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Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 10.02.1891
- Erscheinungsdatum
- 1891-02-10
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-189102103
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-18910210
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-18910210
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Freiberger Anzeiger und Tageblatt
-
Jahr
1891
-
Monat
1891-02
- Tag 1891-02-10
-
Monat
1891-02
-
Jahr
1891
- Titel
- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 10.02.1891
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»3 Areiverger Anzeiger ««d Lageblatt. Sette L. beabsichtigt, die deutsche Wirkungssphäre in Afrika cinzu- schränken, gewagt erscheine. Die Behauptung des „Hamburger Korrespondenten", der Reichskanzler habe die Ansicht widerlegt, daß Bismarck den Vertrag mit England nicht geschlossen haben würde, sei unerwiesen. Caprivi habe bei seinem Amtsantritt mit dem Vorgänger über Ostafrika nicht konferirt und Kenntniß von dem damaligen Standpunkt der Regierung nur durch Einsicht in die Akten genommen, sonst würde er sich nicht auf fragmentarische Randbemerkungen beschränken, und den Interviewern gegenüber habe Bismarck ausdrücklich gesagt, er würde zum Abschluß deS Vertrages nicht gerathen haben. Englands Freundschaft unterliege, so lange Salisbury im Amte sei, keinem Zweifel, und es hätte eines besonderen Abkommens nicht bedurft. Ueber die Zusammensetzung deS neuen italienischen Ka- binets verlautet bisher Folgendes: Rudini Ministerpräsident und Auswärtiges, Nicotera Inneres, Zuzzatti Schatz, Pelloux Krieg, Branea Finanzen oder Arbeiten, Senator Villari Unter richt. Dir offizielle Ministerliste soll Montag veröffentlicht werden. In Deputirtenkreisen heißt es, Rudini werde Erspa rungen in Höhe von dreißig Millionen einsühren, alsdann ge denke er das Listenskrutinium durch Kammerbeschluß abzu- schaffen und die Deputirtenkammer selbst aufzulösen sowie Neu wahlen anzuordnen, welche sür die Rechte voraussichtlich günstig auSfallen würden. Betreffs der Abstriche am Kriegsbudget zirkulirt das Gerücht, der Ches des Generalstabs Cosenz habe gegenüber dem König erklärt, die beabsichtigten Ersparungen am Kriegsbudget würden die Schlagfertigkeit der italienischen Armee im Kriegsfälle nicht beeinträchtigen. — Crispi erträgt sein Mißgeschick anscheinend mit philosophischer Resignation. Er verständigte seine frühere Klientel vermittelst Zirkulars, daß er seine Advokaturkanzlei wieder eröffnet habe. Immer unerfreulicher lauten die Nachrichten ans Belgien. So berichten Brüsseler Blätter, daß eine aus Grenadieren be stehende Laekener Schloßwache verweigerte, vor der vorbei- sahrenden Königin herauszutreten und zu präsentiren. In Namur durchzogen die Ausgchobcnen nach der Loosziehung die Straßen der Stadt unter Vorantrogung einer großen fran zösischen Trikolore, welche die Inschrift trug: „Es lebe die französische Republik!" Hierbei wurde die Marseillaise ge sungen. Die Einwohnerschaft sah der Demonstration ruhig zu. Die franzAfifche Deputirtenkammer nahm am Sonnabend den Gesetzentwurf über die Frauen- und Kinder-Arbeit in Fabriken mit einigen Abänderungen an; die Debatte hatte mehrere Tage gedauert. Die Vorlage, welche vom Senat bereits angenommen ist, setzt hauptsächlich die Arbeitszeit auf zehn Stunden fest und bestimmt einen Ruhetag für die Woche. — General Saussier hat das Kriegsministerium im Hinblick auf das rauchlose Pulver ersucht, in Betreff der Kampagne-Uniform der Infanterie-Offiziere endgiltigc Verfügung zu treffen. Wie verlautet, würden die Infanterie-Offiziere graublaue Kapot- mäntel erhalten und dieselben bereits während der Manöver tragen. — Bischof Freppel beabsichtigt nach Nom zu reisen, um den von dem Abgeordneten Pion schlecht unterrichteten Papst über die Lage der Monarchistenpartei besser zu unterrichten und Lavigerie's Einfluß im Vatikan zu bekämpfen. In Spanien verschärft sich die republikanische Bewegung. Bei der Ankunft des republikanischen Führers Salmeron von Barcelona hatten sich am Sonntag in Madrid etwa 8000 Personen am Bahnhof eingefunden, welche Salmeron bewill kommneten und unter Absingung der Marseillaise bis zu dessen Wohnung begleiteten. Sodann zerstreute sich die Menge ohne Zwischenfall. Der portUAiefifcheMinisterrath beschloß, die umfassendsten Vorsichtsmaßregeln zu ergreifen, um die öffentliche Ordnung aufrecht zu erhalten. Bei der ersten ernsten Ruhestörung soll der große Belagerungszustand proklamirt averden. Die Garni sonen mehrerer Städte, wie Villasernando und Elvas, werden verstärkt, um den Uebertritt der Aufständischen zu verhindern. Dreiundvierzig republikanischer Tendenzen verdächtige Offiziere erhielten ihren Abschied. Außerdem gelten mehrere in Lissabon und Braga stehende Bataillone für unzuverlässig und sollen nach dem Süden gesendet werden. Nach einer Mitteilung des „Daily Telegraph" hat der russische Kaiser das über die Nihilistin Sophie Günsburg gefällte Todesurtheil in lebenslängliche Einzelhaft in der Festung Schlüsselburg umgewandelt. — Eine Drahtnachricht des „Daily-Telegr." berichtet ferner über einen Massenausstand auf den Admiralitätswerften in Petersburg. Neber dreitausend Arbeiter stellten die Arbeit ein. Direktor Verhoffsky wurde bei dem Versuche, die Unbotmäßigkeit zu unterdrücken, in Folge seines schroffen Vorgehens schwer verletzt und der Polizeipräfekt Greiser verhöhnt. Selbst die versöhnlichen Versuche des Groß fürsten Sergius, die Aufregung zu beschwichtigen, blieben wirkungslos. Da gefürchtet wurde, die Ausständigen würden die Weifte in Brand stecken, wurde Militär requirirt, welches die Arbeiter zerstreute und die Rädelsführer verhaftete. Die Behörden sind geneigt, den Vorgang als einen Theil eines weitverzweigten politischen Komplotts zu betrachten, welches nur mangels gleichzeitigen Vorgehens der übrigen Verschwörer scheiterte. Jedenfalls wurden die Vorsichtsmaßregeln zum Schutz des Zaren verdoppelt. Das elf Jahre bestehende bulgarische Heer wurde bisher mit russischen Kommandoworten befehligt. Der Kriegsminister hat nunmehr zu allgemeiner Befriedigung bulgarische Kom mandoworte eingeführt. Weiter wurde verfügt, daß fünf Offi ziere nach Turin, zwei nach Brüssel und drei nach Wien gehen sollen, behufs Vollendung ihrer miltärischen Studien. Der „Times" wird aus Peking gemeldet, daß das Dekret, durch welches der junge Kaiser von China sich bereit erklärt hat, persönlich die Gesandten der fremden Mächte zu empfangen, dadurch unwirksam gemacht worden ist, daß für diesen Em pfang Zeremonien, die für die Gesandten demüthigend sind, vorgeschrieben sind. — Nach Meldungen aus Shanghai hat Li-Hung-Chang, der Generalgouverneur der Provinz Petchili, an oie Regierung in Peking berichtet, daß die Einwohner von Shue-Chang schwer unter den Folgen einer verheerenden Ueber- schwemmunq gelitten haben, durch welche in zehn Distrikten von Wcn-Chuan Tempel, Brücken und Stadtmauern zerstört worden sind. Die Zahl der hierbei um's Leben gekommenen Menschen wird auf etwa 1000 geschätzt. Unter der armen Be völkerung herrscht große Noth, da die Lebensmittelpreise plötzlich gewaltig gestiegen sind. Zu der viel verbreiteten Blättermeldung, wonach die Schwester des Kaisers von Japan sich mit einem Deutschen (Professor v. Stein) verheirathet habe, wird in Berlin von berufenster Seite mitgetheilt, daß sich überhaupt niemals ein Mitglied der japanischen Herrschersamilie mit einem Ausländer vermäult hat, und daß überdies thatsächlich der regierende Kaiser das einzige Kind seiner Eltern ist. Ter norvamertkanische Oberst Cody (Buffalo Bill) er klärte einem Vertreter der Presse gegenüber, der Indianer häuptling Sitting Bull sei einfach ermordet worden. Derselbe habe in einem Zelte ruhig dagesessen und den gegen ihn aus gestellten Verhaftungsbefehl gelesen, als er von der Indianer- Polizei hinausgerufen und kalten Blutes niedergeschossen wurde. Was die gegen Oberst Forsythe schwebende Anklage beträfe, daß er im Gefecht am Wounded Knee-Bach Weiber und Kinder habe niederschießcn lassen, so sei dieses kaum zu vermeiden gewesen. Nach Nachrichten aus Valparaiso bis zum 23. Januar halten sich diejenigen Mitglieder des chilenischen Kongresses, welche nicht verhaftet wurden, verborgen. Valparaiso sei seit dem 16. Januar durch Blanco Encalada und O'Higgins blockirt, welche 3 der chilenischen Schiffsgesellschaft gehörige Dampfer und den neuen aus Europa ankommenden Kreuzer „Almiraute Lynch" weggenommen und, wie man glaubt, sich auch deS .Abtao" bemächtigt hätten. Auf diese Weise in den Besitz von Munition gelangt, hätten die Aufständischen die Brücken im Süden von Valparaiso zerstört, um der Stadt die Zufuhr von Getreide und Kohlen abzuschneiden. Alle in Santjago be findlichen Diplomaten mit Ausnahme des englischen Minister residenten Kennedy hätten sich geweigert, das Recht der Auf ständische», die Küste zu blockircn, anzuerkennen. Die Regierung, welche über 28000 Mann verfüge, rechne bestimmt auf ihren endlichen Erfolg und hätte eine Anleihe bei den Banken machen wollen, diese seien jedoch nicht darauf eingegangen. Die Gefängnisse von Valparaiso seien überfüllt; täglich er warte man einen Angriff aus die Stadt. Auch Jquique sei noch blockirt, die der Regierung dort zur Verfügung stehenden Truppen betrügen 1000 Mann, dennoch sei die Uebergabc der Stadt wegen Mangels an Lebensmitteln wahrscheinlich; zur Wiedergewinnung von Laserena sollen Truppen abge gangen sein. «olonialpolitisches. Einem Privatbriefe aus Bagamoyo zufolge übergiebt Major von Wißmann die Regierungsgeschäfte in Ostafrika am 1. April an Herrn von Soden und kehrt in Begleitung von Premier-Lientenant und Chef Fischer, Lieutenant vr. Aumüller und einigen anderen Offizieren der Schutztruppe, die aber früher nicht aktive Offiziere waren, über Port Said-Marseille nach Berlin zurück und wird ganz aus dem Reichsdienste scheiden. Der neue italienische Ministerpriilident. Die italienische Ministerkrisis ist nunmehr beendet: Ter Führer der jungen Rechten, Marchese di Rudini, ist, wie von Anfang an seit der parlamentarischen Niederlage Crispis ange nommen werden konnte, mit der Neubildung des Kabinets be traut worden und hat dasselbe in den Hauptpersonen bereits um sich vereinigt. Als im Herbste vorigen Jahres in Italien die Wahlbewegung ihren Anfang nahm, wurde Rudini, der eifrig in sie eingriff, von vielen Seiten als „kommender Mann" bezeichnet. Die Voraussage hat sich zu erfüllen l>egonnen, freilich schwerlich in dem Sinne, wie Crispi es erwartet haben mag. Rudini lehnte zwar die Verschmelzung mit der parla mentarischen Mehrheit, die Crispi im vorigen Jahre zur Ver fügung stand, ausdrücklich ab und wollte seiner Grupp«, die nahezu die gesammte Rechte umfaßt, den Standpunkt eines selbständigen und selbstdenkenden Theils einer aus den Neu wahlen hervorgehenden Regierungspartei gewahrt wissen; aber er versprach Unterstützung des von Crispi in Turin entwickelten Regierungsprogramms und stellte als Ziele, die er und seine Gruppe mit der Regierung Crispi's gemeinsam hätten, die Finanz- und Wirthschastsreform, das Festhalten an den Bünd nissen, den Widerstand gegen den Jrredentismus und gegen alle Umsturz-Bestrebungen hin. Aus diese Loosungswvrtc hin wurde die neue Kammer gewählt, in der sich für Crispi eine starke Mehrheit erhalten haben würde, wenn er sie sich nicht selbst entfremdet hätte. Es hieß nach der Wahl, daß Crispi seine Stellung noch zu verstärken gedenke, indem er Rudini in das Ministerium ausnehmen werde, und sicher hatten Rudini und seine Partei auch darauf gerechnet. Daher erscheint es keineswegs ausgeschlossen, daß die Enttäuschung einen Aulbeil an der gereizten Stimmung der Rechten gegen Crispi hat. Denn Crispi hat, so lange er am Ruder ist, mit seinen Ver sprechungen nicht gegeizt, eher mit ihrer Erfüllung. Der Marchese Antonio Starabba die Rudini ist 1839 ge boren, ist also jetzt 51 Jahre alt. Er ist Sizilianer wie Crispi, aber in seinen Adern fließt kein albanesisches, sondern mehr norditalienisches Blut. Seine Familie ist eine der reichsten Nm Millionen. Bon N. «. Green. (35. FvNsetzung.) (Nachdruck verboten ) „Er kann jedoch die Stadt nicht so leicht ver lassen," fuhr der Polizist fort, „ich habe dem Stations meister der Eisenbahn seine Person genau beschrieben, damit er ihn nöthigensalls anhält Hier am Orte lange zu verweilen, dürfte ihm auch nicht gelingen und so wer den wir ihn wohl schon morgen in unsere Gewalt bekommen. Bis dahin vermag er jedoch viel Unheil zu stiften, denn er schreckt vor nichts zurück." Diese Erwägung trieb die Männer an, ihre Schritte zu beschleunigen. „Noch vor einer Stunde fühlte ich mich recht angegriffen," sagte Gryce, „aber jetzt ist mir alle Müdigkeit vergangen." Auch in den Mienen der beiden Degraws sprach sich Muth und Entschlossenheit aus. Als sie Fräulein Aspinwall's Haus erreichten, lag dasselbe bereits still und dunkel da; Alle hatten sich zur Ruhe begeben und die Thüren waren verschlossen. „Wir müssen uns Eingang zu verschaffen suchen," sagte Gryce; „und je weniger Lärm dabei entsteht, desto besser ist cs." „Ich will die Klingel ziehen," schlug der Künstler vor „und wenn dann der alte Jakob öffnet, Fräulein Aspinwall in meinem Namen um eine Unterredung bitten lassen. Er kennt mich, auch ist er besonnen und seiner Herrin treu ergeben; gewiß wird er ihr die Botschaft bringen, ohne die andern Gäste zu erschrecken." Gryce hielt dies für den besten Plan. Er selber wollte den Künstler in das Haus begleiten, während Byrd und Degraw die Wache draußen übernahmen. Ersterem wies er seinen Platz in einer Laube an, von wo aus er die ganze Rückseite des Hauses, sowie denjenigen Flügel übersehen konnte, in welchem sich Fräulein Rogers' Fenster befand; Letzterer sollte sich im Gebüsch bei der Eingangsthür verborgen halten. Der Ton der Glocke schallte unheimlich durch das stille Haus und mehrere Köpfe wurden an den oberen Fenstern der Gast stuben sichtbar. Gespannt lauschten die Draußeustehcnden bis sich Fußtritte näherten und der Diener den späten Gästen die Pforte öffnete. Der Künstler trug ihm das Verlangen vor, seine Gebieterin in einer dringenden Angelegenheit zu sprechen, worauf der alle Jakob die beiden Herren eintreten ließ und die Thür hinter ihnen sorgfältig wieder abschloß. In der .Hausflur brannte eine matte Lampe, so daß sie nicht ganz im Dunklen blieben; auch ließ Fräulein Aspinwall lanae ai'l lick warten. Sie kam, von dem Diener gefolgt, die Treppe herunter; über ihren Gesellschaftsanzug, in welchem der Künstler sie zuletzt gesehen, hatte sie ein loses Gewand von geblümter Seide geworfen. „Was ist geschehen?" ries sie und winkte den Herren, in das Biliothekzimmer einzutreten, dessen Thüre offen stand. „Jakob wird sogleich die Lampe anzünden." „Lasten Sie lieber kein Licht bringen," sagte der Polizist vortretcnd, „das dürfte unter den obwaltenden Umständen zweckmäßiger sein. Wir müssen sehr um Entschuldigung bitten, daß wir noch so spät hier eindringen — aber da einer Dame in diesem Hause heute Nacht Gefahr droht von Seiten eines Schurken, der ihr nach dem Leben trachtet, so ist es unsere Pflicht, das Haus zu bewachen. Ich bin von der New-Dorker Geheimpolizei zu ihrem Schutze hergeschickt. Mein Name ist Gryce." „Reden Sie von Fräulein Rogers und weiß sie selbst, in welcher Gefahr sie schwebt?" ries die Herrin des Hauses, mit einen, erschreckten Blick auf den Künstler. „Sie ahnt nichts davon," entgegnete dieser eifrig, „mir aber hat sich im Laus der letzten Stunden Vieles enthüllt. Ich habe erfahren, daß Herr Degraw in Wahrheit der Ehren mann ist, als welchen Ihr Freund Morris ihn schildert. Der Schurke, der alles Unheil angcrichtel hat, ist sein Diener, der nicht nur gegen seinen Herrn und mich die schändlichsten Absichten hegt, sondern auch die unschuldige Signorina verfolgt, weil sie den niederträchtigen Plänen, durch welche er sich in den Besitz einer ungeheueren Geldsumme setzen will, seiner Meinung nach im Wege steht. Wir fürchten, daß er noch in dieser Nacht seinen gefährlichen Anschlag aussühren wird." „Entsetzlich!" ries Fräulein Aspiuwall mit bebender Stimme. „Und wo ist der Bösewicht jetzt?" „Vielleicht verbirgt er sich eben hier aus Ihrem Grund und Boden." „Dann will ich Donald und Heinrich wecken und den Kutscher rufen." Doch Gryce hielt sie zurück. „Wir haben draußen Ge hilfen," sagte er. „Zeigen Sie uns nur einen Platz, von wo aus wir Fräulein Roger's Zimmerthür bewachen können, damit ihr kein Feind naht. Ich weiß, das Haus ist ver schlossen," fuhr er fort, ihren erstaunten Blick gewahrend — „aber wir haben es mit einem schlauen Verbrecher zu thun, der überall seine Helfershelfer haben kann." „Handelt es sich nur darum, Fräulein Rogers' Thür zu bewachen," sagte sie, „so bin ich erbötig, das selbst zu über nehmen." „Sie können noch etwas weit Besseres thun," versetzte der Künstler, „wenn Sie dieselbe bei sich im Zimmer schlafen lasten." „Ja, sehr gern, da wird sie sicher sein." „Und ich werde Sie Beide bewachen," erklärte Gryce. „Was mich betrifft," sagte der Künstler, „so bleibe ich hier unten, Jakob kann mir Gesellschaft leisten. Lichter brauchen wir nicht. Sobald Sie meiner bedürfen, Herr Gryce, lasten Sie nur einen Laut hören und gleich bin ich bei Ihnen." In der geräumigen oberen Halle des alterthümlichcn Land hauses befand sich eine Art Alkoven, der durch einen breiten Vorhang von dem übrigen Raum abgetrennt war. Auf diesen Versteck schritt Gryce sofort zu. „Hier ist ein trefflicher Beobachtungsposteu", sagte er za Fräulein Aspinwall gewandt, „von hier aus kann ich unbe merkt Alles übersehen, wenn Sie nur Ihr Licht dort aus den Tisch in der Halle stellen wollen." Sie that dies, nachdem sie ihm zuvor die Thür der Sig norina bezeichnet und ihm mitgetheilt hatte, daß sich am Ende der Halle eine Hintertreppe befinde, welche vom Erdgeschoß unmittelbar nach den Schlafstuben der Gäste führe. Dann näherte sie sich mit geräuschlosem Tritt dem Zimmer ihrer Freundin und klopfte leise an. Drinnen entstand ein hastiges Geräusch. „Wer ist da?" fragte die Stimme der Signorina mit stockendem Athem. „Hilary Aspinwall — mir ist so einsam zu Muthe, Jenny, wollen Sie nicht bei mir schlafen?" Die Thür ging auf und die Signorina erschien noch völlig angekleidet. Sie lauschte ängstlich in die Halle hinaus. „Was war das?" rief sie, „hörte ich nicht ein Geräusch? — Rein, es ist nur meine Einbildung! Ich fühle mich heute so schreck haft und aufgeregt, Hilary; Sie sehen, ich bin nicht einmal zu Bett gegangen." Labei bebte sie wie Espenlaub, als hätte die Furcht, welche ihre Freunde in solche Unruhe versetzte, sich auch ihrer hemächtigt. „In diesem Zustand kann ich Sie nicht verlassen, kommen Sie mit mir," bat Hilary, „wir wollen beisammen bleiben; ich hätte doch keinen Augenblick Ruhe, wenn ich weiß, daß Sie hier wachen und sich mit Aengsten quälen." „Ich kann nicht," erwiderte die Signorina in peinlicher Erregung, „wenn solch ein nervöser Anfall über mich kommt wie heute, hilft mir nur die Einsamkeit." „Dann lasten Sie mich wenigstens hier." Nicht wissend, wie sie dem Drängen der Freundin aus weichen sollte, blickte die Signorina verwirrt zu Boden. „Ver zeihung, Hilary," flüsterte sie, „aber Sie verstehen wohl, ck giebt Zeiten, da man völlig allein sein und nicht einmal die verschwiegenen Sterne sich ins Fenster schauen lassen mag? Herr Degraw aus Cleveland hat mich um eine Unterredung sür morgen gebeten. Ich weiß nicht, was er beabsichtigt, aber ich zittere davor, denn —" sie stockte und senkte erröthend da» Haupt — „gewiß errathen Sie das Uebrige." (Fortsetzung solgt.)
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