fertige». Sie waren ferner durch das Gefühl des Patriotismus ge bunden, dem deutschen Volke, welches den Leiden Kaiser Friedrichs mit wärmster Theilnahme gefolgt, aber von den englischen Aerzte» über die wahre Statur desselben stets getäuscht worden war, endlich die Wahrheit kundzugeben. Die einzige Antwort Mackenzie's aus Das bleiche, traurige Gesicht des Klaviervirtnosen tauchte leb hafter, als je, in seiner Phantasie auf, und hastig stülpte er seinen Hut wieder auf den Kopf und schlug den Weg nach dem Hotel ein. Er war kaum in den Hausflur getreten, als ihm der alte Kollege, der ganz gegen seine Gewohnheit vollkommen vernünftig schien, in sichtlicher Aufregung entgegen trat. „Ah, das ist gut, daß Sie da sind!" sagte er tief aufathmend und dem Anscheine nach sichtlich erleichtert. „Kommen Sie rasch! Sie werden dringend erwartet!" Und in einer gewissen Hast, wie Werner sie nie zuvor in seinem Wesen bemerkt hatte, sprang er die Treppe hinauf, eilte dem Freunde voran über den Korridor und blieb endlich vor einer Thür stehen. Die Hand auf den Drücker gelegt, erwartete er den Buchhalter und erst als dieser näher getreten war, öffnete er sie leise, ließ Jenen eintreten und verschloß sie ebenso geräuschlos hinter ihm. Es war ein kleines, hell tapezirtcs, wohnlich ausgestattetes Gemach, aber der Eintretende schenkte der Einrichtung des Zimmers keine Aufmerksamkeit. Das blendendweiß überzogene Bett, welches in der Nähe des Ofens stand, in dem trotz der milden, sommerlichen Luft ein Feuer brannte, zog sein Auge so mächtig an und jagte gleichzeitig einen so heftigen Schreck durch seine Adern, daß er wie eingewurzelt auf der Schwelle stehcn blieb. „Anna! Ist es denn möglich?" rief er endlich, sich gewaltsam aus seiner Erstarrung aufraffend. „Du bist hier?" — Die Kissen des Bettes bewegten sich. Ein schmales, bleiches und abgehärmtes Gesicht, von schwarzem Gelock umwallt, das die krankhafte Bläffe nur noch schauerlicher hervortreten ließ, und ein paar tiefliegende, unendlich trostlose Augen wandten sich dem Buch halter zu. Eine kleine, magere Hand streckte sich ihm entgegen. „O Gott! Habe Dank, daß der heißeste Wunsch meines armen, verfehlten Lebens in Erfüllung geht!" tönte es von den blaffen Lippen. „O, wie gut ist's, daß ich Dich noch einmal wiedersehe. Ach! Du mein einziger, wahrer Freund I Gott hat mich sehr gestraft I Kannst Du mir verzeihe», Edmund?" Er warf einen Blick auf die zitternde, bleiche Gestalt, die angst voll flehend zu ihm aufsah. Verschwunden war Alles, was an Groll und Verachtung für sie jemals in seinem Herzen Platz gefunden. Nur Mitleid fühlte er mit diesem armen Wesen, das unglücklich und gebrochen vor ihm lag. dieses loyale Vorgehen der deutschen Aerzte ist die Drohung, erwerbe Jeden, der die deutsche Veröffentlichung in England publizire, vor den Gerichten belangen. Jedem Deutschen und sicherlich auch jedem Engländer von anständiger Gesinnung wird sich sofort die Frage auf« drängen: warum vermeidet Herr Mackenzie eine wissenschaftliche Aus einandersetzung und sucht Deckung hinter dem Rücken des Strafrichters? Sein Verhalten ist um so unbegreiflicher, als ihm bei allen An schuldigungen, die er gegen die deutschen Aerzte veranlaßt oder vor gebracht hat, der Gedanke an den Strafrichter niemals gekommen ist. Wenn Herr Mackenzie glaubt, daß er seine Landsleute durch die er wähnte Drohung einschüchtern werde, so hat er sich unserer lieber« zeugung nach getäuscht. In erster Reihe hat er ihr Urtheilsvermögen unterschätzt. Nur böser Wille oder ein schlechtes Gewissen können in der deutschen Publikation die Merkmale einer Verleumdung oder Be leidigung finden. Wer sie unparteiisch beurtheilt, wird darüber keinen Zweifel hegen, daß sie so objectiv gehalten ist, wie es nach Lage der Dinge möglich war. — Und nun noch ein kurzes Wort an Herrn Mackenzie selbst. Während seines Aufenthaltes in Berlin hat er, wiederholt die deutschen Zeitungen, welche für Professor von Berg mann Partei ergriffen, mit strafgerichtlicher Verfolgung bedroht; bis her aber ist kein Antrag von ihm nach dieser Richtung hin gestellt worden. Wir meinen, Herr Mackenzie hat von seinem Standpunkte aus nunmehr den dringendsten Anlaß, seine Drohung auszuführen. Er wird die deutsche Wissenschaft und Publizistik zur Stelle finden." — Ans London wird weiter berichtet, Mackenzie's Antwort auf den Bericht der deutschen Aerzte werde, die Genehmigung der Kaiserin Friedrich vorausgesetzt, anfangs September zu gleicher Zeit in Lon don, Berlin, Paris und Rom in 4 verschiedenen Sprachen erscheinen. — Der schwedische Ingenieur Hagelius, der ein neues, aber mals verbessertes Gewehrsystem erfunden hat, ist in Berlin einge troffen, um dort seine Erfindung vorznlegen. — In Kiel tvurde ein angeblich französischer Marine-Offizier unter dem Verdacht der Spionage verhaftet. — Die Schweiz hat jetzt den ehemaligen preußischen Haupt mann O'Danne über Basel den deutschen Behörden ausgeliefert. Oestexreich-Ungarn. In Ungarn macht ein geistlicher Zwischen fall ungeheures Aufsehen: Der Hausgeistliche und Vertraute des Kardinal-Primas von Ungarn, Or. Ernst Seda, Sekretär des heiligen Stuhles und päpstlicher Kämmerer, hat sein Amt nicdergelegt, ist aus dem Pliesterstande ausgetreten und wird seinen Glauben wechseln. Die Ursachen dieses Zwischenfalles sind noch nicht klargestellt. Italien. Die bitteren Beschwerden des italienischen Minister präsidenten Crispi über Frankreich, weil dasselbe sich bemüht, der italienischen Occupatio» von Massauah Schwierigkeiten zu bereiten, haben allgemeine Aufmerksamkeit erregt, cs werden aber keine weiteren Verwickelungen befürchtet. Frankreich hat am wenigsten Anlaß, Italien wegen seiner Annectionspolitik Vorwürfe zu machen, es ist zu Tunis auch nicht in rechtmäßiger Weise gekommen. Crispi's Verhalten beweist, daß Italien sich absolut nichts von Frankreich mehr gefallen oder bieten lassen will. Die beiderseitige Freundschaft wird das nicht erhöhen, aber zum Kriege denn doch noch nicht führen. Frankreich. Der Streik in Paris hat sein bedrohliches Aus sehen noch nicht verloren. Nur die höchste Wachsamkeit von Polizei und Militär kann große Excesse verhüten. Kleine Zusammenstöße kommen fortwährend vor. — Im Herbst soll eine neue Anleihe aus geschrieben werden. Die Ernteaussichten sind recht wenig befriedigend, der fünfte Theil der Ernte gilt als verloren. Dänemark. Kopenhagener Stimmungsberichte heben als be sonders bemerkenswerth die Thatsache hervor, daß die Königin von Dänemark den Kaiser an der Landungsstelle begrüßte. Sonst bedingt die Etikette, daß ohne ihre Gemahlin reisende Monarchen der Landes« fürstin zuerst einen Besuch abstatten. Dieser Umstand beweist, wie hoch der kaiserliche Besuch in Kopenhagen geschätzt wurde. — Der „Sei ruhig, Anna! Rege Dich nicht auf. Du bist krank! Sprich leise und zusammenhängend; was ist denn geschehen?" Sie hatte sich trotz ihrer Schwäche in wilder Hast aufgerichtet. Das lange Haar fiel aufgelöst und in wirren Locken auf das weiße Nachtgewand. Ei» Lächeln des Irrsinns spielte um ihre bleichen Lippen, als sie krampfhaft die Kissen zurückriß und eine rothlederne Tasche zum Vorschein brachte. „Hier!" rief sie, am ganzen Körper schaudernd, und reichte ihm mit zitternder Hand das Taschenbuch. „Vor allen Dingen — Edmund, nimm, was Dir gehört — Dein Eigenthum — zurück. > fehlt nichts daran, Edmund! So wahr ich die Seligkeit des Himmels erhoffe, kein Kreuzer. Höre mich an, Edmund! Ich will mich so kurz fassen, als möglich, denn meine Augenblicke sind gezählt. Derjenige, dem ich mein ganzes Herz voll Liebe und Treue ent- gcgcntrug, ist ein Schurke, ein elender, gemeiner Schurke. O, ich Unglückliche!" Sie schlug verzweifelnd die Hände vor das Gesicht. Ein Thräncnstrom erleichterte ihr die Brust. Werner stand erschüttert. Es dauerte lange, ehe sie fortfahren konnte. „Ich hatte es wohl zum größten Thcile auch mit verschuldet. An jenem Morgen, an welchen« der schlechte Mensch verabredeter maßen mit «nir zusammentraf, — es war in aller Frühe, ich wußte die Stunde genau, wann er kommen wollte, und hatte mich, nachdem ich noch eininal von Dir, dein Schlummernden, schweigend Abschied genommen, an das Fenster gelegt, um ihn zu erwarten — ach — da ahnte ich nicht, daß dieser Tag der Anfang zu der unglücklichsten Epoche meines Lebens sein würde. Ich sah eine dunkle Gestalt langsam in dem trüben Dämmerlicht des anbrechenden Tages auf das Haus zuschreiten. Trotz des noch immer bewölkten Himmels erkannte ich Ottomar, und leise, mit klopfendem Herzen schritt ich aus den Zehen die Treppe hinab, um ihm das Haus zu öffnen. Es ge lang mir, die Hauslhür ohne das geringste Geräusch zu erschließen. Ich war vorsichtig, denn ich wollte die Tischlersleute nicht hören lasten, daß ich Jemand einließ. Die guten Leute wußten ja nichts von unseren zerrissenen ehe lichen Verhältnissen," fuhr Anna fort, „und glaubten nur, daß ich allein »ach einer anderen Stadt vorausrcisen wolle. Da wir nach einer guten halben Stunde doch wieder hinaustreten mußten, ließ ich die Hausthür offen, und Ottomar, den bei der Kühle deS Morgen- Der heutigen Rümmer des Sächsischen Landes.Anzeigers liegt Sei das Beiblatt „Sächsische Gerichtszeitnng".
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite