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Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 15.08.1891
- Erscheinungsdatum
- 1891-08-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-189108152
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-18910815
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-18910815
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Freiberger Anzeiger und Tageblatt
-
Jahr
1891
-
Monat
1891-08
- Tag 1891-08-15
-
Monat
1891-08
-
Jahr
1891
- Titel
- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 15.08.1891
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»8«. Krewerger »«zn-er m»d »«qevtatt. «<Ue S. vettheidigen und mitziehen, wenn eben Berlin will! Anno 1864 ging die ganze Aufrollung „der deutschen Frage" erst mit Dänemark, dann unter unS „deutsche Brüder", dann mit den Franzosen loS — und nun? Preußen, das immer herrschen wollte in Deutschland, hat durch seinen alten Militürstaat sein Ziel erreicht mit einem Manne von Blut und mit Gewalt mitteln aller Art sich an die Hegemonie gebracht. Seitdem ist in der ganzen Welt ein Wettrennen der Rüstungen und Soldatenheere, nach Millionen werden zum Schutze des Friedens — wie die neu'ste Phrase lautet — herausgestampft. Früher konnte das große Vaterland friedlich und glücklich mit sich und auch allen seinen Nachbarn leben, es brauchte keine Millionen haufen von Soldaten, weil sein loser Zusammenhang, sein Staatenbund, auch.sein Frieden bürgte, seit es anders geworden, keine Ruhe mehr, überall Feinde und Gegner. Was auch kommen mag, treu halten alle Bayern zur alten Fahne weiß und blau und es bleibt der Ruf sür's Vaterland Vivat Bayern!" — Die Meinungen darüber, ob derartige Preßleistungen irgend welche Bedeutung haben, d. h. ob sie in der Bevölkerung Bayerns Anklang finden, sind grtheilt. Wie es sich aber auch hiermit verhalten mag, ob man es nur mit Versuchen der Wiederanfachung undeutscher Gesinnung oder mit der That- sache des Wiederauflebens solcher zu thun hat, auf alle Fälle sollte die nationalgesinnte bayrische Presse einem derartigen Treiben entgegentreten, sie sollte die dortige Bevölkerung gegen dasselbe aufrufen. Hiervon bemerkt man aber leider nichts. Bayrische nationale Blätter, welche sich höchst unnöthiger Weise ereifern, sobald in der übrigen deutschen Presse irgend ein das ganze übrige Deutschland schädigender Mißstand z. B. die Wir kung der Verehelichungs-Erlaubniß, gerügt wird, sind gegen über Nichtswürdigkeiten, wie die zitirten, taub und stumm. Hoffentlich tritt hierin baldigst Wandel ein. Ein Bravo dem Münchener sozialdemokratischen Abgeord neten Birk! Aus einer Rede, die derselbe am 10. d. M. in einer öffentlichen sozialdemokratischen Versammlung in München hielt, ist namentlich der Passus hervorzuheben, in welchem er die Stellung der Arbeiterschaft zum Militärwesen berührte. Nachdem er die Forderungen der deutschen Sozial demokratie in dieser Hinsicht (Volksheer an Stelle des stehenden Heeres, Errichtung eines internationalen Schiedsgerichtes) be- wnt, bemerkte er wörtlich: „Wir betrachten es als Pflicht eines Jeden, den Dienst, den das Vaterland von ihm fordert, zu leisten. (Beifall.) Die deutschen Vertreter werden zu diesem Punkte aus dem Kongreß keine andere Stellung einnehmen können. Nicht unmöglich ist es, vaß in Brüssel etwas erregte Franzosen die Rückgabe von Elsaß-Lothringen an Frankreich verlangen könnten. Hierüber würden wir uns wenm oder gar nicht an der Diskussion betheiligen. (Beifall.) Meiner Ansicht nach sind die Grenzen zwischen Deutschland und Frankreich, wie wir sie anschen, keine feindlichen, — aber daß wir Elsaß-Lothringen als russisches Bärenfuiter ausliefern, das möge man nicht von uns erwarten." Tas „Zentral-Volksblatt" meldet, die Beschwerde des Re dakteurs Fu sang el über die plötzliche Aufforderung zum Strasantritt sei vom Justizminister abschlägig beschieden worben. In der belgischen Deputirtenkammer dementirte bei Be antwortung einer Anfrage Minister Beernaert die Nachricht, daß ein Vertrag bestände, der es einer fremden Macht erlauben würde, die belgischen Festungen zu besetzen. Die Mächte hätten die Neutralität und Unabhängigkeit Belgiens garantirt, aber nicht zu dem Zwecke, um seine Festungen zu besetzen. Auch einem Theil der französischen Blätter wird es an gesichts der zweifelhaften Größen, die durch das Russenfieber obenauf kommen, der russenfreundlichen Kundgebungen zu viel. Man fühlt in Paris allmählich, daß man sich bei dem nordi schen Bundesgenossen nur verächtlich macht, wenn man seiner Freude über den neuen Bund so ungemessenen Ausdruck giebt. Außerdem aber ist die Gefahr vorhanden, daß diese unaufhör lichen Kundgebungen das Volk in einen Taumel versetzen, in dem es sür die Stimme der Vernunft unzugänglich ist. Aller dings kommen die Ermahnungen der Blätter zur Besonnenheit etwas spät, aber hoffentlich üben sie auch jetzt noch ihre Wir kung. Man meldet darüber: „Nachdem bei den russischen Kundgebungen boulangistische Elemente ausgesprochen in den Vordergrund getreten find, wird von einem großen Theile der Presse, „Temps", „Figaro", „Estafette", nachdrücklich gegen verrückte Uebertreibungen Front gemacht und die Forderung ausgestellt, daß unberufene Elemente die Agitation aufgeben sollen, um nicht durch ihre Taktlosigkeiten Frankreich vor der ganzen Welt lächerlich zu machen, theilweise werden harte Wahrheiten den Franzosen in sehr scharfer Weise zu Gemüth geführt." Es verlautet, der portugiesische Finanzminister werde die Einfuhr ausländischen Getreides vom 31. August ab bis zum vollständigen Verbrauch des einheimischen, der gegenwär tigen Ernte entstammenden untersagen — also das genaue Gegentheil des russischen Vorgehens! Die vorhandenen inlän dischen Getreidevorräthe genügen auf mehrere Monate. Die „Kreuzztg." bringt folgende Mittheilung, deren Vertre- tung wir ihr überlassen, zu dem Kapitel der englischen militärischen Disziplin: „Ein Zwischenfall, welcher sich bei den eben beendeten Kavallerie-Manövern abgespielt hat, erregt gegen wärtig in den höheren Militärkreisen viel Aufsehen und obwohl er sich vorläufig der Oeffentlichkeit entzogen hat, so dürfte er nicht lange mehr geheim bleiben. Der Sachverhalt ist kurz ge faßt wie folgt: General Keith-Fraser leitete die Manöver der beiden Kavallerie-Divisionen, welche gegen einander operiren sollten und entwarf die Pläne zu den täglichen Uebungen. Die Grundidee für den kommenden Tag wurde den Divisionskom mandeuren Abends mitgetheilt und die Ausführung ihrem Er messen anheimgestellt. Einer dieser beiden Divisionskomman deure, General Sir Baker Russell, hat sich bereits seit Jahren mit dem General Keith-Fraser überworfen, jetzt aber scheint dieser Antagonismus seine Höhe erreicht zu haben, denn selbst in der englischen Armee muß es doch Schranken geben, über die sich Insubordination nicht hinauswagen kann. Eines Abends hatte Sir Baker wie gewöhnlich seine Befehle für den nächsten Tag erhalten. Die betreffende, vom kommandirenden General entworfene „Idee" erschien ihm jedoch dermaßen allen Regeln der Kriegskunst zu widersprechen, daß er sich weigerte an „solchem Unsinn" Theil zu nehmen. Ohne Urlaub zu nehmen oder sonstige Gründe vorzuschützen, übergab er die Führung seiner Division dem Obersten Mc. Calmont, versagte es sich jedoch nicht, in voller Uniform als Zuschauer den Evolutionen zu folgen. Er hatte auch wirklich die Genugthuung, sein Urtheil bestätigt zu finden, denn, anstatt vier Stunden, wie vorgeschrieben, in Anspruch zu nehmen, war die „Idee" schon binnen 1'/? Stunden verwirklicht worden. General Keith-Fraser hatte seine Berechnungen nämlich auf das Bewcgungsvermögen der In fanterie basirt. Als das Signal erscholl: „die Herren Offiziere", schloß sich Sir Baker denselben gelaffen an, trotzdem er doch nur Zuschauer war. Wie üblich, ließ sich der kommandirende General Meldungen abstatten und forderte dann die höheren Offiziere auf, sich über die „Idee" zu äußern. Nachdem Alle gesprochen hatten, fragte Sir Baker: „Dars ich auch etwas sagen?" worauf General Keith-Fraser erwiderte: „Wenn ich bitten darf." „Dann möchte ich Ihnen nur mittheilen," rief Sir Baker mit erhobener Stimme, „daß ich meinen Offizieren gestern Abend erklärte, die „Idee" wäre Unsinn, deshalb habe ich auch die Führung meiner Division einem Anderen über lassen." General Keith-Fraser ließ sich seinen Aerger nicht an merken und fragte nur: „Haben Sie sonst noch etwas zu sagen?" Auf die verneinende Antwort entließ er die Offiziere ohne selbst eine Kritik abgegeben zu haben. Wie es scheint, hat Fraser keine Macht, gegen Baker sofort einzuschreiten, da dieser von dem Generalinspektor der Kavallerie, General Sir Drury Lowe, mit der Führung der Division beauftragt worden war. Als am nächsten Tage die Gefechtsübungen beendet waren, übernahm der kommandirende General die Führung des Ganzen, ritt vor die Front und ertheilte dem General Sir Baker Russel durch einen Adjutanten den Befehl, die Führung seiner Division an den Oberst Mc. Calmont abzugeben. Unter den Umständen blieb dem Sir Baker nichts Anderes übrig, als diesem Befehle Folge zu leisten und nach Hause zu reiten. Wie dieser Zwischenfall enden mag, oder ob er überhaupt noch Folgen haben wird, kann vorläufig noch nicht abgesehen werden, da der englische Begriff von Disziplin mindestens sehr elastisch ist. Die Marseillaise ist in Stutzland verboten, obgleich sie vom Zaren selbst für „kourfähig" erklärt worden ist, allerdings nur „von Fall zu Fall". Ein nach Rußland gesendetes Exem plar des „Kommers-Buches für den deutschen Studenten" ist von der russischen Behörde in der Weise verstümmelt worden, daß die Seiten 137 bis 140 einfach ausgeschnitten waren. Jeder Besitzer der 25. Stereotypauslage des Kommersbuches kann sich nun selbst durch den Augenschein überzeugen, daß auf Seite 138 der Text der Marseillaise beginnt und auf der solgenden Seite fortgesetzt wird. Das auf Seite 139 befind liche Lied von Justinus Kerner: „Preisend mit viel schönen Reden" mit der schönen Strophe von Eberhard mit dem Barte: „doch ein Kleinod hält's verborgen: — daß in Wäldern noch so groß ich mein Haupt kann kühnlich legen jedem Unterthan in' Schooß" kann unmöglich in Rußland den Anlaß zur er wähnten Zensur geboten haben. Ueber die Persönlichkeit des jungen Serbenkönigs schreibt die „N. Fr. Pr.": „Er ist eine sehr sympathische Erscheinung unv physisch weit über seine Jahre entwickelt. Er vollendet am 14. ds. Mts. sein 15. Lebensjahr, und wer ihn seit seiner letzten Anwesenheit in Wien vor drei Jahren nicht gesehen hat, wird gefunden haben, daß in dieser kurzen Zeit aus dem Kinde ein junger Mann geworden ist. Seine Figur ist groß und schlank; in dem feinen allerdings an den südslawischen Typus mahnenden Gesichte zeigen sich ziemlich deutliche Spuren aufsprießenden Schnurr- und Backenbartes; die tiefdunklen Augen und das schwarze Haar erinnern an seine Mutter. Ein wehmüthiger Gesichtsausdruck läßt vermuthen, daß die bekla- genswerthen Familienverhältnisse das Gemüth des jungen Königs nicht unberührt ließen. Die serbische Generalsuniform kleidet ihn sehr Vortheilhaft und bringt seine hübsche Gestalt noch mehr zur Geltung." Von unterrichteter serbischer Seite wird mitgetheilt, der König von Serbien habe sich gelegentlich der Verabschiedung von Ischl dem Regenten Ristic gegenüber ge äußert, daß er die wohlwollende und väterliche Güte des Kaisers von Oesterreich niemals vergessen werde. Ueber den angeblichen Selbstmordversuch des Königs Milan in Paris wird geschrieben: Man weiß nicht, wie das Gerücht aufgekommen ist, aber Sonntag Nacht hieß es auf allen Redaktionen in Paris, daß gegen 10 Uhr Abends Jemand auf die Polizeipräfektur gekommen sei und dort den Selbstmord Milans angezeigt habe. Noch in der Nacht wurde Milans Wohnung von zahlreichen Besuchern gestürmt, denen die Ant wort zu Theil wurde, daß Milan ruhig in seinem Bette schlafe. Man scheint nun aber durch diesen nächtlichen Massenbesuch in eine solche Bestürzung gerathen zu sein, daß man die Aus kunft in so verstörter Weise gab, daß viele der neugierigen Fragesteller nicht recht zu überzeugen waren und — zumal Milan selbst sich nicht zeigte — wenn auch nicht an einen Selbstmord, so doch an irgend ein dramatisches Ereigniß glaubten, das die Umgebung zu verbergen trachte. Wie schon gesagt, hat nicht das Geringste Vorgelegen und König Milan ist einfach aus Zürich nach Paris zurückgekehrt, um seine Woh nung für den bevorstehenden Besuch seines Sohnes einzurichten. Ein Besucher, der zu seinem Tode kondoliren wollte, traf ihn, wie er im Begriff war, mit Hilfe seines Kammerdieners die Schlafstube seines Sohnes mit Tapisserien auszuschmücken. Er war noch ganz lebendig, aber ärgerlich über das ihm ganz un erklärliche Gerücht und die Aufregung, die dadurch während der ganzen Nacht in sein Haus gekommen war. Er dächte, sagte er, gar nicht daran, sich todtzuschießen, und er wundere sich, wie man eine solche Nachricht auch nur einen Augenblick habe für möglich halten können. Oertliches und Sächsisches. Freiberg, den 14. August. — Se. Kgl. Hoheit Prinz Georg reiste heute Vor mittag, von Lindau kommend, im Schnellzuge 8 Uhr 53 Min. nach Dresden hier durch. — In der Petrikirche muß wegen Einbau der Luft heizung am nächsten Sonntag der Gottesdienst ausfallen. — Die hiesige freiwillige Tnrnerfeuerwehr hält nächsten Sonntag früh 6 Uhr eine Uebung ab. — Durch den Ausschuß des Freiberger Bezirks- Feuerwehr-Berbanves findet am Sonntag, den 23. d. M., Vormittags 10 Uhr die Inspektion der freiwilligen Feuerwehr zu Freibergsdorf und am selbigen Tage Nachmittags die der freiwilligen Feuerwehr zu Friedeburg statt. — Der Schnell- nnv Dauerläufer Dibbels aus Wien verschaffte gestern Abend der hiesigen Einwohnerschaft ein seit lange nicht gesehenes Schauspiel, indem er den weiten Obermarkt im Verlauf von einer Stunde mehr als 50 Mal umlief und demnach eine Strecke von etwa 2^ deutschen Meilen zurücklegte. In rosenrothem Gewand, den linken Arm einge stemmt, in der rechten Hand eine Peitsche haltend, durchmaß er die von jubelnden Menschen dicht umsäumte Bahn, anfangs jedes Mal in etwa 56 Äkunden, verlangsamte vorübergehend das Tempo auf etwa 66 Sekunden für den Kreislauf, beeilte sich aber dann wieder so, daß er denselben einige Male mehr als die versprochenen 50 Male in der Stunde zurücklegte. Dabei war sein Athem so wenig erschöpft, daß er, von den massenhaften Zuschauern, besonders aber von zahllosen Kindern umjauchzt, noch Retraite blasen konnte. Am Sonnabend Abend wird der mit so seltener Lungenkraft Begabte in der Zeit von 7 bis 8 Uhr den Dauerlauf auf dem Obermarkt wiederholen. Zum Mitlaufen am Sonnabend haben sich vier Mann ge meldet. Am Sonntag Nachmittag aber wird sich Herr DibbelS zwischen 3 und 4 Uhr auf dem Exerzirplatze produziren, einen Wettlauf mit einem Pferde unternehmen und damit zahl reichen Spaziergängern ein Extravergnügen gewähren. — Eine Prüfungskommission des Vereins gewerbtr» Schuhmacher versammelte sich am Mittwoch Abend im Vereinslokal, Thielestraße, wo das seit Jahren im Verein übliche Lossprechen eines Lehrlings stattfand. Bei Prüfung des Ge sellenstücks seitens der sieben anwesenden Herren wurde das Stück für gut und sauber befunden. Unter feierlicher Ansprache des Vorstandes erfolgte die Ueberreichung eines Lehrbriefs und wurde der Lehrling zum Gesellen gesprochen und ihm für das besonders gut gefertigte Gesellenstück eine Prämie von 3 Mark ertheilt, woraus er unter Händedruck entlassen wurde. — Ei» gefährlicher Loaisschwindler wurde gestern Abend in Haft genommen. Derselbe miethete sich unter Darauf gabe von 1 Mark bei einer in der Burgstraße wohnenden Drechslerwittwe ein, der gegenüber er fälschlich angab, bei einem hiesigen Schneidermeister als Zuschneider engagirt zu sein. Die Frau vertraute ihm den Hausschlüssel an, erfuhr aber bald darauf von dem betreffenden Schneidermeister, daß er neuerdings keinen Zuschneider engagirt habe. Die Polizei, welche davon Kenntniß erhielt, faßte den unbekannten Miether ab, als er gestern Abend 9 Uhr nach seiner Wohnung zurück kehrte, und erkannte in ihm den im Gendarmerieblattgesuchten, bereits wegen Betruges, Diebstahls und Schwindels bestraften Schneidergesellen Mehnerr in Döbeln. Derselbe war völlig mittellos und hatte die von ihm getragenen Sachen in Chemnitz gestohlen. Er bekannte offen, daß er infolge seiner Arbeits losigkeit die Absicht gehegt habe, wiederum einen Logisschwindel und Diebstahl zu begehen. — Am Sonnabend Abend wird Paty's mechanische Kunstausstellung nebst Theater von Ost-und Mittelafrika auf hiesigem Wernerplatze eröffnet werden, aber nur wenige Tage hier in Freiberg bleiben. Diese höchst interessante Schaustücke (Modelle, mechanische Kunstwerke, Automaten, Kunstuhren, Panzer. Fahrzeuge mit Kruppschen Riesengeschützen, Panzer- Drehthurm, Auswanderungsschiffe im Durchschnitt, verschiedener Länder der Erde und alle Arten Salzstufen und Salzrosen rc.) umfassende Ausstellung wurde im vorigen Jahr auf der Dresdner Vogelwiese von Sr. Majestät dem König und Sr. Kgl. Hoheit dem Prinzen Georg und in diesem Jahre auf dem Walden burger Schützenfeste von Sr. Durchlaucht dem Fürsten von Schönburg besucht. Das Theater von Ost- und Mittelasrika zeigt die Stanley-Reise und die Aufsuchung des Forschungs reisenden Emin Pascha. 1. Abtheilung: Die Landung in Zanzibar, nebst Ansicht vorüberziehender Schiffe. 2. Abtheilung: Szenerie des Urwaldes, Durchbrechen wilder Elephanten, Vor überziehen der Stanley-Karawane, Transport des zerlegbaren Stahlbootes, der Kranken und Verwundeten. 3. Abtheilung: Verzweifelter Negerkampf. Waffen: Speere, Keulen, Spieße rc. — Alles ist beweglich und mit freiem Auge zu sehen. — Sonderzüge. Anläßlich des Schlusses der großen Ferien werden morgen Sonnabend, den15. Aug., in der Richtung nach Dresden Vorläuferzüge zu den fahrplanmäßig hier 10 Uhr 5 Min. Vorm, und 5 Uhr 34 Min. Nachm. verkehrenden Zügen, von Chemnitz bis Dresden verkehren, ferner in der Richtung nach Chemnitz Nachläuferzüge zu den planmäßig 1 Uhr 29 Min. Nachm., 4 Uhr 30 Min. Nachm. hier ab fahrenden Zügen, von Dresden bis Chemnitz abgelassen. Zur Mitfahrt gelten die gewöhnlichen Fahrkarten. — Der Sonderzug Dresden-Eichwald, welcher Sonntag, den 16. August, verkehrt, hat in Freiberg 7 Uhr 6 Min. früh Abfahrt und kommt 8 Uhr 53 Min. in Moldau, 10 Uhr Vorm, in Eichwald an. Die Rückfahrt von Eichwald erfolgt Abends 8 Uhr 27 Min., ab Moldau 9 Uhr 8 Min., in Freiberg 10 Uhr 37 Min. Die Fahrpreise für Hin- und Rückfahrt betragen von Freiberg bis Moldau 2,40 M. II-, 1,60 M. III. Kl., Eichwald 2,70 M. II., 1,80 M. III. Kl. Giltigkeit haben die Fahrkarten bis mit 18. August. — Kaninchenzucht. Als die nach den Kriegsjahren 1870/71 aus Frankreich zurückgekehrten Soldaten ihren stau nenden Zuhörern am heimischen Herde ihre Erlebnisse be richteten, thaten sie auch oft eines Thierchens Erwähnung, dessen Züchtung ihnen in Frankreich auf Schritt und Tritt vor Augen getreten war. Sie hatten im Allgemeinen gesehen, daß die Franzosen der Züchtung dieses Thierchens, nämlich des Lapins oder veredelten Kaninchens, die größte Wichtigkeit beilegten und ihr dieselbe Sorgfalt widmeten, wie der Zucht der anderen Hausthiere; sie hatten gehört, daß besonders zahl reiche weniger bemittelte Leute, Venen die Haltung von Groß vieh versagt war, nicht allein auf der Kaninchenzucht eine sichere Existenz begründeten, sondern durch dieselbe in vielen Fällen zu Wohlstand gelangt waren und gleichzeitig zur Hebung und Bereicherung der Volks- und Landwirthschaft erheblichen Bei trag leisteten. Manchem Soldaten hatte dies Stoff zum Nach denken gegeben und in ihm den Entschluß gereift, die Lapin zucht auch auf deutschen Boden zu verpflanzen. Bei der immer allgemeiner und lauter werdenven Klage über zunehmende Theuerung aller Lebensbedürfnisse lag der Wunsch sehr nahe, ein Aushilfsmittel zu finden, und folgte man daher dankbar dem guten Beispiel, welches unsere westlichen Nachbarn ge geben hatten, indem man auch in Deutschland nicht säumte, die Zucht der Kaninchen zu beginnen. Der Anfang war wie er nicht besser sein konnte, leider aber bewährte sich die sonst mit Recht gerühmte deutsche Ausdauer diesmal nicht; denn der große Eifer, der allenthalben für die Sache an den Tag ge legt worden war, erwies sich als ein Strohfeuer, das allmäh lich wieder erlosch. Der Grund hierfür kann wohl nur auf den einen Umstand zurückgeführt werden, daß im Allgemeinen aus Mangel an Praxis und Erfahrung viele Fehler gemacht wurden, und daß man nicht schnell genug den erhofften Nutzen aus der Kaninchenzucht gewahrte. Kurz, die Sache schlief viel fach wieder ein, und nur in vereinzelten Fällen erhielten sich die Anlagen bis auf diese Stunde, welche aber hauptsächlich an der Thatsache kranken, daß ihnen das nothwendige Interesse
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