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Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 06.12.1890
- Erscheinungsdatum
- 1890-12-06
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-189012063
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-18901206
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-18901206
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Freiberger Anzeiger und Tageblatt
-
Jahr
1890
-
Monat
1890-12
- Tag 1890-12-06
-
Monat
1890-12
-
Jahr
1890
- Titel
- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 06.12.1890
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Areiderger ««zeige» ««d Tageblatt. Sette r. INS». sionen zweifellos verschärft werden. Das Zentrum hat einen Antray aus Aushebung deS Jesuilengesetzes eingebracht. Nach dem bisherigen Stand der Sache hatte es den Anschein, als wenn sich die Zentrumspariei mit der Jnszenirung eines „Pctitionssturmes" zu Gunsten der Aufhebung dieses Aus nahmegesetzes begnügen, und von der Stellung eines selbststän digen Antrages im Plenum des Reichstags absehen werde. Herr Windthorst selbst hatte auf dem Koblenzer Katholikentag, auf welchem das Vorgehen auf dem Wege des Petitionirens beschlossen wurde, geäußert, daß die Aufhebung des Ausweis- nngsgesetzes und die Rückberufung der ausgewiesenen Orden .ungeheuer schwer" sein werde. Man hatte deshalb geglaubt, daß irgend welche ..taktischen" Gründe das Zentrum bestimmten,den ge wundenen Pfad des Bittgehens dem graben Weg des direkten Antrages vorzuziehen. Welche Gründe die Partei veranlaßt haben mögen, nun doch zur Stellung eines selbständigen An trages zu sckrciten, entzieht sich gegenwärtig noch der Beur- theilung. Sollte Herr Windthorst in diesem Falle doch „zeitiger aufgestande» sein," als der deutsche Reichskanzler? Man rühmt dem kleinen Zcntrumsführcr eine seine Witterung für politische Windströmungen nach. Sollte wirklich etwas, wie die Absicht der Aufhebung des Jesuilengesetzes seitens der Neichsregierung in der Lust liegen? Allerdings wurde während der letzten Lage die aus konservativen Abgeordnetenkreisen stammende Nachricht verbreitet, daß dem Reichstage eine Vorlage der Re gierung wegen Aufhebung des Jesuilengesetzes zugehen werde. Doch hielt man dieses Gerücht kaum für ctivas Anderes, als einen Versuchsballon, der dazu dienen sollte, das Zentrum für die dem preußischen Landtage beiliegenden Resormgesetze ge neigter zu machen. Bisher wenigstens liegt kein Anzeichen vor, welches die Annahme zuliebe, daß bei der preußischen Negierung oder beim Bundesroth die Neigung besiehe, zur Rückberufüng der Jesuiten die Initiative zu ergreifen. Noch vor Jahresfrist hatte der preußische Kultusminister die For derungen Windthorst's: „Auf kirchlichem Gebiete Wiederher stellung des Zustandes vor dem Kulturkämpfe und auf dem Gebiete der Schule Herstellung des Zustandes vor dem preußi schen Schulaussichtsgesetz mit dem Einfluß der Eltern und der Kirche" sehr kühl zurückgewiesen, und die Verhältnisse sind beute »och dieselben. Daß das Reich die Kosten für die preu ßische Reformgesetzgebung mit Zugeständnissen zahlen soll, wird man den Bundesstaaten doch wohl kaum zumuthen. Ungünstig freilich würden im Reichstag die Chancen für die Aufhebung des Gesetzes nicht stehen. Im Jahre 1872 stimmten nur zwei Parteien geschloffen, nämlich die Konser vativen für und das Zentrum mit Polen und Welfen gegen das Gesetz. Von den Freilonservativen, wie von den National- liberalen, die in der großen Mehrzahl sür die Vorlage stimmten, sonderten sich einzelne Stimmen zur Verstärkung der Minder heit ab. Gegen das Gesetz stimmten die drei damals im Reichstag befindlichen Demokraten und der einzige Sozial demokrat Bebel. Am meisten gespalten war die Fortschritts partei, von welcher fast ein Drittel bei den entscheidenden Ab stimmungen fehlte, während von den beiden anderen Dritteln das eine für, das andere gegen das Gesetz eintrat. Rechnet man an der Hand des damaligen Abstimmungsverhältnisscs das Exempel aus, welches Ergebniß im jetzigen Reichstag ein Antrag auf Beseitigung des Jesuitengesetzes haben würde, so ist das Fazit den klerikalen Wünschen allerdings günstig. Wer 1872 gegen dasGesetz war, wird heute desienAufhebung gewiß nicht bekämpfen. Wenn die Parteien sich bei einer jetzigen Abstimmung auch nur ebenso verhalten sollten wie 1872, so kämen gegen die Rückberufung der Jesuiten nur etwa 130 Stimmen von Konservativen und Nationalliberalen heraus, denen die Stimmen des Zentrums mit Polen, Welfen und Elsässern, der Sozialdemokraten und der Volkspartei gegenüber stünden. Schon diese allein würden 180 Stimmen zu Gunsten der Aufhebung des Gesetzes stellen, d. h. bis auf etwa zwanzig Stimmen die Mehrheit des vollen Hauses. Von der heutigen freisinnigen Partei würde voraussichtlich der größere Theil gleichfalls sür Abschaffung des Ausnahmegesetzes stimmen, so daß ein daraus gerichteter Antrag aus etwa 200 gegen 15>0 Stimmen zu rechnen hätte. Diese Rechnung ist jedoch ohne die Regierung gemacht, die in dieser Frage ein gewichtiges Wort mitzureden hat. Es ist übrigens ein Jrrthum anzunehmen, daß das Jesuiten gesetz den Mitgliedern des Ordens Jesu den Zutritt in das deutsche Reich überhaupt verwehrt. In dem Gesetz heißt es vielmehr: „Der Orden der Gesellschaft Jesu ist vom Gebiete des deutschen Reiches ausgeschlossen; die Errichtung von Nieder lassungen ist untersagt; diebestehenden sind aufzuheben. Aus länder können ausgewiesen werden. Inländern kann der Auf enthalt in bestimmten Bezirken versagt oder angewiesen werden". Und die zur Aussührung des Gesetzes erlassene Bekanntmach ung des Bundesrathes bestimmt, daß „den Angehörigen dieses Ordens die Ausübung einer Or> ensthätigkeit, insbesondere in Kirche und Schule, sowie die Abhaltung von Missionen nicht zu gestatten ist." Hiernach dürfen Mitglieder der Gesellschaft als Einzelpersonen sich auch bei Geltung des Jesuitengesetzcs in Deutschland aus halten, ohne daß sie Jemand daran hindern kann. Hat doch der Kaiser jüngst sogar ein Mitglied der Ge sellschaft Jesu, den Vorstand der dcusch-katholischcu Missionen in China, in Audienz empfangen. Nur die Niederlassung und die Entfaltung einer Oidensthätigkcit ist ihnen untersagt. Auch das Meffelesen seitens einzelner Jesuiten ist nicht ver boten, denn es gehört nicht zur Ordensthätigkeit. Diese zu verhindern, hat man zu allen Zeiten, sogar seitens der Päpste und Bischöfe versucht, und inSachscnwic in Bayern waren auch vor dem Jesuitcngesetze Niederlassungen der Jesuiten nicht gestattet ; auch durch das Aufgeben des Reichsgcsetzes würde in beiden Ländern an diesen gesetzlichen, beziehentlich verfassungsmäßigen Verboten nichts geändert werden IVenig bekannt dürste sein, daß das Jesu'tengesetz in den letzten Jahren sehr nach sichtig gehandhabt worden ist. Schon vor etwa fünf Jahren ist nach der „Kreuz Zeitung" in einer größeren Stadt des Westens eine große Mission abgehalten worden, an der sich fast alle Katholiken der Stadt betheiligten, während sie aus der Umgegend förmliche Wallfahrten veranlaßt hatte. Tie Jesuiten predigten eine Woche lang, und viele Tausende von Menschen haben bei ihnen gebeichtet und kommunizirt. Weitere Aufschlüsse über ihre Thätigkeit zu geben, lehnt das Blatt ab, um nicht zu denunzircn. Um so weniger Anlaß liegt demnach vor, die Gemüther durch die vom Zentrum eingeleitete Agitation aufs Neue zu erregen. Es ist von allen Seiten anerkannt, daß der Kirche bei der angestrebten Ausgleichung der sozialen Gegensätze hohe Aus gaben erwachsen. Wie aber will die Kirche diesen Aufgaben gerecht werden, wenn der konfessionelle Unfrieden immer aufs Neue wieder genährt wird! Das Zentrum braucht den Kamps auf kirchlichem Gebiet, um die widerstrebenden Elemente, welche es umsaßt, zusammen zuhalten. Vom Standtpunkt des Ge meinwohls aber bleibt dieser Kampf ein nationales Unglück, und unter denselben Gesichtspunkten ist auch die künstliche Agitation zum Zwecke der Aufhebung des Jesuitengesetzes ent schieden zu mißbilligen. Aus denselben Erwägungen will es uns auch nicht in den Sinn, daß von Seiten der evangelischen Kirche Gegenpctitionen ins Werk gesetzt werden. Erreicht wird mit diesen Petitionen beim Reichstag gar nichts. Man wägt weder die Zahl noch die Qualität der Stimmen, sondern die Abstimmung über das Jesuitengejetz wird lediglich durch politische Motive geleitet werden. Wir in Sachsen vollends haben gar keinen Anlaß, den konfessionellen Unfrieden über unsere Grenzen herüber tragen zu lassen. Es ist mit Recht aufs Schärfste verurtheilt worden, daß bei den Neichstagswahlen der katho lische Zipfel der sächsischen Lausitz ohne die geringste Ver- anlaffung die konfessionelle Frage mit der politischen zu ver quicken suchte. Verfallen wir aber nicht in denselben Fehler, wenn wir ohne Noth zu einer Agitation Stellung nehmen, die uns gar nicht berührt ? Der deutsche Kaiser und das höhere Schulwesen. In der am Donnerstag eröffneten Konferenz von Fach männern zur Lösung der Frage des höheren Schulwesens hielt Se. Majestät der Kaiser die folgende hochbedeutende Ansprache: „Meine Herren! Ich habe mir zuerst ausgebeten, ein paar Worte zu Ihnen zu reden, weil mir daran liegt, daß die Herren von vornherein wissen, wie ich über die Sache denke. Es wird entschieden sehr Vieles zur Diskussion kommen, ohne entschieden werden zu können und ich glaube, daß auch manche Punkte nebelhaft im Dunkel bleiben werden; deshalb habe ich es für gut gehalten, die Herren nicht im Zweifel darüber zu lassen, welches meine Ansichten darüber sind. Zunächst möchte ich be merken, daß es sich hier vor allen Dingen nicht um eine poli tische Schulfrage handelt, sondern lediglich nm technische und pädagogische Maßnahmen, die wir zu ergreifen haben, um unsere Heranwachsende Jugend den jetzigen Anforderungen, der Weltstellung unseres Vaterlandes und auch unseres Lebens entsprechend hcranzubildcn. Und da möchte ich gleich eines bemerken. Ich würde mich sehr gefreut haben, wenn wir diese Prüfungen, diese Verhandlungen nicht mit einem französischen Worte: „Schul-Enquete", sondern mit dem deutschen Wort „Schulsrage" benannt hätten. „Frage" ist das alte deutsche Wort für Voruntersuchung und ich muß sagen, das ist auch mehr oder weniger eine Voruntersuchung. Nennen wir die Sache doch kurzweg „Schulsrage". Ich habe die 14 Punkte durchgelesen und finde, daß dieselben leicht dazu verführen könnten, die Sache zu schematisiren. Tas würde ich im höchsten Grade bedauern. Tie Hauptsache ist, daß der Geist der Sache erfaßt wird und nicht die bloße Form. Und da habe ich meinerseits einige Fragen ausgestellt — ich werde sie zirku- liren lassen — von denen ich hoffe, daß sie auch Berücksichti gung finden werden. Zunächst „Schulhygiene außer Turnen" — eine Sache, die sehr genau erwogen werden muß —; so dann „Verminderung des Lehrstoffes" (Erwägung des Auszu- scheidcndcn); ferner die „Lehrpläne für die einzelnen Fächer," sodann die „Lehrmethode für die Organisation" — es sind be reits die Hauptpunkte vorgeschlagen worden —; sechstens: „Ist der Hauptballast aus den Examina beseitigt" und siebentens: „die Ueberbürdung in Zukunft vermieden"? „Achtens: „Wie denkt man sich die Kontrolc — wenn das Werk zu Stande ge kommen ist"? Neuntens: „regelmäßige und außerordentliche Revisionen" durch verschiedene Oberbehörden" ? Ich lege hier die Frage auf den Tisch des Hauses. Tie ganze Frage, meine Herren, hat sich allmählich, voll kommen von selber entwickelt; Sie stehen hier einer Sache ge genüber, von der ich fest überzeugt bin, daß Sie durch die Vollendung, die Sie ihr geben werden, durch die Form, die Sie ihr aufprägen werden, dieselbe wie eine reife Frucht der Nation überreichen werden. Tiefer Kabmetsvrdre, die der Herr Mi nister vorhin zu erwähnen die Güte hatte, hätte es vielleicht nicht bedurft, wenn die Schule aus dem Standpunkte gestanden hätte, aus welchem sie hätte stehen müssen. — Ich möchte im Voraus bemerken, wenn ich etwas scharf werden sollte, so be zieht sich das aus keinen Menschen persönlich, sondern auf das System, aus die ganze Lage. — Wenn die Schule das gethan hätte, was von ihr zu verlangen ist, und ich kann zu Ihnen als Eingeweihter sprechen, denn ich habe auch auf dem Gym nasium gesessen und weiß, wie es da zugeht — so hätte sie von vornherein von selber das Gefecht gegen die Sozialdemo kratie übernehmen müssen. Die Lehrerkollegien hätten alle mit einander die Sache fest ergreifen und die Heranwachsende Generation so instrui'.en müssen, daß diejenigen jungen Leute, die mit mir etwa gleichaltrig sind, also von etwa 30 Jahren, von selbst bereits das Material bilden würden, mit dem ich im Staate arbeiten könnte, um der Bewegung schneller Herr zu werden. Das ist aber nicht der Fall gewesen. Der letzte Mo ment, wo unsere Schule noch sür unser ganzes vaterländisches Leben und für unsere Entwickelung maßgebend gewesen ist, ist in den Jahren 1864, 1866—70 gewesen. Da waren die preu ßischen Schulen, die preußischen Lehrerkollegien Träger des Einheitsgedankens, der überall gepredigt wurde. Jeder Abi turient, der aus der Schule herauskam und als Einjähriger eintrat oder in's Leben hinausging. Alles war einig in dem einen Punkte: das deutsche Reich wird wieder aufgerichtet und Elsaß-Lothringen wiedergewonnen. Mit dem Jahre 1871 hat die Sache aufgehört. Das Reich ist geeint; wir haben, was wir erreichen wollten, und dabei ist die Sache stehen geblieben. Jetzt mußte die Schule, von der neu gewonnenen Basis aus gehend, die Jugend anfeuern und ihr klar machen, daß das neue Staatswesen dazu da wäre, um erhalten zu werden. Da von ist nichts zu merken gewesen, und jetzt schon entwickeln sich in der kurzen Zeit, seit der das Reich besteht, zentrifugale Tendenzen — ich kann das gewiß genau beurtheilen, weil ich oben stehe und an mich alle solche Fragen herantreten. Der Grund ist in der Erziehung der Jugend zu suchen; wo fehlt es da? Da sehlt cs allerdings an manchen Stellen. Der Hauptgrund ist, daß seit dem Jahre 1870 die Philologen als bvati paasräentcs im Gymnasium gesessen haben und haupt sächlich aus den Lernstoff, auf das Lernen und Wissen den Nachdruck gelegt haben, aber nicht auf die Bildung des Cha rakters und die Bedürfnisse des jetzigen Lebens. Sie, Hcrr Geheimrath Hinzpeter, werden verzeihen, Sie sind ein be ¬ geisterter Philologe, aber nichtsdestoweniger, die Sache ist meiner Ansicht nach bis zu einer Höhe gekommen, daß cs chließlich nicht mehr weiter geht. Es ist weniger Nachdruck aus das Können, wie auf das Kennen gelegt worden; das zeigt ich auch bei den Anforderungen, die in den Examen gestellt werden. Es wird von dem Grundsatz ausgegangen, daß der Schüler vor allen Dingen so viel als möglich wissen müsse; ob das sür das Leben paßt oder nicht, das ist Nebensache. Wenn man sich mit einem der betreffenden Herren darüber unterhält und ihm klar zu machen versucht, daß der junge Mensch doch einigermaßen praktisch für das Leben und seine Fragen vorgebildet werden solle, dann wird immer gesagt, das sei nicht Aufgabe der Schule, Hauptsache sei die Gymnastik des Geistes, und wenn diese Gymnastik des Geistes ordentlich getrieben würde, so wäre der junge Mann im Stande, mit Vieser Gymnastik alles sür's Leben Nothwendixe zu leisten. Ich glaube, daß nach diesem Standpunkt nicht mehr verfahren werden kann. Wenn ich nun zurückgreifc auf die Schulen und speziell auf das Gymnasium selber, so weiß ich sehr wohl, daß in vielen Kreisen man mich sür einen fanatischen Gegner des Gymnasiums hält und mich auch zu Gunsten anderer Schul formen ausgespiclt hat. Meine Herren, das ist nicht der Fall. Wer selber auf dem Gymnasium gewesen ist und hinter dia Kouliffen gesehen hat, der weiß, wo es da fehlt. Und da fehlt es vor Allem an der nationalen Basis. Wir müssen als Grundlage für das Gymnasium das Deutsche nehmen; wir sollen nationale junge Deutsche erziehen und nicht junge Kriechen und Rönier. Wir müssen von der Basis abgehen, die Jahrhunderte lang bestanden hat, von der alten klösterlichen Erziehung des Mittelalters, wo das Lateinische maßgebend war und ein Bischen Griechisch dazu. Das ist nicht mehr maßgebend, wir müssen das Deutsche zur Basis machen. Der deutsche Aussatz muß der Mittelpunkt sein, um den sich Alles dreht. Wenn Einer im Abiturientenexamen einen tatellosen deutschen Aufsatz liefert, so kann man daraus das Maß der Geistesbildung des jungen Mannes erkennen und beurtheilen, ob er etwas taugt oder nicht. — Run wird selbstverständlich Vieles eingewendet und gesagt, der lateinische Aufsatz ist auch etwas sehr Wichtiges, der lateinische Aufsatz ist sehr gut, um den Menschen in einer fremden Sprache zu bilden, und was weiß ich mehr. Ja, meine Herren, ich habe das nun einmal selber mitgcmacht. Wie entsteht denn ein solcher lateinischer Aussatz? Ich habe es sehr oft erlebt, daß ein junger Mensch im deutschen Aufsatz— ich will einmal sagen, 4 -s-, im Ganzen befriedigend, und im lateinischen Aussatz eine 2 hat. Der Mensch verdiente Strafe statt Lob, denn daß er den lateinischen Aussatz nicht auf dem rechten Wege zu Stande gebracht hat, das ist klar. Und von allen den lateinischen Aufsätzen, die wir geschrieben haben, ist noch nicht einer unter zwölf, der nicht mit solchen Hilfsmitteln zu Stande gekommen ist. Solche Aussätze wurden als gut bezeichnet. Das war der lateinische Aufsatz. Aber wenn wir auf dem Gymnasium einen Aufsatz über „Minna von Barnhelm" schreiben sollten, bekamen wir kaum befriedigend. Deswegen sage ich, weg mit dem lateinischen Aussatz, er stört uns, und wir verlieren unsere Zeit sür das Deutsche darüber. Ebenso möchte ich das Nationale bei uns weiter gefördert ehcn in Fragen der Geschichte, Geographie und der Sage. Fangen wir erst einmal bei uns zu Hause an. Erst wenn wirin den verschiedenen Kammern und Stuben Bescheid wissen, dann können wir ins Museum gehen und uns auch dort umsehcn. Aber vor allen Dingen müssen wir in der vaterländischen Ge- chichte Bescheid wissen. Der Große Kurfürst Ivar zu meiner Schulzeit nur eine nebelhafte Erscheinung; der siebenjährige flrieg lag bereits außerhalb aller Betrachtung und die Geschichte chloß mit dem Ende des vorigen Jahrhunderts, mit der fran zösischen Revolution. Die Freiheitskriege, die das Wichtigste sind für den jungen Staatsbürger, wurden nicht durchgenommen und nur durch ergänzende, sehr interessante Vorträge des Herrn Geheimen Raths Hinzpeter bin ich, Gott sei Dank, in der Lage gewesen, viele Dinge zu erfahren. Das ist aber gerade das punctum snliens. Warum werden denn unsere jungen Leute verführt? Warum tauchen so viele unklare, konfuse Weltver besserer auf? Warum wird immer an unserer Regierung her umgenörgelt und auf das Ausland verwiesen? Weil die jungen Leute nicht wissen, wie unsere Zustände sich entwickelt haben und daß die Wurzeln in dem Zeitalter der französischen Revo lution liegen und darum bin ich gerade der festen Ueberzeu- gung, daß wenn wir diesen Uebergang aus der französischen Revolution in das 19. Jahrhundert in einfacher, objektiver Weise in den Grundzügen ven jungen Leuten klar machen, sv bekommen sic ein ganz anderes Verständniß für die heutigen Fragen, wie sie es bisher hatten. Sic sind dann im Stand«, auf der Universität durch die ergänzenden Vorlesungen, die sie dann hören, ihr Wissen weiter zu verbessern und zu ver größern. Komme ich nun auf die Beschäftigung unserer jungen Leute, so ist absolut nothwendig, daß wir mit der Anzahl der Stunden heruntergehen. Herr Geheimrath Hinzpeter wird sich erinnern, daß zur Zeit, wie ich auf dem Gymnasium in Kassel war, der erste Noihschrei der Eltern und Familien laut wurde, daß eS nicht so weiter gehen könne. Es wurden in Folge dessen Er hebungen von der Regierung angestcllt: wir waren verpflichtet, alle Morgen unserem Direktor Zettel abzugeben mit der Stunden zahl der häuslichen Stunden, die mir nöthig gehabt hatten, um das sür den nächsten Tag aufgcgebene Pensum zu bewältigen. Es sind bloß die Zahlen aus der Prima speziell, die ich jetzt hier berühre. Nun, meine Herren, es kamen bei ganz ehr» lichen Angaben — bei mir konnte sie noch Herr Gcheimerath Hinzpeter kontroliren — für jeden Einzelnen 5>/„ 6*/, bis 7 Stunden auf die häuslichen Arbeiten heraus. DaS waren die Abiturienten. Rechnen Sie noch dazu die sechs Stunden Schule, zwei Stunden Essen, dann können Sie ausrechnen, was von dem Tag übrig geblieben ist. Wenn ich nicht Gelegenheit ge habt hätte, hinaus- und hineinzureiten und noch sonst etwas mich in der Freiheit zu bewegen, dann hätte ich überhaupt nicht gewußt, wie cs in der Welt aussieht. Das sind doch immerhin Leistungen, die man jungen Leuten auf die Dauer nicht aufbürden kann. Nach meinem Erachten muß auch nach unten entschieden nachgeholfen und nachgelassen werden. Meine Herren, es geht nicht, man darf diesen Bogen nicht weiter spannen und nicht so gespannt lassen. Wir müssen hier herunter, wir haben hier die äußerste Grenze bereits überschritten. Die Schulen — ich will einmal von den Gymnasien spreche« — haben das Uebermenschliche geleistet und haben meiner Ansicht nach eine allzu starke Ueberproduktion der Gebildeten zu Wege gebracht, n die Leute " Fürsten B mrientenp: Hungerkan vielfach vc Dieses Uet Rieselfeld, Ich werde absolut sei kann. Wi Nun c Wünschen Realbildur jährigsreiu dafür, daß man mit zur Klär» klassischer bildung, a eine Halb! düng und Nach S an dem v theil. Se. führte ein Der g jung des mit dem bemerkt, c der Helgo Schisssahr mehr ihu müsse die Znstimmi werde. ( Helgolani io viele müßte. : Verwaltu land wirk müssen, bürg geß schaff liehe land nun Fch glan sympaihis lassuug k kommend Ich bitte Dieselbe der die ' einer kur Absätze , deutschen gegen die folgt erst iekretär > besondere habe, l erstreben^ Auslände vorgeschli im Hinb trachtet, unser P die anbei Stelle p Hoffen! li ungen in reiche, bessern»; Abhängn der Gebt eine Kor bei den < legen jedoch ni bedeutjm Eigen!ho Mission die Einl äußer! ' für die L müsse d Kommiss für dur findnng nöthig. die Sun Mission ginnen < Beendig Novelle Der Kaiserin sür das sür Reck Privileg sür Hao Es Hani Ueberna worbenc Bei wurde 10 422 7728 S Neb für Po macht: Persone dieselbe
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