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die Abschiebung der italienischen Gefangenen aus dem Lager des Negus ohne Unterbrechung und nach den von Anfang an vereinbarten Bedingungen fortgesetzt wird. Gegenwärtig weilt nur noch ein kleiner Rest der ge fangenen Italiener in Afrika. WrrßlKnd. Im Zusammenhänge mit den in Berlin vor wenigen Wochen zum Abschluß gebrachten handelspolitischen deutsch russischen Verhandlungen wird auf einer der nächsten Versammlungen der russischen Eisenbahnen über Herab setzung der Frachtpreise für zum Export bestimmtes Vieh berathen werden. Türkei. Die Botschafter in Konstantinopel haben den Text einer Note an den Sultan vereinbart, deren Ueber- rcichung unverzüglich erfolgen dürfte. Die in Kon stantinopel zu überreichende Note enthält den Rath an die Pforte, nach dem Rückzüge der Griechen aus Kreta die dortigen türkischen Truppen allmählich in den be festigten Plätzen zusammenzuziehen. In beiden Noten, sowohl der an die Pforte, wie der an die griechische Regierung, gelang es angeblich England, wesentliche Aenderungen hcrbeizuführen und den von Rußland empfohlenen Text wesentlich zu mildern. Nach einem Bericht der Londoner „Times" wird die Antwort der griechischen Regierung auf die Noten der Mächte unter dem Druck der allgemeinen hochgradigen Volksaufregung die runde Weigerung sein, Kreta zu räumen. Auf der Insel Kreta wird ungeachtet der Mühe waltungen seitens der Mächte, weiteres Blutvergießen daselbst zu verhüten, weiter gekämpft. Dabei hat sich das merkwürdige Erngniß zugetragen, daß die Muhamedaner in Kadano den Schutz der regulären griechischen Truppen gegen die ausständischen Kreter an gerufen haben. Kadano ist denn auch bereits in die Hände des griechischen Obersten Vastos gefallen, der kurz zuvor das Fort Stavros erobert hatte. Auch in Hierapetra uud Kissamo sind die türkischen Garnisonen belagert und auch hier können nur griechische Truppen zur friedlichen Uebergabe und zum Schutz der Musel manen dienen. Auch an andern Orten, so besonders in Selino, ist die Lage der Türken eine sehr kritische, die Aufregung derselben ist deshalb groß, sie beschuldigen die Mächte, sie nicht zu schützen, während sie die Christen von Kanea in Sicherheit brachten. Amerika Mac Kinley, der neue Präsident der Vereinigten Staaten, welcher am 4. März sein Amt antritt, hat sich in feierlichem Aufzuge, von lebhaften Volkskund gebungen begrüßt, von feiner Heimatstadt Canton (Ohio) nach Washington begeben. Die Stadt ist zu seinem Empfange festlich geschmückt. Aus dem MuL-euLtzule» *Waldeuburg, 3. März. Die hiesige Schlosserinnung hat sich in jüngster Zeit mit der Frage einer Vereinigung der im Amtsgerichtsbezirke Waldenburg ansässigen ver wandten Gewerbe, als Schmiede, Klempner, Gürtler, Feilenhauer, Kupferschmiede rc., mit genannter Innung beschäftigt. Die seitherige Innung hat nur wenige Mit- Feuilleton. Künstler und Verbrecher. Roman aus der Gegenwart von Theodor Hermann L ange. (Fortsetzung.) Als Feldmann sich näher im Zimmer umschaute, ge wahrte er nicht einmal einen Stuhl darin, sondern nur ein Sopha, einen Tisch und einige Ottomanen. Der Tisch wie die Ottomanen waren noch obendrein an den Dielen festgeschraubt. Auch das Sopha war mit der Rückenlehne an der Wand befestigt. Cannon war inzwischen mit dem jungen Mann, der Vie Hausthür geöffnet hatte, hinauf in das erste Stock werk gestiegen. Dort kam den Beiden Or. Buchanan, ein verschmitzt aussehender Aankee, der eher einem gewerbsmäßigen Spieler als einem Arzte ähnelte, entgegen und nöthigte Cannon in ein Zimmer hinein. „Gewiß will ich," bemerkte zunächst Or. Buchanan, „wie ich schon heute bei Ihrem Morgenbesuche Ihnen mittheilte, Ihren unglücklichen Freund in meiner privaten Irrenanstalt behalten, aber Sie müssen mir noch das Zeugniß eines anderen Arztes bringen, der auch bescheinigt, daß ihr Freund geisteskrank ist. Ich selber schenke Ihnen ja vollen Glauben, aber die Behörde verlangt außer meinem Zeugnisse auch noch dasjenige eines anderen Arztes. Ich werde natürlich Ihren Freund gleich in Behandlung nehmen und will Ihnen auch mittheilen, daß die Beschaffung dieses zweiten Zeugnisses nicht gerade sehr eilig ist. Die Staatscommission hat erst vorige Woche meine Anstalt eingehend besichtigt und wird — hierbei lächelte I)r. Buchanan den Begleiter Feldmann's eigenthümlich an — sobald nicht wiederkommen." Cannon zog ein Portefeuille aus seiner Tasche, zählte eine Anzahl Zehn-Dollarscheine mit den Worten auf den Tisch: „Hier ist der Pensionspreis auf zwei Monate für meinen unglücklichen Freund. Spätestens innerhalb zweier Monate haben Sie das gewünschte ärztliche Attest. glieder, durch die Vereinigung mit den genannten Ge werbszweigen würde deren Lebensfähigkeit erheblich ge winnen. Die Vortheile, welche die noch außerhalb eines Jnnungsverbandes stehenden einzelnen Handwerker durch den Anschluß gewinnen, bestehen hauptsächlich darin, daß den vorhandenen Uebelständen, unter denen sie leiden, viel eher und nachhaltiger durch gemeinsame Schritte abgeholfen und etwaigen Wünschen mit größerer Leichtig keit Rechnung getragen werden kann. Um jenem Ziele näher zu kommen, soll, wie wir hören, nächsten Sonntag nachmittags 3 Uhr im Schlimper'schen Restaurant hier- selbst eine Versammlung der Betheiligten stattfinden. * — Heller Abendstern ist jetzt die Venus. Sie ist schon lange vor Sonnenuntergang mit bloßem Auge sichtbar. Am 7. März steht sie der Mondsichel nahe, etwa 1'/s Grad südlich von ihr. Am 23. März erreicht sie ihren größten Glanz. Ihr Untergang erfolgt durch weg bald nach 10 Uhr. Jupiter aber wetteifert im Glanz mit der Venus und fällt, weil er hoch steht, auch in den Straßen der Stadt allgemein auf. Er steht ebenfalls am Abendhimmel, doch im Osten im Bilde des Löwen, während Venus im Westen steht, und geht jetzt gegen 7 Uhr morgens unter, ist also die ganze Nacht am Himmel. * — In gleicher Weise, wie das königl. Kultusmini sterium in den Schulen, so hat auch das evangelisch lutherische Landesconsistorium nunmehr in den Kirchen des Landes zur Feier des 100jährigen Geburtstages Kaiser Wilhelms I. einen Gedächtnißact angeordnet, der darin bestehen soll, daß die Geistlichen am Sonntag, den 21. März d. I., dieses wichtigen Tages in ihren Pre digten in gebührender Weise gedenken und in das allge meine Kirchengebet ein ihnen vom Consistorium besonders zu übersendendes Gebet einschalten. * — Die hier am Montag Abend beobachteten Ge- wittcrerscheinungen sind auch in Lichtenstein, Zwickau, Delitzsch rc. bemerkt worden. * —- Im Gasthose zu Remse wird am Sonnabend, den 6. d., nachmittags 5 Uhr eine landwirthschaftliche Bezirks-Versammlung des Kreisvereins im Erzgebirge stattfinden. Aus der Tagesordnung stehen: 1. Vortrag des Herrn Schlachthosdirector Meyfarth aus Glauchau über: „Fleischbeschau mit besondrer Berücksichtigung der Tuberkulose." 2. Mittheilungen des Kreisvereins-Direc- toriums und Dienstbotenauszeichnungen. * — Die Kirchgemeindeglieder der Parochie Obertirsch- Heim-Grumbach seien darauf aufmerksam gemacht, daß vom nächsten Sonntag ab die veränderte Gottesdienst ordnung in Kraft tritt und der Frühgottesdienst schon '/»8 Uhr beginnt. * — Im benachbarten Callenberg wurde am Montag Nachmittag ein Mann aus Meerane verhaftet, welcher am 11. Januar d. I. in der Nähe von Ebersbach eine Frau in unsittlicher Weise angegriffen hatte. Derselbe wurde ins hiesige Amtsgerichtsgefängniß eingeliefert. * — Die 2. diesjährige Sitzung des Bezirksausschusses der Königl. Amtshauptmannschaft Glauchau sand Sonn abend nachmittags von 2 Uhr ab in Anwesenheit des Herrn Kreishauptmann Freiherrn v. Welck aus Zwickau statt. Nach Vortrag einer Geschäftsübersicht über die Lasten Sie ab er meinen Freund auf das strengste beob achten, damit er nicht aus der Anstalt entspringt." Schnell eilte nun Cannon die Treppe hinab, drückte dort dem Wärter einen Füns-Dollarschein in die Hände und sagte: „Das Dreifache schicke ich Ihnen nach Ab lauf von drei Monaten, wenn Sie den Irren nicht aus der Anstalt entweichen lassen, was er jedenfalls ver suchen wird." Eine Stunde später befand sich Cannon bereits wieder im Hotel und bezahlte dort für sich und seinen Freund die Rechnung mit dem Bemerken, sein Begleiter habe sich bereits nach dem Bahnhof begeben und kehre nicht mehr in das Hotel zurück. Dann winkte Cannon von dem Hotel aus einen Arbeiter heran, übergab ihm sein und seines Freundes Gepäck und ließ dasselbe nach dem Bahnhof schaffen. Auf dem Bahnhof angelangt, bestieg Cannon den Zug nach Ogden und dort den Eilzug nach Californien. Während der Fahrt prüfte Cannon eine kleine Hand tasche Feldmanns, in welche der jetzt wirklich Unglückliche seine Werthsachen und Ausweispapiere gepackt hatte, gründlich auf ihren Inhalt. Zu seiner großen Freude entdeckte darin Cannon den Reisepaß des jungen Schweizers, eine Anweisung in Höhe von 500 Dollars auf ein Bankhaus in San Francisco und jenen Brief, welchen der junge Schweizer kurz vor seiner Abreise von Zürich von seinem Onkel in Californien erhalten hatte. Als Cannon die Bankanweisung von 500 Dollars in Händen hielt, murmelte er vor sich hin: „Nun, die Ge- schästsumkosten wären damit wenigstens gedeckt." Am Morgen des dritten Tages war die Station Oakland in Californien erreicht. Die Reisenden verließen den Zug und bestiegen die Dampffähre, die sie hinüber nach San Francisco brachte. Dort angelangt, fuhr Cannon in einem der eleganten blauen Wagen der Straßenseilbahn zunächst nach einem Bankhaus, woselbst er sich Feldmann aus Zürich nannte, die auf diesen Namen lautende Anweisung vorwies und die 500 Dollars Thätigkeit des Bezirksausschusses im vorigen Jahre, sowie einiger geschäftlicher Mittheilungen und Erledigung ver schiedener Bezirksanstaltsangelegenheiten fanden, bezw. be dingungsweise Genehmigung: der ortsstatutarische Be schluß des Gemeinderathes in Thurm über den Gehalt des Gemeindevorstandes, die Einflurung der dem Unger in Hermsdorf gehörigen Parzelle Nr. 363 des Flur buches für Erlbach nach Hermsdorf, die Ziegeleianlage Haupts in Falken, die Dispensationsgesuche Lasch's in Mülsen-St. Micheln, Wilhelms in Dennheritz und Neu bers in Höckendorf, die Kleinviehschlächtereianlage Müllers in Oberlungwitz, die Anlagenregulative für Schlunzig und Gersdorf, sowie das Gesuch Lindners in Oberlung witz um Erlaubniß zum Kleinhandel mit Spirituosen; dagegen erfuhren Ablehnung: die Schankerlaubnißgesuche der verw. Heilmann in Callenberg und Dittrichs in Ober lungwitz, die Gesuche Heines in Rothenbach und Werners in Ernstthal um Gestattung des Kleinhandels mit Brannt wein und das Gesuch Richters in Langenchursdorf um Erlaubniß zum Bierschank. Hieran schloß sich nachmittags 4 Uhr der 35. öffentliche Bezirkstag, zu welchem die Herren Mitglieder der Bezirksversammlung in beschluß fähiger Anzahl erschienen waren. Zunächst wurden zu Vertrauensmännern zu den Ausschüssen für die Aufstel lung der Geschworenen- und Schöffenlisten die vom Be- zirksausschuste vorgeschlagenen Herren wieder- beziehentlich neugewählt; hierauf wurde zum Mitglieds des Bezirks ausschusses an Stelle des aus dem Bezirke verzogenen Bürgermeisters Or. Backofen in Hohenstein in engerer Wahl Herr Färbereibesitzer Emil Bornemann in Meerane gewählt, welcher die Wahl annahm. Sodann wurden die Bezirkskastenrechnungen auf das Jahr 1896 nach dem Vorschläge des Referenten, Herrn Stadtrath Lorentz in Glauchau, für richtig erachtet und einstimmig richtig gesprochen. Nach Kenntnißnahme vom 9. Rechenschafts berichte über die Bezirks-Anstalt Lichtenstein im vorigen Jahre wurde noch der Bezirks-Haushaltplan sammt An hang auf das Jahr 1897 vom Vorsitzenden, Herrn Amtshauptmann Ebmeier, vorgetragen und auf dessen Vorschlag einstimmig genehmigt, endlich aber beschlossen, die Genehmigung der Veränderung der Bezirksgrenze infolge einer Aenderung der Gemeinde-Bezirke Herms dorf und Erlbach zu befürworten, und darauf, nachdem zur Schlußfrage Niemand das Wort begehrt hatte, der Bezirkstag nachmittags 5 Uhr geschlossen. *— Eine wichtige Neuerung soll dem Vernehmen nach hinsichtlich der Fahrkartenpreise auf geringere Entfernungen beabsichtigt sein. Es ist nämlich geplant, vom 1. Juli ds. I. an im Binnenverkehre der sächsischen Staats bahnen von jeder Station nach den bis einschließlich 20 Tarifkilometer weit gelegenen Stationen die Preise der einfachen Fahrkarten für Schnell- und Personenzüge, der gewöhnlichen Rückfahrkarten und der Schnellzugs-Ergän zungskarten zum größten Theile zu ermäßigen. In den Preisen der fertig gedruckt vorhandenen Militärfahrkarten, sowie der Hundekarten sollen dagegen Aenderungen nicht vorgenommen werden. — Aus dem Comptoir einer mechanischen Websabrik in Glauchau wurden, wie das „Gl. Tgbl." berichtet, schon unlängst an zwei hintereinander folgenden Sonn erhob. Dann eilte er auf ein Depeschenbüreau und gab dort folgendes Telegramm auf: „Farmbesitzer Welker. Bloomfield-Farm Shannon-County. Glücklich in San Francico angelangt. Treffe morgen Abend auf Deiner Farni ein. Herzliche Grüße an Alle. Dein Neffe Feldmann." Als am andern Nachmittag der Zug auf der kleinen Station Shannon hielt und der freche Hochstapler demselben entstieg, bemerkte er am Ausgange des Bahnhofs einen leicht gebauten einspännigen Wagen — Buggy von den Amerikanern genannt — in dem ein älterer weißbärtiger Farmer saß. Cannon schwenkte seinen Hut und eilte schnell nach der Richtung, wo der Wagen hielt. Dem Farmer aber rief er zu: „Onkel, lieber Onkel, hier bin ich. Das war aber eine lange Reise. Nun, glücklicher Weise bin ich gesund hier angelangt. Von Hause bringe ich viele tausend Grüße." Der Onkel, der Farmer Welker, schüttelte seinem an geblichen Neffen kräftig die Hand. „^.U rixstt, mein Junge! Freue mich, daß Du nun endlich hier bist. In einer guten halben Stunde sind wir auf meiner Farm und dann kannst Du es Dir be quem machen. Erst wollen wir aber Deine Koffer auf unseren Wagen heben." Während die beiden Männer das Gepäck aufluden und sich dabei weiter unterhielten, machte der Hochstapler die Beobachtung, daß der Onkel nicht mehr recht geläufig deutsch sprach. „Ja, ja, Du hast recht, daß mir das Deutsche jetzt schwer fällt. Ich habe ja schon in meiner Jugend die Heimat verlassen und mich in Amerika fast nur unter Amerikanern bewegt. Meine Frau ist eine Ame rikanerin, mit der ich nur englisch spreche und auf meiner großen Farm habe ich keinen einzigen Deutschen." Der Schwindler begann nun sofort englisch zu sprechen und Onkel Welker war aufs höchste überrascht und zu gleich erfreut, wie geläufig sein frisch ins Land gekommener Neffe diese Sprache schon beherrsche. (Forts, folgt.)