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->———'— -s Brand Amtsblatt für die königlichen und städtischen Behörden zu Freiberg och 42. Jahrgang. N 7A. TmmabcnS, de« 29. Mär; -HL «EI» zweimonatlich IM. 5V Ps. und einmonatlich 71. Ps. !! " * Le. kt r, gc- re 8 r« Illkl ind nit > SN U'N lO. allen - und iebel- Pfg- ,U8t >g' lk- em rh, Md ro- !r- om lpf, NF. er-, hn- 9er !2er > in ion. den cuch ,50. Lös k> alle Erfolg :s und at von -aut- ste«, bei 1er. m- in rf: en). Er- g" <«»« cht« dr« VL ^ll-r >rist Orlsarmcnvcrbändc und angemessener Betheiligung der größeren Verbände an der Armenlast. Von der Kommission, welche der Deutsche Verein für Armenpflege und Wohlthätigkcit mit der Untersuchung über das Landarmenwesen betraute, liegen noch keine vereinbarten Vorschläge vor, doch wird angenommen, daß die letzteren den Anträgen des Berichterstatters vr. Münsterberg entsprechen werden, die etwa folgenden Inhalt haben: „Als Grundlage für die gerechte Bemessung der Last soll die Leistungsfähigkeit der Träger der Armenlasten angenommen werden, was gegen wärtig nicht überall der Fall ist- Die Gemeinde- und Guts bezirke sollen als Träger der örtlichen Armenlast beibehalten werden. Gemeinwesen, welche für sich allein nicht leistungs fähig sind, sollen mit anderen zusammengelegt werden dürfen. Die Fälle vorübergehender Bedürftigkeit würden mehr den einzelnen Orlsarmenverbänden überlassen bleiben, während bei den schwereren Fällen dauernder Erwerbsunfähigkeit vergrößere Verband eingreifcn soll. Unterstützungen vorübergehender Art sollen überhaupt ganz und gar der Aufenthaltsgemeinde an- heimfallcn, um unnöthiges Schreibwerk zu vermeiden." Eine rationelle auch durch Fürsorge für Verarmende vorbeugend wirkende Armenpflege kann durch Bekämpfung der Trunksucht und des mit dem Landarmenwefcn in naher Verbindung stehenden Vagabundenthums Großes leisten zur Verminderung der Zahl der Landarmen und auch zur Entvölkerung der Arbeits häuser und Gefangcnenanstalten. Herzlich zu wünschen ist deshalb, daß die mühevollen Arbeiten des Deutschen Vereins für Armen pflege in der Gesetzgebung Berücksichtigung finden zur gedeih lichen Weiterentwickclung der deutschen Armenpflege, daß aber auch alle anderen Faktoren Zusammenwirken, um eine möglichst gerechte Vcrtheilung der Armenlast und eine willigere Neber- nahme derselben zu erzielen. Tagesschau. Freiberg, den 28. März Neber die Abschieds-Audienz des Fürsten Bismarck bei dem deutschen Kaiser erfuhr die „Köln. Ztg.", daß sich der letztere gegen den greisen Kanzler sehr herzlich benahm, ihm aus's Wärmste nochmals für seine großen Dienste dankte, und ihn wiederholt bei der Verabschiedung umarmte und küßte. Wie Augenzeugen berichten, war auch Fürst Bismarck von der Trennung tief ergriffen. Als derselbe, einen ihm vom Kaiser beim Abschied gereichten Rosenstrauß in Händen haltend, unter stürmischen Begrüßungen des Publikums vom Schloß gefahren kam, ertönte auf dem Berliner Opernplatze aus der Menge eine Frauenstimme: „Er weint!" und dies gab das Signal zu einer stürmischen Erneuerung der Ovationen. Thatsächlich sah man, wie der Fürst, der im-Wagen zurückgelehnt saß, kaum seiner Bewegung Herr zu werden vermochte. Fürst Bismarck scheint auch von seiner Absicht, auf die Annahme des Herzogtitcls zu verzichten, zurückgekommen zu sein, da der „Reichsanzeiger" ihm denselben in seiner Mittwochs- Ausgabe zuertheilt. Der „Post" wird geschrieben: „Durch Se. Majestät den Kaiser als König von Preußen ist dem Fürsten Bismarck bei seinem Abgang als Kanzler des deutschen Reiches und preußischen Ministerpräsidenten der Titel „Herzog von Lauenburg" Allerhöchst verliehen worden. Nun giebt es, wie u. A. auch der Gothaische Hoskalcnder nachweist, gegen wärtig drei Herzöge von Lauenburg, nämlich der König von Preußen, der König von Dänemark und Fürst Bismarck. Daß der einzige legitime Landesherr über Lauenburg der König von Preußen ist, darüber ist ja kein Zweifel, und daß die an deren Beiden ebensowenig dort einen Regierungsakt ausüben können, steht ebenso fest. Besitzungen hat von obigen hohen Herren im Herzogthum Laucnburg nur der Fürst Bismarck. Es ist demselben von Kaiser Wilhelm I. der Sachsenwald auf Inserate werden bis Bormittag 11 Uhr angenom- ! men und beträgt der Preis für dle gespaltene Zeile D oder deren Raum 1b Pfg. Vagabundenlhum und Landarmenwrsen. Die durch die Verhältnisse gebotene, mit peinlichster Ord nung verbundene schonende Behandlung, welche den Züchtlingen in den meisten größeren Gefangenen-Anstalten zu Thecl wird, hat zuweilen die traurige Folge, daß entlassene Sträflinge, die de» sittlichen Halt verloren haben, keinen rechten Unterhalt in der Freiheit finden und aus Arbeitsunlust vor der Unterbringung in einer Korrektionsanstalt Scheu tragen, neue Verbrechen be gehen, nur um wieder in das von ihnen als Versorgnngs- anstalt betrachtete Zuchthaus zurückzukommen. Es ist sogar nicht undenkbar, daß sich mitunter derartige verkommene Menschen selbst eines gar nicht begangenen Verbrechens an- klagcn, nur um nicht länger Dor der Wahl zwischen einem trübseligen Vagabunden-Leben und der Korrektionsanstalt zu stehen. Eine Besserung dieser bcklagenswerthen Verhältnisse ist nur dann zu erhoffen, wenn einestheils das Unterstützungs- Wohnsitz-Gesetz einer gründlichen Reform unterzogen wird, anderntheils aber die Vereine zur Unterstützung entlassener Sträflinge so gestellt werden, daß sie ihr menschenfreundliches Werk in umfassenderer Weise als jetzt fördern können. Jetzt wird eine ärmere Gemeinde kaum erfreut sein, wenn eine Korrektionsanstalt nach Jahresfrist einen Insassen der Anstalt, der sich gut geführt hat, nach der Heimath zurücksendet, wo er bei voraussichtlicher Erwerbslosigkeit doch der Gemeinde zur Last fällt. Hierbei sollte stets die milde Vereinslhätigkeit lin dernd eingreifen, nicht nur durch Geldunterstützuugen, sondern durch Verschaffung irgend einer nicht allzu schweren Beschäf) tigung, sowie durch Ueberwachung des sittlichen Verhallens des Freigelassenen in oer ihm fremd gewordenen und selten wohl gesinnten Heimathgemeinde. Eine wirkliche Abhilfe der Miß stände, welche die Verkümmerung der Erwerbs- und Aufent- haltssrist, die künstliche Verschiebung der Armenlast und andere mißliche Folgen des Unterstützungswohnsitz-Gesetzes erzeugen, läßt sich nur von einer Umarbeitung dieses Gesetzes erwarten, besten Reformbedürftigkeit von allen Seiten anerkannt wird, Wenn auch zunächst die Meinungen über die Art der Reform noch weit auseinander gehen. In dem 10. Heft der Schriften des Deutschen Vereins für Armenpflege und Wohlthätigkcit sind die von dem Verein ein geholten zahlreichen Gutachten über den Einfluß des Land armenwesens auf die Zustände des deutschen Armenwesens von Herrn Amtsrichter vr. Münsterbcrg einer systematischen Bear beitung unterzogen worden. Tas dem Verein von 105 Land armenbehörden, 158 Verwaltungen und einzelnen Personen zuge gangene Material ist ein sehr reichhaltiges, besonders dienen die mitgetheilten Zahlen dazu, die bisherigen praktischen Wahr nehmungen auf diesem Gebiete zu bekräftigen und frühere Jrr- thümer zu widerlegen. Die eingegangenen Berichte bestätigen aber auch die im Gefolge des Unterstützungswohnsitzes auftre- tenden Mißstände; sie zeigen, daß manche Ortsarmenverbände leichter zu Unterstützungen bereit sind, wenn dies aus Mitteln des Landarmenverbandes möglich ist; sie beleuchten außerdem das sittliche und wirthschastliche Verhalten der Landarmen. Bezüglich der verlangten Reform des Unterstützungswohnsitzes bleiben von 120 Berichterstattern 70 auf dem Boden der gel tenden Bestimmungen; 30 treten für das Heimaths-Prinzip ein, wogegen 20 andere neue Bildungen verlangen. Eine bedeutende Anzahl dieser Berichterstatter wünscht eine Aenderung der Fristen für den Erwerb und für den Verlust der Unterstützungsberech tigung. Die «leisten derselben befürworten eine Verlängerung der Frist auf fünf Jahre. In anderen Gutachten wird'eine Herabsetzung der Altersgrenze für Beginn und Verlust der selbständigen Unterstützungsberechtigung verlangt; wieder andere fordern Bestrafung derjenigen Gemeindebeamlen, denen eine Abschiebung nachgewiesen werden kann. Der Schwerpunkt der Besserungsvorschläge liegt in der Bildung leistungsfähiger rMgerWyej^ und Tag MM dem Wege der Dotation Allerhöchst verliehen worden und hat der Fürst Jriedrichsruh, an der Berlin-Hamburger Bahn ge legen, als seinen liebsten Wohnsitz erkoren. Die Besitzungen Varzin und Schönhausen werden weniger besucht." — Der „Staals-Anz." bringt nunmehr auch die amtliche Mittheilung über den Rücktritt des Grafen Herbert Bismarck. Darnach hat der Kaiser geruht, dem Staatssekretär des ''Auswärtigen Amts, Staatsminister Grafen von Bismarck-Schönhausen, auf seinen Antrag die Entlassung aus seinem Amt in Gnaden zu ertheilen, ferner denselben auf seinen Antrag von dem Amt als preußischer Staatsminister undMitglied des Staatsministeriums, sowie von der Leitung des Ministeriums der Auswärtigen Angelegenheiten unter Belassung seines bisherigen Ranges und Titels als Staatsminister zu entbinden und den Präsi denten des Staatsministeriums, General der Infanterie von Caprivi, zugleich zum Minister der Auswärtigen Ange legenheiten zu ernennen. Se. Majestät zeichnete dem Grafen Bismarck bei seinem Scheiden aus dem Amte noch dadurch aus, daß er ihm das Kreuz der Großkomthure des Königlichen Hausordens von Hohenzollern verlieh. Ueber die Gründe, welche den Grafen Herbert Bismarck veranlaßten, die Ent lassung zu fordern, verlautet, daß er voraussetzte, ein fremder Reichskanzler werde ihn nicht so tief in Alles einweihen, wie der Vater es that. Es hätte eine Reihe von Mißverständnissen ge geben, denen zuvorzukommen im Interesse des Dienstes lag. Graf HerberiBismarckzieht sichvorläusiggänzlichinsPrivatleben zurück. Das Gleiche beabsichtigt sein Bruder, der Regierungspräsident Gras Wilhelm Bismarck, der, sobald er die nachgesuchte Ent lassung ans dem Staatsdienste erhalten hat, die Verwaltung von Varzin übernehmen will. — Im Reichskanzlerpalais werden fortwährend die herrlichsten Blumenspenden für den scheidenden Fürsten Bismarck abgegeben. Angesehene Berliner Bürger erließen folgenden Aufruf: „Mitbürger! Fürst Bis marck hat seine Staatsämter nicdergelegt. In dem bewegten Ausdruck des den Abschied bewilligenden Handschreibens, in der Verleihung der höchsten Ehren haben Se. Majestät der Kaiser dem scheidenden Kanzler den wohlverdienten Dank zu Theil werden lassen. Noch erübrigt es aber, daß auch das deutsche Volk sich dem Kaiserlichen Danke anschließt. Um eine dahinzielende Kundgebung anzubahnen, laden die Unter zeichneten gleichgesinnte Männer zu einer am Sonntag, den 30. März d. I., Vormittags 11 Uhr in der Viktoria-Brauerei, Lützowstraße 112, stattfindenden Vorbesprechung ein." Auch in anderen Städten werden Ovationen für den Scheidenden vorbereitet.. Die deutsche Kolonie in Warschau will dem Fürsten außer einer Adresse auch ein kunstvolles Geschenk überreichen lassen. Bereits am 26. d. Mts. hat man in Friedrichsruhe mit der Dekoration des Bahnhofsgebäudes, der Verzierung der den Weg nach dem Schlosse begrenzenden Bäume, der Auf richtung von Flaggenstangen Vorbereitungen zur Festbe leuchtung mit Lampions begonnen. — Das im schweizer Styl als Kaserne'für die ehemalige Polizei-Leibgarde des Fürsten Bismarck erbaute kleine Gebäude soll künftig wirth- schaftlichen Zwecken dienen, da die zum Schutze des Reichs kanzlers von der Polizei gestellten Mannschaften nicht nach Friedrichsruhe zurückkchren. General v. Caprivi hat den Schutz durch Geheimpolizei abgelehnt. „Als alter Soldat brauche ich keinen polizeilichen Schutz," erklärte der neue Reichskanzler, „ich schütze mich selber." Der Kaiser hatte vorgestern eine längere Berathung mit dem Reichskanzler von Caprivi. Gestern Vormittag fuhr der Kaiser beim Grafen Herbert Bismarck vor. Zum Schloß zu rückgekehrt, hörte der Kaiser von Vormittags 11 Uhr ab den Vortrag des Kriegsministers und daran anschließend den des Gencrallieutenants von Hahnke. Nachmittags um 12^ Uhr ertheilte der Kaiser dem Gesandten in Brüssel, Grafen Von Alvensleben, Audienz, bcrieth demnächst mit dem Reichskanzler Abonnements Einladung. Zum Quartalwcchsel erinnern wir unsere geehrten Leser an die rechtzeitige Erneuerung des Abonnements, damit in der Zusendung unseres Blattes keine Unterbrechung eintritt. Auch die neu hinzutretcnden Abonnenten ersuchen wir crgcbenst um zeitige Anmeldung, da eine Nachlieferung von Exemplaren nur ausnahmsweise geschehen kann. Der „Freiberger Anzeiger" Wird auch fernerhin seine gemäßigte und objektive Haltung beobachten und den Lesern von allen interessanten Ereignissen des In« und Auslandes so schnell wie möglich, zum großen Theile durch telegraphische Berichterstattung Kenntniß verschaffen. 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