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und Tageblatt Amtsblatt für die königlichen und städtischen Behörden zu Freiberg uud Brand. -»/» Z8 Erscheint jeden Wochentag NachmtttagS 6 Uhr für den li Jahrgangs _ !! Inserate werden bis Bormitlag 11 Uhr angenom-8 40. Mittwoch, de« 18. Februar. »»d be^t LoNl. » zwelmonaMH i vc. so Pf. und enunonatlich Pf. oder deren rttaum io Psg. Grundstücks-Bersteigerung. Erbiheilnngshalbcr soll von dem unterzeichneten Amtsgerichte das zum Nachlaß des verst. Tischler Gottlod Friedrich Glöckner in Gränitz gehörige Haus-, Feld- und Garten- nahrungsgrundstück Fol. 3 des Grundbuchs, Nr. 5. des Brandkatasters und Nr. 9a, 9d, 71, 89, 69», 72 b und 73 des Flurbuchs für Gränitz, welches ortsgerichtlich auf 8949 Mark grwürdert worden ist, Donnerstag, de« 26. Uedruar 1891, 1« Uhr Vormittags, an Amtsstelle hier freiwillig versteigert werden. Die Versteigerungsbedingungen sind aus den an der Gerichtstafel und im Gasthofe zu Granitz aushängenden Anschlägen ersichtlich. Königliches Amtsgericht Brand, den 11. Februar 1891. Vi-. tll»»,«. Förster. Mehr Licht! Durch die freisinnig-demokratische Presse weht heute fast derselbe Wind, wie in der trüben Zeit der 99 Tage. Tag täglich findet man in ihren Spalten die niedlichsten Denunzia- tiönchen gegen die „aufsässige" nationalliberale und konservative Presse, und mehr als einmal wird auf den im Hintergründe stehendenStaatsanwalt hingewiesen, der aber zum Leidwesen dieser „liberalen" Denunzianten noch immer nicht gegen die „sron- direnden" Kartellbläller einschreiten will. Ginge es nach jenen Herren,dann säßeFürst Bismarck längstnicht mehr inFriedrichsruh, sondern wohlverwahrt hinter Schloß und Riegel, und die Re dakteure der „Hamburger Nachrichten", der „Münchener Allge meinen Zeitung", der „Kölnischen Zeitung", der „Kreuzzeitung", des „Deutschen Wochenblatt", des „Reichsboten" rc. rc. dürften ihre mißvergnügte Feder längst nicht mehr in die Tinte tauchen, sondern müßten Wolle zupfen. Ja, es ist weit gekommen mit der eigenen Art des „Liberalismus", wie er in der freisinnig- demokratischen Presse zum Ausdruck kommt. Was ist in früheren Jahren in dieser Presse über die „gouverncmentalen" Kartell- bläticr gewitzelt worden, die sich nie zu einem eigenen Urtheil auf schwingen, sondern nur den einen Daseinszweck nachweisen könnten, Ja und Amen zu den Maßnahmen der Regierung zu sagen! Wie wurden diese Blätter in der öffentlichen Meinung von jenen herabgesetzt, die die Devise „Männerstolz vor Königs thronen" aus ihre Fahnen geschrieben. Man mußte wahrlich Bedenken tragen, dem „Soldschreiber" eines konservativen oder naiionalliberalen Blattes die Hand zu reichen. Und nun plötzlich dieser Umschwung! Jetzt werden dieselben Männer, die bisher als die bezahlten Verfechter gouvernementaler Anschauungen in Acht und Bann waren, plötzlich als Frondeure, als miß vergnügte Oppositionsleute, als Aushetzer der öffentlichen Mei nung uud der Staatsanwaltschaft denunzirt. Und weshalb das Alles? Weil die freisinnige Presse selbst über Nacht gouver- nementale Anwandlungen bekommen hat und die Regierung gegen ihre bisherigen Freunde in Schutz nehmen zu sollen glaubt. Um sich hierzu den Schein eines Rechtes zu ver schaffen versucht sie diejenigen Parteien, auf welche sich bisher die Regierung gestützt und die auch thatsächlich die Ziele und Bestrebungen der Regierung als die ihren betrachtet hatten, als selbstsüchtige Jnteressenpolitiker zu verdächtigen, während sic sich selbst als die selbstlose Trägerin einer liberalen Re- gicrungspolitik hinstellt. Man könnte über dieses Beginnen mit einem Achselzucken zur Tagesordnung übergehen, wenn die Regierung durch ihr Verharren in Stillschweigen nicht selbst dazu beigetragen hätte, daß dieser von freisinniger Seite ver breiteten Anschauung der Anschein einer gewissen Begründung verliehen würde. Dazu kommt das auf jener Seite vielfach angewendete unlautere Manöver, die Person des Monarchen für ihre Parieizwecke in das Getriebe zu ziehen. Wenn früher einmal im Laufe der Debatte, ewa von konservativer Seite, auf das außerhalb jeder Verantwortung stehende gekrönte Oberhaupt des Staates lnngewiesen wurde, da erhob sich männiglich der gesammte „Männerstolz vor Königsthronen" und protestirte — mit Recht — gegen dieses Verfahren. Und jetzt? Heute werden täglich Aeußerungen des Kaisers in der Presse und zu weilen auch im Parlament verbreitet, für deren Richtigkeit es keine andere Gewähr giebt, als die Herren selbst, die diese Aeuße- rungcn in ihrem Parteiinteresse verwerthen. So wird um die Person des Monarchen ein Mythus gebildet, der es dem Ferner stehenden erschwert, zwischen Wahrheit und Dichtung die wahre Gestalt des Herrschers zu erkennen. Wenn unter solchen Umständen der größte Theil der kon servativen und nationalliberalen Presse es nicht über sich ge winnt, diesem Treiben mit verschränkten Armen zuzusehen, so erfüllt die Presse nur ihre Pflicht, denn an ihr ist es — an wem sonst? — alle Erscheinungen des öffentlichen Lebens zu beleuchten, auch wenn dieselben zu den weniger erfreulichen gehören. Gerade dadurch, daß sie in der gegenwärtigen Periode eines weitverbreiteten Unbehagens nicht auf die Kundgebung ihrer eigenen Meinung verzichtet, widerlegt sie den ihr so oft von anderer Seite gemachten Vorwurf, daß sie um jeden Preis gouvernemental sein wolle. Wir haben bereits in einem früheren Artikel ausdrücklich den Standpunkt vertreten, daß in Sonderheit die konservative Partei es nicht als ihre Aufgabe betrachten solle, in Filzschuhen einherzugehen, während sie doch mit ehrlichen Lederstiefeln auftrelen kann. Sie muß sich das Recht der freien Meinungsäußerung wahren, ohne daß sie da bei in den Ton zu verfallen braucht, den man an der frei sinnigen Presse mit Recht als grundsätzliche Nörgelei verurtheilte. Heute will die Freisinnspreffe den Spieß umdrchcn. Noch hat sie kein Recht dazu, und man darf von der konservativen wie auch von der nationalliberalen Presse die Erwartung hegen, daß sie die ihr von Loyalität und Taktgefühl gezogenen Grenzen nicht überschreiten wird. Ihr gute? Recht aber, tue eigene Meinnng zu vertreten, soll sie sich durch die Einschüchterungsversuche radikaler Blätter nicht nehmen lassen! Wenn irgend ein Umstand den leitenden Kreisen Anlaß zum Erwägen geben kann, so ist es die Thatsache, daß sich das Gefühl der wachsenden Unsicherheit und Ungewißheit, um nicht zu sagen Mißvergnügens, gerade auf der Seite geltend macht, auf der die Regierung stets ihre treuesten Stützen gefunden. Die preußischen Konservativen fühlen sich verletzt durch die ihnen bei der Berathung der Land gemeindeordnung widerfahrene Behandlung, die National liberalen grollen wegen der Sperrgeldervorlage, welche dem Zentrum die weitgehendsten Zugeständnisse macht; beide Par teien aber sind mit dem Gang der Kolonialpolitik unzufrieden. Die Landwirthfchast hegt bange Besorgniß hinsichtlich einer Wendung der Wirthschafispolitik, die Industrie fürchtet sich vor den Ergebnissen der Sozialpolitik, die evangelische Kirche klagt über Zurücksetzung gegenüber dem Katholizismus. Ganz anders die „Opposition". Der Freisinn, der die Gesetzes vorlagen schließlich regelmäßig ablehnt, beurtheilt in seiner Presse die Regierung in der wohlwollendsten und versöhnlichsten Weise. Das Zentrum ruft zwar seine Streiter zum zweiten Kulturkämpfe, aber es zeigt ebenfalls ein durchaus regierungs freundliches Gesicht. Ter Widerspruch und die Zerfahrenheit, die sich in der Stellungnahme der verschiedenen Parteien ausspricht, ist in der That einzig dastehend. Die Preßstimmen, in denen diese Anschauungen zum Ausdruck kommen, haben wir, soweit cs der Raum gestattete, wiedergegebeu. Sie alle bekunden den aufrichtigen Wunsch nach einer Klärung der Lage. In maßvollem Tone brachte auch die „Nat.-Ztg." in einem längeren Artikel diesen Wunsch zum Ausdruck. Wir entnehmen den zutreffenden Ausführungen des Blattes das Folgende: „Seit einem Vierteljahrhundert, seit der großen Wandlung von 1866, als es galt, von dem Widerstande gegen eine ver fassungswidrig verfahrende Regierung zur Unterstützung dieser selben Regierung überzugehen, weil sie sich anschickte, die Einigung Deutschlands zu vollbringen, ist es für gemäßigte, das Staats- und Nationalinteresse über alles Andere stellende Männer nicht so schwer wie jetzt gewesen, ihre Position inner halb der Gegensätze unseres öffentlichen Lebens zu nehmen. Der Wunsch, daß es damit ein Ende haben möge, ist allgemein in denjenigen Volksklaffen, die in jedem Lande das Schwergewicht des Staatslebens ausmachen, die die natürlichen Gegner von Schwankungen und Beunruhigungen sind, welche nicht ohne schweren Schaden lange andauern können. Wenn dieser Wunsch erfüllt wird, so werden die gemäßigten Parteien, welche seit 1866 die hauptsächlichen Träger unserer politischen Entwickelung waren, ohne Zweifel zur Unterstützung einer Regierung sich zusammenfinden, deren Zusammensetzung für eine besonnen fortschreitende Politik sehr viel größere Gewehr bietet, als die Mitarbeiter des Fürsten Bismarck in dem letzten Jahrzehnt seiner Amtsführung. Dieses Sichzusammenfinden der Parteien, an deren Unterstützung auch der jetzigen Regierung in erster Reihe gelegen zu sein scheint, mit ihr wird gefördert werden, Zwischenfälle, welche es in Frage zu stellen scheinen, werden ausgeschlossen werden, wenn sie deutlicher, als bisher zeigt, mit wem und gegen wen sie Politik zu machen gesonnen ist. Nicht als ob wir der Regierung zu- mutheten, irgend eine Partei vor den Kopf zu stoßen; diejenige Abschwächung der, Gegensätze, welche sich in einer sachlicheren, milderen, weniger verbitternden Methode des politischen Kampfes, als die der letzten Jahre war, bekundet, gilt auch uns als ein Gewinn. Aber er ist auch er reichbar, ohne daß Zweifel darüber zu entstehen brauchen, wo hinaus die Negierung will. Fürst Bismarck konnte — und auch er nicht ohne schlimme Folgen — eine Zeit lang die Par teien gegen einander ausspielen. Die jetzige Regierung wird nicht im Zweifel darüber sein, daß sie dies überhaupt nicht vermag; es ist auch keinerlei Grund vorhanden, ihr die Absicht eines solchen Versuches zuzutrauen. Aber dann muß auch Alles vermieden, werden was die Herstellung der unerläßlichen Vorbedingungen für einen ruhigen und stetigen Gang der Staatsangelegenheiten stören kann. Wenn man nicht entschlossen ist, klerikale Politik zu treiben — und diese Absicht besteht ja keineswegs — dann darf man nicht eine Vorlage, wie den neuen Sperrgesetzentwurf, einbringen. Und wenn die Regierung nicht die Politik der Deutsch-Freisinnigen sich aneignen will, wofür kein Anzeichen vorlicgt, dann darf man nicht mit völliger Passivität das die öffentliche Meinung verwirrende, systematische Bestreben derselben hinnehmen, den falschen Schein zu er wecken, als ob im Grunde die deutsch-freisinnige Politik nach dem Herzen der Regierurg wäre und diese nur zur Zeit aus Zweckmäßigkeits-Gründen noch nicht so weit gehen wolle. Nur als Beispiel führen wir in dieser Hinsicht die jüngste kolonial- politische Debatte an. Da gebärdeten die deutsch-freisinnigen Vertreter der Forderung „so wenig Afrika wie möglich," sich als ob sie die berufenen Vertreter der Kolonialpolitik der Regierung seien, und sie bekundeten ihre „Unterstützung" der- elben durch Verweigerung der Geldforderung. Ein unzwei- reutige Erklärung vom Rcgierungstische aus, daß eine derartige „Unterstützung" werthlos sei, vielmehr als Bekämpfung der Regierung betrachtet werde, hätte den seitdem fröhlich weiter gehenden Insinuationen ein Ende gemacht, daß sie deutsch reisinnige Kolonialpolitik doch eigentlich die der Regierung ei. Wie schon bemerkt: dies ist nur ein Beispiel. Die un- eugbare Erregung, welche in landwirthschaftlichen und industriellen Kreisen durch die Handelsvertrags-Verhandlungen mit Oester reich hervorgerufen worden, ist nicht so sehr durch die Aussicht auf die hiervon zu erwartenden Tarif-Aenderungen verursacht, die nach der heutigen zollpolitischen Stimmung fast der ganzen Welt nothwendiger Weise in engen Grenzen bleiben müssen, als durch die demonstrativ zur Schau getragene Siegeszuversicht von Politikern, welche ihrerseits bereit sein würden, auch ohne jede Gegenleistung des Auslandes die weitgehendsten Zugeständ nisse zu machen." Nicht ganz ungehört ist dieser Rus nach Klärung der Lage verhallt. Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" hat daS Wort zur Vertheidigung der Regierung ergriffen, und der „Reichsanzeiger" drückt diesen Auslassungen des BlatteS den Stempel einer halbamtliche» Aeußerung aus, indem er den Artikel zum Abdruck bringt. Das Nähere möge man unter „Tagesschau" nachlesen. Die ersehnte volle Klarheit freilich könnte aus den halbamtlichen Auslassungen auch der größte Sanguiniker nicht heraus analysiren. . Tagesschau. Freiberg, den 17. Februar. Der deutsch« Reichstag setzte am Montag die Berathung der Gewerbeordnungs-Novelle fort und zwar zunächst noch mit der Diskussion über Z 105v, welcher im Absatz 1 die Ausnahme fälle angiebt, in denen die Bestimmungen des K 105b über die Sonntagsruhe keine Anwendung finden (behufs Beseitigung von Nothständen, behufs Jnvenluraufnahme, Bewachung, Reinigung und Instandhaltung des Betriebes zwecks unge hinderter Wiederaufnahme des vollen Betriebes am nachfolgen den Werktage, Verhütung des Verderbens von Rohstoffen). Der Absatz 2 dieses Paragraphen enthält die Kontrolvorschristen, wonach Gewerbtreibende, welche auf Grund der Ausnahmeer- laubniß an Sonn- und Festtagen Arbeiter beschäftigen, einVer- zeichniß der Arbeiten und Arbeiter zu führen und dieses „auf Erfordern" der Ortspolizeibehörde und den besonderen Auf sichtsbeamten jederzeit vorzulegen haben. Abg. Hähnle (Volksp.) will diesen zweiten Absatz ganz streichen. Abg. Bebel (Soz.) will dagegen, daß die Vorlegung des Verzeichnisses nur an den Aufsichtsbeamten zu erfolgen habe, und zwar nicht auf Er fordern, fondern ein für allemal am Schlüsse jeden Monats. Der Absatz 3 dieses Paragraphen verpflichtet die Arbeitgeber, den betr. Arbeitern, fofern die Arbeiten länger als drei Stunden dauern, entweder an jedem dritten Sonntage volle 36 Stunden oder an jedem zweiten Sonntage mindestens in der Zeit von 6 Uhr Morgens bis 6 Uhr Abends frei zu lassen. Die dazu vorliegenden Anträge sind bereits mitgetheilt. Abg. Orte rer (Zentr.) führte aus, daß seine Partei zwar die Sonntags- Heiligung möglichst zur Durchführung kommen lassen wolle, daß aber auch die Gewerbebetriebe vor allzu großen Belästigungen geschützt werden müssen. Das von den Unternehmern aufzu stellende Verzeichn iß über die Anzahl der am Sonntag be schäftigten Arbeiter und alle einzeln ausgeführten Arbeiten fn ungemein lästig, schwer durchzufübren und als Kontrole gänzlich ungeeignet; diese Bestimmung sei deshalb zu streichen. Der Handelsminister v. Berlepsch erklärte das Verzeichniß als eine unerläßliche Kontrole und für immerhin noch weniger lästig als die polizeiliche Genehmigung der am Sonntag aus zuführenden Arbeiten, tvelche sonst an die Stelle des Verzeichnisses treten müßte. Ohne eine solche Kontrole würden die Be stimmungen über die Sonntagsruhe wesentlich durchbrochen. Eine Unterscheidung zwischen Groß- und Kleinbetrieb, wie es der Antrag Aichbichler wolle, sei hierbei nicht möglich; gerade im Kleinbetriebe würde Sonntags viel mehr gearbeitet als in den großen Fabriken. Die vom Abg. Bebel am Sonnabend erhobenen Klagen über die Mißstände im Bäckergewerbe er kenne er als begründet an, aber der vorliegende Gesetzentwurf gebe schon eine Reihe von Mitteln znr Beseitigung der Miß stände an die Hand. Abg. Gutsleisch (dfr.) erklärte das Gesetz für ihn nur dann für werlhvoll, wenn es die nöthigen Kontrole» biete. Bringe das Verzeichniß auch eine Vermehrung des Schreibwerks mit sich, so sei die Schreiberei das nicht zu umgehende Korrelat für die Vortheile des Gesetzes. Uebrigens müsse jeder Arbeitgeber so wie so schon über