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Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote : 04.12.1884
- Erscheinungsdatum
- 1884-12-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512382794-188412042
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512382794-18841204
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512382794-18841204
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote
-
Jahr
1884
-
Monat
1884-12
- Tag 1884-12-04
-
Monat
1884-12
-
Jahr
1884
- Titel
- Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote : 04.12.1884
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WWMWWW ' U- M'' M. M M« ff« ««» «»»«,»»,». »tr. S84. Donner-tag, 4. Dezember 1884. Seit« 2. «erke de» Haffe» n»t» der Erbitterung gegen di« Republik muß un» Alle» dienen, der Kampf durch da« Wort und mit der Feder, die Verbrüderung für einen Tag. die Verbindung sogar mit der extra- Vaganten Republik oder mit irgend einer ausschweifenden Partei.' Mao steht, di« Viktorien» find bezüglich ihrer Allianzen nicht über- mäßig wählerisch. England. Der UntrrstaatSsekretär im Departement der Kolo nie«, Ashley, erklärt« im Unterhaus« auf eine Anfrage veach'S, da« deutsche Protektorat über Augra-Pequeua erstrecke sich von Augra-Pequena bi« zum 18. Grad südlicher Breite, eine Entfernung, di« KO geographische Meilen betrage. Die Niederlassung umfasse 1600 Quadratmeilen. Die Entfernung der deutschen Niederlassungen von dem vechuana-Land betrage 500 Meilen. Hinsichtlich der von der Sapkolouie im Jahre 1867 anuektirten Insel habe die deutsche Regierung ervärt, daß eine gemischte Kommission die respekliven Rechte der englischen und deutschen Uuterthaneu auf dem Festlande «ut«sucheu solle. — Im Fortgange der Sitzung wurde die Bill über di« Neneintheilung der Wahlbezirke nach kurzer Debatte in erster Lesnng angenommen. Durch diese Bill wird die Zahl der Mitglieder de« Unterhauses um 12 vermehrt. Irland und Aale» behalten ihr« jetzig« Vertretung. Die zweite Lesung wird in den nächsten Tagen stattfiuden. Ruhla»d. Bon der Gerichtskammer zu Lharkow ist di« Erhebung der Anklage gegen die Theilnehmer au den bei dem Zoll amt« in Lagaurog vorgekommeurn Mißbräuchen beschlossen. Unter de« 38 Angeklagte», von denen 18 Staatsbeamte find (I!), befinden sich der Verwalter de» Zollamt«» Rikitenko und der als Millionär bekannte Mari Balioni. Der Prozeß wird Mitte Februar stattfiuden Schwede«-Rarwegen. Die vor einiger Zeit aufgetauchte Nachricht von der Ernennung de« schwedischen Kronprinze» Gustav zum norwegischen Vizeköuig scheint sich, dem.B. T.' znfolge, bestätigen zu sollen. Die Ernennung, so meint mau in schwedischen Kreisen, wird wahrscheinlich unmittelbar nach Neujahr Pattfinden. Diese vom König Oskar ergriffene Maßregel zur Stärk ung und Befestigung de» KönigSthumS im demokratischen Norwegen Wird in der skandinavischen Presse eifrigst besprochen. „GotenborgS See« und HaudelSzeitung' weiß nicht, ob e» mit der Ernennung Scherz oder Ernst sei; da» liberale Blatt behauptet aber, daß mau bei dieser» wie bei allen andere» politischen Handlungen die Sach« nicht vom Fawilienstandpunkt de» Königshauses betrachten darf, son- dem fragen muß: „Bringt e» dem Volke Bortheil?' und: „Wünscht «S da» Volk?" Di« liberal« Presse warnt vor der projeklirten löwerlka. Der nordamerikanisch« Kongreß ist am 1. Dezember mit einer Botschaft de» Präsidenten eröffnet worden, di« durch einen Punkt auch für Deutschland von größerem Interesse ist. Di« Botschaft de» Präsidenten Arthur an den Kongreß bezeichnet di« Beziehungen der vereinigten Staaten zu den fremden Mächten als freundschaftliche, di« Beziehungen zu Ostasteu würden indeß durch die zwischen Frankreich und China au-gebrochenen Feindseligkeiten fortgesetzt belästigt. Mit Nicaragua sei ein Vertrag über die Her stellung eine» Kanals, einer Eisenbahn und einer Telegraphenleitung, von denen Nicaragua durchschnitten werden solle, abgeschlossen wor den. Di« Botschaft schlägt sodann statt der mit den einzelnen deut schen Bundesstaaten bestehenden bezüglichen Verträge den Abschluß eine» AuSlieferungSvertrage» mit dem deutschen Reiche, sowie eine Revision »er internationalen Vereinbarungen zur Verhinderung von EchiffSzusammenstößen auf dem Meere vor und spricht sich über die Frage der Sitberdollar» und Silberzertifikate in der nämlichen Weise, wie der Schatzsekretär Mac Culloch in der dem Kongreß gemachten Botlage au». Lokales. Chemnitz, 3- Dezember 1884. L—. Die Abbruchsarbeiten der Nikolaikirche schreiten rüstig vorwärts. Schon hat die Abtragung des Thurmes begonnen und das alte ehrwürdige Bauwerk steht nun da, einer Ruine gleich, die der Gegenwart wehmüthig di« Vergänglichkeit alles Irdischen verkündet. Doch die Nikolaigemeiude kann sich mit dem bekannten Dichterwort trösten: „Das Alte stürzt, eS ändert sich die Zeit, und neues Leben blüht au» den Ruinen!' — Wie un- der Vorstand des Verein» für Chemnitzer Geschichte mittheilt, beabsichtigt derselbe eine Sammlung von Liedern, wie solche bei Feste« hiesiger Vereine oder sonstigen hiesigen Festlich, leitr» gesungen werden, anzulegen. E» ergeht deshalb hierdurch an di« hiesigen Bereinsvorstände, Veranstalter von Festlichkeiten, sowie an die hiesigen Herren Buchdruckereibesitzer die Bitte, diese Absicht durch Abgabe derartiger Festlieder zu unterstützen. Ein Anfang, diese Idee zu verwirklichen, ist bereits gemocht, indem mehrere Herren schon ganze Kollektionen Festlieder dem Verein für Chemnitzer Ge richt« zur Verfügung gestellt haben. — Zu den ältesten und mit großem Segen wirkenden Wohl- Shätigkeitsvereinen unserer Stadt gehört der Krauenvereiu zu Chemnitz. Jedes Jahr hat der Verein, der sein Augenmerk haupt sächlich auf iu unverschuldeter Nothlage sich befindende Frauen, Wöch nerinnen und Wittwen richtet, eine WeihnachtSbescheerung zum Besten bedürftiger und würdiger Frauen und Wittwen, sowie seiner Stick- und Nähschülerinnen veranstaltet und sich zu diesem Zwecke niemals vergeblich an den oft und in so schöner Weise bewährten Wohlthätig- keitSsinn der besser fituirten Einwohnerschaft unserer Stadt gewandt. Möge auch die diesjährige WeihnachtSbitte des FrauenvereinS, welche lm Anuoncentheile unsere» Blatte- enthalten ist, freundliche» Gehör . finden, damit in die trübe Lage recht vieler Armen auch an dem kommenden Weihnacht-feste versöhnend der Helle Lichtstrahl helfender Liebe falle. ^ U» A —i. OrtSverei« deutscher Kaufleute. Im Saale des deutschen Krug hielt gestern Abend der Vrtsverein deut- scher Kaufleute einen so zahlreich besuchten Vortragsabend, daß leider nicht für alle der Erschienenen genügender Raum vorhanden war — gewiß ein Beweis, daß dem angekündigten Vortrage des Herrn HandelSkammersrkretär» 0r. Frankel über: „Die Stel lung de» Kaufmann» zum Krankenkassengesetze' all seitige», lebhaftes Interesse entgegengebracht wurde; denn gerade in Chemnitz ist ja bekanntlich die Beunruhigung durch dar seit aller kürzester Zeit in Kraft getretene Kronkenkassengesetz eine ganz außer ordentliche. Der Herr R-dner nahm die Stellung de» Kaufmanns im sozialen Leben zur Grundlage seines Vortrag» und entwickelte mit Wärme und hinreißender Beredsamkeit die sich aus den heutigen Zeitverhältniffen ergebenden Mißstände, welche nicht nur die Arbeiter und Fabrikwelt, nicht nur den Handwerkerstand, sondern auch einen großen Theil der Kaufmannschaft berührten ; werde ja in allen großen Handelsplätzen der Welt das kaufmännische Proletariat nur in zu großem Umfange angetroffen. Leider seien nur Wenige heutzutage in der beneidruSwerthen Lage, Zeiten, in welchen eine Kalamität, sei eS Krankheit, sei e» Arbeitslosigkeit rc. an sie herankitt, au» eigenen Mitteln trotzen zu können. Der solide Arbeiter werde sich zwar stets rechtzeitig gegen solche Fälle durch den freiwilligen Beitritt zu HilsSkassen zu schützen suchen, aber er sei auch genöthigt, für denjenigen Theil seiner Mit arbeiter, welcher dies Bedürfniß nicht in sich filhlt und deshalb in Krank heitsfällen rc. der Kommune anheimsällt, mit zu sorgen. Diese dop- pÄte Heranziehung der soliden Arbeiter» zur Krankenunterstützung «benso wie die auS dem von Lasalle aufgestellten und von der Wissenschaft als richtig anerkannten Lohngesetz sich ergebenden Folgen, daß der Arbeitslohn durch die stet» steigenden vedürfnifl: auch in steter Zunahme sich befinden müsse, hätten den Gesetzgeber veranlaßt den Zwang de» Beitritt« zu Krankenkassen für in 8 1 de« Krankenver- ficherungSgesetzeS vom 13. Juui 1883 bezeichnte Personen herbeizufüh- ren Diese» Gesetz bestimmt nun in 8 2. Abs. 2, daß auch auf Handlungs Gehilfen und Lehrlinge, Gehilfen uud Lehrlinge in Apotheken durch statu- torische Bestimmung einer Gemeind« der Krankenkassenzwang erstreckt werden kau». Obgleich nuninEhemnitz und auch größtentheflS anderwärt» dieser Zwang bi» jetzt noch nicht vorliege, so sei doch schon jetzt vorauizusehen, daß die Behörde dann, wenn die Fehler und Ver stöße, die jetzt unvermeidlich, gewichen seien, sicher auch an die Frage herantreten würde, die in 8 2, Abs. 2 bezeichnten Personen dem Srankenkassenzwange zu unterwerfen, wenn die Kaufmannschaft nicht Nachweisen könne, daß der weitaus größte Theil ihrer Mitglieder bereit» freien Hilfskaffen angehöre. Herr 0r. Fränkel erklärte, daß nach dem Sprichwort „dioblv«!,« »dliße" — Borrechte erlegen Pslich ten auf — die Kaufmannschaft, für welche der Gesetzgeber vorläufig die zwangsweise Heranziehung zum Krankeukassenzwange für unnöthig gehalten habe, die moralische Verpflichtung in sich fühlen müsse, dem Zwange durch freiwilligen Beitritt in frei« HilsSkassen aus dem Wege zu gehen. Dem Borkag, den anhaltender Beifall lohnte, folgte eine lebhafte und anregende Diskussion, an welcher sich außer dem Herrn Vortragende» noch der Vorstand de» Kaufmännischen Verein», Herr Buchhändler Feiler, der Vorsitzende des Ort-vereinS, Herr Findeisen, und die Herren Leo, Josef Müller und Prokunst Schrrckenbach betheiligten. —». Das am Montag Abend in „Stadt London' abgehaltene und sehr zahlreich besuchte 18 Stiftungsfest des Militärverein» »1866er' wurde durch Herr» Vorsteher Weiß mit herzlichem Willkomm an Gäste und Kameraden eröffnet. Sodann wurde von demselben der erste Toast auf Kaiser und König gebracht. Von Herrn Kasfirer Döring folgte darauf eine Anrede au Herrn Vorsteher Weiß, welche die nun 17jährige Thätizkeit desselben rühmend betonte. Bi» zu früher Morgenstunde dauerte das fröhliche Beisammensein — Der Bereinkaun auf eine große Wirksamkeit zurückblicken; denn seine Mit gliederzahl betrug 1866 bei Gründung 14 während heute 498 ehemalige VaterlandSvertheidiger demselben angehören. Möge auch in Zukunft bei echter Kameradschaft der Verein fröhlich weiter gedeihen! —* Heute früh 7 Uhr wurde in einem HauSgruudstück an der Annabergerstraße ein Dielenbrand wahrgenommen. Der Brand, welcher bald gelöscht wurde, hatte den Einsturz de» OfenS zur Folge. —* Vor einigen Tagen entstand an der Elisenstraße ein Gardinenbrand, wobei 2 Fensterbretter vielfach verkohlt und eine Fensterscheibe zersprungen ist. Das Feuer, welche» infolge des unvor sichtigen GebahrenS eines 5'/-> Jahr alten Knaben mit einem offnen Licht veranlaßt worden war, wurde durch die Hausbewohner wieder gelöscht. —* Gestern Mittag wurde in dem Neubau der Reichs- bank an der Kronenstraße die ZimmermannS-Ehefrau Müller, welche ihrem daselbst arbeitenden Stiefsohne das Mittagessen gebracht hatte, «o» eine« herabstürzenden Kreuzhxlz so unglücklich auf den Kopf getroffen, daß sie besinnungslos niederstürzte Sie wurde von ihrem Sohne nach ihrer Wohnung tranSportirt, woselbst sie drei Stunden später an den Folgen der Verletzung verschied. —* Ein an der Hart mannstraße wohnhafter Bäcker machte vorgestern Nachmittag die Wahrnehmung, daß ihm au» seiner Haus flur ein Sack mit Weizenmehl gestohlen worden war. Kurz vorher waren zwei Spediteurknechte dagewesen und hatten eine Anzahl Säcke mit Mehl bei ihm abgeladen. Der Bestohlene erkundigte sich zunächst bei dem Schirrmeister de» Spedi'eurS nach den Knechten und machte ihm Mitthrilung von seinem Verlust. Der Schirrmeister erinnerte sich nun, daß er die beiden Knechte vorgestern Nachmittag mit dem Wage» auf der Teichstraße habe halten sehen und auch bemerkt habe, daß dieselben einen Sack mit Mehl abluden und einem dort wohn haften Müller und Materialwaarenhänbler übergaben. Die weiter angestellten Erörterungen ergaben denn, daß die beiden Knechte in der That den Sack mit Mehl gestohlen und an den Materialwaaren- händler für einen billige» Preis verkauft hatten. Bei dem Händler wurden aber weiter noch 2 Exportsäcke mit je 1 Ztr. Mehl aufge funden, über deren Erwerb er unglaubliche Angaben machte. ES wurde weiter festgestellt, daß auS einem Bickereigeschäft an der äuß. Johannisstraße vor einigen Tage» 2 Ztr. Mehl gestohlen worden sind und man erkannte nun in de« bei dem Händler aufgefundenen Mehl das gestohlene Mehl. Die Angeschuldigten wurden festgenom men und der Justizbehörde zugeführt. —si'. Infolge des beginnende» ThauwetterS hat sich auf de» Straßen eine Glätte gebildet, die für alle Fuhrwerke verkchrSstörend sich äußert. Auf der glatte» Schneedecke glitt auch heute Vormittag ein vor eine» Schlitten gespanntes Pferd aus und konnte dasselbe nur mit großer Mühe w eder aus die Beine gebracht werden Wie gewöhnlich bei solchen Anlässen, hatte sich auch gelegentlich diese» Vorfalls eine ziemliche Menschenmenge eingefundeu. Zum Glück be fanden sich unter derselbe» jedoch einzelne helfende Männer, die dem Besitzer deS Pferdes zu dessen Auflichtung gerne behilflich waren. 6.— Ein echtes Münchner Kind hatte hier vor einiger Zeit in einer hiesigen Maschinenfabrik eine bevorzugtere Stellung akzeptirt. Nach des Tages Last und Mühen ging er mit einigen im Geschäfte angestellten Herren seiner Branche nun für gewöhnlich in ein be liebte» Restaurant und huldigte, nach Münchner Weise, dem Gotte Gambrinus. Die Kollegen konnten eS ihm freilich darin nicht gleich- thun, sie beneideten den Münchner wegen seiner kolossalen Fähigkeit im Vertilgen von verschiedenen Krügeln Bairisch zwar nicht, doch entstand darüber ein Gerede und dieses kam zu den Ohren der Herren Chefs, welche dem jungen Manne deshalb Vorstellung machien DaS war nun sehr fatal und der Münchner schwor, hinfort kein Restaurant, weder allein noch in Gesellschaft, z« besuchen. Doch ent sagen vermochte er dem edlen Gerstensäfte nicht und um demselben weiter huldigen zu können, ließ er sich ein Füßchen Bairisch aus München direkt komme». Jetzt sitzt er nach des Tage» Mühen gemüthlich in seinem Zimmer, läßt aus der langen Pfeife die blauen Wölkchen auf steigen und schwelgt selig im Genüsse de- Spatenbräu, ohne sich fernerhin einem Gerede anSzusetzen. — So kann's kommen! — 0.— Dieser Tage erhielt ein sich hier aufhaltender Kaufmann von seinem in Breslau domizilirenden Bruder die briefliche Nachricht, sein etwa» entfernter Anverwandter habe einen „Piepmatz' bekommen. Hochcrlriut schrieb er dem Bruder gleich zurüä, es erfülle ihn mit Stolz/daß doch einer seiner Verwandten auch einmal einen Ortnn erhalten habe. Groß war aber seine Ueberraschung, als den nächsten Tag darauf aufklärend die Mittheilung von Seilen deS Bruders in Breslau kam: „Einen Orden hat Jakob nicht erhalten, sondern er hat einen „Piepmatz' bekommen, das heißt zu deutsch: „Er ist übergeschnappt." —ä. Die Ehefrau eine- an der oberen Hainstraße wohnhaften Webers beschäftigte sich gestern Nachmittag höchst angelegentlich damit ihren schreienden Kleinen zu beruhigen. Der kleine Kerl war aus irgend einem Grunde ärgerlich geworden und da nun einem „an gehenden Menschen" in dem zarten Alter von 2^ Jahren nur wenig Mittel zu Gebote stehen, seinem Groll in entsprechender Weise Lust zu machen, so vermochte auch der liebe Junge sich nicht anders si nnt Schreien zu Helsen. Er that dies auch rechtschaffen, denn er schrie dermaßen, daß die Pausbacken ordentlich schwarzroth anliefen. Mama war untröstlich über da» Verhalte» deS Goldjungen und ge- riech in nicht geringe Besorgniß, als der kleine Bengel sich zur Erde warf und höchst lebhaft mit Armen und Beinen strampelte, wobei er natürlich in der bisherigen Tonart weiterschrie. Ein Stück reichlich mit Butter gestrichenen Brode» konnte den Zom de» Lieblina» nicht besänftigen, dasselbe wurde fortgeworfen und ein große» S'ück Zucker hatte sich keiner besseren Aufnahme zu erfreuen, ja die l?^b«r vermehrten noch „Herzblättchen»' Anger, der »ach Lage der Sache doch jedenfalls rin begründete» Recht auf ei» Hasrlnußstöckchen oder ein« Dost» gefuchtenen BirkenrrißigS hatte und daran gerade vermochte da» liebende Mutterherz nicht zu denken. Mama gerieth mehr uud mehr in Besorgniß um da» Befinden ihre» Einzigen und ihre Augst wuchs, als aus einmal der kleine Sänger mitten in einem kräftigen Triller abbrach und in fabelhafter Geschwindigkeit auf den Beinen stand. Erstaunt sah sich Mama um und gewahrte den Schornstein feger, der da» Kehren anmeldru wollte und der da- Wunder bewflkt hatte. Einerseits dem „schwarze» Manne' dankbar für seine recht zeitige Intervention, war sie doch anderseits in großer Sorge, dass der Schreck dem „zarten' Kinde etwa geschadet haben könne. 6.— Meine Taschenuhr, die ich erst vorige» Jahr gekauft, steht nu« schon volle acht Tage stille, sagte niulich ein Freund zu« andern. DaS ist immer so mit den Uhren, bemerkte der Angeredete, eine Weile gehen sie gut und wenn mau sich gerade einmal nach der Zeit richten muß, stehen sie still. DaS Beste wird sein, du bringst deine Uhr zu einem guten Uhrmacher und läßt sie bei dem reparireu. Das kostet freilich wieder einige Mark, aber sie geht doch wieder eine Weil«. Gewöhnlich aber fehlt der Uhr nur da» AuSputzeu, denn im Laufe der Zeit setzt sich viel Staub an die Räder. WaS da» AnSputzen indeß anbelangt, so besorge ich da» immer selbst, meinte der gute Freund weiter, und wenn Deiner Uhr, wie ich glaube, weiter nicht- fehlt, so werde ich diese Manipulation mit ihr vornehmen. Damit war der andere einverstanden, übergab seine« Freunde die Uhr und dieser machte sich an das AuSputzen derselben. Nach Ver lauf einer Woche, da der Besitzer der Uhr dieselbe noch nicht zurück erhalten hatte, fragte er seinen Freund, ob er noch immer die Uhr auSPutze. Freilich, entgegnete dieser, glaubst Du, da» geht so ge schwind? — Wieder vergingen einige Tage und der ohne Uhr Herum laufende, dem das Ding schon „zu dumm" war, ging zu seinem Freunde, vm zu sehen, wie weit dieser mit dem AuSputzen sei. Da fand er denn die Uhr in ihre einzelnen Theile zerlegt und den Freund bemüht, die Zusammensetzung derselben zu bewirken, wa» ihm jedoch nicht gelingen wollte, da «r erstens kein gelernter Uhrmacher war und zweitens auch verschiedene kleine Stiftchen unachtsamer Weise hatte verloren gehen lassen. Aber „auSgeputzt" hatte er jedes Theilcheu, die Federn, Räder, die Innen- und Außendeckel sehr gut, da- mußte ihm der Neid nachsagen! — Für's AuSputzen verlangst Du doch nichts, meinte der joviale Uhrenbesitzer, als er den Schaden ironisch lächelnd besah, zu seinem Freunde. — Ei, HerrjeseS, nee, meinte dieser verlegen. — Na, denn ist's gut, quäle dich nicht weiter und laß mich machen. Damit suchte er die Einzelheiten seines Chrono meters zusammen, legte Alles fein säuberlich in eine Schachtel und trug'» zu einem Uhrmacher mit dem Ersuchen aus dem Allen wieder eine Uhr machen zu wollen. Da» that der denn auch und für die Ausgabe einiger Mark halte er die Freude, seinen Zeitmesser wieder ganz und in Ordnung zu sehen. Glücklicherweise hat die gute Freundschaft der Beiden durch diesen Vorfall kein „Loch" bekommen Der nun wieder im Besitz seiner .theuren' Uhr Gelangte sagte, als er wieder mit semem Freunde zusammentraf, nur: „Du, das will ich Dir sagen, ein Uhrmacher biste g'rade nicht, aber ein famoser Ausputzer. Al», solchen werde ich Dich getrost weiter empfehlen.' — Es mehren sich in neuerer Zeit wieder recht sehr die Fälle,, schreibt da« „Dresdn. Tgbl.', daß von deu Eisenbahnschaffneru beim Koupiren Passagiere ohne BilletS angetroffen werden. Allzu sorglos begiebt sich so mancher Reisende erst in den letzten Minute» nach dem Bahnhofe und findet dann keine Zeit mehr, rin Billet zu löien. ES sei deshalb wiederholt darauf aufmerksam gemacht, daß auf Stationen von geringerer Frequenz die Billetschalter ', Stunde, auf größeren Stationen aber eine volle Stunde vor Abgang der Züge geöffnet sind, 5 Minuten vor Abgang eines Zuges aber der Billeteur nicht mehr nöihig hat,' ein Billet zu verabfolgen. Der Reisende, welcher ohne giltige» Fahrdillet betroffen wird, hat für die ganze von ihm zurückgelegte Strecke und, wenn die Zugangsstation nicht sofort unzweifelhaft nachgewiesen wird, für die ganze vom Zuge zurückgelegte Strecke das Doppelte des gewöhnlichen Fahrpreise», mindesten» aber den Betrag von 6 Mark zu entrichten. Derjenige Reisende jedoch, welcher gleich beim Einsteigen in da» Koupee unaufgefordert dem Schaffner meldet, daß rr wegen Verspätung kein Billet habe lösen können, hat, wenn er überhaupt noch zur Mitsahrt zugelassen wird, woraus er keinen Anspruch hat; 1 Mark außer dem Preise des ge wöhnlichen Billet» als Buße zu entrichten. Wer die sofortige Bezah lung verweigert, kann auSgesetzt werden. — Bei der Abstimmung im Reichstage über den Diäte» an tra g haben die sächsischen Abgeordneten ihre Stimme in folgender Weise abgegeben: E» stimmte, für die Bewilligung von Diäten die Herren Auer, Buddeberg, Eysoldt, Fährmann, Geiser, Kayser, Stolle, Viereck, dagegen die Herren Ackermann, von Carlowk, Eberl. l)r. Frege, Or. Hartmann, Gehlert, Klemm, Merbach, Penzig, Reich, Or. Tröndlin. Die Abgg. Günther, Hartwig, Holtzmann, I)r. Brau« waren theils beurlaubt, theil» entschuldigt und in der Sitzung nicht anwesend. — Bo» dem Wunsche beseelt, daß auch in Sachsen die gebil deten und die besser fituirten Klassen sich der Förderung und Unter stützung der patriotischen Bestrebungen der Miluärvereine mehr unter ziehen möchten, als eS jetzt tatsächlich der Fall ist, macht die „Leipz. Ztg.' auf einen dieses Thema behandelnden Artikel in Nr. 46 der Zeitschrift „Kamerad" vom Jahre 1881 aufmerksam. — Auch die Stadt Zittau wird nu»m«hr eine Fernsprech einrichtung erhalten. — In Seyda bei Frauenstein fand man am 28. November vor der HanSthür der Försterwohnung einen HandwerkSbursche« erfroren auf. — Au» dem Vogtlande schreibt uns ein Abonnent: Trotz dem alle Sonntage in einem Dorfe bei Oe.... Tanzvergnügen abgehalten wird, können sich die dortigen Burschen doch nicht genug amüsiren. Vergangenen Sonntag machte sich auch eine Anzahl solcher Tanzlustigen auf, um die Kirmes inE.... mitzumachen. E» sollte ihnen doch dies Mal die gehoffte Freude in größten Aerger verwan delt werden. Denn gar nicht lange in E .... angekommen, ging eine sogenannte Prügelei los, wobei die gedachten Burschen mit ge schwollenen Backen und blauen Augen wieder abziehen mußten. Ans dem Heimwege «einten sie freilich, uns geschah gerade recht, wir hatten selber erst „Kerbe" und heute bei der großen Kälte konnten wir z» Hause bleiben. — Gegen ihre Angreifer haben sie sich ver schworen, die erhaltenen Püffe und Schmisse ihnen so bald wie mög lich wieder zukomme» zu lassen. Für die Zukunft dürfte den tanz lustigen Burschen jedoch der Uebermuth ein wenig vergangen sei» und werden sie hoffentlich da» Tanzvergnügen im Dorfe E... nicht so bald wieder besuchen. Vermischtes. — Der „Germania' meldet man auS Liegnitz unterm 1- Dezember: Die GutsbesitzerStochter Ernestine Fischer begoß gestern im Eisenbahnkoupee ihren ehemaligen Geliebten, G«t»b«- sitz» Gottschling (Gottberg), der sich mit einer Andere» verlobt
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