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plötzliches Donnerrollen gehört; bei dem heiteren Himmel war ein Gewitter ausgeschlossen. Es erscheint hiernach zweifellos, dah das Geräusch von der gestern Nachmittag in Hilbersdorf erfolgten Dynamitexplosion herrührte. * — Wegen Blutschande wurden der am 25. December 1850 geborene, noch unbestrafte Gutsbesitzer Friedrich August Günzel in Uhlsdorf und dessen am 10. März 1878 in Langenchursdorf geborene, noch unbescholtene Tochter Selma Milda Günzel vom Lanogericht Chemnitz mit 3 Jahren Zuchthaus und 5jährigem Ehrverlust bczw. mit 3 Monaten Gefängnitz bestraft. * — Wir möchten nicht verfehlen, in wohlmeinender Weise alle Diejenigen zu warnen, welche unüberlegt an Sträuchern und Bäumen Herumreißen und schneiden, um einen Strauß mit nach Hause zu bringen, oder ihn auch nach kurzem Besitze wegzuwerfen. Jeder, der in solcher Weise mit den ersten Gaben des Frühlings haust, ladet den berechtigten Vorwurf der Lieblosigkeit gegen die Natur und seine Mitmenschen auf sich. Jeden Vater und jede Mutter möchten wir im Interesse der Natur schönheit lebhaft bitten, ihren Kindern eine entsprechende Ermahnung dahin zu geben, daß die ersten Blüthenkätz chen nicht Demjenigen gehören, der sie sich gewaltsam aneignet, sondern allen Menschen zur Freude gewachsen sind. Auch giebt es Naturfreunde genug, die sich nicht scheuen werden, die Namen der Naturseinde im Bc- tretungsfalle festzustellen und zur Bestrafung anzuzeigcn. Wolkettlmrg, 15. März. Am Sonntag Abend fand in Hensches Gasthof hier ein Concert statt, veranstaltet vom Herrn Kirchschullehrer Schmidt mit seinem Kirchen chor. Das äußerst reichhaltige, sehr gut gewählte Pro gramm wies Gesänge geistlichen, weltlichen Inhalts, Vor träge für Klavier und Harmonium, sowie Declamationen auf. Die Chorgesänge, darunter einige ziemlich schwierige, wurden ganz trefflich zu Gehör gebracht, es war eine Freude, die Kinder so eifrig und begeistert für die gute Sache singen zu hören, ihnen auch an dieser Stelle noch ein Bravo! Dem Leiter, Herrn Lehrer Schmidt, der mir unermüdlichem Eifer und unendlicher Mühe sich diesen Chor herangebildet hat, gebührt wohlverdienter Dank, ebenso Anerkennung Herrn Lehrer Penndorf, der die Leitung der Declamationen übernommen hatte. Letz tere wurden ebenfalls recht wacker vorgetragen und er weckten zum Theil viel Heiterkeit. Die zahlreich erschienene Zuhörerschaft geizte nicht mit ihrem Beifall und erzwang sogar eine Wiederholung der „Lustigen Schlittenfahrt". Zum Schluß wurden die jugendlichen Sänger und Sän gerinnen zum Lohn für ihre wackeren Leistungen mit Kaffee und Kuchen bewirthet. Der Reinertrag des Con- certs wird zum Ankauf von Büchern für die Schul- und Volksbibliothek verwendet, die, wie hier beiläufig bemerkt sei, von Alt und Jung fleißig benützt wird. Ziegelheim, 15. März. Gestern Sonntag hielt der Müitürgesangverein im Oehmig'schcn Gasthof eine Abend unterhaltung unter der Leitung des Herrn Lehrer Roscher ab, welche wie stets wiederum sehr zahlreich besucht war. Das Programm war em gut gewähltes und sehr reich haltiges, dasselbe enthielt 13 Nummern und Ernstes und Heiteres kam durch Chorgesänge, Quartetts, Solis, Couplets, humoristische Quartetts und humoristische Ensemble-Scenen abwechselnd zum Vortrag; jedem Vor trag wurde der wohlverdiente Beifall zu theil, was ja eigentlich auch nur die einzige Entschädigung für die vielen Opfer und Mühen eines jeden einzelnen Mit wirkenden ist. Nächsten Dienstag findet, wie heute im Jnseratentheil zu lesen, ein vom Königl. Sächsischen Militärverein veranstalteter patriotischer Familienabend statt, wozu die Männer und Frauen der Gemeinde Zu tritt haben. Das Programm wird ein der Feier des 100jährigen Geburtstages des hochseligen Kaisers Wilhelm l. entsprechendes und reichhaltiges sein. — In Penig wurde am Sonnabend der Leichnam eines Kindes aus dem Mühlgraben gezogen; in dem Kinde wurde eine Tochter des Steinsetzers Körner daselbst erkannt. — In Wurzen fanden Schulknaben an der Mulde eine abgeschossene, aber nicht krepirte, gefüllte Granate mit Bleimantel. Die Knaben schlugen mit einem Beil auf das gefährliche Geschoß, um das Blei loszuhacken, bis endlich die Eltern dem gefährlichen Gebahren ein Ende machten und das Geschoß der Polizei übergaben. Es hätte leicht ein grenzenloses Unglück passiren können, wenn die Granate explodirt wäre. Aus dem LaHsenLaude. — Wie verlautet, hat der Landtag in Weimar in seiner letzten vertraulichen Sitzung den Vertrag mit den übrigen thüringischen Staaten, betreffend Errichtung einer thüringischen Lotterie, genehmigt. — Im Johannes Hospitalitin zu Leipzig starb am Donnerstag die älteste Hospitalitin daselbst, Fräulein Johanne Wilhelmine Petutschnigk. Die Verstorbene war am 14. Februar 1800 in Leipzig geboren, sie hat demnach ein Alter von 97 Jahren 27 Tagen erreicht. — Wie vielen Arbeitern die Leipziger Ausstellung guten Verdienst gewährt, beweist die Thatsache, das z. Z. über 1700 Menschen dort an den Bauten beschäf tigt sind. — Der Congreß der sächsischen Textilarbeiter findet am ersten Osterfeiertage in Meerane statt. Die wich tigsten Gegenstände der Tagesordnung sind: „Agitation und Organisation", sowie „Stellungnahme zu dem inter nationalen Textilarbeiter-Congreß." — Schwere Mühe hat es gekostet, den Mordgesellen Breitenfeld in Mcitzttt zum Geständniß zu bringen. Das Verhör vor dem Staatsanwalt dauerte von vor mittags 9 bis mittags 1 Uhr. Breitenfeld blieb beim Leugnen, bis er sich so in Widersprüche verwickelt hatte, daß ihm nichts Anderes mehr übrig blieb, als ein offenes Geständniß. Die bei der Ausräumung des Bahnhoss aborts gefundenen Schlüssel stammen aus der Behausung des ermordeten Psordte. Es befanden sich dabei der Geldschrank-, der Schreibtischschlüssel rc. Nachgewiesen ist, daß sich Breitenfeld längere Zeit in dem Abort auf- gehalten hat. — In der Dynamitfabrik zu Hilbersdorf bei Frei berg sand am Montag Nachmittag 2 Uhr 40 Minuten eine heftige Dynamitexplosion statt. Es wurden zwei Detonationen wahrgenommen, von denen die zweite die stärkere war. Man vermulhet, daß der Schaden ein größerer ist, als der vor mehreren Jahren. Wie ein Sonderblatt des „Freiberger Anzeigers" hierzu weiter meldet, wurden bei dem Unglück fünf Personen getödtet und eine verwundet. Das Unglück ereignete sich in einer sogenannten Oelbude, in welcher Sprengstofföle gemischt wurden. Die Unglücksstälte stellt ein Bild schrecklicher Verwüstung dar. Die umliegenden Gebäude sind stark demolirt. Der Director der Fabrik ist durch Glas splitter am Kopfe verwundet worden. Die Todten sind sämmtlich Familienväter, von ihnen sind nur Körper theile aufgesunden worden. Uever die Ursache des Un glücks wird wohl niemals etwas Bestimmtes verlauten, da alle am Herd der Unglücksstätte beschäftigten Männer todt sind. Die Lufterschütterung wurde übrigens auch in Dresden vernommen. 3 Gebäude, eine Oelbude, eine Gelatinebude und ein Vorraths-Magazin wurden zerstört. Im Directionsgebäude und Beamtenhaus, dessen Dach ebenfalls stark beschädigt wurde, sind alle Fenster zer stört. In Freiberg klirrten die Fenster und sprangen die Thüren aus. Die in der Nähe der Unfallstältc be findliche große Eiscnbahnbrücke glaubte man beschädigt, eine sofortige Untersuchung ergab jedoch deren Intaktheit. — Am Freitag Morgen gegen 4 Uhr brannte in Böhlen ein dem Gutsbesitzer Karnagel gehöriges Bienenhaus, welches im Garten sich befand, vollständig nieder. 14 Stück Bienenvölker wurden ein Raub der Flammen. Die Entstehungsursache ist unbekannt. — Auch Oelsuitz i. 8. veranstaltet zur Hundert jahrfeier nächsten Sonntag auf vielfachen Wunsch eine allgemeine Illumination. Deutscher: Netchstug. 191. Sitzung vom 15. März 1897. 1 ','4 Uhr. Eingegangen ist der Auslieferungsvertrag mit den Niederlanden. Aus der Tagesordnung steht zunächst die dritteLesung des Schuldentilgungsgesetzes. Die definitive Annahme erfolgt debattelos. Es folgen Peti tionen. Ohne jede Debatte wird eine Petition betr. Errichtung eines Postgcbäudes in Tondern der Regierung zur Kenntnitznahme, und Petitionen betr. Ergänzung des Z 22 des Preßgesetzes (Verjährung von Anklagen gegen Verleger) der Regierung zur Erwägung überwiesen. Eine Petition betr. Rückerstattung von Kronlastengebühren, die während des Zollkrieges mit Rußland in russischen Häfen erhoben wurden, beantragt die Commission durch Uebergang zur Tagesordnung zu erledigen. Abg. Jebsen (nl.): Ich beantrage, die Petitionen dem Reichskanzler zur Berücksichtigung zu überweisen. Es würde eine Grausamkeit gegen die seiner Zeit schwer geschädigten Interessenten sein, wollte man über ihr Verlangen so ohne Weiteres zur Tagesordnung übergeben. Director im Reichsschatzamt v. Körner: Ich bitte gleich wohl, es bei dem Beschluß der Commission zu belassen. Der Antrag Jebsen wird angenommen. Es folgen noch einige weitere Petitionen, die sämmtlich debattelos nach den Vorschlägen der Commission erledigt werden. So wird eine Petition betr. Nichteinklagbarkeil der an ausländischen Börsen abgeschlossenen Blanco-Terminge- schäste in Getreide und Mehl dem Reichskanzler zur Er wägung, eine Petition betr. Bekämpfung des Mädchen handels desgl. zur Berücksichtigung und eine Petition, betr. die schleswig-hoisteinschen Quarantaine-Anstalten für dänisches Vieh, desgl. zur Kenntnißnahme bezw. Erwägung überwiesen. Es handelt sich dabei um Schließung der Landquarantaine Hvidding, welches Verlangen „zur Kenyt- nißnahmc" und der Seequarantaine Kiel und Flensburg, welches Verlangen dem Reichskanzler „zur Erwägung" überwiesen wird. Damit ist die Tagesordnung erschöpft. Dienstag 2 Uhr: Auslieferungsvertrag mit den Nie derlanden; Auswanderungsgesetz. Schluß 2 Uhr. Vermischtes. Allerlei. Berlin rüstet sich zu einem Nationalfeste, wie es großartiger und glänzender wohl noch niemals gefeiert wurde. Allenthalben werden die Häuserfassadcn der Straßen, in denen sich das Fest zum großen Theil abspielen wird, geputzt und mit neuem Mauerschmuck versehen. Auf den Dächern, an Fenstersimsen und Bal cons werden Vorrichtungen zum Anbringen von Flaggen, Fahnen und Wimpeln getroffen und an mancher Mauer und an manchem Dachfirst prangt ein großes das, mit Glühkörpern versehen, am Abend der großen Illu mination weithin strahlen wird. Rosetten und Sterne, zu demselben Zweck bestimmt, werden an Erkern und Thürmchen angebracht. In den Schaufenstern der Ge schäfte beherrscht die Hundertjahrfeier schon heute das ganze Arrangement. Jeder Tag, der uns dem Feste näher bringt, vermehrt das Straßenleben um neue, mar kante Erscheinungen, bis dann erst die große Feier die Stadt mit einem Meer von Glanz und Pracht erfüllen wird. — Eine Riesenaussperrung ist in der Berliner Schuhfabrikation erfolgt. Die Arbeiter der Schuhfabrik von Rosenthal L Groß legten wegen Maßregelung eines Collegen die Arbeit nieder. Schließlich sahen sie zwar von dessen Wiedereinstellung ab, beharrten aber auf dem Verlangen der Entlastung eines Werkführers. Aus einem ähnlichen Grunde kam es auch bei der Firma Gebr. Kallmann zum Streik. Der Verband der Schuh fabrikanten forderte die Ausständigen zur Wiederauf nahme der Arbeit auf, unter Hinweis auf die sich aus den Verbandssatzungen ergebenden Folgen. Da die Arbeit indessen nicht wieder ausgenommen wurde, sind die dem Verband angehörenden 37 Schuhfabriken ge schlossen worden; 3000 Arbeiter sind ausgesperrt. Das scheinen die Arbeiter nicht erwartet zu haben; die Agita tionscommission erhält nämlich den Auftrag, neue Ver handlungen mit den Fabrikanten anzuknüpsen. Man ist bereit, den Arbeitgebern so viel als möglich Concessionen zu machen. — In Oldham (England) haben 2000 Maschcnenarbeiter die Arbeit niedergelegt infolge eines Beschlusses zweier Firmen, die neuerdings erfolgte Lohn erhöhung von zwei Schilling per Woche von dem den Arbeitern gezahlten monatlichen Gewinnantheil in Abzug zu bringen. — Neun öffentliche Versammlungen mit der Tagesordnung: „Der 18. März und seine Bedeutung für das Proletariat" werden am Abend des 18. in ver schiedenen Stadttheilen Berlins von den Sociaidemo- kraten veranstaltet. — Erschaffen hat sich in Zehlen dorf bei Berlin der als Privatlehrer thätige Predigt- amtscandidat K., ein 26jähriger, äußerst begabter und allgemein beliebter junger Mann. In einem Briefe schreibt er u. A.: Bei einer Vorstellung beim Conststorium erfuhr ich, daß meine Anstellung in den nächsten Jahren nicht zu erwarten ist. Diese Aussichtslosigkeit treibt mich zum Wahnsinn, dem ich durch meine That vor beugen will. — 2500 M. sind der Militärkasse in Ber lin von einem Unbekannten aus Frankfurt a. M. zu gegangen, was dec Reichsanzeiger mittheilt. — Auf die Nothwendigkeit, praktische Hygiene in den Schulen auch insofern zu pflegen, daß man die Zähne der Schul kinder unter fachmännische Aufsicht stelle, ist häufig schon hingewiesen worven. Ein neues Beispiel für diese Noth- wendigkcit wird aus Wiesbaden mitgetheilt. Der dortige Zahnarzt Herr Stieren untersuchte in zwei Bürger schulen die Zähne von 1318 Schulkindern im Alter von 6 bis 14 Jahren. 97,3 Proc. derselben hatten kranke Zähne, und zwar zusammen 7964, durchschnitt lich jedes Kind unter 22 Zähnen immer 6 kranke. 17 Zähne waren bereits entfernt, 2 bis 3000 müßten noch entfernt werden, aber ungefähr 5000 wären durch ge eignete Behandlung noch zu retten, während bisher nur 17 erhalten worden waren. — Infolge ihres schlechten Zustandes brach die Cisenbahnbrücke über den Vardar fluß bei Saloniki in dem Augenblick zusammen, als ein Zug mit 3000 türkischen Soldaten über dieselbe fuhr. Die Wagen stürzten in den Fluß; viele Soldaten ertranken. (Damit berichtigt sich unsere gestrige Depesche.) Berli», 16. März. Wie die „Kreuzztg." aus par lamentarische« «reisen erfährt, hat der Kaiser be reits gestern oaS Entlaffungsgesnch de» Admirals Hollmann abgeiehn«. 'Aerliu, 16. März. Ler Gesetzentwnrf, betreffend Diäten und Reisekostenvergütnng für die Staats beamte», Wird in den nächsten Lagen dem Reichstag zngehe«. Wie«, 16. März. I» hiesige« politische» Kreisen erwartet man, saß daS gestrige Vertrauensvotum, welches die Kammer Havotaux ertyeilt hat, in Grie chenland starken Eindruck mache« werde, und der König von Griechenland nunmehr wohl den Eindruck Ser Blockade abwarten wirs, «m sich daun mit Ehre« a«S seiner schwierige« Lage z« befreie«. Paris, 16. März. Wie hier verlautet, habe« die Admirale bei der fortgesetzte« Weigerung Griechen lands, seine Truppen zurückznziehe«, di« Blockade des griechische« HaseuS Volo in Anregung gebracht. Ma« motiviree de« Vorschlag damit, daß Volo der Hauptplatz für die Verpflegung der Truppen an der Grenze sei, und diese sich dort nicht halte« könnten, wen« der Hase« obgeschnitte« sei. Ler Vorschlag findet allseitig« Billigung. Loudon, 16. März. Im Nnterhans «heilte Salfonr mit, daß die Mächte die Antwort Griechenlands auf die Rot« der Großmächte erwäge«. Ler Unterstaats- sekretär Courzo» erklärte, saß die formelle Proela« matio« der Autonomie Kretas jetzt erfolgt fei. Ahe«, 6. März. Die Beys vou Thessalien richtete» a« Sen König vo« Sri-cheulau» ei« Telegramm mit Ausdrücke« der Anerkennung für daS Verhalte« der griechischen Behörde«, «uv oer Sympathie mit den Grieche« und dere« Bestrebungen. Athen, 16. März Die Stimmung des Volkes ist sehr erreg«. Ja de» letzte« Tagen find a«s Paris 400V Gewehr« angekommen. Die ganze B«völtrr»»g b«. woffner sich.