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Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 22.10.1891
- Erscheinungsdatum
- 1891-10-22
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-189110221
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-18911022
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-18911022
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Freiberger Anzeiger und Tageblatt
-
Jahr
1891
-
Monat
1891-10
- Tag 1891-10-22
-
Monat
1891-10
-
Jahr
1891
- Titel
- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 22.10.1891
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V -46 kyreibergtt «W rige- mU» Taaebl^" Sette 2. S. Fortsetzung.) (Nachdruck verboten.) zwar so schnell als möglich. (Forts, folgt.) D lisch« In Hütte und Palast. Historisch« Novelle von Moritz Lilie. wurde ihr und ihrem Kinde das Recht der Namenssührung abge sprochen, letzteres als »außerehelich" erklärt. Da sie nicht glauben Pfennig holen will — dachte ich — möglicherweise erst, wenn dort Alles zur Ruhe ist und auf Umwegen, etwa durch's Fenster. Wer weiß, ob Du dem früheren Meister nicht einen Dienst erweisen, ihn Dir zu Tank verpflichten kannst, wenn Du den Einbrecher im rechten Augenblicke packst und fcsthältst, sagte ich zu mir selbst; wenn das gelingt, wenn Du vielleicht gar verhinderst, daß der Kerl den rothen Hahn auf das Dach der Mühle setzt, dann wird der alte Stelzenberger gewiß ein Einsehen haben und mich nicht wieder so schroff abweisen, wenn ich noch einmal bei ihm anllopfen sollte. Ich beschloß also dem Manne unbemerkt zu folgen, um nöthigen- falls bei der Hand zu sein." „Das ging bei der Dunkelheit und dem Schnee, der die Schritte dänipfte, recht gut an", warf Kräplin ein. Der Andere nickte zustimmend, dann fuhr er fort: »In der Mühle war noch Licht, aber zu meiner Ueberraschung ivartete der Fremde nicht, bis die Bewohner schlafen gegangen waren, sondern klopfte sofort so herzhaft an die Hausthür, daß der Hund zu bellen begann. Bald bemerkte ich auch, wie der Meister die Flinte von der Wand nahm und das Thor öffnete, aber mein Erstaunen errreichte den höchsten Grad, als ich in dem Ankömmling Sergei erkannte. Natürlich war ich begierig zu er fahren, was den Soldat zu so außergewöhnlicher Zeit in die Hei- math zurückführte; ich lauschte am Fenster und erfuhr nun die Nach einer Meldung aus Rom soll die Audienz, welche der russische Minister von Giers bei dem König von Italien ge habt hat, dem Projekt einer Heirath des Kronprinzen von Italien mit einer russischen Prinzessin gegolten haben. Der Plan soll einem Wunsche des Kronprinzen entsprungen sein. — Das Ge rücht, daß zwischen Rudini und Giers auch die handelspolitischen Beziehungen Italiens zu Rußland zur Sprache gekommen seien, »Unser Freund läßt Dich grüßen!" sagte NiklaS mit höhnischem Lächeln. .Wer?" »Der Müller Stelzenberger!" Ueber das Gesicht des Greises zuckte es, als habe ihn ein giftiges Insekt gestochen und das blöde, thränende Auge bekani plötzlich Feuer. .Wie kommst Du zu Dem," fragte er, »nachdem Ihr doch keineswegs in Frieden und Freundschaft auseinander gegangen seid?" Seine Stimme klang eigenthümlich rauh und barsch, als habe er ein Recht, dem jungen Mann darüber Vorwürfe zu machen. »Das geschah durch einen glücklichen Zufall," erzählte der Müllergeselle, »aber ich bin nicht im Hause Sielzenbergers ge wesen, habe Niemand von seinen Angehörigen gesprochen, sondern habe mich begnügt, vor dem Hause mich zu postiren und zu sehen, waS drinnen im Zimmer vorging." »Gehorcht?" - findet sich am schärfsten in folgenden Sätzen, welche er formulirt, nachdem er die unbestrittene Thatsache erwähnt hat, daß jedem : Angeklagten nach den geltenden gesetzlichen Bestimmungen das , Recht zustchh seineAnslaffungzurSachezu verweigern: „Unter diesen Umständen muß es saft Wunder nehmen, wenn aus Anlaß eines , neuerlich verhandelten Schwurgerichtsfalles die Frage überhaupt hat aufgeworfen werden können, ob der Vertheidiger befugt sei, dem Angeklagten zur Verweigerung seiner Aussage in der Haupt verhandlung zu rathen. Er ist dazu nicht blos befugt, sondern in dem Falle sogar verpflichtet, daß er nach seiner Ueberzeugung die Weigerung mehr zum Vortheil der Angeklagten erachtet, als die Vernehmung." — Hierzu bemerkt die „Nat.-Zg.": »Wäre dies richtig, dann wäre der Advokat bei uns nicht blos Rechts-Anwalt, sondern auch Unrechts-Anwalt, und zwar nicht nur — was ja vorkommt — thatsächlich, sondern nach der Absicht des Gesetzes. Nach der These des Herrn Munckel, daß lediglich der „Vvrtheit des Angeklagten" maßgebend für den Vertheidiger sein soll, hätte dieser, auch wenn ihm bekannt ist, daß sein Klient etwa einen Raubmord begangen hat, Alles aufzubieten, um die Freisprechung des Raubmörders zu bewirken und demselben dadurch die Begehung neuer Verbrechen zu ermöglichen. Wir sind überzeugt, daß die ungeheure Mehrheit aller deutschen Anwälte die Auffassung des Herrn Munckel zurückweist. Entstände die Ansicht, daß viele An wälte so denken, wie Herr Munckel, so wäre die nächste nothwendige Folge hiervon, daß Richter und Geschworene immer gleichgiltiger gegen die Rede der Vertheidiger würden; nicht wirksamer, sondern unwirksamer würde die Vertheidigung, wenn sie den von Herrn Munckel empfohlenen Weg einschlüge." > Der »Hamburgische Korrespondent" führt in einer Besprechung der Verhandlungen des Erfurter sozialdemokratischen! erscheint Meiste werden. Nach italicnift sters we beantwoi Die? Gerücht, lagt wer gehindert setzten 2 Präsiden auSerseh, Man weisen, i bei der keine po! gische M veleye d< Das die gemi einem Armerko betragen Gene seinem!i Accolas, im Mir Canthar 18 jährig Zeit bei Schüler Briese e seine G' seiner f lange al Fakultät Fachschr sind; cs war Die den Be spanisch! 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Aber für das, was ich dabei erfuhr, hätte ich gern ein paar er frorene Zehen gegeben." »Weiter, weiter!" ries der Alte ungeduldig. »Der Sohn des Müllers ist zurück " .Was — der Sergei, der Soldat?" unterbrach Kräplin, »dem seine Dienstzeit ist doch noch lange nicht vorbei!" »DaS ist's ja eben, was die Sache interessant macht!" ver setzte Niklas mit kurzem, hämischem Lachen. »Jetzt wirst Du mir wohl zugeben, daß es sich der Mühe verlohnte, eine Stunde im Schnee zu stehen." Natalie war aus daS Gespräch ausmerksam geworden, als sie den Namen des heimlich Geliebten nennen hörte. Die Näherei entsank ihrer Hand und mit fieberhafter Spannung folgte sie den Worten der beiden Männer. Niklas packte den Mann an beiden Schultern und drückte ihn so unsanft nieder, daß er auf den Boden stürzte. Kreidebleichen Anilitzes sprang Natalie hinzu; das Gespräch der beiden Männer halte sie einer Ohnmacht nahe gebracht und nur mit äußerster Anstrengung bezwang sie diese Anwandlung von Schwäche, um kein Wort von der sie so nahe berührenden Unterredung zu verlieren. In diesem Augenblicke aber bedurfte der Vater ihrer Hilfe. »Sic Unverschämter!" rief sie dem Müller zu, dann beugte sie sich zu ihrem Vater herab und half diesem wieder auf die Füße. Niklas aber warf die Pelzmütze auf den Kops und entfernte sich, das Mädchen mit dem Betrunkenen sich selbst überlastend. Es war rührend zu sehen, wie Natalie den erregten allen Mann durch freundliches Zureden zu besänftigen suchte, wie sie ihn streichelte und sich zärtlich an ihn schmiegte, so daß er ruhiger und ruhiger ward. Willig ließ er sich in das Nebengemach auf sein Lager führen, die Tochter bettete ihn so bequem wie möglich, deckte ihn sorgfältig zu und wartete bis er eingeschlafen war. Dann hüllte sie sich in eine Kassaweika, schlang einen Baschlik um den Kopf und eilte davon in der Richtung nach der Mühle zu. Olga hatte sic kommen sehen und empfing sie am Thor; in kurzen Worten theilte Natalie ihr die Gefahr mit, welche dem Geliebten drohte. Die Tochter des Müllers zog das Mädchen ins Zimmer hinein, damit die Eltern aus ihrem Munde erfahren sollten, daß das Geheimniß des Hauses verrathen sei. Stelzenberger machte ein sehr unfreundliches Gesicht, als er das Kind seines Todfeindes erblickte, aber er bezwang sich. Und als Natalie geendet, sagte er: »Wir sind Dir sür Deine Mittheilungen Dank schuldig, und wenn Du Hilfe bedarfst, kannst Du Dich an mich wenden. Für jetzt nimm das!" Er langte aus dem Wandschränkchen drei blanke Silberrubel und drückte sie dem Mädchen in die Hand. »Das ist sür Dich, nicht für Deinen Vater, der es doch nur durch die Kehle laufen läßt," fuhr er fort. »Du wirst irgend ein warmes Kleidungsstück oder etwas für die Wirthschaft brauchen, dazu verwende das Geld — nicht zu Branntwein!" Da flammte es auf den sonst so bleichen Wangen des Mäd chens auf wie glühende Lava; Thränen entstürzten ihren Augen und weithin auf dem Fußboden rollten die harten Silberstücke. Stumm preßte sie die Hand Olgas, dann stürzte sie fort, hinaus über den hartgefrorenen Schnee, und kein Rufen der Alters genossin vermochte sie zurückzuhalten. »Bettelstolz!" murmelte der Müller, indem er das Geld aus den Händen seiner Tochter, die dasselbe aufgehoben hatte, wieder in Empfang nahm. »Du bist hart, Vater, das hatte Natalie nicht verdient," sagte Olga in vorwurfsvollem Tone, und die Mutter pflichtete ihr bei. »Ich mag diesen Dünkel nicht leiden," rief Stelzenberger fast heftig aus; »wer bedürftig ist, braucht daraus kein Hehl zu machen, denn das ist keine Schande, und noch weniger hat er Ursache eine Gabe, die kein Almosen ist, beleidigt zurückzuweisen. Aber was kümmert uns das," fuhr er diesen Gegenstand verlassend fort, „wir haben jetzt Wichtigeres zu besprechen. Wenn es wahr ist, was das Mädchen sagte, und ich habe keinen Grund daran zu zweifeln, so ist keine Zeit zu verlieren; dem Niklas ist Alles zu zutrauen und für ihn giebt es keine Rücksicht, wenn er sieht, daß wir in seiner Gewalt sind." — „Was gedenkst Du zu thun, Karl?" fragte seine Gattin angstvoll. „Sergei muß fort aus dem Hause," versetzte dieser rasch, »und Die bayerische Regierung hat sich dem Drucke der öffent lichen Meinung gefügt und eine Abänderung des Gesetzes über das Heimachswesen und die Verehelichung in dem Sinne vorge schlagen, daß die ohne distrikts-polizeiliche Einwilligung geschlossene Ehe fortan nicht mehr ungiltig sei, auch alle bisher ohne jene Ein- willigung eingegongenen Ehen als rechtskräftig angesehen werben sollen. Gegen die Klausel über die rückwirkende Kraft des Gesetzes richtet sich ein Artikel, welcher den „Neuesten Nachrichten" in München aus Juristenkreisen zugeht. Die Auslassungen find zu gleich kennzeichnend sür den bisherigen Rechtszuftand in Bayern Es wird ausgesührt: „vr. Schm, war Marinearzt auf einem Schiffe des Norddeutschen Lloyd und fuhr regelmäßig zwischen Bremen und Hoboken (New-Jork). Auf einer seiner Fahrten lernte er eine junge Dame aus Thüringen kennen, die sich enschlossen hatte, zu ihren Verwandten nach Amerika auszuwandern. Die Verlobung sand während der Fahrt statt und die Verehelichung erfolgte in New-Jork nach amerikanischen Gesetzen. Die junge Frau verblieb nun mehrere Jahre in New-Jork, wohin ihr Gemahl regelmäßig alle fünf bis sechs Wochen kam und wo er im Familienkreise — da nach Jahresfrist rin Sohn der Ehe entsprossen war — seinen Urlaub stets verbrachte. Nach einigen Jahren ließ er seine Frau und sein Kind zu seiner Mutter und Schwester nach T. über siedeln, um, wie er sagte, sich bald von seiner Stellung als Marine arzt zurückzuziehrn und sich in T. als praktischer Arzt niederzulassen. Um dies angeblich einzuleiten, verließ er Frau und Kind, wollte nach Bremen reisen und von da dann in einiger Zeit zurückkehrcn. Unterwegs aber lernte er eine vermögliche Baderswittwe aus Niederbayern kennen, verschwieg, daß er bereits verheiralhet sei und heirathete sie in ihrer Heimath. Unter Hinweis darauf, daß er in kürzester'Frist wieder aufs Schiff müsse, wußte er seine : zweite Heiraih in unglaublich kurzer Zeit zu Wege zu bringen. ! Seine zweite Frau nahm er mit nach New-Jork. Man vernahm : später gerüchtweise, er habe, nachdem das Geld ausgebraucht war, s auch seine zweite Frau verlassen. Seine erste Frau trat selbst- j verständlich als seine legitime Ehegattin auf. Gar bald aber : wurde ihr behördlicherseits bedeut«, daß ihre Ehe ungiltig sei, es ! seinen Weinen und dergleichen, zu welchem Zweck der deutsche Spiritus besonder» exportirt wird. Daß der Mais an sich die für den Menschen nöchigen Nährstoffe bietet, ist unbestreitbar. Der MaiS enthält 12 Prozent Wasser, 10 Prozent Rohprolein, 68 Prozent Kohlenhydrate und 5 Prozent Fett. Für Roggen find diese Zahlen 14, 11, 67, 3»/„ für Weizen 14, 13, 66, 3 und sür Kartoffeln 75, 2, 21, 0. In Geld umgesetzt, stellt sich der Werth vonMai» aus 5,25, Roggen 5,41, Weizen 5,60 und Kartoffeln 1,57. Mai» ist also rein demNäkrwerth nach berechnet fast ebenso viel werth wie Roggen und Weizen, ist aber dem Marktpreis nach '/« billiger. Im Vergleich mit der Kartoffel zeigt der Mais den vierfachen Nährwerth, kostet aber z. Z. nur das Doppelte der Kar toffel. Mit den genannten Nahrungsmitteln hat der Mais auch das überein, daß er auf einfachste Weise zu einem Nahrungs mittel sich verarbeiten läßt. Fraglich ist es nur, ob unser durch Jahrtausende verwöhnter Geschmack sich ohne Weiteres an die einfache, etwas fade Maisspeise gewöhnen dürfte. Es ist sür uns aber auch gar nicht nothwendig, zur reinen Maisdiät überzugehen, sondern wir können zunächst den Roggen und den Weizen mit Mais mischen. »Ist Sergei vor der Zeit entlassen?" forschte der Alte. „Wo denkst Du hin, das kommt gar nicht vor. Davon gelaufen ist er, bei Nacht und Nebel desertirt, nachdem er seinen eigenen Unteroffizier niedergestochen hat." Ein leiser Schrei aus dem Munde des jungen Mädchens lenkte die Blicke der Männer zu ihr hin. „Es ist nichts," sagte Natalie mit leise zitternder Stimme, „ich habe mich nur ein wenig mit der Nadel verletzt" „Woher weißt Du das Alles?" fragte der Alte den Müller burschen. »Ich war gestern Abend bei dem DorskrLmer gewesen, um mir Tabak und andere Kleinigkeiten für den Bedarf zu kaufen, und wollte mich eben nach Hause verfügen, als ich trotz der Finsterniß eine Gestalt bemerkte, die in der Richtung uach der Mühle dahineilte. Das fiel mir auf, denn ich weiß ja, daß Stelzenberger wenig Umgang mit Dorfbewohnern hat und daß ihn um diese Zeit Niemand besucht, am wenigsten ohne Laterne und Waffen, denn die Wölfe kommen ja gar nicht selten bis ins Dorf herein. „Durch das Fenster eines der letzten Häuser unseres Ortes drang ein Lichtstreifen, der auf den Fremden fiel, und bei dieser Gelegenheit bemerkte ich, daß der Mann ziemlich heruntergekommen auSsah," fuhr Niklas in feiner Erzählung fort. „Vielleicht ein armer Denkel, der sich bei dem wohlhabenden Müller einen Zchr- große Neuigkeit." „Das ist Wasser aus meine Mühle!" ries der alte Mann sprühenden Auges, indem er mit der Faust auf den Tisch schlug, daß die Schnapsflasche in tanzende Bewegung gerieth; „die Ge schichte wird angezeigt und es soll mir eine Freude sein, wenn cs heißt, der Sohn des reichen Sielzenberger, der den armen Kräplin von Haus und Hof verjagt hat, erhielt ein Freiquartier zwischen Himmel und Erde, und dazu hat man ihm eine hänfene Kravatte um den Hals gelegt." „Das Anzeigen wirst Du bleiben lassen, Kräplin, verstehst Du mich?" ries Niklas mit drohender Stimme Jenem zu, „das ist meine Sache, und wenn ich das für nöthig halte, werde ich es : schon selbst besorgen. Für jetzt wirst Du über sie ganze Geschichte : reinen Mund halten, sonst " Er machte eine nicht mißzuverstehende Handbewegung und aus seinem Auge schoß wiederum jener tückische Blick, der seinem Gesichte den Ausdruck unbeschreiblicher Wildheit verlieh. : „Was willst Du?" schrie der Greis, dem der Fusel bereits in den Kopf zu steigen begann; ich habe lange genug gestrebt, : meine Rache an dem Müller zu kühlen, und jetzt, wo sich die Ge legenheit dazu bietet, willst Du mir das untersagen, mir, der ich , vierzig Jahre älter bin als Du?" „Und wenn Du hundert Jahre älter wärest, Kräplin, ich würde das doch nicht dulden," versetzte der junge Mann mit Nachdruck, als gäbe es gegen seine Worte keinen Widerspruch. „Mein Ge heimniß ist ein vortreffliches Mittel, den alten Müller und seine , Tochter mürbe zu machen, er hat nunmehr die Wahl, mir Olga zur Frau zu geben oder seinen Sohn als Deserteur und Mörder am Galgen zu sehen." Der Alte erhob sich mühsam, indem er beide Hände auf den Tisch stützte. Sein Gesicht war von Schnaps und Aufregung ge- röthet, sein Auge flammte unheimlich und die grauen, buschigen Brauen zogen sich dicht über der Nase zusammen. Er beugte sich gegen den Genossen vor, als wolle er diesem durch seine Erschei nung imponiren. „Du willst mir Vorschriften machen ?" preßte er mühsam her vor, denn seine Zunge versagte den regelrechten Dienst. „Noch heute, gleich jetzt, gehe ich zu dem Gendarm und theile ihm die Sache mit, die Freude soll mir Niemand verderben." : wollte, daß der Mangel des Verehelichungszeugniffes solche Folgen nach sich ziehen könne, suchte sie Entscheidungen Höherer Behörden zu provoziren. Sie stellte Strafantrag gegen vr. Schm, wegen Bigamie, wurde damit aber in allen Instanzen zurückgewiesen, ihre Ehe als „zivilrechtlich ungiltig", die zweite Ehe als allein zu Recht bestehend erklärt. Ebenso erging es ihrinderHeimath- > frage, die in letzter Instanz den Berwaltungsgerichtshof beschäf tigte; dieser versuchte so viel als möglich dadurch zu Helsen, daß er sich behilflich zeige» wollte, vielleicht nachträglich die Bei bringung des Berehelichungszeugnisses zu erwirken. Auch diese Möglichkeit scheiterte an den starren Schranken des Gesetzes und so wurde auch hier die ersteingegangene Ehe als zivilrechtlich und überhaupt bürgerlich ungiltig, die zweite als zu Recht bestehend erklärt, weil die erste ohne, die zweite mit Verehelichungszeugniß eingegangen war. Wie verhält sich nun zu diesen! Fall die rück wirkende Kraft des neuen Gesetzentwurfes ? Wird das Gesetz so angenommen, wie der Entwurf lautet, so bestehen die erste und die zweite Ehe zu Recht und vr. Schm, ist in optima form» zwei Mal rechtsgültig verheiralhet." Der Gewährsmann des Münchener Blattes schlägt daher vor, die rückwirkende Kraft des Gesetzes nicht auszusprechen, sondern dem Ministerium des Innern die Auswahl der Fälle, in denen die Ehe nachträglich als giltig anzuerkennen sei, zu überlassen, mit der Maßgabe, daß es so mild wie nur möglich vorgehe. Der freisinnige Abgeordnete Munckel, der bekanntlich Rechts anwalt ist, erörtert in der .Nation" mit Bezug aus das Verhalten der Vertheidiger im Prozeß Heinze die „Grenzen der Ver theidigung in Strafsachen". Die Auffassung des Herrn Munckel Parteitages aus, es trete an die bürgerlichen Parteien die dringende Mahnung heran, gegenüber der Sozial-Demokrntie unter einander die erhobene Streitaxt zu begraben und geschlossen Frontznmachen. —DerErfurterSozialistentagnahmdenvonBreAau aus gestellten Antrag an, eine Kommission einzusetzen, welche sür geeignete Jugend-Literatur zu sorgen hat und in anderer Sprache erscheinende passende Werke durch Uebertragung in die deutsche : Sprache agitatorisch der Jugend zugänglich machen soll. Ein An trag auf Errichtung eines statistischen Bureaus wurde dem Vor stand zur Erwägung überwiesen. Der Antrag des vr. Rüdt, in > Berlin unter der Aussicht der Parteileitung eine Rednrrschule zur - Ausbildung von Agitatoren einzurichten, wurde durch Uebergang > zur Tagesordnung erledigt. Der Sozialistentag lehnte üei dem Abschnitte „parlamentarische Thätigkeit" den von dem zweiten pfälzischen Parteitage gestellten Antrag ab, die Fraktion zu beauf tragen, im Reichstage die Verstaatlichung des Getreivehandcls zu beantragen. Ebenso wurden die von dem Klub Süd-Ost-Berlm eingebrachten Anträge über die Sprache des Programms, über das den Abgeordneten zu ertheilende Mandat und über die Geltend machung des wirklichen parlamentarischen Rechtes abgelehnt. Der Antrag, dahin zu wirken, daß allen Erwerbslosen aus Staats mitteln Unterhalt gewährt werde, wurde ebenfalls abgelehnt. Bei den Anträgen bezüglich der vorgekommenen Gewaltthütigkeiten gegen Genossen und bezüglich der Aufhebung des Diktaturpara graphen im Elsaß erklärte Singer, daß die bezüglichen Fragen von der Fraktion im Reichstage zur Sprache gebracht werden würden. Eine Resolution, in welcher der Mißbilligung der Ge- waltthat und des bezüglichen Verhaltens der gegnerischen Presse Ausdruck gegeben wird, wurde angenommen. Der Antrag Kuhnert's, den bei dem Kongreß in St. Gallen gemaßregelten Bruno Geiser (Kurt Falk) in Gnaden wieder aufzunehmen, wurde nach längerer, erregter Debatte abgelehnt. Im Beisein des Kaisers von Oesterreich ist gestern Vor- mittag in dem Kloster zu Mayerling durch den Erzbischof von Wien, Kardinal Gruscha, die aus Anlaß des Todes des Kron prinzen Rudolf neuerrichlete Votivkapelle feierlich geweiht worden. Hieraus wurde die erste Messe gelesen. Nach Besichtigung der Kapelle und einem längeren Aufenthalte im Kloster kehrte der Kaiser Franz Joseph nach Lainz zurück. Im Lause der gestern im ungarische« Abgeordnetenhause stattgehabten Debatte über dieJdemnitütsvorlage warf derFtnanz- minister vr. Wekerle dem Abgeordneten Grafen Apponyi vor, daß derselbe nur schöne Fragen aufwerfe, was kein Programm bedeute. Der ungarische Justizminister Szilagyi bezeichnete die gegen wärtige oppositionelle Haltung Apponyis als im Widerspruche mit der jüngst cingenommenen. Dieselbe sei dadurch hervorgerufen, daß es Apponyi mißlungen sei, eine Führerrolle zu erhalten, seine Haltung sei eine politische Schwindelei mit dem 67er Ausgleich. Apponyi bezeichnete hierauf das Vorgehen des Justizministers Szilagyi selbst als politischen Schwindel. (Große Unruhe, an dauernder Tumult.)
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