Volltext Seite (XML)
diesem zur Begrüßung die Hand, welche der Präsident auf einen Augenblick ergriff. Diese Situation erregte die schallende Heiterkeit des Hauses. An den weiteren Beralhungen nahm Ahlwardt nicht theil, sondern begab sich von dem Tische des Präsidiums in das Lesezimmer des Reichstages. Der Führer der amerikanischen Bimetallisten Wolkott hat auf einen Tag in Berlin geweilt und da selbst mit dem Reichskanzler, dem Staatssekretär Frhr. v. Marschall und dem Finanzminister v. Miquel Con- ferenzen gehabt. Herr Wolkott stellte einen absoluten Sieg der Silberpartei im Jahre 1900 in den Vereinig ten Staaten in bestimmte Aussicht, wenn cs bis dahin nicht gelingen sollte, ein internationales Abkommen in der Währungsfrage zu erzielen. Zwischen Frankreich und den Vereinigten Staaten sei eine Verständigung bereits erzielt, in London schwebten noch die Verhandlungen. Was die Theilnahme Deutschlands an der internationalen Verständigung anlangt, so wünscht man von Seiten der Bimetallisten, daß Deutschland seine eigene Production aufkauft, die für den thatsächlichen Bedarf Deutschlands garnicht ausreicht. Dadurch würde erreicht werden, daß alljährlich soviel Silbermünzen in Deutschland geprägt werden, wie Silber producirt wird, während der Bedarf für technische und kunstgewerbliche Zwecke aus dem Aus lande gedeckt werden müßte. Griechenland. So ganz ruhig, wie man es wohl erwartet hatte, ver hält sich die türkische Regierung gegenüber den griechischen Uebergriffen doch nicht. Die Pforte hat ein starkes Panzergeschwader für Kreta ausgerüstet, so daß ein möglicher Zusammenstoß immer wahrscheinlicher wird, um so mehr als die Griechen hartnäckig auf Kreta bleiben. Die athenische Regierung macht zwar die Ausrede, sie wolle keinen Krieg, sondern beabsichtige lediglich die Ruhe auf Kreta wiederherzustcllen; trotzdem rüstet sie weiter, und bringt von Kriegsmannschaften alles auf die Beine, was nur irgendwie kriegsbrauchbar ist. Freiwilligestellen sich in Menge und es können nicht soviel Soldaten ein gekleidet und bewaffnet werden, als sich zu den Fahnen drängen. Die Mächte berathen über neue Pressionen gegen Griechenland. Die Geschwader der meisten Staaten in den kretensischen Gewässern erhalten Verstärkung. So wird z. B. in Toulon eifrig gearbeitet, um die baldige Ausreise des vollständigen activen Geschwaders zu er möglichen. Welche Verwendung diese Schiffe alle finden sollen, ist noch ungewiß. Man verhehlt sich nämlich keinen Augenblick, daß eine einfache Blockade des Piräus kaum irgendwelchen greifbaren Nutzen haben würde, da in Thessalien die Gefahr eines Landkrieges sich täglich ver größert. Andrerseits befinden sich nach der Abfahrt des Prinzen Nikolaus kaum noch Kriegsschiffe von nennens- werther Bedeutung in dem athenischen Hafen. Die Dinge liegen also nach wie vor äußerst ernst. Sobald die Einig keit der Mächte einen Bruch erhält, ist die Kriegsfurie ohne Zweifel entfesselt. Und darüber besteht ebensowenig ein Zweifel, daß, wenn es auch dies Mal gelingt, einen folgenschweren Conflict hintenanzuhaltcn die Gefahr keines wegs beseitigt ist. Ist doch die Kriegstollheit und das Verlangen, Kreta zu annectiren, in Athen so groß, daß Feuilleton. Künstler und Verbrecher. Roman aus der Gegenwart von Theodor Hermann Lange. (Fortsetzung.) Wie angewurzelt blieb das junge Mädchen aus der obersten Stufe stehen. Victor eilte aber schnell auf Katy zu, begrüßte sie sehr ehrerbietig, bot ihr seinen Arm und führte sie auf Deck. Katy ließ Alles willenlos mit sich geschehen. „Tyeucrstc Katy, wie danke ich Gott, daß er Ihr und Ihrer Mutter Leben vor dem nahen Tode bewahrt hat. Ich sehe es für Gottes Fügung an, daß wir uns hier und unter so eigenthümlichen Verhältnissen wieder begegnen." Katy erröthete leicht. Sie war keines Wortes mächtig, doch glitt ein Freudenstrahl aus ihren Augen und sie reichte Victor die Hand, die dieser an seine Lippen führte. Ueber Victor war eine ganz eigenartige Zuversicht und Festigkeit gekommen. Er erzählte ihr seine plötz liche Abreise von New-Dort, die ganz unerwartet erfolgt sei. Der bekannte amerikanische Eisenbahnkönig und hundertfache Millionär Vanderstraaten habe ihm die Mittel gewährt, eine lange Kunstreise anzutreten. Er wolle zunächst nach Italien sich begeben und dann nach dem Orient. Katy hörte noch immer sprachlos den Worten Victors zu. Die beiden jungen Leute hatten aber nicht bemerkt, daß inzwischen noch eine dritte Person auf Deck erschienen war und zwar Katy'« Mutter. Frau Brown erkannte zunächst, den jungen Mann nicht, mit dem ihre Tochter sprach. Erst als sie dicht an die Beiden heran gekommen war und Victors Stimme hörte, wußte sie, mit wem ihre Tochter sich unterhielt. In diesem Augenblick wandte sich Victor nach der Seite um und erkannte ebenfalls Frau Brown. selbst Ausländer, die in Athen weilen, unwiderstehlich in den Kreis dieser Bestrebungen hineingezogen werden; so traten z. B. 15 junge Franzosen in das griechische Heer ein, — um gegen die Türken zu kämpfen. Nußland. Zur Förderung des russischen Getreidehandels im Auslande beabsichtigt die Regierung von St. Peters burg an einigen ausländischen Hauptplätzen große Ge treidespeicher amerikanischen Systems mit Hebevorrichtung einzurichten. Aus dem MuLdeuttzE«. ^Waldenburg, 18. Februar. Die seitens der kgl. Amtshauptmannschaft Glauchau unterm 1. d. verfügte Sperrung des von Oberwinkel nach Callenberg, sowie des von Ebersbach nach Waldenburg führenden Communi- cationsweges ist wieder aufgehoben worden. * — Ob Fleischer, welche für Zwecke ihres Gewerbe betriebes außerhalb des Gemeindebezirks ihrer gewerb lichen Niederlassung Vieh aufkaufen, einer Gewerbe legitimationskarte bedürfen oder nicht, darüber war neuer dings Zweifel entstanden. Das königl. sächsische Ministerium des Innern hat nun, ohne der gerichtlichen Entscheidung dieser Frage vorzugreifen, durch Verordnung vom 28. Januar d. I. sich dahin ausgesprochen, daß nach An sicht des Ministeriums die erwähnten Geschäfte ohne Ge werbelegitimationsschein betrieben werden dürfen. * — Als Nachfolger des infolge Berufung in das Königl. Ministerium des Innern mit 1. April aus seinem Amte scheidenden Herrn Amtshauptmann Oberregierungs- rath Or. Kunze in Pirna ist Herr Amtshauptmann Frhr. v. Teubern in Flöha ausersehen worden. Von genanntem Termin an wird ferner die Stelle des von Pirna zu versetzenden Bezirksassessor v. Bose der beim evangel.-luth. LandeS-Consistorium angestellte Bezirksassessor v. Carlo witz treten. * — Der 35. öffentliche Bezirkstag des Bezirksver bandes Glauchau findet am Sonnabend, den 27. d., nachmittags 4 Uhr im Verhandlungssaale der kgl. Amts- hauptmannschaft Glauchau, Königstraße 3, statt. — Zur Feier des 400jährigenBestehens derZwickaner Kramerinnung und des 50jährigen Bestehens der Handels schule wird ein Festspiel, das Schauspieler Werner in Zwickau auf Grund der Jnnungsacten bearbeitet hat, aufgeführt. Das Festspiel behandelt das Leben der Kramer im 17. Jahrhundert. — Am Dienstag verunglückte in Zwickau auf einem Steinkohlenwerke der 20 Jahre alte Fördermann Kundt aus Oberplanitz bei der Förderung durch Sturz in einen 40 Mtr. tiefen Bremsschacht tödtlich. Der Tod ist in folge Schädelbruchs sofort eingetreten. — Am 15. d. abends in der siebenten Stunde wur den die Einwohner der Stadt Hartenstein abermals durch Feueralarm erschreckt, es brannte das dem Maurer Thust gehörige Wohnhaus (sogenannte Oehmisch-Haus) in der Niederstadt bis auf die Umfassungsmauern nieder. — Die Errichtung einer Telephonanlage für Rochlitz ist nun endgiltig gesichert. Die nöthige Zahl der Thcil- nehmer hat sich gefunden. Voraussichtlich wird der Bau bereits im April in Angriff genommen. IV. Kapitel. Westwärts brauste an einem Julimorgen der Eilzug der Union Pacific-Bahn. Ansiedlungen und kleine Städte tauchten vor den Blicken der Reisenden aus, um schnell wieder zu verschwinden. Dann fuhr der Zug durch große Steppen. Die weiten Grasflächen zur Rechten und zur Linken wogten vom Winde getrieben, wie Mecreswellen auf und nieder. Kein Haus, kein Baum waren hier meilenweit sichtbar. Nur selten wurde an einer kleinen Station gehalten. Dann stiegen wenige Reisende aus und ein, Briesbeutel, Zeitungspackete und Koffer wurden aus dem Gepäckwagen herausgeworfen, ein Postbeamter reichte andere Briefsäcke und Journalbündel hinein und alsbald setzte sich der Train wieder in Bewegung. Im rorletzten Wagen, dem Salonwagen oder Parlor Car, wie der Amerikaner sagt, saßen nur zwei Reisende. Der eine war ein alter, weißbärtigcr Herr, der andere ein noch verhältnißmäßig junger Mann, etwa Mitte der dreißiger Jahre. Der letztere ist unsern Lesern und Lesrerinnen keine unbekannte Persönlichkeit mehr. Es ist dies der Pseudo- Graf Zackenstein, in Wirklichkeit aber, wie schon mitge- theilt, der ehemalige Wiener Oberkellner Georg Naht. Dem Hochstapler war cs thatsächlich geglückt, dem Krimi nalbeamten zu,entwischen. Scheinbar vollständig gebrochen, wankte er neben seinen Begleitern die Treppe im Hotel hinab. Als der Kriminalkommissar mit seinem Gefangenen und den Sergeanten das Hotel verlassen hatte, und unten auf der Straße angelangt war, taumelte der Schwindler fortgesetzt hin und her, so daß der Krimi nalbeamte thatsächlich glaubte, der Schreck habe seinen Arrestanten gelähmt. An der nächsten Straßenecke ge wahrten die Polizeibeamten eine ziemlich bedeutende Menschen ansammlung und zwar infolge einer großen Feuersbrunst, die in einem fünfstöckigen Geschäfshause ausgebro chen war. Das Antlitz des falschen Grafen zeigte eine außer- Aus dem Sachsenlande. ß Z— Die königl. Generaldirection der Staatsbahnen be schäftigt sich zur Zeit mit der Regelung der Lohnvcr- hältnisse der Arbeiter und sollen dem Vernehmen nach in erster Reihe diejenigen Arbeiterklaffen in Frage kom men, deren Thätigkeit mit größerer Verantwortlichkeit und persönlicher Gefahr verbunden ist. Hierzu gehören zunächst die Rangirer, Hilfsweichensteller rc. Auf den Bahnhöfen zu Dresden und Leipzig sind die Lohner höhungen bereits in Kraft getreten und sollen auch die übrigen Bahnhöfe in Kürze Berücksichtigung finden. — In dem alten Schlosse zu Löbichau bei Ronne burg, welches dem Legationsrath Herrn v. Tümpling ge hört, ist in den Räumen, welche einst Theodor Körner bewohnt hat, ein Körner-Museum eingerichtet worden, welches eine Menge Seltenheiten und Kunstschätze aus bewahrt. Zunächst sind es viele Bilder, Schriftstücke und andere Gegenstände, welche auf Theodor Körner Bezug haben, dessen Pathin, die verwittwete Herzogin Dorothea von Kurland und Sagan, Tochter des preu ßischen Majors Reichsgrafen Friedrich von Medun, frü her Besitzerin von Löbichau war. Aber auch Erinne rungszeichen von anderen berühmten Persönlichkeiten, wie Goethe, Schiller, Blücher, Talleyrand, aus neuerer Zeit Moltke, Bismarck und vielen Anderen, sind vorhanden, ferner eine reichhaltige Münzensammlung und sonstige Merkwürdigkeiten und Seltenheiten aller Art. Die Her zogin Dorothea war es, welche von Zeit zu Zeit mit ihrem Hofstaat hier weilend, über Löbichau und feine ganze Umgebung Leben und Liebreiz verbreitete, und mit der reizenden Umgestaltung des Schlosses hier auch die Sammlung von Kunstschätzen begann. Ihr Erbe wurde der Herzog von Accrenza. — In Sachsen sanden sich am 2. December 1895 insgcsammt 3,787,688 Personen vor. Die Zunahme betrug im ganzen Königreich 8,14 Procent, in den Be zirken der Amtshauptmannschasten Dresden-Altstadt und Dresden-Neustadt aber mehr als 24 Procent, im Bezirk Plauen 12,08, Oelsnitz 8,05, Auerbach 6,82 Procent. Das geringste Wachsthum zeigt der Bezirk Dippoldis walde mit 0,44 Proc. Auch die Bezirke Freiberg (1,30 Proc.) und Borna (1,10 Proc.) haben nur wenig in der Bevölkerungsziffer zugenommen. Die Dichtigkeit der Bevölkerung auf je einen Quadratkilometer betrug am letzten Volkszählungstage bei 14,992,94 Quadratkilometer Gefammtfläche im Königreiche Sachsen 252,6 Bewohner gegen 233,6 im Jahre 1890. Sie schwankte in den einzelnen Amtshauptmannschasten zwischen 81,3(Dippoldis- walde) und 527,3 (Landbezirk Dresden-Altstadt), während sic in den drei Großstädten sich bis auf 8775,2 (Dres den) steigerte. — In Sachsen giebt es zur Zeit 921 Ritter- und Kammergüter, von denen 896 einen selbständigen GutS- bezirk bilden. Außerdem zählte man noch 242 sonstige exemte Grundstücke. Von den Rittergütern hat 28,5 Proc. die Krcishauptmannschaft Bautzen, 21,7 Procent Dresden, 28,9 Proc. Leipzig und 20,9 Proc. Zwickau; man sieht hieraus, daß die weitaus kleinste Kreishaupt- mannfchaft vermöge des noch daselbst vorhandenen Vor ordentliche Bläffe und nur mit Mühe vermochte der Ge fangene sich vorwärts zu bewegen. Der Commissar glaubte, der Hülfe der beiden Sergeanten nicht weiter zu bedürfen und entließ dieselben, während er langsam mit seinem Arrestanten der nächsten Polizeistation zuschritt. Als der Commissar mit seinem Gefangenen an einer Straßenkreuzung von der einen nach der andern Seite gehen wollte, rasten um die Ecke zwei wild gewordene Pferde, die vor einen hochgebauten Geschäftswagen ge spannt waren. Der Kriminalcommifsar wurde v^n den Thieren umgerissen und stürzte so unglücklich auf das Pflaster, daß er sich nicht unerheblich am Hinterkopf beschädigte. Mit aller Energie raffte er sich nach einigen Augenblicken zwar wieder auf, sah jedoch zu seinem Schrecken, daß sein Gefangener spurlos verschwun den war. Georg Naht bestieg aber unbemerkt an der Straßen ecke einen Pserdebahnwagen, der ihn schnell aus diesem Stadtviertel entführte. Dann fuhr Naht mit der Hoch bahn bis nach der Vorstadt Harlem, von wo er seinen Weg zu Fuße fortsetzte. Tagelang wanderte er so durch das Land und vermied rS streng, eine Eisenbahn zu benutzen. Er übernachtete in den Gasthäusern der kleinen Landstädte und ruhte auch hin und wieder ein- mal ein paar Tage in einem solchen Hotel aus. Alle seine Baarmittel trug er in seiner Brusttaschc bei sich, da er ja bei seinem verbrecherischen Handwerk stets an eine plötzliche Flucht denken mußte. In einer kleinen Stadt des Staates Pennsylvanien, in Newton, wäre er beinahe erkannt und dingfest ge macht worden. In allen Zeitungen des Lande« stand nämlich seine Verhaftung iu New-Dork und seine räth- selhafte Flucht. Auch eine genaue Beschreibung seiner Persönlichkeit war beigesügt. Die New-Dorker Polizei hatte den Pseudo-Grafen schon längst als eine verdächtige Persönlichkeit beobachten lassen. (Fortsetzung folgt.)