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«nd Tageblatt o Amtsblatt für die königlichen und Mdtischen Behörden zu Freiberg und Brand. M/« 8 Erscheint jeden Wochmtag Nachmittag« 6 Uhr für den j! Jahrgangs ü Inserate werden bis Bormittag l 1 Uhr angmom- «Hs Sonntag, den 29. März» 1o"I. g Kwermonarucy i sx. vo Ps. und ernmonautty 75 Pf. ll oder deren Raum Io Pfg Deutsche Ostern ^lO Frühling, sang's der Dichter, ein besonderer Liebling unseres gangenen Jahre nun auch heimgegangen wie so Viele: eutsche Ostern! Vor zwanzig Jahren gerade, damals mitten im prangenden . . .» - .... - - ' i Volkes, im ver- Noch bist Du Manns genug, Dich zu erheben, Gesund im Mark und brav im tiefsten Kern: Mein deutsches Volk kann ohne Gott nicht leben, Komm zu Dir selbst, kehr' ein zu Deinem Herrn. Daß unser Ostern die Strome des Lebens wieder rauschen ließe über den Boden unseres Volkslebens! Dann wäre es unsre Zukunft, ja, dann wäre es schon erfüllt — deutsche Ostern! L. Kraft wälzte unser Volk den Stein wieder gegen die Thüre des Ostergrabes, um den Herrn zurückzubannen in Tod und Verwesung. Aber jener Stein blieb abgewälzt und zerschmetterte jenen trotzigen Recken ihre Götteraltäre. Nicht lange, da zog trotz der erst verschlossenen Thüren ihrerHerzen, verkündet von seinen Bolen, bei ihnen der Auf erstandene selbst ein mit seinem r^stergruß: Friede sei mit euch. Keinen treueren Vasallen, keinen befähigteren Schüler hat er gefunden als das deutsche Volk. Neber dem Oster grabe reichten die Beiden sich die Hände zum ewigen heiligen Berlöbniß. Ja das Oster grab ward der Altar, an dem der Genius des germanischen Stammes und die christliche Religion sich aufs Lieblichste vermählten. Auf den Boden des Ostergrabes versetzt, veredelte sich die in stiller Waldeinsamkeit erwachsene, mit hoher Schönheit ge zierte wilde Rose der nordischen Mythologie zur Rose Jesse mit ihren tausend Blüthen. Ein Tacitus rühmt an den Germanen seiner Zeit manche hohe Tugend und wünscht sie seinem eigenen Volk, dem verkommenen Römervolk. Wie hat sich alle deutsche Tugend vertieft und vergeistigt an der Sonne des christlichen Geistes. Das tiese Gemüth des Deutschen sitzt lauschend und studirend nun zu den Füßen des Ge kreuzigten und weidet sich an dem Herzen, das von Erbarmen gegen eine ganze verlorene Welt bricht. Seine Innerlichkeit läßt von ihm sich nun gern über die vergängliche Erde empor aus die Gefilde der Ewigkeit führen. Ja, wenn die Größe des deutschen Geistes sich darinnen vielleicht am meisten zeigt, daß er selbst die Welt der Götter durch die Sünde entweiht sieht, daß er diese Welt in der Götterdämmerung unter- gehen, aber in einer neuen Welt mit reinen Göttern wieder erstehen läßt — sein Sehnen und Ahnen findet er erfüllt in dem Heiligen unter den Sündern, in dem Gottessohn, der über all' die Götter der alten Welt triumphirt. Seine Mannentreue folgt begeistert dem großen Herzog der Seelen, dem König am Kreuz. Sein Wahrheits sinn trinkt in vollen Zügen aus den Quellen, die in Gottes Wort springen. Sein un gestümer Freiheitsdrang beugt sich gern unter den Gehorsam des sanftmüthigsten der Menschenkinder und ahnt unter dem Kreuz die rechte Freiheit, die mehr gilt als die von Ketten und Frohnvienst, die herrliche Freiheit der Kinder Gottes. Aus seiner Asche, so erzählt die Sage, erhebt sich der Phönix in erneuerter, schönerer Gestalt. Herrliches Auferstchen, das der deutsche Geist, berührt von Christi Geiste, feierte — deutsche Ostern. Das deutsche Volk trug die unverwüstlichen, unverfieglichen Kräfte in sich, äus denen seine Wiedergeburt sich je und je vollzog. Seine Geschichte beweist's. Das ist Luther's Größe, daß in ihm wie in Keinem vorher oder nachher sich auf das Wunder barste miteinander durchdringen deutsche Naturkrast und christliche Glaubenskraft, daß aus der Brunnenstube solchen Innenlebens seine reformatorischen Gedanken fließen und er zu ihrer Durchführung sich wendet an die Seele des Volkes, an das ganze Volk. Die Reformation ist das Erwachen des deutschen Geistes aus langem Todes schlaf. Er besinnt sich wieder auf sich selbst und auf seinen Beruf. Als der dreißig jährige Krieg Deutschland äußerlich und sittlich an den Rand des Verderbens gebracht hatte, da hatte die alte gute deutsche Art eine Heimstätte noch gefunden im evangelischen Pfarrhaus: dieses baute nun das inwendige Leben unseres Volkes. Als eine starre Rcchtgläubigkeit den deutschen Geist in hemmende Fesseln schlug, da erhielt sich doch deutsch-christliches Leben in der Mitte des Volkes bei den .Stillen" im Lande — und diese stille Bewegung ward zum Strom, der das Volksleben mit sich fortriß und jenes todte Formelwesen hinwegfluthete. Und als wiederum unter dem Nachtfrost der Frei geisterei das religiöse und alles andere Leben erstorben war, da brach aus dem deutschen Volke selbst heraus der wunderbarste Frühling, die herrliche Zeit der Befreiungskriege, die Zeit der Freihcitssänger und Freiheitskämpfer. Und noch weiter in unserem Jahrhundert: die öde kalte Zeit nach dem Wiener Frieden wird durchbrochen von der Bewegung in der deutschen Jugend mit ihrer glühenden idealen Begeisterung, und auf eine fünfzig jährige Friedenszeit, die immer reicher an Entdeckungen und Erfindungen, aber immer ärmer an Glauben wird, bringt der große deutsch-französische Krieg unserem Volke vor Allem auch eine mächtige religiöse Erhebung. In der Noth stets und in der Gefahr hat sich der wahre Kern des Volkes geoffenbart und durchgerungen. Wenn es verloren schien, dann hat es sich ausgerasft und um den Auferstandenen geschaart und mit ihm den Sieg gewonnen. Dunkle Blätter giebt's genug in der deutschen Ge schichte. Aber noch nie hat nach der Passion gefehlt ein — deutsches Ostern. Wir kennen nun unsern Trost in der Gegenwart, unser Hoffen für die Zukunft. Mag sein, daß wir durch schwere Krisen noch hindurch müssen. Mag sein, daß wir gewaltige Katastrophen zu bestehen haben. Mag sein, daß Vieles uns genommen wird, was uns jetzt noch heilig und theuer ist. Mag sein, vaß ein etwa sich erhebender Krieg uns in die höchste Gefahr bringt. Untergehen können wir nicht. Das deutsche Volk trägt die Unsterblichkeit in sich, wenn es nur sich selbst nicht vergißt, wenn es von dem Herrn nicht läßt, der es einzig groß und gut gemacht, vom Auferstandenen. Vierzehn Jahre sind verflossen, seitdem der Dichter, in heißer Liebe zu seinem Volke glühend, es gesprochen — aber diese vierzehn Jahre haben Gott sei Dank seine Worte nur bestätigt: Ostern, Ostern! Frühlingswonne Säuselt leis durch Wald und Flur, Tausend Leben weckt die Sonne In der schlummernden Natur; Aber solch' ein Frühlingswehen Hat noch nie die Flur durchbebt, Aber solch' ein Auferstehen Hat noch nie ein Volk erlebt; Nimmer noch in allen Landen Kam ein Ostern diesem gleich: Auferstanden, auferstanden Ist das heil'ge deutsche Reich! Darum — „deutsche Ostern"! Vom sangesfröhlichen Mund des Dichters quillt der Strom der Lieder: sie singen die Geschichte des letzten großen deutschen Kriegs, Osterpsalmen sind's nach Charfreitagsnacht. Süß und innig und doch stark und mächtig auch zugleich singt der Dichter von den deutschen Eichen, von den Geistern der Helden aus alter Zeit, von den Helden des Krieges, von glänzenden Waffenthaten, vom glor reichen Frieden. Aber nur sechs Jahre später, wieder in der Zeit der Ostern, ruft derselbe Dichter, nicht mehr der Sänger mit dem frohen Auge, sondern der Prophet mit flammendem Wort und Angesicht, das deutsche Volk aus: Und nun mein Volk, tritt an und laß' unS rechten: Hast Du gehalten Deines Gottes Bund? — Wo ist der Dank für Deines Gottes Thaten, In dessen Schirm Du glorreich Dich verjüngt? — Wo ist Dein Gott, zu dem im Schlachtenwetter Am Tag der Noth um Hilfe Du geschrie'n? Wo ist Dein Gold? Wo sind die Milliarden, Die knirschend Dein besiegter Feind gezollt? — Wo ist Dein Fleiß? Du wärest stark in Waffen, Bist in des Friedens Künsten Du erstarkt? — Laß Deine Jugend sehn: Wo sind die Söhne, Aus die voll Stolz das Vaterland geblickt? — Und Deine Töchter? — Laß' kosten Deine Speisen, Dein Getränke! — Zeig' Deine Bücher, Deine Modeschriften — Genug, genug! Bei Gott! mir brennt die Wange Vor Scham und Zorn nm Dich, mein deutsches Land, Das ich gerühmt in feurigem Gesänge, In dem ich Gottes Bundesvolk erkannt! Noch bist Du mir wie eine Mutter theuer, Doch wenn vom Haupt Dein Ehrenkranz Dir fiel, Dann würf' ich meine Lieder gern in's Feuer Und schlüge an den Stein mein Saitenspiel. Und heute! Wieder ist Ostern gekommen — fast weißes Ostern: wie wenn es sagen wollte, daß so manches winterlich ist im deutschen Volke. Wozu noch alles auf zählen, was manchen guten Deutschen jetzt zagen und fast verzagen läßt?! Noch immer ist unser Volk das gehaßteste auf der Erde. Immer mächtiger an allen Seiten rüsten und drohen seine Feinde. Sein gefährlichster Feind aber vielleicht wohnt in seiner eigenen Mitte. Die bewährten Männer, die das deutsche Reich mit starker Hand ge baut, treten einer nach dem andern ab. Fast wehmüthig stimmt die Nähe des 1. April, des Geburtstages des größten Mannes, der unter uns lebt. Wie ein Alp liegt's auf Vieler Herzen. Was man ersehnt und erhofft? Nichts Anderes als — deutsche Ostern! Bringt unser Ostern uns solch' frohe Hoffnung? Wieder führt das frohe Fest die Millionen an das Grab im Garten Josephs. Wieder geht von Land zu Land die wunderbare Botschaft: Der Herr ist auferstanden, er ist wahrhaftig auferstanden. Das Grab und seine Riegel hat er gesprengt, aus Todesbanden sich erhoben. Es konnte nicht anders sein. Bleibt das Osterwunder das größte aller Wunder, es stimmt doch nur zusammen mit dem Wunder des Lebens Jesu. Einzigartig ging er über die Erde, in idealer Vollkommenheit, in überirdischer Größe, in überwältigender Wahrheit, auf dieser Erve schon umwoben vom Glanz der Ewigkeit, ein Mensch wie andere Menschen, aber doch in Allem Gottes Sohn. Die Ewigkeit trug er in sich. Den Leib konnte man tödten, aber die Verwesung durfte der Heilige Gottes nicht schauen. Mochte Charfreitag noch so dunkel sein, Ostern mußte kommen, Ostern mit Licht und Leben. Ostern ward es damals an der Wende der Zeiten für die Menschheit. Der Menschheitsfrühling konnte nicht spurlos vorübergehen an unserm Volk. Deutsche Ostern - dereinst in grauer Vorzeit. Mit der Botschaft vom Auf erstandenen ging über den düsteren Urwäldern, die damals den deutschen Boden be deckten, die Sonne eines neuen großen Morgens auf. Wohl hatte sie zuerst schwer zu kämpfen mit den Schatten der alten Nacht. Wie ein trotziger Knabe mit ungestümer