Suche löschen...
Sächsischer Landes-Anzeiger : 08.11.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-11-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-188811086
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18881108
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18881108
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1888
-
Monat
1888-11
- Tag 1888-11-08
-
Monat
1888-11
-
Jahr
1888
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 08.11.1888
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Nr. 261. — 8. Jahrgang. Der jeden Wochentag Abend (mit Datum des folgende» Tages) zur Versendung gelangende „Sächsische Landcs-Anzcigcr" mit täglich einem Extra-Beiblatt: i. Kleine Botschaft L. Sächsischer Erzähler 3. Sächsische Gcrichtszcitung 4. Sächsisches Allerlei b. Jllustrirtcs linterhaltnngSblatt 6. Sonntagsblatt 7. Lustiges Bilderbuch lostet bei den Ausgabestellen monatlich 7V Pfg., bei de» Post-Anstalten 75 Pfg. (Post-Zeitu»gs-Prcisliste Nr. -7035.) Sächsischer Unparteiische tägliche Zeitung für Sachsen und Thüringen. Verlags-Expedition: Alexander Wiede, Bnchdrnckerei, Chemnitz, Theaterstratze Rr. 3. Fcrnsprcch«Anschluß Nr- 136. — Telegramm-Adresse: Landes-Anzeiger, Chemnitz Donnerstag, 8. November 1888. Bo» den Hanptblättern des „Sächsischen Landes-AnzeigerS" erscheint (ohne dessen tägliche Ertra - Beiblätter) eine billigere Sondcr-Ausgäbc nnier dem Titel: Chemnitzer General-Anzeigev für monatlich nur 50 Pfg. mit Zutrage»; außerhalb Chemnitz monatl. 57 M. in. Ztr. (Zeitungs-Preisliste 9. Nachtr. Nr. 1250».) Für Abonnenten erscheintje einmal imJahr: Eommer-Eiseiibnhnsnyrulanhefl für Lachsen. Winter-Eisenbahnfahrpiaiitlest für Sachsen. Jllustr. Kalender des Sächsischen Lindboten. JliiisrrirttrZahresbllchScsLanöcF-st.izeiger-. Anzeigenpreis: Naum einer schmale» Corpnszeile >5 Pfg. — Bevorzugte Stelle (Ispaltige Petitzeile) 30 Pfg. — Bei Wiederholung großer Anzeigen Preisermäßigung- — Bei Bestellungen von Auswärts wolle inan de» Ei»rulk>i»göbetrag (in Bricsmarlen) beifügen >je 8 Silben Corpnsschrist bilden ca. 1 Zeile.) — Anzeigen könne» mir bis Vormittag angenommen werden, da Druck und Verbreitung der großen Austage längere Zeit erfordern. — Tic Anzeige» finde» ohne Preisansschlag gleichzeitig Verbreitung durch de» „Chemnitzer General-Anzeiger" (billigere Sonder-Ausgabe der Hauvtbläiter des „Sächsische» Landes-Anzeigers" oh»^desse» tägliche Extra-Beiblätter. Amtsgerichtliche BeranntmachUllgett. Das im Grnndbiichc auf den Name» Franz Böttcher citigeiragene » Chemnitz ail der Nitgusttlsbnrgcistraßc nnier Nr. 38 gelegene Grundstück Nr. 668, 2. Ablh. des Vrandkainstcrs, Folinm 1031 des Grundbuchs für Chemnitz, bestehend ans Hitttcrivohngebäiidc, »och im Ban begriffenem Vorderwohnbans, Scitenwohugebändc und Waschhaus, geschätzt ans 102,200 M„ soll im hiesigen Amtsgerichte zwangsweise versteigert werdet» und ist der 10. Dezember 1888 Vormittags >0 Uhr als Anmeldeicrmi», ferner der 28. Dezember l88? Vormittags 10 Uhr als Vcrstcigcr»ngstcrmin, sowie der b. Januar 1889 Vormittags 10 Uhr als Tcr-inn zu Vcrlündlttig des Veriheiltingsplanz aubcraumt worden. Die Nealberechtigtc» werde» aufgc- sordcrt, die aus dem Grundstücke lastenden Rückstände an wicderlchrenden Leistungen, sowie Kostcnsordcruiige», spätestens im Aniilcldctcrmiiie anzu- »icldeii. Eine Ucbersicht der aus dem Grundstücke lastenden Ansprüche und ihres Rangvcrhältniffes la»» nach dem Ainiieldeterminc in der Gcrichts- schrciberci deö uiitcrzcichiiclcii Amtsgerichts eingesehe» iverden. Chemnitz, ani 5. November 1888. Königl. Ainisgcricht. I» dem Kotikiirsversahrc» über das Vermöge» des Tricoistossfabrikante» Carl Ferdinand Richter in Siegmar ist zur Abnahme der Schlußrechnung des Verwalters, zur Erhebung vo» Einwendungen gegen das Schlnßvcrzcichniß der bei der Bcrthcilnng z» berücksichtigenden Forderungen und zur Beschluß fassung der Gläubiger über die nicht vcrwcrihbarcn VcrniögcuSstücle der Schlußtermin aus de» 4. Deccmber 1888 Nachniitiags 4 Uhr vor dem Königlichen Amisgcnchtc hiersclbst beslimmt. Cheinnitz, den 6. November 1888. Königl. Amtsgericht. Neueste Nachrichten. Bern, 6. November. Der Bundcsrctth ernannte Emil Cellcricr, Jurist in Genf, zum Sekretär der Gcsandschaft in Berlin, genehmigte den Ansliefernngsvertrag mit Oesterreich und ermächligie das Finanz- departemcnt zur Anstellung von acht Brenncreikontrvllmren und zwei Brciitlerciexpcrtcn. Berlin, 7. November. (Drahtnachricht unseres Anzeigers). Das bisherige Resultat der Wahlen zni» preußischen Abgcvrdncicnhause ist: 134 Conservative, 65 Freiconservative, 98 Centrum, 83 National- liberale, 29 Freisinnige, 13 Polen, 2 Dänen, 2 Welfen, 1 Fraklions- loser. Stöcker ist gewählt. In Frankfurt a. M. siegten die National- liberalen ; Breslau wählte einen Conservative», einen Freikvnservaliven ittid einen Nationallibcrnlcn. Politische Nrm-schan. Chemnitz, den 7. November. Deutsches Reich. Die Anicrikanerfrage in Württemberg ist erledigt. Wie der „Frankfurter Ztg." berichtet wird, sind die beiden amerikanischen Gesellschafter des Königs von Württemberg, die Herren Wvodeock »nd Hendrhk, v,n Nizza aligcreist, wo der wnritembcrgische Ministerpräsident von Mittnacht angckommcii ist. Diese Entfernung ist natürlich keine ganz freiwillige, vielmehr ist anzunehmen, daß der König Karl es für gni befunden hat, sich von den ihm bcfrctiiidclcn Ausländer» zu trennen. Und hervorgcriifen ist dieser Entschluß ganz unzweifelhaft durch die Schritte des Stuttgarter Ministeriums. Weitere Folgen sind nicht zu erwarten, da der württembcrgische Staatsanzeiger ja ganz bestimmt erklärt, der König habe keinerlei finanzielle Bcr- bindlichkeittil auf sich geladen, welche ihrer Begleichung harrten. — Zu dem Vorgehen gegen Herrn von Roggenbach schreibt die „Post", daß in der That bei demselben eine Haussuchung stattgc- fimden hat: „Die gewaltsame Ocss»u»g des versperrten Hauses wnrde Der Pfarr-Heinrlch. Novelle von Theodor Winkler. Fortsetzung. Nachdruck verboten. Jetzt aber häuften sich die unliebsamen Gerüchte über den ge heimen Günstling ihrer frühesten Jugend. Der selige Pfarrer hatte auf dem Sterbebette im Fieberwahn oft mit schwere» Vorwürfen Heinrichs Namen genannt, und nach seinem Tod hörte sic ihn ge radezu als einen „verlorenen Sohn", als einen Nagel zum Sarg seines Vaters beschreibe». Das schmerzte sic tief. Ihr Herz kämpfte lange mit der Vernunft um den Platz, de» Heinrichs Bild in ihrer Seele ciiizniichmeli hätte, da aber gar Niemand sich finden wollte, der sich zu seinem Vcrthcivigcr ansivarf, so konnte auch sie dem all gemeinen llrtheil nicht länger Widerstand leisten und ein stiller Groll trat an die Stelle der einstigen Zuneigung. III. Am Tag nach seiner Rückkunft in's Elternhaus unternahm Heinrich in der Frühe einen Gang durch das Dorf. Der Empfang daheim war, wie zu erwarten, ein trauriger gewesen, und die Pfarrern: hatte viel bittere Thräncit geweint, als sie ihren Sohn in dieser Verfassung und nach diesen schweren Er eignissen wieder bei sich sah. Heinrich hatte noch zwei Geschwister, einen Bruder von fünfzehn Jahren und eine Schwester von zehn Jahren; für Mutter und Kinder aber reichte die karge Pension nicht aus, welche der Wittwc »ach dem Tode des Vaters vcrwilligt wurde, auch wenn sie ihre Bedürfnisse auf das bescheidenste Maß beschränkte. Heinrich hätte also hier seinen Angehörigen eine Stütze sein solle». Daß er es in der That nicht war, drückte ihn schwer, und zum ersten Mal verwünschte er den Knnsttenfcl, der ihm die vom Vater vor geschriebene Laufbahn verleitet »nd schließlich verdorben halte. Sei» Vater hatte ihn nämlich zur Theologie bestimmt, und Heinrich war wirklich in der Absicht zur Universität gegangen, sich dieser Wissen schaft zu widmen, obwohl ihm jeder innere Trieb und jede tiefere Neigung für dieses Fach abging. Allein cs wollte ihm nicht gelinge», der Sache Geschmack abzugcwimicii, und die tröstliche Behauptung daß man sich mit der Zeit an alles gewöhnen könne, erwies sich iiii- zuircffend. Heinrich hatte als Schüler des Gii»i>iasi»»is ei» wenig Zeichnen gelernt und später durch Ucbung und Studium sich eine ungemeine Fertigkeit darin angccignct, so daß ihm von Sachvcr- ständigen mehrfach der Rath gegeben wurde, sich ganz der Malerei zu widmen und eine Akademie zu besuchen. Allein der Vater mochte von solch brodlosc» Künsten nichts wissen, redete dem Knaben den romantischrn Plan aus nnd erwartete, daß die Universität und der durch den Amtsrichter zu Schopfheim aiigeordnet, den der dort angekominene Untcrsilchniigsrichter des Reichsgerichts requirirt hatte. Die Sache wurde sehr geheimnißvoll betrieben, der zngezogcne Gendarm erschien in Civil. Ferner wird mitgethcilt, daß Professor Gesfcken sich kurz vor Veröffentlichung des Tagebuches bei Herrn von Roggenbach in Neuwied anfhiclt. — Die Abgeordnetenwahlen zum preußischen Abgeordnetenhaus« haben am Dienstag stattgcsiliide». Das Resultat entspricht im Wesent liche» den schon bekannten Wahlinännerwahlen: Konservative, Centn»», Nationalliberale haben ihren alten Besitzstand fast ganz behauptet, die Freisinnigen verlieren etwa 4—5 Mandate. In den 4 Berliner Wahlkreisen sind die neun freisinnigen Kandidaten mit der bekannten großen Mehrheit gewählt. In Altona siegte der nationalliberale Senator Knauer über de» bisherigen Vertreter Professor Häncl,--in Posen wurde der freisinnige Kandidat Schmicdcr gewählt. Dieser Wahlkreis ist also nicht, wie es erst hieß, den KartcNpartcic» zugefallen. Im Landkreise Posen wurden Czwaliiia (sreis.), von Trcskow (kons.) wiedergewählt. Der iiationalliberaie Führer EnnecceruS drang in Kassel fast einstimmig durch, in Halle wnrde Professor Friedberg (»atl.) mit 150 Stimmen Mehr heit gegen Nicke (sreis.) gewählt. Stettin, Kiel sind freisinnig, in Königsberg erhielten die freisinnig-nationalliberalen Compromiß- Candidaten die Mehrheit, in Hirschücrg-Schöiiau die Freisinnigen Eberth und Halberstadt, in Lauenburg Berling (sreis.), doch wurde Scgeberg von den Nationalliberalcn gegen die Freisinnigen behauptet. Nordhauscn, Danzig, Könitz, Liegnitz wählten ebenfalls freisinnig. Die Cvnservativen haben ihren Besitzstand in den Ostprovinzen voll behauptet, die Nationallibcralen hielten alle ihre Sitze in ihrer Hauptprovinz Hanover. Die Centrumspartei verlor Krenzburg. Magdeburg wählte nationatliberal, Köln klerikal. In Lissa wurden zwei Freiconservative n»d ein Freisinniger gewählt, in Thorn-Cnlm siegten die Kartcllcandidatcn über Polen und Freisinn. (Weiteres siche unter „Neueste Nachrichten.") — Der frühere französische Minister Develle, einst College Boulangers, hat in einer Rede in Rcvigny ein Stück Zeitgeschichte enthüllt, in welchem das Vcrhältniß Boulangers zu Deutschland im Vordergründe steht. Man habe, so erzählte der frühere Minister, die volle Wahrheit über die Schnäbcle-Angelegenheit bisher nicht kiindgcbcn dürfen, weil dadurch das Ausland über die wahre Lage in Frankreich aufgeklärt werden würde; nie aber sei die Gefahr für Frankreich größer gewesen als damals. Der Kriegsminister General Bonlangcr habe znm Kriege mit Deutschland getrieben, obwohl nur 20,000 Stück Lcbclgcwehre fertig Ware» und obgleich bekannt ivar, daß die Soldaten durch das vom Minister aiisgehendc überniaßige Preisen der neuen Waffe das Vertrauen zu ihrem Grasgcwehr ver loren hatten. Andererseits sei nicht ausreichend Melinit vorhanden und die Fcstungsartillcrie dcsorganisirt gewesen. 60 Regimenter seien unter de», Vorwände, die Grenze zu decke», verlegt worden. Der Obcrkricgsrath i» Paris habe fcstgestellt. daß Bonlaiiger keine der Eigenschaften besitze, die einem Kriegsmi'nistcr noththnen. „Falls wir die Deutschen in der Front nnd diese» Minister im Nücke» haben", sagte ein Mitglied des Obcrkricgsrathcs damals, „sind wir verloren". Das sei heute anders und deshalb dürfe man reden, denn das Land müsse erfahre», daß Boulangcr als Kriegstninister die nationale Streitkraft desvrganisirt habe. Die „Gazette de France", das einzige royalistische Blatt, welches sich nicht für Bonlaiiger hat gewinnen lassen, erklärt im Anschluß an diese Ent hüllung, man habe cs der Besonnenheit Bismarcks zu danken, daß der Friede damals nicht gestört wurde; ein anderes Blatt ist dagegen Umgang mit den strebsamen Sölnien der Wissenschaft die Lust zu diesen Extravaganzen vollends verwischen werde. Allein der gute Mann hatte sich hierin getäuscht. Kaum hatte der Soh» die ersten Vorlesungen der Fakultät gekostet, so kam er nicht wieder, sondern suchte während der Zeit die Säle des Museums ans und verweilte vor den Meisterwerken der bildenden Kunst. Auch der Umgang mit seine» Commilitoncii bot ihm wenig innere Befriedigung. Immer mehr zog er sich ans ihrer Gesell schaft zurück und beschränkte endlich seinen Verkehr fast ausschließlich ans einige junge Maler, deren Bekanntschaft er auf dem Museum gemacht hatte. Je vorthcilhaficr und anregender dies aber für seine künstlerische Liebhaberei war, desto mehr entfremdete cs ihn der Bahn, die er zur Erlangung eines seinen Mann ernährenden Amtes nothwendig gehen mußte. Seinem Vater konnte dies auf die Dauer nicht verschwiegen bleiben. Er kam im ersten Schrecken über die Botschaft von diesem Unsleiß eines Tages selbst unerwartet in der Universitätsstadt an, im Zimmer seines Sohnes wirklich, wie man ihm geschrieben hatte, statt der Thora und symbolischen Bücher eine Staffelet niitPinsel und Palette findend, und war über dieses seiner Ucbcr- zcilgimg nach zum sicheren Abgrund führende „Lotterleben" so un glücklich, daß Heinrich, gerührt von seinem Kummer, alles bei Seite warf und znm gewünschten Studium mit doppeltem Eifer znrück- zukehrcn versprach. In der That setzte sich auch Heinrich nach der Abreise des bekümmerten Vaters wieder über die Bücher. Allein länger als zwei Tage hielt er cS nicht aus. Obwohl sonst mit einer ungewöhnlichen Fassungskraft und einem sehr dankbaren Ge dächtnis; begabt, mußte er sich bei der Beschäftigung mit jenen ge stehen, daß alle seine glücklichen Naluraiilagcn wie cingeschlafc» waren. Halbverzweifelt sprang er auf und schwur sich, lieber zu verhungern, als sein Leben bei einer Sache zu vertrauern, an der er kein Interesse finde» konnte. Entschiedener und zuversichtlicher als zuvor »ahm er seine alte Beschäftigung wieder auf nnd suchte nicht nur sich praktisch in der Knust zu vervollkommne», sondern warf sich auch mit Eifer ans das Studium ihrer Theorie. Er selbst wuiidcetc sich oft, wie spielend leicht er sich all' die tausend Kunstgriffe und kleinen Geheimnisse ancignete, und wie wenig cs ihn belastete, Nächte lang über der Lcciüre ästhetischer Schriften zu sitzen. Allein seine große Liebe zur Knust sollte auf eine harte Probe gestellt werden. Ans der Universität wegen offenkundiger Theiliiahm losigkeit an den Vorlesungen ans dem Verband der Hochschule rclegirt, vom Vater ohne alle Mittel gelassen, kämpfte er mit den nnabiveis lichcn Forderungen des Lebens »nd würde vielleicht eine» vcrweffclten Schritt gethan haben, wen» ihn nicht sein iiiivcrsiegbarcr Humor und die nncrschntterliche Liebe zur Kunst dem Leben erhalten hätte. Gute Freunde nahmen sich seiner an »nd schafften ihm einigen Nebenverdienst. Zwar reichte dieser nicht hin, seine Bedürfnisse zu der Ansicht, Deutschland sei diimin gewesen, den richtigen Augenblick zu versäume», da es doch einmal z»m Kriege kommen müsse. — Der „Reichsanzeiger" veröffentlicht einen weiteren Bericht des deutschen Generalkonsuls in Zanzibar über die Unruhen an der ostasrikanijchen Küste. Es wird abermals konstatirt, daß die Urheber des Aiisstandes die arabischen Sklavenhändler sind und die schon bekannte glückliche Flucht der deutschen Beamten aus Mikindam' und Lindi und der Untergang von Krieger und Hessel in Kilwa ge» meldet. Die beiden Letzteren wurden vom 21. bis 24. September in ihrem Hause von den Arabern belagert, welche an 20 Mann ver loren hatte». Krieger wnrde am 24. tödtlich getroffen, woraus sich, als die Araber in's Hans eindrangen, Hessel erschoß, da er keine Möglichkeit von Rettung sah. Die „Möwe" war schon am 22. in die Bucht von Kilwa cingclaufen, aber die Araber hatten jede Ver bindung zwischen den Eingeschlossenen und dem dentschc» Kriegsschiffe gehindert. Daß die Araber sich weigern, auch die Autorität ihre- bisherigen Sultans anzuerkenncn, ist bekannt. — lieber die deutsch-englische Aktion in Ostasrika erfährt der Londoner „Standard", dieselbe werde in der Herstellung einer wirk samen Blokade gegen den Sklavenhandel bestehen. Deutsche Schiffe würden die Küste des deutschen Schutzgebietes, britische Schiffe die Küsten der englischen Besitzungen an der Zanzibarküste übernehmen. Frankreich sei bereit, die Anstrengungen der beiden Mächte zu unter stützen durch Beseitigung des Mißbrauchs, der mit der französischen Flagge von den Sklavenschiffen getrieben werde. Die Unterhandlungen zwischen Berlin nnd London seien jetzt dem Abschluß nahe. Italic»». In Nom fand unter Crispi's Vorsitz ein großer Ministerrath statt, in welchem über neue Mehrsorderungcn für Heer nnd Marine berathen wurde. Es gilt für ausgemacht, daß die neuen Ausgaben »''cht ohne eine Stcuererhöhung gedeckt werden können, »nd der Fiiianzminlster ist deshalb nicht sonderlich erbaut davon. Crispi hat sich aber von der Nothwendigkeit der Armee- nnd Flotten- vermehrunz überzeugt nnd wird sie im Parlamente init der auswär tigen Lage und der internationalen Politik Italiens rechtfertigen; er hofft die betreffenden Vorlagen ohne ernste Schwierigkeiten in den in den nächsten Tagen znsammentretenden Kammern durchzusetzm. Der König ist mit CiiSPi völlig einverstanden. Drankrcich. Die Kammern haben ihre für eine Woche unter brochenen Sitzungen wieder ausgenommen. Die jetzt fortgesetzte Bud getdebatte bielet aber nichts von Interesse für uns. — Das satirische Wochenblatt „La Charge" hatte ein Spottbild gebracht, welches die Generale Saussicr und Galliset darstellte, wie sie mit gezogenem De gen die Republik in Gestalt einer ans vielen Wunden blutenden Frau verfolgen, während Boulangcr zu ihrem Schutze herbeieilt. Der Zeichner Alfred Lepetit nnd der Herausgeber Roger wurden deshalb, wie schon mitgethcilt, zn zwei Monaten Gefängniß und je 600 Franken Geldbuße verurlheitt. — Der Pariser „Matin" bringt die sensationelle Meldung vom Abschluß eines englisch-italienischen Bünd nisses. Im Kriegsfälle soll Italien die Dardanellen und den Suez kanal besetzen, während Eng'and die italienischen Küsten schützt und den gegenwärtigen Besihstanv im Miltelmecr verbürgt. Holland. Aus Amsterdam wird bestätigt, daß der Kolonial- Minister Keuchenius die Räumung von Atchin beabsichtigt, weil das selbe zuviel Blut und Geld kostet, doch soll der Plan erst in einiger Zeit zur Ausführung kommen. Rußland. Ans Petersburg wird berichtet: Am Kaiserhvft herrschte bekanntlich in den letzte» Jahren Dank dem Einflüsse des fanatische» Oberprokurators Pobedonoszcw eine ziemlich starke Hin neigung zur orthodoxen Strömung. Die kürzliche Errettung be decken, allein mit Hilfe einigen Credits gelang cs ihm doch, ein Jahr zu cxistiren. Da starb sein Vater. Mehrere ungeduldige Gläubiger hatten noch bei Lebzeiten desselben ihre Forderungen an den Sohn in Schwal- bcnheim geltend gemacht und der Pfarrer war über die Schande, die er seinem Namen angehcftet sah, untröstlich. Heinrich's Mutter suchte Zuflucht bei ihrem Bruder, den, Oberforstmetster von Grünthal, und in welcher Weise dieser sich dem Neffen gegcnürerstellte, haben wir bereits gesehen. Heinrich folgte dem Ruf, den der Onkel an ihn erließ, obwohl er den Ton, der gegen ihn angeschlagen war, als ungerecht bezeich nen mußte. Er konnte sich sagen, seine Studienzeit benutzt zu haben, wie jeder andere fleißige Student, wenn auch nicht auf dem Gebiet, das inan ihm hatte aufnölhigcn wollen; er mußte sich ferner gestehen, Schulden gemacht zu haben, allein nicht aus Leichtsinn und Ucber- muth, sondern aus bitterer Nothwendigkeit und in der Zuversicht, sie in Kürze aus eigener Kraft zurückzahlen zu können. Von diesem Bewußtsein getragen, bäumte sich sein Stolz gegen den Vorschlag seines Onkels, und er war entschlossen, eher alles an dere zu beginnen, als sich diesem Straf- und Gnadenposten zu fügen, der stillschweigend alle seine Kenntnisse und Befähigungen als unnütz oder nicht vorhanden documentirte. Mit diesem festen Vornehmen war er in Schwalbenheim angckommen. Trübe Stunden knüpften sich an das Wiedersehen mit den Seinen. Die Mutter bat, Hein rich weigerte sich und suchte das Anerbieten des Onkels als eine entwürdigende Zumuthung ihr klar zn machen. Sie hob hervor, daß der Onkel, auf dessen Beistand sie jetzt verwiese» sei, seine Weigerung nur als falschen Stolz »nd Trotz anfnehmen und am Ende sie und seine Geschwister entgelte» lassen Ivcrde, was Heinrich verschulde. Unschlüssig, wie er sich aus diesem Zwiespalt der Pflichten ziehen sollte, ohne die Mutter zu kränken, hatte Heinrich am frühen Morgen nach seiner Rückkehr ins Vaterhaus das Freie gesucht, um frische Luft zu schöpfen und einen erlösenden Gedanken zu erhaschen. Er war dnrch's Dorf gewandert, der Anhöhe entgegen, auf deren Gipfel der Gntshof lag und der Wald mit all' den Spielplätzen seiner Kinderzcit. Wchmnchige Gefühle beschlichen ihn, als er den Mauern nahe kam, die ihn als Knabe oft und gern ausgenommen hatten, jetzt >bcr auf alle Fälle für ihn verschaffen waren. Denn seit er dem hocharistvlratischen Gutsherrn als Mitglied der Burschenschaft vor Augen getreten war, hatte er dessen Gunst verscherzt und von dem verdorbenen Studenten mochte natürlich der Major vollends gar nichts mehr wissen. Heinrich ahnte dies nicht blos; er wußte genau, daß Herr von Weißenborn wiederholt mit einer vernichtenden Kritik sich gegen ihn ausgesprochen und sich auf die Erfüllung seiner
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite