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AmtStllll für dir löuiglichc« und MtWca Brhürdm zu Ficibcrg uud Braut. 44. Jahrgang. Dienstag, den IS. September. Inserate werden bis Vormittags 11 Uhr angenommen. Preis für die Spaltzeile 13 Pfg. Außerhalb des Landgerichtsbezirks 15 Pfg. 18S1. " « Bekanntmachung, Die Erheb««« der diesjährige« Er«1e > Ergebnifie a« Rogge«, Weite« u«d Kartoffeln betr. Unter Hinweis auf die Bekanntmachung vom 3. lfd. Mts. werden der Herr Bürgermeister zu Brand und die Herren Gemeindevorstände und Gutsvorsteher des hiesigen Verwaltungsbezirks ersucht, das Formular auf den ihnen demnächst zugehenden Karten nach dem denselben beigegebenen Texte und nach Einvernehmen und unter Unterschrift von drei im Orte befindlichen landwirth- schastlichen Sachverständigen sowie unter Berücksichtigung der in der Versammlung vom 12. lfd. Mts. festgestellten Grundsätze genau auszufüllen und bis zum 2«. September dsS. As. portofrei wieder anher einzureichen. Dabei versieht sich die Königliche Amtshauptmannschast von dem Gemeinsinn der Gemeinde- verlvaltungen und der Herren Gutsvorsteher, daß sie durch zuverlässige und pünktliche Erfüllung der ihnen gestellten Aufgabe dem öffentlichen Interesse die durch die gegenwärtigen Verhältnisse gebotenen Dienste bereitwillig leisten werden. Freiberg, am 14. September 1891. Königliche Umtshauptmanuschaft. Vr H»It»«rlL<»ru. Wegesperrung. Wegen Vornahme größerer Reparaturbaulichkeiten wird der sogenannte Mühlweg in Grotzvoigtsberger Flur vom 1S. vieses Monat- ab bis auf Weiteres für den Fährverkehr gesperrt. Der letztere wird auf den Klötzerweg verwiesen. Zuwiderhandlungen hiergegen werden mit Geldstrafe bis zu 60 Mark oder Haft bis zu 14 Tagen geahndet. Freiberg, am 12. September 1891. Die Königliche «mtShauptmauufchaft. Vir. Iluderllurii. Bekanntmachung, die öffentliche» Impfungen betr. Um Gelegenheit zu geben, die bisher unterlassenen Impfungen im laufenden Jahre noch uachzuholen, haben wir zur Vornahme der öffentliche« unentgeltliche« Impfungen für Mittwoch, den 16. September e., Bormittags vo« 9—16 Uhr, im Kaufhaufe noch einen Termin anberaumt, während die Revifion der Impflinge Mittwoch, de« 28. September d. A., ebendaselbst um dieselbe Zeit stattfinden soll. Unter Bezugnahme auf die in unserer Bekannt machung vom 29. Mai cr. angedrohten gesetzlichen Strafen wird Solch's hiermit zur öffentlichen Kenntniß gebracht und im Uebrigen noch darauf hingewiesen, Satz die a«herhalb der öfftNt- ltchen Impftermine ausgestellte« Impfscheine oder JmpfbefreiungSnachweife, soweit nicht schon geschehen, nunmehr baldigst an RathSstelle, Zimmer R*. S, vorzuleget» find. Freiberg, am 12. September 1891. Der Stadtrath, Abtheilung für Jmpfsachen. VLsaler. Kßlg- Haferversteigerung i« Wegesarth. Donnerstag, de» 17. d. M. Vorm. 11 Uhr soll auf Wegefarther Flur ein Stück anstehender Hafer gegen sofortige Bezahlung versteigert werden. Versammlung der Erstehungslustigen beim Gasthofe. Freiberg, am 14. September 1891. Mehrbietungstermin. Nachdem für die zum Nachlasse des Gutsbesitzers Carl Herman« May in Voigts dorf gehörigen Grundstücke, das Einhufengut, Nr. 29 des Brandkatasters, Fol. 43 des Grund buchs für Voigtsdorf, das Feld- und Wiesengrundstück, Fol. 197 desselben Grundbuchs, und daS Wiesengrundstück Fol. 130 des Grundbuchs für Friedebach, bisher ein Gebot von 25630 Mark und für das Gutsinventar ein Gebot von 4130 Mark gethan worden ist, zusammen also 29766 Mark geboten worden sind, wird behufs Erlangung höherer Gebote Dienstag, der 22. September 1891, vormittags */,12 Uhr als Termin bestimmt. Erstehungslustige, welche die nähere Beschreibung der Grundstücke hier einsehen können, werden geladen, im bezeichneten Termine an Amtsstelle zu erscheinen. Sayda, den 7. September 1891. Königliches Amtsgericht. Politische Umschau. Freiberg, den 14. September. Die Anwesenheit des deutschen Kaisers in München stellt sich immer mehr als eines jener klärenden politischen Ereig nisse heraus, die berufen sind, der Legendenbildung entgegen zu arbeiten. Seit der Feier des 70. Geburtstages des Prinz-Regen ten von Bayern, seit dem bekannten Toaste des Wittelsbacher Prinzen hatten sich nicht näher zu bezeichnende Ansichten gebildet, welche Gegensätze zwischen den Höfen von Berlin und München vermuthen ließen. In wie weit diese Annahmen berechtigt waren oder nicht, soll nicht weiter geprüft werden. Thatsache ist aber, «daß man heute von einer Intimität der Beziehungen der beiden Höfe zu einander sprechen kann, von einem Zusammengehörig keitsgefühl zwischen Bayern und dem Reiche, wie sie in gleicher Mrme vielleicht noch niemals seit 1871 in die Erscheinung traten. Die gewinnende Persönlichkeit des Kaisers, seine offene Art und seine taktvolle Rücksicht haben bei Fürst und Volk alle etwa vor handen gewesenen Stimmungs-Trübungen beseitigt und den Son nenschein treuester Freundschaft zum Durchbruch gebracht. Dafür ist ein Beweis zunächst der Ton der bayerischen Presse. Auch nach seiner Abreise wird Kaiser Wilhelm von jener in herzlichsten Ausdrücken gefeiert, wird die politische Summe der Ereignisse der Manövertage in bedeutsamer Weise gezogen. So schreiben die „M. N. N." am Schluß eines Leitartikels: „Mit hoher Freude hat München den Kaiser begrüßt. Das begeisterte Hochrufen, be merkt sehr richtig ein klerikales Blatt, ist in Bayern nicht in dem Maße üblich, wie etwa in Berlin. Um so höher sind die viel tausendstimmigen Ovationen anzuschlagen, die dem Kaiser von dem Moment seines Einzuges an bis zur Abfahrt in stetig anwachsen der Gewalt dargebracht worden sind. „Man sieht überall nur frohe Gesichter", sagt ein anderes Blatt der bayerischen Zentrums partei. Das war in der That die Signatur der Kaisertage hier. Und es stellt die Thatsachen auf den Kopf, wenn ein Griesgram behauptet, nur die bemittelten Klassen der Einwohnerschaft hätten an dem Festjubel theilgenommen. Arbeiter, Handwerker, Klein bürger sind in Hellen Haufen ausgezogen, den Kaiser bei seinen Fahrten durch die Stadt zu sehen oder der großen Parade und der Serettade beizuwohnen. Die Freude hatte die gesummte Be völkerung erfaßt, sie kam aus ehrlichem Herzen und wir sind über zeugt, sie ist auch dem Kaiser zu Herzen glanzen, und so soll es sein und bleiben zwischen Süd und Nord, für immer und ewig!" Der in Köln abgehaltene deutsche Juristentag hat den Antrag des MechtsanwaltSBeckh-Nürnberg: „Besondere strafrechtlicheVorschrisien gegen Trunksucht und Trunkenheit sind nicht erforderlich", mit A Mehrheit nach lebhaftesten Kämpfen angenommen. Aus den Verhandlungen der diesen Antrag vorberathenden Abtheilung sei Folgendes hervorgehoben: Referent Senatspräsident vr. von Stösser (Karlsruhe) beantragte: „1) Die Trunksucht als solche ist nicht strafbar. 2) Die strafrechtliche Verfolgung der Trunkenheit, welche selbst verschuldet ist, an öffentlichen Orten sich kundgiebt und geeignet ist, Aergerniß zu erregen oder die öffentliche Ord nung und Sicherheit zu gefährden, ist geboten. 3) Die Trunken heit bei Verrichtungen, welche zur Verhütung von Gefahr für Leben und Gesundheit Dritter oder von Feuersgesahr besondere Vorsicht erfordern, ist abgesehen von Nothfällen, strafbar. 4) Auch der Rückfall in die Trunkenheit ist strafbar. 5) Es kann bei Bestrafung des wiederholten Rückfalls a. das auf die Trunkenheit gelegte Strafmaß überschritten, d. auf Schärfung der Haft und o. auf Ueberweisung des Verurtheilten nach verbüßter Strafe an die Landespolizeibehörde zu dessen Unterbringung in rin Arbeitshaus oder zu dessen Verwendung zu gemeinnützigen Arbeiten erkannt werden, sofern nicht dessen Pflege in einer Heil anstalt geboten erscheint." RechtSanwalt Fuld-Mainz befürwortete diesen Antrag. Bornhak (Gerichtsasseffor und Privatdozent) nahm die mäßigen Trinker in Schutz und stellte zum Anträge der Re ferenten den Unterantrag, die Worte sub 3 „und geeignet ist" bis „gefährden" zu streichen. Prof. Hiller sprach für Bestrafung der Trunksucht, ebenso Löbell, welcher sagt: Man erklärt: das Gesetz würbe die deutsche Nation in den Ruf der Trunksucht bringen. (Widerspruch). Daher die Opposition. (Lebhafter Wider spruch.) Wenn in Deutschland Diebe verurtheilt werden, wird darum einer sagen, die Deutschen sind Diebe? (Heiterkeit, Rechts anwalt Fuld: Sehr richtig!) Geh. Rath Rubo: Letzterer Satz ist doch nicht in Ernst gesprochen. Die Thesen 4 und 5 sind absolut unannehmbar. Wollen Sie Jemanden, der vor 10 Jahren be trunken war, wegen Rückfalls bestrafen? (Beifall und Heiter keit.) Für Eines aber verdient der Referent Dank, für den § 1: „Die Trunksucht als solche ist nicht strafbar." (Lebhaftes Bravo.) Prof. Franken: Ich habe noch nie an Trunkenheit Anstoß ge nommen, die öffentlich in die Wahrnehmung trat. Der stille Trinker, der seine Familie leiden läßt, muß getroffen werden. Ich wohne oft auf dem Lande, übertrete Feld- und Jagdpolizei so und so ost, noch hat mich keiner anzuzeigen gewagt. (Große Heiterkeit.) So wird's ähnlich mit der Trunkenheit gehen. Bei uns in Hessen wird die Gegenpartei des Bürgermeisters immer wegen Trunken heit bezichtigt, die Partei des Bürgermeisters darf thun was sie will. (Heiterkeit, großer Beifall ) Rechtsanwalt Beckh-Nürnberg: Der Antrag ist zünftlerisch. Das deutsche Volk weiß, daß das Gesetz gegen die arbeitende Klasse gerichtet ist und die oberen zehntausend schont. (Lebhafter Beifall.) Sehr drastisch hat das Bismarck ausgesprochen. Das Gesetz ist ein soziales oder auch ein antisoziales. Entweder stimmen sie gegen die Resolution oder lassen Sie sich cinspcrren, denn es passirt ihnen auch. (Heiterkeit. Bravo.) Geh. Rath Götz bekämpft grundsätzlich den ganzen Ge setzentwurf, den man doch in Köln, der Stadl mit dem guten Wein, nicht berathen sollte. (Beifall.) Rechtsanwalt Katz (Berlin): Handelt der Trunkene gegen die Familie, so ist das Gesetz da, handelt er gegen sich selbst, dann gehört er in die Heilanstalt. Es müsse doch wunderbar zugehen, wenn nicht morgen im Zoolo gischen Garten einer der Juristen selbst zu tief in's Glas schauen sollte und einigen der 700 ruhigen Besucher des Gartens durch sein Angeheitertsein Aergerniß gäbe. Er beantragt zu erklären, baß Trunkenheit nicht strafbar ist. Struckmann-Köln: Weshalb soll denn der Juristentag sich nicht mit sozialen Fragen beschäf tigen? Auch der reiche, vornehme Mann wird bestraft, wenn er trunken öffentliches Aergerniß erregt. Wer von uns angeheitert Ulk machen sollte, würde damit nicht Aergerniß erregen. (Oho!) Anders, wenn er direkt betrunken ist. Von einem Klassengesctz kann ernsthaft nicht die Rede sein. Oder ist das Wuchergesetz ein Klassengesetz gegen die Wucherer? Das sind also Phrasen. (Ver einzeltes Bravo.) Wir handeln im Sinn der großen Mehrheit unseres Volkes, wenn wir die Branntweinpest bekämpfen helfen. Die Presse hat sich zwar absprechend über den neuen Gesetzent wurf geäußert. Die Presse ist aber nicht maßgebend. (Beifall und lebhafter Widerspruch.) Rechtsanwalt Cassel-Schweidnitz: Mit Strafen bekämpft man das Trinken nicht. Wird der Entwurf Gesetz, so wird man statt „obere Zehntausend" fortan „unbestrafte Zehntausend" sagen. (Große Heiterkeit.) Gestern war viel von amerikanischen Pflanzen die Rede. Das sagt man bei Reformen, aber leider nicht bei Verschlechterungen. „Die Kleinen hängt man, die Großen läßt man — trinken." (Beifall.) v. Stößer hob in seinem Schlußwort hervor: Die freiheitlichsten Völker, Italiener, Norweger, Engländer, haben für nöthig gehalten, was Sie für überflüssig erklären. Ich sage: man würde es nicht begreifen, wenn Sie daS Gesetz für unnöthig erklärten. (Beifall und Heiter» leit.) ES liegt im Interesse des deutschen Juristentages, wenn er sich hier nicht ablehnend verhält. (Oh, oh!) Der Antrag Göh der die Trunkenheit nicht für strafbar erklärt, wurde darauf mit 97 gegen 86 Stimmen angenommen. Bei der Besprechung der Aufhebung des Verbots der Ein fuhr amerikanischer Schweine und Schweinefleisch-Waaren wurde wiederholt der Meinung Ausdruck gegeben, daß der amerikanische Import erst dann werde beginnen können, wenn im Wege von AussührungSvorschriften über die Zulassungsbedingungen, insbesondere über die sanitäre Untersuchung an der deutschen Grenze Klarheit geschaffen worden sei. Diese Auffassung ist nach der „Nat.-Ztg." irrthümlich. Allerdings ist der Reichskanzler ermächtigt, zur Kontrole der Beschaffenheit des amerikanischen Schweinefleisches Anordnungen zu treffen. Von dieser Ermächti gung wird aber erst dann Gebrauch gemacht werden, wenn sich in der Folge die Nothwendigkeit herausstellen sollte, für die gesunde Beschaffenheit des berests in Amerika untersuchten Fleisches durch Anordnung einer nochmaligen Untersuchung in Deutschland Sicher heit zu schaffen. Es ist also weiter nichts erforderlich, als den Fleisch-, Speck-, Schinken- rc. Sendungen eine amtliche Bescheini gung über die in Amerika stattgehabte Untersuchung beizugeben. Nach den im Reichs-Versicherungsamt angefertigten Zusammen stellungen betrug am Schluß der ersten acht Monate seit dem Inkrafttreten des Jnvaliditäts- und Altersversicherungs» gesetzes (Ende August 1891) die Zahl der erhobenen Ansprüche auf Bewilligung von Altersrenten bei den 31 Jnvaliditäts- und Altersversicherungs-Anstalten und den acht zugelaffenen Kaffen einrichtungen 149026. Von diesen wurden 111325 Renten ansprüche anerkannt, 21614 zurückgewiesen und 2594 auf andere Weise erledigt, so daß 13493 Ansprüche unerledigt auf den Monat September übergegangen sind. Aus das Königreich Sachsen kommen 6381 Ansprüche. Die Zeichen des Verfalls innerhalb der sozialdemo kratischen Partei nehmen allgemach Formen an, die sensatwnell genannt werden müssen. Wenn in öffentlichen Versammlungen gesagt werden darf, daß im Auftrage von Bebel und Genoffen ein Svitzelthum geschäftig ist, die „Ordnung" aufrecht zu erhalten und daß im Hauptquartier eine Bande von Schmarotzern und Beutejägern vor den Herren Abgeordneten scharwenzle, so ist dieS doch mehr als das gewöhnliche Schimpfen und „Auseinandcr- etzen," von dem Kenntniß zu nehmen die Oeffentlichkeit kein Interesse hat. In der That wird die Frage der Korruption in Erfurt wohl Eruptionen im Gefolge haben, welche den Bestand der Partei überhaupt auf eine Probe stellen wird, der gegenüber die bisherigen Streitereien zwischen „Jungen" und „Alten" Spielereien genannt werden dürfen. Der „Vorwärts" bringt vorläufig folgende Erklärung des Parteivorstandcs: „An die Parteigenossen! Wie aus den Berichten des „Vorwärts" über die letzten Parteiversammlungen im sechsten Berliner Wahlkreis her» vorgeht, in welchen über die Taktik der Partei und die Haltung des Parteivorstandes und der Reichstags-Fraktion verhandelt wurde, haben die Herren von der Opposition es an den schwersten sach lichen und persönlichen Anschuldigungen nicht sehlen lassen. Dar nach haben Vorstand und Fraktion die Partei systematisch kor- rumpirt und zur Versumpfung gebracht und sind insbesondere durch den Parteivorstand die Parteigelder nach Gunst an Schma rotzer und Schweiswedler gewährt, die wichtigsten Partei-Interessen aber vernachlässigt worden. Sind diese Anschuldigungen begründet, so muß die Parteileitung mit Schimpf und Schande aus der Partei ausgestoßen werden. Die gesammte Partei ist im höchsten Grade dabei interessirt, genau zu erfahren, inwieweit jene An- sch".ldigungen auf Wahrheit beruhen; und da der bevorstehende