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Staatsanzeiger für das Königreich Sachsen. Keilwelle Nebenblätter: Landtagebeilage, Synodalbeilag«, Ziehungslisten der Verwaltung der K S. Staatsschulden und der K. S. Land- und Lande-lulturrentenbank-Verwaltung, Jahresbericht § und Rechnungsabschluß der Landes. VrandversicherungSanstalt, BerkaufSliste von Holzpflanzen auf den K S. Staatsforstrevieren. - Beauftragt mit der Oberleitung (und preßgesetzlicheu Vertretung): Hoftat Do enge» in Dresden, o Nr. 228. Donnerstag, 1. Oktober 1914. »ezua-preis: Belm Bezüge durch die SeschLft-ftell«, «roße Zwingerstraße 16. sowie durch dte deutschen Postanftalten S Mark vierteljährlich Einzelne Nummern 10 Pf. Erscheint: »erktagS nachmittags. — Fernsprecher: Geschäftsstelle Nr »1 »SS, Schriftleitung Nr. 11K7S. Ankündigungen: Di« Ispaltige «rundzetle oder deren Raum im LnkündigungSteile 60 Pf., dte ispaltige Grundzeile oder deren Raum im amtlichen Teile 76 Pf., unter Eingesandt 160 Pf. Preisermäßigung auf GeschäftSanzeigen. — Schluß der Annahme vormittag« 11 Uhr. Wir veröffe»tliche« heilte die Verlustliste Nr. 22 kr Sächsische» Armee. * Nördlich und südlich von Albert vorgehende überlegene kindliche Kräfte sind gestern unter schweren Verlusten für ie jurüügeschlagea worden, Runder Front der Schlacht- inie ist nichts Neues z« melden. * An den Argonnen g«ht unser Angriff stetig, wenn auch lMsam vorwärts, vor den SperrfortS an der MaaSlinie ist leine Veränderung erfolgt^ In Els aß-Lothringen stieß der Feind am DienStag in den mittleren Vogesen vor. Seine Angriffe wurden kräftig zuMgeworfen. Bor Antwerpen sind zwei der unter Feuer genommene« Korts zerstört worden. Auf dem östlichen Kriegsschauplätze sind gestern keine neuen Ereignisse von Bedeutung zu verzeichne« gewesen. Unser Kreuzer „Emden" hat während der letzten Tage im Indischen Ozean wieder fünf englische HandelSdamPfer vtggenommen und vier davon versenkt. * Tie Japaner haben unsere Truppen am vergangenen Sonntag, fünf Meilen von Tsingtau entfernt, angegriffen. * Ter Kaiser hat dem Fürsten von Reuß j. L. das liiserne Kreuz II. und I. Klasse und dem Erbprinzen von fleuß j. L. das Eiserne Kreuz II. Klasse verliehen. * Tie englische »egtrrmm hat beschlösse«, das englische Moratorium erst am 4. November in volle« Umfange endigen zu lassen. (Amtlich» Teil siehe 1. Beilage.) Nichtamtlicher Teil. Bom Königlichen Hof«. Dresden, 1. Oktober. Ihre Königl. Hoheit die Frau Prinzessin Johann Georg besuchte gestern mittag mit Ihren Königl. Hoheiten den Prinzessiunen- Töchtern Sr. Majestät des Königs und in Begleitung de: Frauen Oberhofmeisterinnen v. der Gabelentz-Lin- smgen und Freifrau v. Finck, Exzellenzen, und des Hof- sräuleins v. der Decken die Volksküche in der Lößnitz- firaße, sowie die Schulküche in der Carolastraste 4. Tie Aussichten einer deutschen Offensive gegen England. über „die Verwundbarkeit Englands trotz seiner Jnjellage und übermächtigen Ftoite" veröffentlicht VkneraUeulnanl z. D. Baron Ardenne im ersten Hefte der Kriegsausgabe des „Türmer" einen Aussatz, in dem tL u. a. folgendermaßen heißt: Wenn die englische Überwachung gegenüber unserer maritimen Position Borkum —Wilhelmshaven—Helgo land—Brunsbüttel eine kaum ausführbare bleibt (bis styl ist sie wenigstens nicht gelungen), so wird sie nn- mözlich, wenn erst die Nordküstcn von Belgien und Frankreich bis zur Seinemündung in festem deutschen Besitz sind. Tie unscheinbareMeldung vor kurzem: „DieFranzosen fnbtn Boulogne geräumt" eröffnet einen weiten Aus- tlick auf weitere deutsche Erfolge in der Bekämpfung seines gefährlichsten Gegner», über kurz oder lang werden virim Besitz vouCalai-, wahrscheinlich auch vonTieppe und Le Havre sein. Bei Calais verengt sich der Ärmelkanal dis zu der geringe» Breite von 35 bis 40 üm. Unsere Sü,5 vm-Mörser (Marinemörser genannt) haben cne lolalschußweite von 22 km (die Flughöhe beträgt dabei mehr als 4000 m. das Geschoß würde somit etwa den Vroyglockner überfliegen), die 42 om-Mörser eine noch höhere. Weitere artilleristische Überraschungen stehen den öngläiidein noch bevor. Wenn man nun auch von dem französischen Ufer »ach dem englischen nicht hinüber- schießen kann, so läßt sich doch von dem ersteren eine freite, über die Mittellinie ds» Kanal»: hinaus- reichende Sicherheitszone für deutsche Fabrieuge aller In schaffen. ES lasten sich in diese» Iranzösischen Häseu kicherheitSstalionen für unsere Torpedo- und Unter- s«boot< Kreuzer, Kaper re. einrichten und nicht -uni mrnigsten für vallonhall«« unserer Zeppelivlufrschiffe. Diese Zusluchtshäsen auf französischem Gebiet könnten von der Leeseite her völlig unangreifbar gemacht werden durch doppelte und dreifache Minensperren. In» Auge zu fassen sind die sestliegenden, verankerten. Tie Ankerung auf dem Kanalboden ist besonders leicht, die Wasserliefe verhälinismäßig gering. Wenn bei Calais—Boulogne eine doppelte oder drei fache Minensperre, vom sranzösische» zum englischen Ufer reichend, gelegt würde, so wären die westlich ge legenen großen Hafenstädte Englands (Portsmouth, Plymouth rc.) von der Nordsee abgeschnitten — ihre Schiffe müßten dann um die Nordspitze vo« Schottland herumfahren. Tie Minensperren würden in doppelten Reihen verankert werden, sodaß die Minen der einen Reihe auf den Zwischenräumen der anderen eingedeckt wären. Durchlässe für die eigenen Schiffe, aber nur deutschen Lotsen bekannt. Drei solcher doppelten Minen sperren würden wohl jeden Versuch de» Durchbruch» als aussichtslos erscheinen lasten. Die Möglichkeit der Minenlegung kann nach den bisherigen Erfahrungen und unter dem Schutz unseres Artilleriefeuers kaum an- gezweifelt werden. Außer unseren Minenlegern würden Torpedo- und Unterseeboote einen Teil der Arbeit übernehmen. Sie lönnen, wenn sie an der Meeres oberfläche halbgetaucht fahren, nur an dem dünnen Zylinder erkannt werden, der den genialen Projektions apparat enthält. Beim Tauchen des Schiffes ver schwindet auch dieser. Ter genannte Apparat zeigt nach Art der Laterna Magica durch eine feine Spiegel- konstrultion dem Führer des Schisses die maritime Um gebung seines Fahrzeuges — Gefahr und Erfolg ver sprechende Angriffspunkte deutlich markierend. Die Unter seeboote werden bei der Arbeit des Minenlegen» kaum bemerkt werden. Sind die Minensperre« fertig, die H^srnforti, verstärkt »ad mit schwerster Artillerie bestückt, die Ballonhüllen aufgestellt, dann kann ein submariner Kleinkrieg, der durch die großen Lustkreuzer unterstützt wird, dem Feinde die ernsteste» Sorgen bereiten. In den dem englischen Jnselreich unmittelbar vor liegenden französischen Häfen könnte auch unsere Kaper slotle zeitweiligen Schutz und Aufenthalt finden. Tiefe scheint eine verwehrte Tätigkeit haben zu müssen, an gesichts der d-S Völkerrecht mit Füßen tretenden Haltung Englands. England Hal unseren Lloyddampfer „Wilhelm der Große" in einem neutralen Hasen angegriffen und versenkt, das Privateigentum zur See geräubert und auf die deutsche Anfrage »ach der Handhabung der Prlsen- gerichre höhnisch geantwortet, daß bei diesen kein Ver- treter einer feindlichen Macht zugegen sein dürfe. Eine Brutalität sondergleichen. Angesichts dieser wird Deutsch land wohl nicht zu zögern brauchen, auch seinerseits die auf der Haager Konferenz festgesetzten Verpflichtungen in die Ecke zu stellen und den Kaperkrieg zu eröffnen, wie er zur Zeit Napoleon» I. alle Meere durchtobte. Laß England nicht gut dabei fahren wird, lehrt folgende Überlegung. England ist zur Ernährung seiner Bevö kerung in der Hauptsache auf Zufuhren vom Aus land angewiesen. Jede Störung dieser ist äußerst emp findlich. Schon jetzt ist das vereinzelte Auftreten von Kapern, das Einfange» von Schifferflottille», das Versenke» vonSchissen, die Kriegskonterbande —darunter Lebensmittel — führen, schwer vo» England empfunden worden. Wenn das Privateigentum zur See keinen Schutz mehr findet, wird die Versorgung England» mit seinen Lebensbedürf nissen nicht mehr ohne weiteres durchgeführt werden können. Trotz aller eigenen Minensperren, trotz der eigenen Riesenslotte wird in England noch immer an die Mög lichkeit der Landung deutscher Truppen geglaubt. Wenn wir die französischen Nordseehäfen in gesichertem Besitz haben werden, wäre eine solche Landung, die vordem al» törichte Utopie galt, immerhin denkbar — besonders wenn England fortfährt, feine schützende Landarmee na» Frankreich überzuführen. Al» Symptom mag gelten, daß die Maßregeln, die Napoleon I. 1804 in die Wege leitete, um von Boulogne aus die Lüste von England zu er reichen, in militärischen Kreisen mehr Beachtung finden, al» daS rein historisch« Interesse es erheischt. Französische Rsubergeschichte» und Gra«sa»teiten. Die deutschfeindliche Stockholmer Zeitung „Dagens Nyhcter" veröffentlicht ei« ihr vo» der französifchen Ge sandtschaft in Stockholm zugegayaene» amtliches Rund- schxeibrn über deutsche Grausamkeiten, da- in der Über setzung folgendermaßen lautet: , : „Di« französisch« Regierung beehrt: stch^ di« Mächte, welch« di« Haager Konvention unterzeichn«», hab««, von »qchftehrnden Tat sachen in Kenntnis z» sehen, di« daraus hinwris«», daß di« dent- schen militärischen Behörden gegen die V«sttm»m,ge« v«rstoß«n baden, die am 18. Oktober 1907 von der Kaiserlich Deutschen Re gierung unterzeichnet worden sind. Gemäß einem Bericht vom 10. August 1914, den der Ober- befeblshaber der französischen Ostarmee erstattet hat, haben di« brutschen Truppen eine groß« Anzahl Verwundeter durch Schüsse getötet, die an» der Nähe in das Gesicht abgefeuert worden sind. Daß e» sich so zugelragen hat, scheint aus der Größe der Wunde« heroorzugehen. Auf andere Berwundete bat man absichtlich ge trampelt over getreten. Am 10. August hat bayerische Jnsanterie in der Gegend von Barra», Harboue, Montigny, Montreux und Parax systematisch die Dörfer in Brand gesteckt, durch die sie ge gangen ist, während ein Artilleriefeuer vo« keiner der beide« Seiten wahrend de» Kampfe» eine Feuersbrunst Hervorrufen konnte. In derselben Gegend haben sie die Einwohner gezwungen, vor ihren Kundschaftern herzngehen. Nach einem Bericht vom 11. August von derselben Stell« brennen die deutschen Truppen die Dörser nieder, massakrieren die Einwohner und zwinge« Frauen und Linder, vor ihnen zu gehen, sodaß sie au» den Dörfern auf das Schlachtfeld kommen (besonder» geschah die- in Billy am lO.Aug ) Sie töte» Verwundete und Gefangene. Angesicht- einer solchen Handlungsweise, welche die öffentlich« Meinung verurteilt, überläßt eS di« französische Regier», g ganz de« zivilisierten Mächten, diese verbrecherischen Handlungen zu beurteilen, die jederzeit eine kriegführende Macht entehre»." Es wird der französischen Regierung schwer fallen, die erforderlichen Beweise zu dielen Räubergeschichten zu erbringen, sür die sie bei den Regierungen und den Bevölkerungen der neutralen Länder Glauben zu erwecken jucht. Tie deutsche Regierung befindet sich dagegen im Besitz vollgültiger Beweise sür unmenschliche Akte der französische» Kriegführung, und sie wird davon Gebrauch zn machen wissen. Einer der jüngsten hiervon ist die nach- fo gende Meldung au» dem Großen Hauptquartier, die gestern von nns bereits unter den Drahtnachrichten bekannt gegeben wurde. Eie lautet: Großes Hauptquartier, »S. September. Der Generalstabsarzt ber Armee »ub Ltzef be» SauitätS- wesenS v. Schjerning hat Sr. Majestät de« Kaiser folgende Meldung erstattet: Bor einigen Tagen wurde iu Lrchies ein Lazarett von KranttirenrS überfalle«. Bei der am 24. September gegen Lrchies unternommenen Ltraferpedition durch das Landwehrdataillon Nr. 3» stieß dieses auf überlegene feindliche Truppen aller Gattungen und mnßte unter Berlust von 8 Toten und 3» Ber- wundeten zurück. Ein am nächsten Tage ausgesandtes bayerisches Pionierbataillon stieß auf keinen Feind mehr und fand Lrchies von den Einwohnern verlassen. Fm Lrte wurden 2V beim Gefechte am vorhergehenden Tage verwundete Tcutfche grauenhaft verstümmelt aufgefunden. Lyren und Nasen wären ihnen abgeschnitten. Man hatte sie durch Einführen von Sagemehl in Mund und Nafe erstickt. Die Richtigkeit des darüber aufgenommenen Befundes wurde von zwei französischen Geistlichen unter schriftlich bestätigt. Lrchies wurde dem Erdboden gleich gemacht." Und eine andere, im Laufe des gestrige» Spat- nachmittags eingegangene Meldung aus Budapest besag: folgendes: Ein Reisegefährte des auS der Kriegsgefangenschaft zurnckgekehrten Grafen Sarolyi erzählt: Eines TageS wurden Tnrkos in demfelden engen Raume mit ihnen untergebracht. Feder von diesen hatte an einer Schnur «-geschnittene Lhre«, Nasen und beringte Menschenfi«ger. Wird die französische Gesandtschaft in Stockholm auch vo» diesen Meldungen „Tagens Nyheter" Kenntnis geben? Wir jürchien, daß sie dazu nicht den Mut hat. Es hat im Anfänge des Feldzugs Stimmen gegeben, die sich mit ehrlicher Trauer über die Verbündung des zivilisierte» Frankreich mit dem kosakiiche» Rußland anssprachen. Wird es ihnen nach Kenntnis dieser Tinge nicht schwer werden, zwischen diesen beiden Bundesgenossen noch Unter schiede gelten zu lassen? Tie Franzosen beweisen zu», mindesten an Fällen dieser Art —und die hier milgeteilten sind ja leicer keineswegs die einzigen —, daß es sür sie in dem Augeublick, in den, sie ihre Rache kühlen möchten, ebensowenig Hemmungen sittlicher oder auch nur schlechtweg rechtlicher Art gibt, wie für ihre halb- asiatischen Helfer im Osten, die aus satanischer Lust an der Zerstörung eine ganze blühende Provinz iu grenzen- loses Elend gestürzt habe». Es liegt etwas geradezu Fanatisches in dem Haß, mit den» wir von unsern Feinden verfolgt werden. Muß man sich nicht an de» Kopf fassen und fragen, ob man richtig gelesen habe, wen» man Teufeleien wie die folgende liest? Mailand, 29. September. Der Korrespondent de- Mailänder Sozialistenblatte- „Avanti" in Bordeaux bespricht die Handhabung der Z«itung»zensur in Frankreich und zitiert den Pariser „Matin", der offen zur Er- mordnag der deutsch«» Gefangenen aufforder», wahrend die Zensur den Tadel der „Humanits" über solche Roheit gestrichen habe. Der betreffende Satz de» „Matin" lautet «ach dem „Avanti" wörtlich: „Und kri« Mitlrid i» den nächsten Kämpfen, wenn wir dies« nichtswürdigen Verbrecher wider da» gemein« Recht i« unsrer Gewalt haben werden, au» denen Wilhelm II. vielleicht