Suche löschen...
Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 04.10.1891
- Erscheinungsdatum
- 1891-10-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-189110041
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-18911004
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-18911004
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Bemerkung
- Fehlende Seiten in der Vorlage.
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Freiberger Anzeiger und Tageblatt
-
Jahr
1891
-
Monat
1891-10
- Tag 1891-10-04
-
Monat
1891-10
-
Jahr
1891
- Titel
- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 04.10.1891
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
»Ml. «1. 236 235 235 220—239 274—239 276-2SS 240,00-238,00 238,25—237,25 239,50-237,00 kehrte 9 Uh Dres! Dem „B. T." meldet man aus Prag: Der großartige Verlauf des Kaiserbesuches in Reichenberg hat die czechische Presse in große Aufregung versetzt. Die Blätter bringen perfide Angriffe auf die Deutschen in Böhmen und Verleumdungen der Bevölkerung von Reichenberg. Um den deutschen Charakter Reichenbergs zu be einträchtigen, hatte man für die Anwesenheit des Kaisers czechische Demonstrationen vorbereitet und im ganzen Lande für einen Zu zug von Czechen nach Reichenberg agitirt. Mehrere solcher De monstrationen wurden versucht; nach Berichten von czechischen Blättern fielen mehrere Kvnslikte vor. In Maffersdorf kam cs sogar zu einer Balgerei, bei welcher ein Stein geworfen wurde Der Kaiser soll sich im Wagen erhoben und mit der Hand abge mahnt haben. Die Nachricht des „Pesti Hirlap", daß die Frage der Thron folge demnächst ihre formelle staatsrechtliche Regelung erhalten werde, gewinnt an großer Wahrscheinlichkeit dadurch, daß auch die Regierungsblätter dieselbe ohne Bemerkungen nachdrucken. Mit dem Tode des Kronprinzen Rudolf ist bekanntlich die Thronfolge in Ungarn und Oesterreich, auf Grund der G -A. I. und II.: 1723., beziehungsweise der „pruAmutieu sanetio" genannten Familien urkunde zu Gunsten des nächsten Agnaten des Kaisers, seines um drei Jahre jüngeren Bruders Erzherzog Karl Ludwig eröffnet worden. Nun sind die Vorbereitungen der staatsrechtlichen Regelung bereits getroffen und darauf bezogen sich auch die jüngsten Zusammenkünfte des ungarischen und des österreichischen Justizministers. Die beiden Minister haben alle erforderlichen Staalsurkunden ausgearbeitet und die Frage der Thronfolge wird wahrscheinlich noch im Lause dieses, jedenfalls aber zu Beginn des nächsten Jahres geregelt und dies in beiden Staaten der Monarchie bekannt gemacht werden. Erzherzog Karl Ludwig, der nächste Thronerbe, leistet nämlich zu Gunsten seines erstgeborenen Sohnes, des Erzherzogs Franz Ferdinand, auf seine Ansprüche bezüglich beider Throne Verzicht und demnach wird der junge Erzherzog mit allerhöchster Entschließung zum Thronfolger er klärt werden. HL 23 — Grsvy, »dann geboten ist", heraus, daß Von den Mu Boulanger m Rücken auch Auslegung ai Fürst Bismar einen Krieg ! vor der Thm Während, Feier der E am Sonntax ireten sein n Entschlusse g Glanze zu reserve unv« Garibaldi-D wurden vier ausgerüstet; läßt sich bei General Ma amtlich Thei Angesicht die angeblü Napoleon's. Erinnerung, bekannte offi über die Ank sreffer ist < Wärwolf ist Gap angeko: — Der Ty auf 60 Wegs rückt inEili — Napoler Kaiser ist i Königliche Tuilerieu-Z Nach ii nische Mau gemacht, si Dem Vern« lan von M wiederholen sind kaum mentlich d: Stadt Mel griffen wm Anschein g worden, da kanisten" t spanische ff ohne seine bringen. Ter § Türkei l Privatpers zu belegen nur solche freuen, ü von den Hörden sir rärischen ff gewesen, i verhalten, für die F Letztere I Prämie h Dorfbewo Brigantei die gepli Falle we die Loka ottomanis Ausschuß Vcrfügui zustellen neure, d- an guten Nach Elevelan Staate ausschusi er erklär nächsten Als Gr gegen di Die Wißma hat, ur anzuwe es sich den W« so. 2 größten Ablauf muß « Verein gieruiy in Aex Ue' bestimi über d meine mögliö Abgesc daß E Utuml Leuten Diesel weiter Herr Rin; »die Repräsentation, das ist sein Fach." — „Gut," meinte Gambetta, »es ist von einer Mission in Amerika die Rede; vielleicht könnte man ihn damit beauftragen." Am nächsten Tag fand sich Boulanger im Palais Bourbon ein. Gambetta, der sich, wenn er mit Offizieren verkehrte, »ganz zu geben" pflegte und sehr burschikos zu reden gewohnt war, zeigte sich diesmal aus fallend kühl und zugeknöpft. Kaum hatte sich Boulanger empfohlen, fuhr Gambetta Herrn Rin an: »Ihr Freund will mir gar nicht gefallen, gar nicht. Sein Blick ist nicht frank und aufrichtig. Ich habe nur ein Auge und blicke den Leuten fest ins Gesicht, wenn ich mit ihnen spreche; dieser Herr hat zwei Augen und sucht aus zuweichen." Trotzdem erhielt Boulanger die betreffende Mission (es handelte sich um die Vertretung der französischen A.mee bei den Feierlichkeiten zu Ehren des hundertjährigen Jubiläums der Einnahme von Georgetown). Nach der Rückkehr Boulangers schien Gambetta großen Gefallen an dem Freunde des Herrn Rin zu gewinnen, denn dank seiner mächtigen Fürsprache wurde er zum Direktor der Infanterie im Kriegsministerium ernannt, in welcher Eigenschaft er eifrig bemüht war, alle von Gambetta empfohlenen Offiziere zu fördern und überhaupt allen Weisungen, die ihm vom Palais Bourbon kamen, zu gehorchen. Der Lohn blieb nicht aus, Boulanger, der seine Beförderung zum Brigade general dem Herzog von Aumale verdankte, wurde dank der Be fürwortung Gambettas zum Divisionär ernannt. Ueber den Verlauf der Schnäbele-A fsaire, welche Boulanger bekanntlich sehr geschickt benutzt hatte, um sich vor den blöden Massen als Retter des Vaterlandes aufzuspielen, weiß das Wiener „Frdbl." noch folgende Einzelheiten anzusühren. In dem Ministerrathe, welcher bei Eimreffen der Nachricht und der Verhaftung Schnäbeles anberaumt wurde, herrschte die größte Aufregung. Man hörte, der Kammerpräsident Floquet habe die Einberufung der Kammer und des Senats begehrt und Bou langer hätte die Erlaubniß gefordert, sofort zwei Armeekorps an die Grenze zu schicken. Letzteres war in der That der Fall. Allein der Präsident Grsvy setzte diesem Antrag seine eherne Ruhe entgegen. »Das wäre", sagte er, »der Krieg. Haben Sie die Zusammenstellung, wie viel Truppen Sie in einer bestimmten Zeit mobilisiren können?" »Das geht mich an", fuhr Boulanger auf. „Gewiß", antwortete Grevy mit eisiger Kälte, „aber ich müßte die Kriegs-Erklärung unterschreiben." Und ohne sich durch die großartigen Phrasen und Gesten Boulangers beirren zu lasten, fügte Grevy hinzu: »Ich gebe Ihnen zwei Tage Zeit. Bringen Sie mir bis dahin genaue Ziffern." In der nächsten Ministerrathssitzung kam Boulanger mit einem Zettel, auf welchem einige unvollständige Daten standen. »Wenn dem so ist", sagte Aus Italien: Am Freltag erregten in Rom gegen Mittag einige Pilger vor dem Grabmale Viktor Emanuels im Pantheon durch ihr Benehmen öffentliches Aergerniß; in Folge dessen ent stand ein Tumult. Es wurden Polizeiagenten herbeigerusen, welche drei Pilger verhafteten. Einige junge Leute organifirien hierauf sofort eine Demonstration im liberalen Sinne, durchzogen die Stadt und verlangten vor den Hotels, in welchen Pilger wohnen, unter Pfeifen die Aufhistung der Nationalfahne. Die Hotelbesitzer kamen diesem Verlangen sofort nach, die Fahnen wurden enthusiastisch begrüßt. Die liberale Demonstration, welche unter fortwährenden Rufen: »Es lebe Italien!" »Es leb« der König!" fortdauerte, zerstreute sich gegen 4 Uhr Nachmittags in vollkommener Ruhe. Die Pilger, welche dieselbe veranlaßt haben, sind Franzosen. Die Verhafteten heißen: Michel Trufe, Student, Maurice Gregoire, Advokat, und Eugene Choucasy, Journalist. Es heißt, der Hauptschuldige sei der Erstgenannte. Viele Bürger stürmten dem Pantheon zu, um sich daselbst in das Verzeichniß. buch einzutragen. Auch zahlreiche Pilger zogen später ohne jeg lichen Zwischenfall nach dem Pantheon. Das etwas pomphaft angekündigte Testament des Generals Boulanger erweist sich als eines jener zwar phrasenhaften, aber völlig inhaltlosen Schriftstücke, mit denen der General in seinen Glanzzeiten so ost die Welt beglückte; unerwiesene Behauptungen wechseln mit seichten Tiraden in lieblicher Folge, und wenn Bou langer zum Schluß Frankreich und die Republik leben läßt, so ist das entweder der Ausfluß einer sehr späten Erkenntniß oder pure Heuchelei, denn Niemand hat gerade die Republik hartnäckiger bekämpft, Niemand ist ihr absichtlich und unabsichtlich gefährlicher geworden, als gerade er. Wenn Boulanger thatsächlich keinen ernsthaften Versuch gemacht hat, die Republik zu stürzen, sich zum Diktator aufzuwerfen, so lag dies nicht an seinem guten Willen, sondern war die Folge seines Mangels an Entschlußfähigkeit, seiner moralischen Feigheit, die ihn ja schließlich auch ins Exil trieb. In einem Athemzuge versichert er, daß er sich tödten wolle, nicht weil er an der Zukunft verzweifle, sondern weil er nicht das furchtbare Unglück ertragen könne, daß ihn vor zwei Monaten betroffen habe, und dann wieder fordert er wieder seine Anhänger aus, den Kampf gegen Diejenigen fortzusetzen, die ihn gegen Recht und Gesetz fern vom Vaterlande in den Tod trieben. Wenn Boulanger gegen seine angeblichen Verfolger als die Urheber seines Todes hetzt, hat er also bereits vergessen, daß er unmittelbar vor her in larmoyanter Weise auf das Hinscheiden der Frau Bonne- main als die Ursache seines Selbstmordes bingewiesen hat. In Wirklichkeit darf daran festgehalten werden, daß Boulanger weder aus dem einen noch aus dem anderen Grunde freiwillig in den Tod gegangen ist; vielmehr haben offenbar nur die finanzielle» Schwierigkeiten, in die der General gerathen ist, die entscheidende Veranlassung geboten. In Bezug auf Herzensangelegenheiten war Boulanger bekanntlich sehr vielseitig und Alles eher denn senti mental. Er kennt eben den Charakter seiner Landsleute zu genau, als daß er nicht sich eines guten „Abgangs" versichert gehalten hätte, wenn er eine Herzensangelegenheit zum Vorwande für seinen Selbstmord nahm. Von Allen verlassen, jeder weiteren Hilfs quelle beraub«, zog Boulanger eben nur auf dem Friedhost der Brüsseler Vorstadt Ixe lies das Fazit seines verfehlten seins. Der Tod Boulangers giebt natürlich Veranlassung, Erinne rungen aus der Vergangenheit auszufrischen, die zum Theil seine Person und seine Thaten treffend charakterisiren. Aus den Auf zeichnungen des Generals Rin entnehmen wir folgende Einzel heiten über den Verkehr Boulangers mit Gambetta. Als Letzterer Präsident der Abgeordnetenkammer wurde, ernannte er den damaligen Oberst Rin, den er von früher Hec kannte, zum Militär-Kommandanten der Kammer: ein eminenter Vertrauens posten. Gambetta wollte so viel als möglich mit höheren Militärs verkehren und Rin war ihm dabei vermittelnd behilflich. Er brachte die späteren Kriegsminister Farre und Thibaudin und den zukünftigen Befehlshaber des Expeditionskorps in Tonkin, Millo«, ins Palais Bourbon. Eines Tages begegnete er auch Boulanger, der erst 42 Jahre alt war, aber bereits den Rang eines Brigade generals bekleidete und dessen Hals die rothe KomthurlravaNe der Ehrenlegion schmückte. Am nächsten Tage frug Herr Rin den Präsidenlen der Kammer, ob er ihm Boulanger vorstellen dürfte. Er rühmte sehr das prächtige Aussehen des jungen Ge nerals. „Versteht er sich aufs Repräsentiren?" erkundigte sich Gambetta. „Vortrefflich," erwiderte mit vollem Fug und Recht Franzose empfangen. Bei der Ankunft der Serben wurde ferner eine Rede gehalten, in welcher die Hilft Rußlands angerusen wurde. Die Czechen haben sich mit den französischen Turnern verbrüdert, fit begrüßten die russischen Gäste wie die Bolen eines RetterS, fit sangen mit lärmender Begeisterung die russische Hymne. Eine Partei, welche ihre Stütze in einem fremden Staate sucht, hat eine verwerfliche Ueberzeugung und sprengt den Rahmen der politischen Freiheit, die niemals den Verrath streifen darf. Der Tadel deS Kaisers war also noch in die denkbar mildeste Form gekleidet. Der Kaiser hat aber auch, bei Vorstellung sämmtlicher Bezirksobmänner Böhmen- durch den Fürsten Lobkowitz dem Oberstlandmarschall im Königreich Böhmen, auf lassen Versicherung der unwandel baren Treue aller autonomen Körperschaften erwidert, er hoffe und erwarte, daß die unausgesetzten Bemühungen zur Herstellung des für daS Königreich Böhmen, wie für das Reich nolhwendigen Friedens in diesem Lande die hingebungsvolle und selbstlose Mit wirkung aller patriotischen Männer finden werden. Der Kaiser sprach überdies gerade diese Mahnung in czechischer Sprache zur Versamm lung, während er den Anfang seiner Rede in deutscher Sprache vorgelesen hatte, offenbar, damit keinerlei Zweifel und Mißdeut ung möglich bleiben, an wessen Adresse diese Worte über den Aus gleich gerichtet seien. Die Lektion, die hiermit den Czechen ertheilr wurde, ist wohl stark genug, um, wie es «hatsächlich der Fall war, in den czechischen Reihen einige Aufregung her vorzurufen. Ob diese Mahnung freilich einen dauernden Erfolg für die Förderung deS Ausgleiches haben wird, das muß Vie Zukunstlehren. Die Erfahrung der letzten Jahre hat gezeigt, daß die Czechen, trotz wiederholter ähnlicher Mahnungen von höchster Stelle, ihren unbezähmbaren Haß gegen das Teutschthum nicht ausgegeben haben. Die jungczechische Agitation Hal auf olle Mahnungen ähnlicher Art nur mit der Vernichrung der alt- czechischen Partei und mit noch heftigeren nationalen Exzessen geantwortet, die man schon aus Gründen des internationalen Friedens bedauern mußte. Das Streben der Regierung gehl dahin, die bereiis völlig isolirte jungczechische Partei im Lande selbst zu schwächen und ihr möglichst viel an Boden in der Be völkerung zu enziehen. Auch hierzu sollte vielleicht der Kaiser besuch mit beitragen. Der Hauptzweck der Kaiserreise ist und bleibt jedoch die Ver söhnung der beiden böhmischen Volksstämme. Unler diesem Ge sichtspunkt erscheint der Umstand, daß Kaiser Franz Joseph neben Prag auch das deutsche Zentrum Reichenberg besuchte, in einem ganz besonderen Lichte. Dieser Besuch in Reichenberg war offenbar nicht nur darauf berechnet, dem nalionalen Gefühl der Deutschböhmen gerecht zu werden, ihre Gleichstellung mit den Czechen zum Ausdruck zu bringen, sondern auch zu bekunden, daß der Kaiser ihnen unter den obwaltenden Umständen ihr Fern bleiben von der Prager Ausstellung nichl verüble, und wohl auch zugleich den Czechen einen Wink zu geben, daß die deutsche Nationalität in Böhmen ein Machtelement varstelle, auf welches sich die Regierung schließlich auch zu stützen vermöchte. Daß hiernach der Besuch des Kaisers in Reichenberg den Czechen ein Dorn im Auge war, leuchtet wohl ohne Weileres ein. Ob man deshalb ein Recht hat, den Bubenstreich von Rosenthal, das Dynamitattrntat auf die von dem Kaiser zu befahrende Bahnstrecke, auf das Konto der Czechen zu schreiben, ist nicht ohne Weiteres zu behaupten. Es kann sich um einen Streich eines vereinzelten Anarchisten handeln, doch liegt auch die Vermuthung nichl aüzu- fern, daß das Attentat den Zweck verfolgte, die Reise des Kaisers nach Reichenberg zu hintertreiben. Wer will es wissen? Er freulicher Weise hat das Bubenstück nicht vermocht, einen Schalten auf die Festfreude der Reichenberger zu werfen. Jagt der Regent in der Nähe oder reist besten Sohn, Prinz Ludwig, zu seinem nahegelegenen Schloßgute Leutstetten, so be rühren diese das vormalige Jagdschlößchen der bayrischen Kur fürsten nicht. Nach einer der „Bost. Zeit." zugegangenen Drahtmeldung aus Paris haben alle dortigen Blätter Sonderberichterstatter nach dem Reichslande geschickt, um die Wirkung der Aufhebung des Paßzwanges zu beobachten. Sie erzählen, daß alle Eisenbahnzüge aus Frankreich überfüllt waren und der Tag in den meisten elsässischen Familien als Feiertag gefeiert wurde. Im Interesse einer wirksamen Betheiligung der deutschen Kunst und Industrie an der Welt-Ausstellung in Chicago haben die staatlichen Eisenbahnverwaltungen sich bereit erklärt, für diejenigen Gegenstände, welche nach einer von dem Reichs kommissar auszufertigcnden Bescheinigung auf der genannten Aus stellung zur Schau gebracht werden sollen, bei der Beförderung nach den Verschiffungshäfen auf den ihnen unterstellten Bahnen nur die halbe tarifmäßige Fracht in Ansatz zu bringen. Die Entwickelung, welche die Roggenpreise thutsächlich genommen haben, bestätigt die Annahme, daß zwar der Preis sich aus einem verhältnißmäßig hohen Stande erhalten, aber nicht entfernt die ausnahmsweise Höhe behaupten werde, welche er kurz vor dem Inkrafttreten des russischen Ausfuhrverbotes erlangt hatte. Der höchste Preis, welcher in Berlin am 22. August er reicht wurde, betrug für Lokowaare 240—255, Lieserungsqualität 253, für lausenden Monat 260,5—254 M. auf die Tonne. Er fiel bis Ende August schon aus 228—239, 237 bezw. 246—239 Mark auf die Tonne. Mit geringen Schwankungen nach oben an einzelnen Tagen hat sich die fallende Tendenz den ganzen Monat September hindurch fortgesetzt. So stellten sich am 7., 14. und 21. September die Preise folgendermaßen: Loco Lieserungsqualität für lausenden Monat Politische Umschau. Freiberg, den 3 Oktober. Der deutsche Kaiser hat wegen der gegenwärtigen schönen Witterung seinen Aufenthalt in Ostpreußen auf Jagdschloß Rominten noch um 2 bis 3 Tage verlängert. Aus München wird geschrieben: In Bayern wurde am 30. September das Namensfest des unglücklichen 43jährigen Königs Otto offiziell gefeiert. Mit Ausnahme dieser Feier des Namens und Geburtsfestes des Königs Otto ist von demselbei« kaum mehr offiziell die Rede. Man nimmt allerwärts an, cs gehe dem König nicht schlimmer als bisher. Und in der Thal ist über den königlichen Irren in dem einsamen, von einem Zuge der Leibregiments - Infanterie und zahlreichen Gen darmen bewachten Schlöffe Fürstenries, das von München 1*/z Stunden entfernt ist, wenig Neues zu melden. Ter Krank heilszustand des Königs ist ein unveränderter. Von den Kaiser- ftstlichkeiten in und um München, von alledem, was in Bayern vorgeht, dringt nichts zu dem Könige, welcher dies auch geistig zu fasten nicht im Stande wäre. Nur ab und zu naht sich dem einsamen Fürstenried eine bayrische Hof-Equipage. Mitglieder der Familie des Prinzen Adalbert und zuweilen des RegentenTochter, Prinzessin Therese, suchen das Schloß und den Kranken auf. Mrewerger «mrtae* »md Laqebl^" Selle 2. Am letzten September aber war an der Berliner Produktenbörse der Roggen loko 210—230, für diesen Monat 228,5 für Sept. « Oktober 229,75—230,75—225,75 Mark notirt. Ob dieser Stand 1 sich dauernd erhalten oder wieder von einer kleinen Bewegung ! nach oben, wie sie mehrfach auch in den vorher gehenden Wochen i zu verzeichnen war, abgelöst werden wird, mag zweifelhaft sein. ! Soviel ist aber sicher, daß, seitdem die auf die Preisbildung ein- ' wirkenden künstlichen Momente, vor Allem also die lediglich auf Differenzgewinn abzielende Börsenspekulation, nicht mehr in dem vollen Maße, wie im Monat August, thätig sind, und die Beun ruhigung des Handels durch den Ansturm auf die Getreidczölle ausgehört hat, dir Preise einen solchen Rückgang erfahren haben, welcher nicht allzuweit hinter demjenigen zurückbleibt, welcher von einer gänzlichen Aufhebung der Getreidczölle zu erwarten gewesen wäre. Ob mit dem Zusammenlreteu des Reichstages aber nicht neue Beunruhigung und damit wiederum eine Preissteigerung zu erwarten ist, steht dahin. Die Nachrichten über den Versuch, die Eisenbahnbrücke bei Reichen berg, welche der kaiserliche Hofzug passirle, zu zerstören, haben in ganz Oesterreich eine tiefe Erregung hervorgerufen, die noch immer andauert. In Wien wird allgemein angenommen, daß es «sich dabei lediglich um eine Störung der Reichenberger Feste ge handelt hat, und diese Annahme hat auch die größte Wayrschein lichkeit für sich. Die vorliegenden Preßstimmen aus der Provinz und aus Ungarn geben jedoch mitunter auch dem Verdachte eines Atteniates Raum. Die Meyrzahl der ungarischen Blätter geht von der Vermuthung aus, daß nationale Eifersucht mit im Spiele gewesen sei, und ist geneigt, die That aus Rechnung czechischer Fanatiker zu setzen, welche Reichenberg sein Kaiserfest mißgönnten; doch muß der Wahrheit gemäß konstatirt werden, daß hierfür bis jetzt nicht der geringste Anhaltspunkt vorhanden ist. Selbst verständlich ist der Wunsch allgemein, daß es den Behörden ge lingen möge, des Thäters oder der Thäter bald habhaft zu werden. Eine Spur derselben glaubt die Reichenberger Polizei auch schon zu besitzen, die weiteren Resultate der Nachforschungen werden abgewartet werden müssen. Die Bewohner von Rosenthal glauben, der Thäter sei derselbe, der am Johannestage die Johannes- Statue in Reichenberg in die Luft sprengen und am Marientage dasselbe mit der Marien-Kapelle bei Muffersdorf thun wollte. Seine Absicht war Rache und die Lust, den Reichenbergern eine Freude zu verderben. Einige Leute vermuthen den Atten'äter in einem hirnverbrannten jungczechischen Fanatiker, Andere aber verweisen auf die Anarchisten, die sich in Reichenberg wiederhol« durch Bombenattenlate bemerklich machten: so im Vorjahre den Dampfkessel der Liebigschen Fabrik. Hiernach hätten die Anar chisten einen Schreckschuß beabsichligt, um ihr Fortbestehen darzu- thun und die Reichenberger Industriellen zu kränken. Vor drei Jahren wurde bereits in Reichenberg eine Anarchistengesellschaft verurtheilt, darunter ein Techniker, welcher Sprengstoffe anfertigte. Auch im Walde bei Reichenberg wurden Dynamitlager entdeckt und anarchistische Flugschriften von Reichenberg aus verbreitet. " Der Ansicht, daß es sich um einen anarchistischen Streich handelt, cheint man auch amtlicherseits zu sein. Wenigstens soll ein schnell zusammengetretener Ministerrath scharfe Maßnahmen be züglich der Fabrikbevölkerung in der Umgebung Reichenbergs er örtert haben. Die Blätter heben des Kaisers fast einzig dastehende Popularität hervor und melden im Uebrigen noch, die gefundenen Bombensplitter seien weder Eisen noch Blei, sondern eine eigen - thümliche, selbst den Fachmännern unbekannte Gußmasse. Der Kaiser selbst hat die Meldung über den Vorfall mit größter Kaltblütigkeit ausgenommen, so daß sein Aufenthalt in Reichenberg dadurch in keiner Weise getrübt wurde. Er besichtigte die Stadt und verschiedene gewerbliche Anstalten, sprach seinen Dank für den glänzenden Empfang wiederholt aus und äußerte seine Freude über die Entwickelung der Industrie. Auch hier be nutzte der Herrscher die Gelegenheit, zu einträchtigem Zusammen wirken im Interesse der Allgemeinheit zu ermahnen, wobei er be dauerte, daß die Reichenberger Industrie nicht auf der Landes- Ausstellung vertreten sei. Bei der Hoftafel lobte der Kaiser die ausblühende Stadt, sagte jedoch zum Bürgermeister: „Sie würden mir wirklich große Freude machen, wenn Ihre Polizei andere Uniform trüge." (Tie Reichenberger Polizei trägt nämlich Pickel hauben.) Am Donnerstag Abend um halb 10 Uhr traf er so dann wieder in Prag ein. Die Rückfahrt des Kaisers hierher gestaltete sich zu einem wahren Triumphzuge. Freudenfeuer flammten auf den Höhen, alle Stationsorte, die Fabriken und Schlösser waren glänzend illuminirt, auf den Stationen selbst halten sich Hunderte von Lampionträgern aufgestellt, welche brausende Hoch- und Slavarufe auf den Kaiser ausbrachten. In Wien, wo die Ankunft des Kaisers Freitag Abend uni 10^/^ Uhr erfolgen sollte, wird ihm ein glänzender Empfang bereitet werden. Der Bürgermeister, der Gemeinderath und Genoffenschaftsabord nungen werden den Kaiser auf dem Franz Josephs-Bahnhof be grüßen, die Straßen bis zur Hofburg sollen beleuchtet und durch ein Spalier von Bürgern mit Fackeln eingesäuml werden.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)