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Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote : 22.06.1884
- Erscheinungsdatum
- 1884-06-22
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512382794-188406229
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512382794-18840622
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512382794-18840622
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote
-
Jahr
1884
-
Monat
1884-06
- Tag 1884-06-22
-
Monat
1884-06
-
Jahr
1884
- Titel
- Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote : 22.06.1884
- Autor
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»MWWMMNIM0 tlssl' Thewnitzer Anzeiger und Sla dlbote. -kr. 144. Sonntag, 22. Juni 1884. Gelte 6. „Werste Stange," begann Kugel, nachdem fie bis an den Teich der Krehermühle gekommen waren, „mr geh'» hintenwäg, off der Wiese nunter» mr hat da äne viel freiere Aussicht und die habch immer gärne, besundersch an so än Prachtamde wie heite. Sich nor," fuhr er fort, indem er mit Stangen die vorbezeichnete Richtung ein schlug, »da die silberne Scheibe der bleilichen Mondgrltin Gelinde un wie dort in der Fürnsicht der lieblichen Gegend das Duster der Abendstimmung sich verdunkelt." „Ja, Stange, eS iS scheen, gefihlvoll zu sein und sich poetisch auSdricken zu kennen! Ich sage Dir, Gevatter, da Werk mrsch Härze ordentlich weit, so in der Natur, ich kennte die ganze Menschheit umarm, „diesen Kuß där ganzen Wiilt," spricht Schiller — er machte bei diesen Worten den Versuch Stangen wirklich zu umfasse.., griff aber, weil dieser im selben Augenblicke beschäftigt war, über einen im Wege liegenden keinen Felsblock zu stolpern, in die leere Lust — „droben ivern Sternenzelt . . . .Du Kugel, ich dächte 'S tröppelte," unterbrach Stange de- Gevatters sanfte GesühlS„rasereien", „kumm, bleib uich stehn," mahnte er weiter, als er jetzt einen großen Tropfen auf seiner aus gestreckten Hand fühlte, „mache, sunst wärn mer nach gehörig eingeweecht!" O wie fürchterlich Recht hatte diesmal unser Stange. Ja jetzt fielen die Tropfen schon in größerer Menge, dann regnete eS wie „Bindfaden" und jetzt war der schönste Regenguß im Gange. Schnell zu lausen waren die Beiden nicht im Stande, e» hätte «uch nichts genützt, Eintreten war nicht ausführbar; denn eS waren keine Gebäude in der Nähe und so blieben denn die Gevattern wie angenagelt stehen. Der Regenguß hielt nicht lange an, aber er war doch hinreichend gewesen, die späten Wanderer bis aus die Haut naß zu machen. Stange war e», der den ersten Augenblick nach der Sintfluth daS Schweigen unterbrach. „Na, mei Dalgenrock iS hin, aber Du bist reene Schuld dran," sagte er zu Kugeln gewendet, „hettste nich de verdammte Verzweiflung dekelmirt, wärmer nu itze in der Gabelenze." „Na, da wärschte doch och naß geworden, närscher Kerl, meine Hose iS ooch hin, die bammelt mer Um de Berne wie ä seichter Segel uw Sn Schiff-mast. Das versteht'Sch ibrigenS an Rande, daß'ch dr Drin Dalgenrock gratis wieder offbigle l" entgegnete Kugel in etwas erregtem Tone. „Naß wär'ch zwar ooch geworden, awer mer wär'n dach weiter drinne," erwiederte Stange mit unwiderstehlicher Logik, „mr walln aber nu nich länger hier 'rumpred'gen, sonst krieg'n mr extra nach Lu ticht'gen Schnuppen I" Wie eS jedoch im Leben manchmal wunderbar herzugehen Pflegt, so kamen auch Kugel und Stange nach längerem weiteren Hin« und Herrrden trotz des kalten Niederschlages aus des Himmels Höhen dennoch vermaßen in die Hitze, daß schließlich Kugels Ziegenhainer Stangen'S fetten Lorpus, und Stangen'- Bambus Kugel'S Knochen gerüst« bearbeitete. Als indessen diese eigenthümliche Art der „Holzbearbeitung" die Streitenden mürbe gemacht und die Erinnerung an die gegenseitige Gevatterschaft wieder die Oberherrschaft gewann, reichten sie sich mit dem erhabenen Bekenntnisse, „daß sie eigentlich Beide doch rechte große Esel seien", in alter Freundschaft die Hände. Und so glitten denn die beiden versöhnten Gevattern, mit so viel Vorsicht, als ihnen noch zu Gebote stand, die schlüpfrig gewordene Wies« entlang, bogen später bei der Reschmühle in die Bachstraße ein und gelangten endlich, nachdem ihre Schritte die nächtliche Sülle der Oft- und AugustuSburgerstraße durchhallt, bald vor die heimath- lich« HauSthüre. Kugel hat übrigens Wort gehalten und Stangen'S Taillenrock gratis wieder aufgebügelt, aber der von Stange erwähnte Schnupfen hat sich doch» wie der Anzeiger-Erzähler letzthin zu beobachten Ge legenheit hatte, eingestellt und zwar ebenfalls — gratis. Kunst und Wissenschaft. — Wie von uns bereit- telegraphisch mitgetheilt wurde, ist am 19. d. M. Prof. vr. I. Gustav Droysen in Berlin gestorben- Damit hat die Berliner Universität einen großen Verlust erlitten; ist doch Droysen der Mit begründer unserer modernen Geschichts-Forschung und -Schreibung. Er war am S. Juli 1808 zu Treptow an der Rega geboren und studirte in Berlin Philologie. Nachdem er einige Jahre Lehrer an dem dortigen Gymnasium zum Grauen Kloster gewesen war, wurde er 1835 zum außerordentlichen Professor daselbst ernannt. Seine ebenso vortrefflichen wie geist- und geschmack vollen llebersetzungen de- Aeschylos und Aristophanes — letztere ist noch von keiner anderen an sprühendem Witz, im Schwünge und Fluß der Lhorliedcr und Parabasen übertroffen worden — seine Geschichte Alexanders von Make donien und de- Hellenismus machten ihn zuerst den Freunden des NUerthumS bekannt. Leine populäre und allgemeinere Wirksamkeit schreibt sich von seiner Kieler Zeit her. Er war im Jahre 1849 als Professor der Geschichte nach Kiel berufen worden: hier hat er seine glänzenden „Vorlesungen über die Geschichte der Freiheitskriege" gehalten, hier sein „Leben des tzeldmarschalls Grasen Dort von Wartenburg" verlaßt: ein Kleinod in der deutschen biographi schen Literatur, da», wie es verdient, in allen gebildeten Kreisen längst zu einem Hausbuch geworden. Als echter deutscher Patriot nahm Droysen, trotz seiner Politisch sehr gemäßigten Gesinnung, für die gute Sache der Herzog- thümer Icbhast Partei gegen die dänische Vergewaltigung. Er ist der Ver fasser der Kieler Adresse vom Jahre 1844 und wurde von der provisorischen Regierung Schleswig-Holsteins als Vertrauensmann im Frühjahr 1848 an den Bundestag nach Franlsurt gesandt- Im Parlament saß er als Vertreter eine- EchleSwig-Holsreinschen Wahlkreises und war Schriftführer des Ver- faffungsausfchuffeS; er hatte sich der Gagern'schen Partei angeschloffen und nahm bis zum Mai 1849 an den Verhandlungen des Parlaments Theil. Bon 1851 btS 1858 lebte und wirkte er in Jena und seil 1859 nannte ihn di« Universität Berlin mit Stolz den Ihrigen. Sein gelehrtes Hauptwerk ,n der Geschichtswissenschaft ist die groß angelegte und meisterhaft ausgesührle „Geschichte der preußischen Politik", die ein umsassendeS weitschichtiges Ma terial, das Droysen zum großen Theil erst aus den Archiven zusvmmcnbrachle, lichtvoll ordnet und in lebendigem Zusammenhang mit der allgemeinen Ent wickelung daS Werden und Wachsen des preußischen Staates erzählt. Mit diesem Werke wie mit seinem „Leben des Generals Bork" hat er sich ein bleibendes Denkmal in der deutschen Literatur errichtet. Literarisches. — Nr. 25 der „Gartenlaube" enthält: Brausejahre- Bilder aus Weimars Blüthezeit. Von A. v. d Elbe (Fortsetzung). — Di« Kindheit eines Riesen. Von Johannes Scherr. I. — Scesaplana und Lünersee. Von 6. 8. Mit Illustrationen. — Salvatore. Napolclanisches Sittenbild. Von Ernst Eckstein (Schluß). — Aus Pompeji. Mit Illustrationen. — Erinnerungen an einen Millionenfachen. Von Hermann Heiberg. — Blätter und Blüthen : Dar Konzert. Von Viktor Blüthgen Mit Illustration. — Volkssanatorien für Lungenkranke. Von vr. Driver-ReiboldSgrün. - Ein vermißtes Kind! — Quittung. - Allerlei Kurzweil: Das Gespenst. — Zahlcn-Räthsel. - Kleiner Briefkasten- — Die Allgemeine Zeitschrift iür Textil-Industrie, ein populär-wissenschaftliches Fachblatt für Spinnerei, Weberei Färberei, Druckerei, Bleicherei und verwandle Industriezweige, welche inChemnitz undLeipzig am 15. dieses Monats erschienen ist, hat folgenden InhaltPränumerations- Einladung. — Abhandlungen: lieber die Ursachen des ungleichen Ge- spinnstes resp. der dicken und dünnen Faden in der Streichgarnsvinnerei. (Schluß.) — Muster-Kompositionen (3 Figuren). — Kvmbinirte Maschine zum Scheercn, Leimen, bezw. Schlichten, Trocknen und Ausbäumen der W,b- kette nach Fr. Sucker'S Patenten. (Schluß) — Ueber de» Mac Nary'schen Wirkstuhl. — Das Erweitern der Wirlwaaren. — Praktische Erfahrungen mit alten und neuen Bleichmitteln. (Schluß.) — Die Errichtung von Kursen stir Fabrikingenieure aus den technischen Hochschulen. — Vorträge aus dem Gebiete der Textilindustrie. (Schluß). — Einfluß der industriellen Thäligkeit auf die Beschaffenheit des FlußwasjcrS. (Fortsetzung.) — Neuerungen und Verbesserungen: Einrichtung zur Verwehrung der Waarenbrcite am Pagetstuhl — Selbstthätig regulirender Kettenspann-Apparat. — Neuer ung an Wirkmaschinen. Patentwesen-' Anmeldung, Erlheilung, Erlösch ung, Versagung von Patenten in Deutschland. — Inserate. Sommer-AtiSflüge in's Gebirge. Original-Beitrag für den Chemnitzer Anzeiger von S. in Zwönitz. Wenn zur Sommerszeit alle Fluren sich in Grün gekleidet und die Wiesen sich auf grünem Grunde mit den mannigfaltigsten Blumen in allen bunten i geschmückt haben, die Getreidefelder bereit- üppig wogen, der dunkle aoelwald verjüngt durch seine neu getriebenen saftgrünen Zweigspitzen harz duftend uns ebenso wie der hellgrüne Laubwald zum Besuche einladet, wenn ferner in Wald und Flur die befiederte Sängerschaar jubilirend und schmetternd entreefreie Konzerte abhält, wobei ein jeder GesangSkünftler, unbekümmert um die ant-eren, sein eigenes Lied, selbst gedichtet und kvmponirt, aber ohne Noten fingt, da fühlt auch der Mensch in sich ein unwiderstehliches Regen und Drängen, nach langen Monaten wieder einmal die beengenden Mauern seines Hauses, seine Werkstatt oder Schreibstube und gleichzeitig auch daS Gewühl und den Lärm der Straßen zu verlassen, um in Gottes freier Natur frische, reine Lust zu schöpfen und sich an den sonstigen Genüssen derselben zu erlaben. Diese-Verlangen entspringt aber nicht wie so Vieler der herrschen den Mode, sondern lediglich nur dem Bedürfniß eines jeden Einzelnen durch Bewegung im Freien während des Sommers zur Erhaltung der körperlichen Gesundheit und geistigen Frische beizutragen. Glücklicherweise ist diese Er- kenutniß in unserer Alles überhastendenden, nervös machenden Zeit Gemein gut beinahe Aller geworden, und säst Jeder, den nicht Krankheit an das Zimmer fesselt, giebt' sich dem Naturgenuß mehr oder weniger oft hin. Einen viel größeren Reiz gewährt wie allbekannt gegenüber dem flachen Lande das Gebirge, und man giebt daher dem letzteren fast stet- den Vorzug, namentlich wenn die auszuwendenden Opfer an Zeit und Geld nicht ganz außer allem Verhältnis zu dem zu erwartenden Vergnügen stehen. — Um nun denjenigen Bewohnern von Ehemnitz und Umgegend, welche verschiedener Gründe wegen von einer größeren Reise absehen müssen und nur 1 oder 2 Tage höchstens zu einem Ausflüge verwenden wollen, einen Fingerzeig über mehrere höchst lohnende Touren zu geben, soll hier auf einige nahe gelegene und dabei wenig kostspielige Gebirgswanderungen aufmerksam gemacht werden, welche bisher entweder ganz unbekannt, oder doch viel zu wenig beachtet wordcn sind, nichtsdestoweniger aber so viele Naturschönheiten aufzuweilen haben, wie sie nicht besser gewünscht werden können. Um eine solche Tour zu machen, fährt man früh mit dem 4 Uhr 40 Min. von Chemnitz abgehenden Zuge der Chemnitz-Adorser Bahn bis zur Station Zwönitz, (Tagesbillet III. Klaffe 2 Mk. und II. Klaffe 3 Mk), wo man 6'/« Uhr anlangt. Bon hier aus kann von mehreren Touren nach verschie denen Punkten, je nach Geschmack und Marschiersähigkeit, die geeignetste ge wählt werden, und es sollen deshalb mehrere derselben zur Auswahl näher bezeichnet weiden. Zunächst nehmen wir die Tour nach dem von allen Kennern so viel gelobten, sagenhaften Greifenstein bei Geyer. Derselbe ist «ine Granitfelsengruppe, welche einer Burgruine ähnelt, auf einem Berge im soge nannten Freiwalde, von welcher zwei säulenärtige, alten Thürmen gleichende Felsen vor allem Uebrigen die Aufmerksamkeit auf sich ziehen Von dem Greifensteine überhaupt und den beiden Felscnsäulen im Besonder« wird folgende Sage erzählt: Im elften Jahrhundert soll die Burgfrau Ardliska mit ihrem Gemabl, dem Ritter Otto vom Greifen, und der aus diesem Orte gestandenen Greisenburg infolge einer Verwünschung ihre- VaterS, eine- im Äöhmerlandc hausenden alten RitterS, in die jetzt noch stehenden 2 Felsen verwandelt worden sein, weil sie gegen das väterliche Verbot den um sie werbenden Ritter vom Greisen in Minne zugethan, sich in finsterer Nacht von ihm, der als Todfeind ihres alten, krank darniederliegenden Vaters bereit» als Werber in rauher Weise abgewiesen worden war, aus der heimathlichen Burg entführen ließ. Des verlassenen greisen, und auf dem Krankenlager darniederliegenden VaterS der flüchtig gewordene» Tochter nachgeschleuderter Fluch lastete aber ihr ganzes Leben lang schwer aus der Burgfrau vom Greisen und manche Nacht hatte sie, auf ihrem Söller stehend, die Hände nach dem Böhmerlande ausgestreckt, bittere Thränen geweint und den Himmel um Ver zeihung ihrer Schuld angerufen. Allein dar Berhängniß nahte unaufhaltsam, als ihr einziger zum Jüngling herangereifter Sohn Werner zu seiner mit ihm in gleichem Alter stehenden liebreizenden Jugendgefährtin Emma, welche als kleines Kind im nahen Walde ausaesetzt und von der Schloßherrin aus genommen und erzogen worden war, in Liebe entbrannte und sich mit ihr heimlich verlobt hatte. — „Doch wehe, im Nimmersatten Geschwelg leerten sie mit der Hefe den LiebeSkelch" und „schon keimte der Sünde unselige Saat, da zog der Junker im Waffenstaat mit der Beißigen lärmendem Tröffe hin weg von der Maid aus de« Schloß." Er mußte dem Freunde des Vaters, dem alten Scharfensteiner, wider den ihn bedrängenden Feind zu Hilfe eilen und versprach dem Liebchen, nach der Rückkunft Hochzeit zu machen „und sollte drob Himmel und Erden in Trümmer geschlagen werden." Aber der Vater Werner's kommt hinter daS Geheimniß und wirst wuthentbrannt das, wie er vermuthet, von niederer Herkunft stammende Mägdlein in das schaurige Thurmverließ, wo die Aermste unter Jammern und Klagen von einem Knöb« lein entbunden wird, welches sie in höchster Verzweiflung gegen die Kerker« mauern schleudert und tödlet. Der Himmel ist aber ob dieser bösen That selbst empört, ein Wetterschlag wirst zündend das Sparrwerk des Thurmes zusammen und die rauchenden Trümmer begraben tief unten die unglückliche Mutter mit dem getödteten Kinde. Der zur selben Zeit siegreich heimkehrende Junker, welcher sich die ersten Sporen verdient und auf dem Scharfer steiner Schlöffe erfahren hatte, daß seine Braut die Tochter des alten Scharfensteiner sei. welche von dem eben bezwungenen und gefangenen Widersacher, dem Grasen Relko einstmals geraubt und in der Nähe der Greisenburg ausaesetzt worden war. wähnt nunmehr alle Hindernisse zur Verbindung mit seiner Braut beseitigt und erfährt nun zu seinem Schreck das unglückliche Ende seiner Verlobten und seines Kindes. Außer sich vor Schmerz, saßt er seinen Vater an mit der Frage: „Du Rabenvater, was hast Du geihan? Tn hast die Braut mir erschlagen, ihr Blut wird vor Gott Dich verklagen." Wahn sinn bemächtigt sich seines Geistes, er schleicht hinaus an den Bach, wo er Schierling raust und daraus den Trank bereitet, der ihn mit seiner geliebten Braut im Tode vereint. Auch der alle Graf, gemartert von Gewissensbissen, giebt sich den Tod und zu der mit des Vaters Fluch belasteten Ardliska kommt endlich um Mitternacht der Geist ihres längst abgeschiedenen Vaters. ,Wie erstickende Grabcslust wehte durchs Gemach die gräßliche Rede: Drei fache Mörderin, deS Vaters Fluch ist in grause Erfüllung gegangen! Dich wird ins Gericht noch zeitig genug Mann, Sohn und Tochter verlangen! Deine Seele, gebannt in kaltem Stein, soll dem Gatten aus ewig verbunden sein, und der sündigen Nachwelt »um Schrecken, werdet Beide zu Felsen- blöcken!" Mit einem fürchterlichen Donnerschlage zerbrachen die Thüren, die Wände barsten auseinander, die Gewölbe stürzten zusammen, das Schloß mit Allem verschwand und am nächsten Morgen standen an dessen Steve zwei riesige Steine. „In schtvindlicher Höhe überblicken das Thal noch immer die beiden Felsen, das ist Ardliska mit ihrem Gemahl, umgürtet von schwarzen Gehölzen." Ganz abgesehen von dieser Sage hat der Greisenstein doch noch so viele andere Anziehungspunkte für uns, da» sein Besuch äußerst lohnend ist und Jedermann befriedigen wird. Der Greifcnstein liegt, wie erwähnt, mitten im sogenannten Freiwalde zwischen G>yer und Thum, von beiden Orten >e Stunde entfernt aus einem Berge, 727 Meter über dem Ostseespiegel und demnach 439 Meter oder c». 1590 Fuß höher als Chemnitz. Bon ihm aus genießt man eine unvergleichlich schöne Umsicht, als auch eine sehr weite Fernsicht. Nach Süden und Südosten zu strecken sich von Südwcst nach Nordost die dunklen bewaldeten Rücken des Erzgebirges, die wieder von ver schiedenen rundgesormten Bergen überragt werben. Der Blick schweift von den Höhen des Vogtland«- in der Gegend von Schön eck bis zu den Ge birgszügen bei Frauenstein, wobei sich der Kuhberg bei Schönheide der Aucrsberg bei Eibenstock, der Spitzberg bei Gottesgabe, der Keil- und Fichtelberg, der Scheidender», der Pöhlberg bei Annaberg, der Bärenstein, sowie der Heßberg bei Jöhstadt und endlich am äußer sten Horizonte sogar noch der Kupserberg in Böhmen dem Beschauer prä- fentiren. Im Nordosten hebt sich die Augustusbur g, flankirt von ihren Thürmen, hübsch von ihrem grünen welligen Hintergründe ab. und im ebenen Norden am Rande des Horizontes ist der Colmberg bei Oschatz als kleine winzig erscheinende Pyramide noch bemerkbar, ja einer von glaubwürdiger Seite gemachten Angabe zufolge, soll man, natürlich ganz klares Wetter vor ausgesetzt, mit einem guten Fernglas« sogar den Petersberg bei Halle noch wahrnehmen können. Nach Nordwesten zu überfliegt das Äuge eine große Zahl von Städten und Dörfern, Feldern und Wäldern und es schweist der Blick hier bis in die Gegend zwischen Glauchau, Hohenstein und Wüstenbrand Bei guter reiner Lust und mit einem halbwegs guten Fernrohr oder Krim stecher versehen, läßt sich die Umschau noch verhällnihmäßig mehr erweitern. Am Fuße der Felsen liegt eine im Schweizerstil gebaute, gut bewirthschastete Waldschänke mit angenehm schattige» Gartenanlagen, wo man für mäßiges Geld des Leibes pflegen kann und im Sommer immer eine» guten erfrischen den Trunk Bier antrifft. Einer der Felsen ist durch zweckmäßig eingehauene Treppen und angebrachte Barrieren sür die Besucher, Domen nicht ausge schlossen, gefahrlos besteigbar gemacht und überhaupt Alles gethan wordcn, um den Naturfreund zu befriedigen. Neben dem zu Füßen liegenden Städtchen Geyer erhebt sich ober noch ein anderer kegelförmiger Bergrivale, die Walthers-Höhe, welche auf ihrem Gipfel ein sich von allen Seiten hübsch präsentirendes Forsthaus trägt, das auch zugleich Wirthshaus ist, und von wo aus die Aussicht nicht nur eben so gut, ja nach den Behauptungen mancher Touristen sogar noch besser als die des Greiienstcins sein soll. Von Letzterem aus sühn übrigens ein Weg, welcher im Wirthshause erfragt werden kann, nach der Walthershöhe, die in einem Stündchen bequem erreicht werden kann. Was nu» aber den cin- zuschlagenden Weg von Zwönitz nach dem Greisenstcine anlangt, so muß derselbe für den Freund der Natur, der nicht schnurgerade Promenadenwege verlangt, als ein ganz guter und Abwechslung bietender bezeichnet werden. Zunächst geht man vom Bahnhose Zwönitz nach der links im Grunde liegenden, Stündchen entfernten Kirche in Niederzwönitz, von wo aus dann auf dem rechts nach dem Bergkammc führenden Weg eine Anzahl Wegweiser, welche der Erzgebirgsverein in Zwönitz hat errichten lassen, den Wanderer „noch den, Greifenstei»" sichren Nach einer viertelstündigen langsam anstei genden Wendung durch die Saalseider nimmt »ns auf dem Rücken des Hichenzugs der Wald aus, der an warmen Tagen natürlich als schaitenspen- deiid sehr erwünscht ist und mit Lust athmet der Tourist die ozonreiche Wald lust ein, wobei infolge des Sleigens das Blut wieder einmal in eine ange nehm wirkende schnellere Zirkulation gesetzt ist. Nun führt der Weg im schattigen Hochwald beim lebhastesten Vogelkonzert, in welchem unser erzgr- birgischer Sprosser, die Zippe, die erste Stimme hat und von der Amsel lebhaft okkompagnirt wird, aus geschlungenen, häufig berasten, weichen Pfade» und durch Wegweiser und Markirzeichen geleitet, bis an ein auf einer Lich- tung liegendes Gut, „Der rothe Ochse" genannt, von wo auS man bereits die Felsen des Greisensteins erblickt und dieselben nach einem halbstündige» Marsch aus bequemen und ziemlich geradem Waldweg erreicht, nachdem ma» kurz vor dem Ziel noch die von Geyer nach Thum führende Chaussee betreten hat und auf derselben bis zur nächsten recht aufwärts führenden Straße fortgeschritten ist. Die letzte Straße führt in wenig Minuten aus den Gipfel des Berges, an daS Ziel, welches vom Bahnhofe in Zwönitz aus bei gemäch lichem Schritte in 2'/, Stunden erreicht werden kann. Hat man aber nach gehaltener Rast und Umschau noch Lust, noch eine weitere Wanderung zu unternehmen, so ist der Besuch der erwähnte» Walthershöhe unbedingt zu empfehlen Der Rückweg wird sodann über Beyer einzuschlagen sein, wobei man neben dem alleinstehenden alten Thun» vorbeipassiren muß, in welchem im Jahre 1455 bei Gelegenheit de- Sturm» läuten» infolge der Kunde vom Prinzenraub die heute noch vorhandene große Glocke zersprungen ist. In dem freundlichen netten Städtchen Geher, welches infolge früherer großer Brände fast durchweg neue saubere Häuter besitzt, kann Rast gemacht und sodann auf der Straße nach dem 2 Stunden entfernten Zwönitz der Rückweg angetreten werden, welcher ebenso wie ein Theil der Hinwege- durch den großen Geyer'schen Wald führt, und mit Ausnahme deS Ausstieg- von Geyer nach dem Walde kein Steigen mehr erfordert. Bequem wird ma» diese Tour bi» Nachmittags 5 Uhr 40 Minuten, wo der letzte Zug vo» wöniy abgeht, mochen könne», und ist man sodann Abends 7'/4 Uhr i» hemnitz wieder angelangt. — Eine zweite Tour, die entweder als Fortsetzung der ersten bei einem zweitägigen AnSflug, oder auch als eine TageSpartie für sich angesehen werde» kann, ist die von Zwönitz nach dir Spiegelwaldhöhe bei Grünhain, aus welcher der neue 727 Meter über der Ostsee (also genau so hoch wie der Greifensiein) stehende, vom Schwarzenberger Erzgebirgsverein er baute König-Albert-Thurm eine imposante Rundsicht über den größten Theil des Erzgebirges gewährt. Das tieseingeschnittene, gewundene Schwarz wasserthal mit seinen phantastischen, schwarzgrauen Felsenpartien — nament lich dem Teuselsstein bei Lauter — gemahnt sehr an die Schweizerthäler. Ties unten im Thal«, dem Flusse in seinen Schlangenwindungen folgend, rollt der Eiscnbahnzug der Zwickau-Schwarzenberg - Johann georgenstädter Eisenbahn, einem Kinderspiclzeug ähnlich, dahin, die Stadt Schwarzenberg, gekrönt mit ihrem alten Schlosse, unter welchem die Eisenbahn den Schloßberg durchtunnelt hat, liegt inmitten ihrer roman tischen, selsenreichen Umgebung zu Füßen und di« Nachbarstädte Scheiben berg und Annaberg aus der östlichen und Schneeberg. Neustädte! aus der westlichen Seite zeigen sich wie in einem großen Nundgemälde. E- wird im Erzgebirge wohl wenig Punkte geben, welche eine so großartige Rundsicht darbieten Hat man aber noch Lust, ein Viertelstündchen im Walde zu wandern, so begiel» man sich nach der Schwarzenberger Seite den Berg hinunter nach dem etwas tiefer liegenden Fürstenberge, an welchem mitten im schönsten schattigen Hochwald der Fürstenbrunnen liegt, wo gerastet und den Anforderungen des Magens in einer dort gelegenen idyllischen Wald- restaurativn Genüge gethan werden kann Die Schwarzenberger Kapelle giebt wöchentlich Mittwochs, manchmal auch Sonntags Nachmittags, auf diesem lauschig gelegenen Platze Konzert. Der Fürstcnbrunnen ist die historische Stelle, wo der Ritter Kunz von Kanssungen mit dem geraubten Prinzen Albert im Jahre 1455 vom Köhler Schmidt und seinen Genoffen gefangen genommen und dabei, als er sich, im Gestrüpp am Boden liegend, verfangen batte, nicht gutwillig sestnehmen lassen wollte, mit dem Schürbaum weidlich «drillt worden war. - Der Weg von Zwönitz kann tbeilS auf der Grün- ainer Straße bis Grünhain, theilS aber auch etwas kürzer durch da» Dorf Kühnheide und den dahinter liegenden Wald zurückgelegt werden. Bon Kühnhcide auS weisen die vom Zwönitzer Erzgebirgsverein ausgestellten Weg weiser den Touristen im Walde zurecht und ist die Strecke bequem in zwei Stunden zurückzulegen. Der Rückweg kann sodann aber auch, um Gelegen heit zu haben, andere Gebirgsparlien in Augenschein zu nehmen, vo» Schwarzenberg oder Lauter aus mit dem Eisenbahnzug über Aue genommen werden. Der letzte Anschlußzug geht Nachmittags 4 Uhr 15 Minuten i» Schwarzenberg ab — Für solche Ausflügler indeß, welche eine Tour in daS Gebirge mit Fa milie einmal gern unternehmen wollen, jedoch an die Marschiersähigkeit der Angehörigen keine großen Ansprüche machen dürfen, ist ebenfalls Gelegen heit geboten, von Zwönitz aus aus gutem Wege und bei einem nur einstün- digen Spaziergange einen Aussichtspunkt zu erreichen, der obschon leider ebenfalls noch zu wenig bekannt ist, nichtsdestoweniger aber den vorher- bcschriebenen würdig zur Seite gestellt werden kann. Es ist die» der bet Elterlein gelcgene Schatzenstein, welcher bei 762 Meter Höhe (also noch um 35 Meter höher als die vorgenannten Punkte gelegen) eine den früher be schriebenen ähnliche Ausschau gewährt. Man geht auf der Zwönitz-Elter- leiner Straße immer sanft ansteigend bis zu der im Walde gelegenen Fohlenftation, wo in der dortigen Restauration „zum Schatzenstein" im Freien unter schattigen Fichten bei einem Glase guten Elterleiner Bier «i» nach dem Marsche gut mundendes Frühstück eingenommen werden kann, und- teigt sodann mit frischen Kräften auf gutem Waldweg rechts hinaus neben >em Fohlengarten vorbei, wo sich die jungen muthigen Thiere in Freiheit herumtummeln, nach den von oben wie eine alte Ritterburg herunterschauen- dcn Felsen, welche den nordöstlichen Theil der Höhe begrenzen. Den Weg weisern solgend, kommt man, die letztgenannten Felsen links hinter sich lassend, und sodann eine breite Schneise vcrsolgend, endlich auf die mit einer Triangulationssäule gekrönte Felsenspitze Oben angelangt, thut sich dem Wanderer eine herrliche Aussicht fast über das ganze Mittclerzgebirge auf, und sämmtliche größeren Höhcnpunlte desselben können wahrgcnommew werden. — Hat der Besucher des SchatzensteinS nach der Rückkehr nach Zwönitz noch Lust und Zeit, so kann er auch noch eine andere kleine Partie, und zwar vom Bahnhofe aus nach dem zwischen Zwönitz und Löbnitz gelegenen in kaum °/> Etunden zu erreichenden Katzstein machen, der, ebenfalls eine Triangulationsstation, aus einem Höhenkamme westlich vom Dorfe Streit wald liegt. Man verfolgt hierbei die Straße nach Löbnitz bis zum Gast hose zum Schönburgischen Hofe, von wo aus nach einigen Hundert Schritten rechts ein durch einen Wegweiser markirler Feldweg nach der Höhe führt. Der Punkt ist 627 Meter hoch und gewäbrt eine Aussicht, die man vorher gar nicht vermuthet hat, und zwar kann der Erzgebirgskamm von de» Höhen bei Schöneck bis nach dem Scheibenberg, einschließlich der einzelne» größeren Berge des Gebirges, wahrgenomwen werden. Bei klarem Wetter und reiner Luft bietet sich nach dem Niederlande mittelst eines guten Fern glases eine unbegrenzte Fernsicht dar. Die Stadt Zwickau mit den i» ihrer Umgebung rauchenden zahllosen Dampfest«, scheint ganz in der Nähe z» liegen und viele von dort ausgehende E-senbahnzüge können längere Zeit mit dem bissen Auge verfolgt werden. Ebenst-gewährt die Stelle eine Uebersicht über das Lugau-Oelsnitzer Kohlenrevier mit seinen dampfenden Werken. — Nach dem oben Gesagten bedarf es also keiner kostspieligen langen Reis«, um einen schönen und vielleicht den schönsten Tbeil des Erzgebirges von einer Höhe zu überschauen und sich an den Reizen und der Lieblichkeit unseres viel- verkannten Erzgebirges zu erfreuen. Dabei wird, und zwar durch ein wenig Steigen, das Blut wieder einmal in wohlthätige Bewegung gebracht und die Athmungsorgane nehmen in wohlthucnder Weise die ozonreiche Gebirgs- lust in sich auf. Die Erzgcbirgsvercine, welche sich neuerdings fast in allen Gebirgsstädten bildeten, hoben, ganz abgesehen von den gebauten zahlreichen Aussichtsthürmen, viel dazu beigetragen, daß die schönen Punkte dem Publikum durch öffentliches Aushängen von Tonristcnkarten und Errichtung vo» Wegweisern und Mar- kirungszeichen bekannt und zugänglich gemocht werden. Auch in der Bahn hossrestauration in Zwönitz hängt eine Touristen- und Orientirungstasel aus, und werden dort etwa gewünschte Auskünfte vermittelt werden. — Möchten doch Alle Diejenigen, welchen Wochen- und monatelang ver wehrt ist, die Natur im Freien und besonders im Gebirge zu genießen, die Ge legenheit hierzu ergreifen, sie würden es wahrlich nie bereuen und ihre Heimath, sowie das Erzgebirge, von welchem letzteren sie vielleicht so wenig erst gesehen, richtig kennen und schätzen lernen. — Briefkasten. Abonnent V. Gewiß werden wir Ihrem Wunsche sobald wie mög lich entsprechen. Poststempel Altchemnitz. Besten Dank für Ihre Zuschrift. Unend lich leid that es uns nur, doß Sie sich erst die Mühe haben mache» müssen, Ihre Waschfrau zu Rathe zu ziehen, und somit diese vielleicht gar von der Arbeit abzuhalien. Künftighin mehr Selbständigkeit, lieber Freund, nicht die Waschfrau fragen I Selbst ist der Mann! Herrn w., Hier- Ein Auslieserungsvertrag mit der Türkei besteht nicht, würde auch auf einen Falliten keine Anwendung finden. Ein Prozeß daselbst wäre ohne Zweifel lehr kostspielig und sein Ausgang sehr unsicher. Am besttn werden Sie thun, Anzeige von Ihrer Entdeckung bei dem betreffenden Kon- kursgerichie zu mochen, das vielleicht die nöthigen Schritte thun könnte, oder die Vermittelung des Reichskanzleromtes in Anspruch zu nehmen- Mehrere Abonnenten. Nothwehr ist erlaubt, Exzeß in der Nothwehr jedoch strafbar, so daß also die Notl wehr ganz entschieden ihre Gxenzen hat. In dieser Hinsicht dürste Sie die nachfolgende ReichsgcrichiS-Entscheidung, welche jüngst gefällt wurde, interessiren. Am Abend des 2V. April v. I. er tappte der Oekonom G. Kindt aus Lütkenhagen einen gewissen Groll dabei, wie er Anstalten tras, die Mühle seines, de- Kindt, Bruders nicderznstürzen. In begreiflicher Auslegung und Entrüstung eilte er aus Groll zu, »m >Y» an seinem Vorhaben z» hindern. Ta erhob Groll drohend einen Schivpentn« gegen Kindt; diesem gelang es jedoch, stimm Gegner den Stiel zu entreiße
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