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Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 28.06.1891
- Erscheinungsdatum
- 1891-06-28
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-189106283
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-18910628
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-18910628
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Bemerkung
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- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Freiberger Anzeiger und Tageblatt
-
Jahr
1891
-
Monat
1891-06
- Tag 1891-06-28
-
Monat
1891-06
-
Jahr
1891
- Titel
- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 28.06.1891
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147. Ureiberger ««zeige» ««V LaqebiaLt^ S^Ue L. LS«1 aufgehoben, nur bestehe, vorgelegte S sei ein wer verschlimme des Gesetzes lungen abz den «nga angenomm« wurden tr Sajteny (K Truppen b vorgenomn Aufmerksai der Schw wird. Es des Konto, Bellinzona Staatsgeld haben. T Börsen ur haben, uni Defekte S Angeklagb Banca po bei der l Lausanne, ersteren b bei der z auf 100 bezahlte, ' zelner Jr über eine von Scaz Präsident und mit derselben war bei gab an d einnahmk Die bevorsteh der Hoffi pfangen auf sich die Zari auf acht Hafter z, verzeichn der Beg Arbeiter den Ans Frage z die sie fördere, Anhang zählung und Ta Jahre o treten r Die gangen, streik n Backwu feierte , mentliö Bäckere Bäckere Bäckerr waren Unruh« einer s geseller welche derung Schläcl reglementarischen Formen im Exerziren und Felddienst bestens , zu Statten. Als Kopfbedeckung für die Mannschaften waren ' auch bei den Diesjährigen Uebungsbataillonen wieder die Czakos ausgegeben, und man hat überall die Erfahrung ge macht, daß dieselben sür den Feldgcbrauch besonders geeignet sind. Im Gegensatz zu den Helmen unserer Fußtruppen haben diese Czakos keinerlei blinkenden Beschlag, welcher im Gelände und besonders bei Sonnenschein weithin blitzt und dem Feinde einen willkommenen Zielpunkt gewährt. Bei den Gefechtsübungen der Landwehr gegen Linientruppen trat dieser Unterschied wiederum merklich zu Tage. Zur Frage der Vermehrung der Fußartillerie bemerkt die »Münch. Allg. Ztg.": „Ob die Heeresverwaltung mit der Forderung von 9 neuen Fuß-Artillerie-Bataillonen, wie von mancher Seite angenommen wird, welche die Anzahl derselben gleichmäßig auf zwei per Armeekorps erhöhen würde, demnächst hervortreten wird, ist zur Zeit noch nicht bekannt. Jedenfalls aber dürfte die Neuforderung für einige Fuß-Artillerie-Batail- lone, da deren Geschütze — die Repräsentanten der verschie denen Kaliber, an welchen diese Waffe auszubilden ist — mit dem Bestand sür die Kriegsformationen zweifellos vorhanden und dieselben im Frieden unbespannt sind, keine sehr erhebliche werden. Schlimmstenfalls könnte die erforderliche Mannschafts zahl ohne Erhöhung des Mannschafts-Etats des Heeres dadurch gewonnen werden, daß jede der 2152 Infanterie- und Jäger- Kompagnien des deutschen Heeres zwei Mann an die Fuß- Artillerie abgiebt, ein Verfahren, das vorbehaltlich der weiteren Ausfühlungsbestimmungen eine Verstärkung der Fußartillerie um 4300 Mann ergeben würde, welche dem Friedensetat von 9 Fuß-Artillerie-Batailloncn ungefähr entspricht." Der preußische Kronrath hat, wie der „Post" bestätigt wird, einen Lotterieplan genehmigt, welcher für Zwecke der Bekämpfung des Sklavenhandels einen Gewinn von zwei Millionen Mark ergeben soll. Wie das genannte Blatt weiter hört, stand die Regierung ursprünglich diesem, von einigen rheinischen Herren ausgearbeileten Plane, wie allen Lotterieplänen, durchaus nicht freundlich gegenüber; indeß wußte Major v Wißmann, der für seinen Dampfer noch einer , größeren Summe benöthigt, hochgestellte Persönlichkeiten in - hohem Grade zu interessiren. Trotzdem bedurfte es lang wieriger Verhandlungen, bis die Sache spruchreif geworden , war, und der persönlichen Anwesenheit Wißmanns, um die ! Gegner des Planes umzustimmen. Herr v. Wißmann wird - aus der Lotterie 400 000 Mark für den Dampfer erhalten. - Die Sammlungen hatten bis jetzt etwa 230 000 Mark einge bracht. — In dieser Angelegenheit schreibt die „Nat. Zeit.": > Die Nachricht, daß unter Zustimmung der deutschen Regierungen i eine Lotterie im Betrage von 8 Millionen Mark mit einem Ueber- schuß von 2*/, Mill. Mark für afrikanische Kolonialzwecke, ins besondere sür die Bekämpfung der Sklaverei veranstaltet werden - soll, hat, so weil unsere Wahrnehmungen reichen, einen über- , wiegend peinlichen Eindruck hervorgebracht. Er ist sehr be- : greiflich und unseres Erachtens begründet. Man braucht, um Äussto seine § findet, kerung unzuf, N« in de Deput Kolon N zwisch ein Z doxe Syno der tz unsitt schrei bekeh ortho den < Haft! r im l von- San Pari Höchs Herr Gese des Pres aus; Beil gar Zeit zu unt« mut die den theueren Winter, über die Ungenügsamkeit der Menschen in der Gegenwart, über die im Vergleich zu früher mehr und mehr sich steigernde Auflösung der treuen nachbarlichen Be gehungen wurden immer wieder laut. Es ist bester, derartige klagen werden ausgesprochen, berichtigt oder anerkannt, als daß o etwas im Verborgenen bleibt und weiter schwelt. Durch >ie Versammlungen selber ging ein Ton brüderlicher Art. Eine Annäherung der Stände, eine Ausgleichung der auch auf dem Lande scharf gezogenen, bisweilen unberechtigten Gegensätze und des Mißtrauens kann durch solche Versammlungen sich an bahnen ; freilich mehr auch nicht. Nur der wiedererwachende Geist Christi kann unsere Gemeinden mit neuem Leben er- üllen und sie auch gegen die Gefahren des öffentlichen Lebens kühlen. Obgleich im Aufruf absichtlich eine direkte Spihe gegen die Sozialdemokratie nicht hervorgckehrt war, um nicht un- nöthig Staub aufzuwirbeln und zu reizen, so liegt es doch in der Luft, daß sehr schnell die Wetterfahne der Diskussion nach dieser Windrichtung sich drehte. Auch die Sozialdemokraten, welche in den Landgemeinden unter den Arbeitern vorhanden sind, oder andere weit nach links sich neigende Geister ergriffen das Wort. Freundlich und mit Berücksichtigung ihrer Gründe und Ansichten wurde geantwortet. Die Logik ihrer Anschauungen hält schärferen Konsequenzen nicht Stich und auch die Logik der vorgebrachten Thatsachen kann leicht durch einige Sach- lenntniß der sozialen Verhältnisse in Stadt und Land wider legt werden. Einzelne Versammlungen wurden zu einem schönen Zeugniß der Vaterlandsliebe und der Christentreue. Oft genug wurde den Anwesenden warm um's Herz, aber auch Heiterkeit und Spaß hatten ihre Stelle. Ein guter, nicht ver letzender, aber schlagender Witz ist ost bester als stundenlange Auseinnandersetzungen. Wer den Landmann kennt, weiß, daß er für den Mutterwitz sehr empfänglichen Sinn hat. Mit einem Hoch auf den Kaiser und der Nationalhymne schloffen die Abende zumeist gegen 9 Uhr. Man blieb noch einige Zeit bei einander sitzen, über die verhandelte Angelegenheit unter einander plaudernd. Am nächsten Tage waren in den Stadt blättern beiderlei Richtung kürzere oder eingehendere Berichte über die Versammlungen zu lesen. Die Landleute lesen gerne etwas, was bei ihnen geschehen ist!" — Die Nutzan wendungen für die dringend wünschenswerthe Nacysolge aufdiesem Gebiete der politischen und sozialen Thätigkeit ergeben sich selb st. Die durch die Neubewaffnung der deutschen Fuß truppen mit dem Gewehr Modell 88 nothwendig gewordenen Einziehungen der Mannschaften des Beurlaubtenstandes zwecks Ausbildung mit demselben sind, der „Allg.Reichs-Korrespond." zufolge, dergestalt beschleunigt worden, daß im Laufe des Sommers und Herbstes v. I., sowie im letzten Winter und im Frühjahr d. I. sämmtliche Jahrgänge der Reserve und der Landwehr 1. Aufgebots zu Uebungsbataillonen zusammen gezogen waren. Es ist somit z. Z. die gesammte deutsche Feldarmee mit der neuen Schußwaffe und ihrer Munition bewaffnet und ausgebildet. Als besonders bemerkenswerth bei den im Mai und Juni d. I. stattgehabten beiden 10 tägigen Uebungen ist hervorzuheben, daß die Wehrleute zum ersten Male mit den neuen für die mobile Landwehr erngeführten Litevken bekleidet waren. Was die Ausbildung der Landwehr mit dem neuen Gewehr 88 anbetrifft, so ist sie innerhalb der verhältnißmäßig kurzen Zeit von 10 Tagen in ausreichender Weise vor sich gegangen. Die Leute haben schnell die Hand habung des Lademechanismus und den Gebrauch der Visir- einrichtung gelernt und großes Vertrauen zu der neuen vor züglichen Waffe mit ihrer Munition gewonnen. Besonders kamen der diesmaligen Ausbildung auch die vereinfachten dieser Meinung zu sein, nicht die grundsätzliche Gegnerschaft wider alle Lotterien zu theilen, welche auch bei dieser Gelegen- jeit wieder laut wird. Als es sich um die SchloßfreiheitS- Lotterie handelte, hat sich insbesondere drastisch gezeigt, wie in dieser Frage die Ansichten keineswegs nach den politischen Parteistellungen sich trennen: fast die gesammte deutsch-freisinnige Presse Berlins war heftig gegen diese Lotterie; die fast durch weg deutsch-freisinnige Stadtverordneten-Versammlung aber entschied sich für das Projekt. Es ist wohl auch zweifellos, daß unter den Lesern der, alle Lotterien als uusittlich und unwirthschaftlich verurtheilenden deutsch-freisinnigen Blätter sich verhältnißmäßig ebenso viele Besitzer von Lotterieloosen befinden, wie in anderen Parteilagern. Das Zahlen-Lotto, wie es in einigen Ländern existirt, wobei Jedermann auf be liebige Nummern jede beliebige Summe setzen kann, ist ein verwerfliches Hazardspiel, um so verwerflicher, da der Staat dabei den Bankier macht. Die Lotterien, wie sie bei uns be stehen, sind aber damit nicht zu vergleichen. Auch der Einsatz einer, je nach den Vermögensverhältnisten größeren oder kleineren Summe in dieselben ist allerdings keine wirthschaftliche Ver wendung; aber wer macht denn lediglich wirthschaftliche Aus gaben? Auch die Phantasie ist ein Element des menschlichen Geistes und verlangt eine Befriedigung. Es giebt mancherlei Arten derselben und das Lotteriespiel ist eine solche. Zu einer „Leidenschaft" wird es unter den bei uns bestehenden Ein richtungen nur in verschwindend seltenen Fällen; will man es zu den Leidenschaften zählen; so ist es sicherlich diejenige, welcher die wenigsten Opfer fallen. Aber auch wenn man dieLotterie- „Frage" so kühl beurtheilt, muß man doch der Ansicht sein, daß es auch hier „ein Maß in den Dingen giebt", und dieses Maß scheint uns nachgerade mit der Gestattung von Lotterien überschritten zu werden. Die Ankündigungen solcher mehren sich beständig. Es ist eine Thatsache, daß die Unterbringung der Schloßfreiheits-Loose sich schwierig erwies, nur mit Hilfe eines außerordentlichen Aufwandes von Reklame und Anpreisungen ermöglicht wurde. Dies spricht dafür, daß das einigermaßen natürliche und so weit harmlose Bedürfniß nach der Betheiligung au einem Glücksspiele durch die bestehenden staatlichen und die regelmäßig für allerlei Zwecke stattfindenden Privat-Lotterien befriedigt ist. Die künstliche Anreizung zum Lotteriespiel aber muß, auch wenn man dasselbe an sich nicht von abstrakt-pedantischen Gesichtspunkten aus verwirft, als nachtheilig erachtet werden. Was den Zweck der angeblich von einem rheinischen Verein angeregten Afrika-Lotterie betrifft, so scheint er nicht geeignet, dieses Bedenken abzuschwächen. Handelt es sich um koloniale Aufgaben, welche das Reich übernommen hat, so kann man der Regierung überlasten, die erforderlichen Geldmittel vom Reichstag zu verlangen; wenngleich mit einigen Schwierigkeiten, so hat sie doch thatsächlich bisher noch immer derartige Forde rungen durchgesetzt, jüngst noch die für die Aufschließung des Hinterlandes von Kamerun, mit der man zuerst den Reichstag aus Besorgniß vor einer Ablehnung hat umgehen wollen. Private koloniale Unternehmungen aber, wie die des Wißmann- Tampfers für den Viktoria Nyanza, soll man nicht zuerst ohne genügende Sicherheit des finanziellen Erfolges impro- visiren und dann, wenn dieser ausbleibt, aus weitere Kreise der Bevölkerung abbürdcn; hierauf kommt das Lotterie- Projekt, soweit es die Deckung des Restes der Kosten für den Dampfer und seinen Transport betrifft, doch heraus. Wir sind Anhänger der Kolonialpolitik; aber wir wünschen, daß sie in besonnener Art und mit würdigen Mitteln be trieben werde. holländischem Gebiet, über besten Schiffbarkeit im vorigen Jahre eS an Vorwürfen und Beschuldigungen auf beiden Seuen nicht gefeht hat, sowie die Erledigung der von Zeit zu Zeit von deutscher Seite kommenden Klagen über die Aus führung der „Salmkonvention" feiten- der niederländischen Interessenten. Alle Kombinationen aber, die aus den Eintritt Hollands in den Dreibund hinzirlen, gehören in das Gebiet politischer Wahnideen. Infolge seiner geographischen Lage wie auch durch die Zusammensetzung seiner Bevölkerung ist Holland, ebenso wie Belgien, auf die Wahrung einer neutralen Stellung angewiesen. DaS weiß man in Holland so gut wie in Deutschland. Die Pflege eines freundschaftlichen Ver hältnisses zu Deutschland ist hierdurch nicht ausgeschlossen. Und zur Befestigung eine- solchen mag der Kaiserbesuch in Holland vor Allem beitragen! Politische Umschau. Freiberg, den 27. Juni. Die Reise des Herzogs Ernst Günther zu Schleswig- Holstein, deS BruderS der Kaiserin, welcher sich in Holland dem Verasche« Kaiserpaar auf dessen Reise nach England an schließt, wird mit der bevorstehenden Verlobung des Herzogs mit einer Tochter deS Prinzen von Wales in Verbindung gebracht. Von den beiden bisher noch unvermählten Töchtern deS Prinzen von Wales ist Prinzessin Viktoria am 6. Juli 1868, Prinzessin Maud am 26. November 1869 geboren. Herzog Ernst Günther wurde zu Dölzig am 11. August 1863 geboren. Ueber einen interessanten und wohlgelungenen Versuch, die Landbevölkerung zu gemeinsamen Berathungen politischer und sozialerZustünde und Entwickelungen in öffentlichen Versammlungen heranzuziehen, um damit der agitatorischen Thätigkeit der Sozialdemo kraten die Wege zu verlegen, wird aus Schlesien be richtet. Die Sache war von langer Hand und aus das Sorg fältigste vorbereitet, da man sich sagen mußte, daß ein Miß lingen aus Jahre hinaus einen neuen Anfang unmöglich machen würde. Im Spätsommer vorigen Jahres, noch vor Aufhebung des Sozialistengesetzes, verbreitete eine große Anzahl von Männern aller Stände (Gemeindevorsteher, Gutsbesitzer, Geist liche, Handwerker, Fabrikanten, Kleinbauern, Lehrer, Verwal- tungSbeamte u. s. w.) einen Ausruf in zehn benachbarten Ge meinden, in dem sie bekannt machten, daß von Michaelis an in den Gasthäusern der Dörfer volksthümliche Vorträge gehalten werden sollten. Der Aufruf gab gleich die Themata dieser Vorträge an, die zum großen Theil als sehr geschickt gewählt bezeichnet werden müssen. Sie lauteten: 1) Wie es in den Dörfern im Norden unserer Kreisstadt vor 600 Jahren aussah. 2) u. Warum unsere ländlichen Dienstboten nicht mehr er sparen. b. Hat der Mensch eine unsterbliche Seele? 3) Der Wald und seine Bedeutung. 4) Ernährt Deutschland seine Be wohner? 5) Die Soldaten vor 100 Jahren. 6) Vom Kien- span bis zum elektrischen Licht. 7) Wiviel Stunden hat der Arbeitstag auf dem Lande? 8) Nenne deine Sonntagssreude! 9) Die Schule vor 100 Jahren. 10) Die frühere Erbunter- thänigkeit und die heutige Stellung der ländlichen Besitzer. 11) Kindererziehung auf dem Lande. 12) Die soziale Bewe gung ist Jahrtausende alt! In der Einladung heißt es: „Wir wollen als Leute vom Lande uns auch selber berathen und unterhalten über Fragen aus der Vergangenheit oder Gegen wart, welche gerade für uns von Bedeutung und Interesse sind. Wir wollen in ungezwungener Zusammenkunft ländliche Ge meinschaft wieder pflegen und das Zutrauen gegen einander fördern oder wiedergewinnen. Darum: Was wir wollen ? Uns sehen wollen wir, damit wir uns kennen lernen. Uns Die „Bad. Land.-Ztg." schreibt zum Bochumer Prozeß in Bezug auf Herrn Fusangel: „Herr Fusangel hat selbst vor Gericht ausgesagt, daß er von der angeblichen Unsolidität des Bochumer Werkes schon Jahre hindurch Kenntniß gehabt hätte. War er überzeugt davon, daß das Bochumer Eisenbahnmaterial das Leben seiner Mitmenschen gefährde, so war Herr Fusangel verpflichtet, die Denunziation gegen das Bochumer Werk ein zureichen zu der Zeit, als er zu dieser Ueberzeugung kam. Dann hätte man ihm geglaubt, daß er für das Leben seiner auf der Eisenbahn reisenden Mitmenschen besorgt gewesen wäre. Jetzt ist eine solche Behauptung pure Heuchelei. Nicht die Sorge um das Leben seiner Mitmenschen, sondern der Haß gegen seine Mitmenschen, soweit sie einer bestimmten politischen Partei und der Industrie angehören, dieser Haß, der von jedem politischen und sozialen Standpunkte aus auss Schärfste ver- urtheilt werden muß, hat Herrn Fusangel zu seinen Verdäch tigungen gerade während des Bochumer Steuerprozestes ge trieben. Nicht gute Motive sind es demnach gewesen, welche den Biedermann zu seinem Vorgehen veranlaßt haben, sondern solche Beweggründe, vor denen der anständige Mensch zurück schrecken sollte." Die Filiale Frankfurt des Verbandes Deutscher Posamenten arbeiter wurde polizeilich geschlossen. Weitere Schließungen solcher, die.Politik der Sozialdemokratie verfolgender Fachvereine stehen bevor. Der „Kölnischen Volkszeitung" zufolge hat eine Grenzver letzung bei Großmoyeuvre (Lothringen) stattgefunden. Die dort beschäftigten Hochofenarbeiter (Luxemburger) überschritten am 24. Juni bei Joeuf die französische Grenze. Auf dem Heimweg waren sie betrunken und überfielen am französischen Zollhause den Grenzaufseher, schleppten ihn auf deutsches Ge biet und brachten ihm 4 bis 5 Messerstiche bei; alsdann kehrten sie nach Großmoyeuvre zurück. Aus Wien geht der „Nat.-Ztg." die nachstehende Mit- theilung zu: „Jüngst verübten österreichische Deserteure einen Einbruchsversuch im Krakauer Generalkommando behufs An eignung geheimer Militärakten. Der Versuch mißlang. Der Prozeß gegen die Einbrecher ist im Zuge. Da verlautet, dieselben seien bei threr Desertion an der Grenze von russischen Offizieren erwartet und mit Kleidern, sowie allem zum Einbruch Röthigen versehen worden, so hat dieser Fall eine gewisse Erregung hervorgerufen. Man spricht von der Nothwendigkeit der Verschärfung des auf den Versuch der Spionage festgesetzten Strafausmaßes und erwartet event. die Vorlegung eines bezüglichen Gesetzentwurfs an oas Parlament." — Die seltsamen Einzelheiten dieser Nachricht bedürfen wohl noch der Bestätigung. Im Abgeordnetenhaus beantragte der Berichterstatter Sommaruga eine Resolution, die die Erwartung Der bald- ' möglichsten Aufhebung des Restes der Ausnahmeverfügungen gegen den Anarchismus ausdrückt. Ministerpräsident Graf Taaffe erklärte, die Regierung beabsichtigte die Aufhebung be- > reits im Januar und wollte nur die Entwickelung der Verord- - nung vom 1. Mai abwarten. Die Regierung erkenne die ein» . getretene Besserung an und habe die Ausnahmeverordnung hören wollen wir, damit wir auch andere Ansichten schätzen lernen. Uns finden wollen wir an solchem Ort, zu solcher Zeit, wo Jeder kommen kann und reden darf, wo die ersten und letzten Männer der Gemeinde uns gleich lieb und des persönlichen Verkehrs gleich würdig sind. Was wir brauchen? Nicht Geld, nicht kluge Leute, aber Männer brauchen wir, Männer aus allen Ständen, den ländlichen Besitzer, Arbeiter und Handwerker, den Fabrikherrn und Tagelöhner, Angesessene und Inwohner, Geistliche und Lehrer. Wir brauchen Männer, welche das Vertrauen zu dem Andern noch nicht verloren haben, welche Jedem als einem Freunde gegenübertreten, welche auch die vielseitige Noth in den ländlichen und bäuerlichen Verhül- nisten erkennen und nach Abhilfe sich umschaucn." — Ueber die Erfahrungen, welche in diesen Volksversammlungen gemacht wurden, sagt ein dem „Reichsboten" zugegangener Bericht: „Der Besuch der Versammlungen steigerte sich mit jedem Mal und alle Stände vom Herrn dis zum Arbeiter und Dienstknecht waren vertreten. In frei gehaltenem, etwa '/.stündigem Vortrage behandelte einer der Anwesenden, bis jetzt waren es Geistliche und Lehrer, die durch Zeitungen und durch die Ortsschulzen bekannt gegebene Frage. Darauf wurde eine freie Diskussion eröffnet. Am häufigsten mußten bei diesem ersten Versuch die Geistlichen mit den Lehrern, welche sich zu den Versammlungen meist vollzählig zusammengefunden hatten, die Debatte im Fluß halten; aber stets waren wir bestrebt, das unmittelbare Aussprechen der Leute durch ihnen zuge schobene Fragen zu veranlassen, z. B.: Einen wie viel höheren Betrag ergiebl wohl ein Morgen Gurkcnland, als dieselbe Ackerfläche mit Korn bebaut ? Wie steht es denn im hiesigen Orte mit Wildschaden und der Verwendung der Jagdpachtgelder? Oder: Wie lange dauert bei Ihnen hier in der Ernte der Arbeitstag ? Oder: Wie viel Stunden müssen Sie unbezahlte Arbeit rechnen, wenn Heu und Ernte Ihnen verregnen und Sie wenden müssen ? Dergleichen Fragen (natürlich mußten sie mit dem behandelten Thema Zusammenhängen) waren oft zündende Funken, und die Geister brachen los, aber auch die Schweigsamkeit war gebrochen. In den Vorträgen und Er örterungen wurde so polulär und konkret wie möglich ge sprochen, stets mit Direkter Beziehung auf die vorhandenen, örtlichen und bäuerlichen Verhältnisse. Denn der Landmann ist kein Freund von Abstraktionen; dazu ist sein Auffassungs vermögen zu derb. In der Diskussion kam man vom Hun dertsten ins Tausendste; und soviel es irgend anging, ließ der Leiter der Versammlung den Gedanken weitesten Lauf, auch wenn sic vom vorliegenden Thema abirrten. Sie gingen doch meist auf das im Allgemeinen beabsichtigte Ziel los. Die Leute sprachen sich über ihre Nöthe und Wünsche offen aus. Die Klagen über die schwierigen Gesindcverhältniste, über un genügende Flußregulirung und Schädigung der Heuernten, selbst über die ungenügend ausgeglichenen Wildschäden, über
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