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8 Erscheint jeden Wochentag Nachmittag« 6 llbr für den -MO IzD » andern Tag. Preis vierteljährlich S Mark Sb Ma., d * zweimonatlich 1 M. SO Pf. und einmonatlich 7b Pf NN- TagMatt Amtsblatt für die königlichen und städtischen Behörden zu Freiberg nvd Brand. Mittwoch, den 26. August, g 1891. Zwangsversteigerung. Das im Grundbuche aus den Namen Ernst Iuliu» Hegewald eingetragene Grund stück, Folium 18 des Grundbuchs, Nr. 17 des BrandlatasterS und Nr.51a, 52, 52a und 57u des Flurbuchs für Mulda, — Hektar 17,6 Ar --- —Acker 97 HiRuthen groß und mit 172,85 Steuereinheiten belegt, geschätzt auf 20 63V M. — Pf-, einschließlich 13600 M. — Pf. Werth der Wasserkraft, in welchem Grundstücke die Holzwaarensabrikation betrieben worden ist, soll im hiesigen Amtsgerichte zwangsweise versteigert werden und eS ist der 4. Septe»der 1601, Vormittag» 10 Uhr als VerfteigerungStermi», sowie -s der 16. September 1801, Vormittag» 10 Uhr al» Termin zu Bertnndnng de» Bertheilung»plan» »nberaumt worden. Eine Uebersicht der auf dem Grundstücke lastenden Ansprüche und ihres Rangverhältniffe» kann in der Gerichtsschreiberei des unterzeichneten Amtsgerichts eingeseheu werden. Brand, am 6. Juli 1891. königliche» Umt»gertcht. «Inna,. Politische Stimmungen. In den französischen Blättern liest man neuerdings wieder allerhand hämische Betrachtungen, welche einzig den Zweck versolgen, den Muth der Revanchepolitiker anzusachen, und zwar dadurch, daß sie die Zukunft des deutschen Reiches als gefährdet hinstellen. Dieser Absicht verdanken die frivolen Lügen über den Gesundheitszustand Kaiser Wilhelms ihre Entstehung, und in dieser Absicht werden auch die Berichte über den .überhand nehmenden Partikularismus m Süddeutschland und die wachsende Unzufriedenheit mit der preußischen Bevormundung" verbreitet. Allerdings ist nicht in Abrede zu stellen, daß auch in der nord deutschen Presse der „süddeutsche Partikularismus" eine große Rolle spielt. Von Zeit zu Zeil werden einmal ein paar be sonders kräftige Blüthen, die namentlich der bayerische Parti kularismus getrieben, von der nationalen Presse zerpflückt, ohne daß sich darob jedoch irgend Jemand sonderlich ausregte oder beun ruhigte. Wir selbst brachten vor einiger Zeit einen Auszug auS einem bayerischen Blatt, dem „deutschen Michel", als Bei spiel dafür, was ein bayerisches Partikularistengemüth in seinem beschränkten Gesichtskreis an Verbissenheit und Verdrehung der Thatsachen leisten kann. Inzwischen ist noch eine ganze Reihe ähnlicher Artikel aus bayerischen Partikularistenblättern ausge graben und niedriger gehängt worden, so aus dem berüchtigten „Bayrischen Vaterland" des fanatischen Preußensressers vr. Sigl, der keinen deutschen Kaiser, sondern nur einen König von Preußen kennt, aus der „Bayrischen Volksstimme", der „Neuen Freien Volkszeitung" rc. Hier nur eine Probe aus dem zu letzt genannten Blatt: „Die Zeichen der Zeit werden immer deutlicher. Blitz auf Blitz folgt am Horizont der europäischen Politik. Furchtbar und unaufhaltsam scheint das Verhängniß seinen Lauf zu nehmen. In Rußland verbrüdern sich die zwei größten Feinde des neuen Deutschland, in Prag sympa- thisirt das Czechenthum mit den Slawen aller Art, in Italien suchen Franzosensreunde und deren Gegner den Kamps der Nationalitäten zu fördern, in Ungarn treibt der Deutschenhaß neue, wilde Blüthen. Welch ein Durcheinander von Leiden schaften! Und dabei heißt es voll Ironie und Gedankenlosig keit — wir rüsten „zum Frieden"! Woher das Alles und feit wann? War etwa vordem eine solche Massenhaftigkeit von Vernichtungsgedanken in den zivilisirten Völkern vor handen? Waren vordem solche ungeheuere Riesenheere von Millionen Kämpfern an der „Tagesordnung"? War jemals ein so wildes Wettrennen um immer schneller feuernde Flinten, immer rasfinirter werdende Mordwaffen? Mußte bas so kommen? Wer hat Alles auf dem Gewißen? Ein Staat im Norden Deutschlands, der ohne Bedenken auf die furchtbaren Gefahren der Zukunft, ohne Rücksicht aus die provozirten Weltenbrände Macht und Größe suchte, ist dieser europäische Frievcnsstörer! Es ist dasselbe Preußen, das immer begehrlich nach außen gewesen, seit Jahrhunderten Kämpfe zu seiner Vorherrschaft suchte. Im alten Bunde hatte es den deutschen Frieden zerstört, um dadurch in weiterer Konsequenz den euro päischen Frieden in fragwürdige Bahnen zu leiten, freilich un gewollt, aber doch vorauSzusehen. Das ist immer der Fluch der bösen That gewesen, daß sie sorterzeugend Böses muß ge bären, Krieg verursacht wieder Krieg! Wie glücklich könnten Wir heute als Deutsche in unserem Vaterlande leben ohne diese furchtbaren Zustände voll Ungewißheit und Kriegsgefahren, von nahen Ereignissen, wuthentfachten Raffen- und Nationen- Kämpfen! So ist es dahin gekommen, daß Preußens Macht fülle — Deutschlands Unglück geworden ist. Eine Thatsache der Bitterkeit und Wahrheit! Die ersten 25 Jahre preußischer Oberherrschaft sind dahin gegangen, theuer genug an Opfern und groß an schlechter Zukunft. Wie wird es in weiteren 25 Jahren ausschauen? Möge der Wellenlenker Alles zum Besten des großen Vaterlandes unv unseres Bayernlandes wenden!" Es ist oies wahrhaftig noch nicht das Schlimmste, was fanatischer Preußenhaß in der süddeutschen Presse geleistet Hal. Und doch würde der Fernerstehende ein gänzlich verkehrtes Bild von der Volksstimmung in Bayern erhalten, wenn er diese und ähnliche Preßäußerungen für den Ausfluß der poli tischen Anschauung weiterer Kreise der Bevölkerung hielt. Er würde dabel vollständig die örtlichen Verhältnisse verkennen. Die Winkelpresse, die mit derselben Rohheit Partikularismus treibt, wie sie städtische Angelegenheiten und ganz besonders Skandalgeschichten ausbeutet, kommt, wie man hierüber der „Köln. Ztg." schreibt, über die Bannmeile Münchens nur zu fällig in einzelnen Stücken hinaus, hat kein oder kein nennens- werthes Abonnement und lebt eigentlich ausschließlich von der in Norddeutschland gar nicht oder nicht in solchem Umfange be kannten Kolportage in Cafe's und Gasthäusern. Ihr Stamm publikum findet dieselbe in denjenigen untersten Volksschichten, namentlich auch dem weiblichen Theile, die sich um Politik weniger als um Stadlklatsch kümmern, und die sich auch durch die brutale Sprechweise dieser Blätter aus ihrem bierfrohen Phlegma nicht, wie man wohl in Norddeutschland denkt, zu sonderlichem Preußenhaß ausstacheln laßen. Vielfach werden diese Blätter ferner aus Langeweile oder geradezu, um über die Unverschämtheit lachen zu können, gekauft. Eine Sonderstellung nimmt nur das aus dem Lande viel verbreitete „Vaterland" ein. Diese Blätter sind Auswüchse der Kolportage, an deren Abschaffung in München bei dem dortigen Casö- und Wirths- hausleben ebensowenig zu denken ist, wie etwa in Brüssel, Mailand und ähnlichen Orten, wo die Kolportage noch schlimmeren Preßblülhen die Möglichkeit der Existenz verleiht. Die Zumuthung, daß die anständige Preße Bayerns sich gegen diese Blätter wenden solle, wird dort darum nicht Gehör finden, weil man in München sehr erstaunt wäre, wenn z. B. die „Allgemeine Zeitung" plötzlich einen Feldzug gegen dieselben eröffnete, denn weder in den höheren, noch auch in den klein bürgerlichen Kreisen erfreuen sich dieselben der geringsten Be achtung. Der Norddeutsche, der diese Blätter kennen lernt, be rechnet nicht, daß das, was in Norddeutschland, wo das gedruckte Wort überhaupt in größerem Ansehen steht, gefährlich sein könnte, in Süddeutschland von Niemandem so ernsthast ge nommen wird. Dort lächelt man vielmehr darüber, daß in Norddeutschland diese Winkelblätter ernsthafte politische Er örterungen Hervorrufen können. Man kann vielleicht von einer zu großen Empfind lichkeit des bayerischen Stammesgefühls, von kleinen Reiz barkeiten reden, die im persönlichen Umgänge, wie in der Preße zuweilen zu Tage treten, wobei man noch besonders die rein örtliche Eifersüchtelei der bayerischen Residenz stadt München gegen die Reichshauptstadt unterscheiden muß; von einem politischen Partikularismus ernsterer Art kann nicht die Rede sein. Die im Sommer Bayern besuchenden Norddeutschen aber werden ihrerseits gut daran thun, nicht in jeder noch so belanglosen Hervorhebung der besonderen bayerischen oder münchnerischen Art einen Partikularismus zu wittern, viel mehr den großen Unterschied zwischen Nord und Süd in fast allen Lebensgewohnheiten zu berücksichtigen. Darüber ist frei lich auch kein Zweifel, daß diese Münchener Winkelpreße nur auf einem vom bayerischen Ultramontanismus vorbereiteten Boden emporblühen konnte. Die bayerische ultramontane Preße aber zieht ihre Nahrung mit Vorliebe aus jenen nord deutschen Organen, die in der Verhöhnung Bismarck's, in der Schürung des Klossenhaffes, in der gehässigen Kritik aller Ein richtungen Preußens und des Reiches ihre Hauptthätigkeit finden. Das vergröbert sich in Bayern, wird dort für die nie dersten Volksschichten zugerichtet unv ist von dem im Grunde logischen Gedanken geleitet: „Wenn man in Preußen selbst mit Allem unzufrieden ist, warum sollen wir nicht über dieses von „freidenkenden", „unabhängigen" Preußen schlecht gemachte Land schimpfen und höhnen, warum sollen wir Bayern einen deutschen Sinn äußern, von dem Berliner und andere Zeitungen nichts wißen?" Gäbe cs einen politisch ernsthaft zu betrach tenden bayerischen Partikularismus, dann hätte die norddeutsche radikale Preße ihn zum guten Theil zu verantworten. Sie ist es in der That, welche die Wühlereien des Ultramontanismus unterstützend, auch der dunkelsten Schmutzpreße mittelbar Nah rung zusührt. Dagegen darf nicht unerwähnt bleiben, daß auch die norddeutsche radikale Presse sich in den gebildeten Kreisen Bayerns einer ausgesprochenen Verachtung wegen ihres Mangels an nationalem Sinn erfreut. Die darüber gelegentlich fallenden Aeußerungen sind aber nicht partikularistisch zu nennen. Nicht minder spricht für die gut nationale Gesinnung der bayeri schen Bevölkerung die unbegrenzte Verehrung, die überall her vorbricht, sobald es gilt, für den Fürsten Bismarck einzutreten. Gerade die Bevölkerung der süd- und mitteldeutschen Staaten ist es, die mit rührender Treue zu dem „abgedankten" Reichs kanzler steht, die es nicht verschmerzen will, daß die „neue Aera" den Schöpfer von Deutschlands Einheit und Größe als altes Jnventarstück über Bord geworfen hat. Ist das vielleicht Partikularismus? Trotz aller Lamentationen bayerischer Winkelblätter kann man also in festem Vertrauen auf die Reichstreue der bayerischen Bevölkerung der Weiterentwicklung der Dinge entgegensehen. Nicht ganz so unbedenklich erscheint dagegen vielleicht die Stimmung, die nach zuverlässigen Berichten als Wiederhall des französisch-russischen Verbrüderungstaumels in den Reichslanden Platz gegriffen hat. Wer gegenwärtig nach mehrwöchigem Aufenthalt in Altdeutschland ins Reichsland zurückkehrt und daselbst die Stimmung der einheimischen Bevölkerung zu be obachten Gelegenheit hat, dem wird es nicht entgehen können, so berichtet man dem „Hamb. Korresp.," der bekanntlich in der letzten Zeit aus Berlin vielfach halbamtlich bedient wird, daß diese Stimmung gegenwärtig einen anderen Charakter hat als 3—4 Wochen vorher. Während die bekannten Ereignisse der großen internationalen Politik, welche sich in diese» Wochen abgespielt haben, an den breiten Massen der Bevölkerung n Altdeutschland so gut wie spurlos vorübergegangen sind, haben sie auf die Stimmung der reichsländischen Bevölkerung einen ziemlich bedeutenden Einfluß gehabt. Der Empfang der ranzösischen Flotte in Kronstadt, das angeblich bewerkstelligte herzliche Einvernehmen zwischen Frankreich und Rußland, die außerordentliche Beachtung, welche diese Vorgänge in ganz Europa gesunden haben, sowie das in den Pariser Blätter» jum Ausdruck gelangende Selbstbewußtsein deS revanchelustigea Frankreich lassen in den Augen der Einheimischen, welche ihre politische Nahrung größtentheilS auS Pariser Blättern schöpfen, die französischen Aktien einerseits bedeutend gestiegen erscheine», wie andererseits die jüngsten Preßplänkeleien zwischen bayerische» und preußischen Blättern, sowie die schamlosen Darstellung«» der französischen Zeitungen über das Befinden Kaiser Wilhelm» wenig geeignet sind, die Zuverficht in die Beständigkeit der bestehenden politischen Verhältnisse zu erhöhen. Wenn daher gegenwärtig ängstliche Gemüther leicht eine Vorahnung der „dunklen Punkte" am politischen Horizont Europas beschleicht, so ist i» den Reichslanden eine Beunruhigung und Unsicherheit der Be völkerung bemerkbar, wie mau sie seit der Bluthe deS Bou- langismus nicht mehr erlebt hat, und welche noch gesteigert wird durch die aus Anlaß der Manöver stattfindenden großen Truppenverschiebungen. Diese Beobachtung ist nicht un interessant; denn sie zeigt, wie unsicher der Untergrund einst weilen noch beschaffen ist, auf welchem die unleugbaren Fort schritte, welche die deutsche Sache in Elsaß-Lothringen in letzter Zeit gemacht hat, ruhen. Eine geringe Veränderung in der Konstellation der politischen Machtverhältniße Europas genügt, um die bisherigen Erfolge in Frage zu stellen. Es zeigt sich eben auch hier, daß der beste und zuverlässigste Gehilfe für dke dauerndeGewinnungElsaß-Lothringenseinwolkenloser,felsenfester Flieden ist, der bei der Bevölkerung volles Vertrauen in die Zukunft erweckt. In unsicheren Zeiten schwankt die Stimmung von rechts nach links und umgekehrt, je nachdem die politische Lage in Paris oder Berlin günstiger erscheint. Dauernde Erfolge können in solchen Zeiten natürlich nicht errungen werden. Eine allgemeine Beunruhigung hervorzurufen sind jedoch diese vorübergehenden Erscheinungen ebenso wenig ge eignet wie die schon erörterten Aeußerungen der bayerische» Partikularistenpresse. Politische Umschau. Freiberg, de» 25. August. Das deutsche Kaiserpaar traf gestern Nachmittag 3 Uhr in Merseburg ein und wurde auf dem Bahnhose von dem Vor- itzenden des Provinzial-Landtages, Fürsten Stolberg-Wernige rode, der Generalität, dem Obcrpräsidenten von Pommer-Esche, den städtischen Behörden und den Vertretern der Universitär Halle empfangen. Auf dem Bahnhofe war eine Ehrenwache von der Unterosfizierschule in Weißenfels aufgestellt. Nach der Begrüßung und der Vorstellung fand Parademarsch statt, worauf Se. Majestät der Kaiser die Rapports der Kriegerver eine durch den Regierungspräsidenten von Diest entgegen nahm. Unter Glockengeläute fuhren Ihre Majestäten sodann in einem vierspännigen Wagen durch die reich geschmückte Stadt nach dem Schloß. Den Zug eröffneten die Schlächter zu Pferde; die Gewerke, Vereine und Schulen bildeten Spalier. In der großen Festhalle fand Nachmittags 4 Uhr das Festmahl deS Provinzial-Landtags statt. Es waren außer der Kaisertafel mit 45 Gedecken 12 andere Tafeln aufgestellt, im Ganzen nahmen etwa 270 Geladene an dem Festmahle Theil. Die Tafel war mit kostbaren Blumen und südfranzösischen Früchten dekorirt, vor den Kaiserlichen Majestäten war ein silberner Rabe, ein Geschenk des verewigten Prinzen Karl, aufgestellt. Nachdem der Fürst zu Stolberg-Wernigerode den Kaiserlichen Majestät«» ür ihr Erscheinen gedankt und in einem historischen Rückblick >ie treue Gesinnung der Provinz dargelegt, sowie aus da» Kaiserpaar ein Hoch ausgebvacht hatte, bankte bald darauf Se. Majestät für diesen Ausdruck treuer Gefühle, dabei die Alfert este Gesinnung der Bewohner der Provinz betoneitd. Er hade chon oft Gelegenheit gehabt, die Provinz zu besuche» und mit hr in Verkehr zu treten; es sei ihm ein Bedürfnis, Allen für die freundliche Aufnahme zu danken und für die Hrrbeiführnng der Gelegenheit, wieder in Merseburg erscheinen zu können. Die ireue Gesinnung der Provinz für daS Königshaus sei be- annt. Die Fürsorge und Mithilfe der Provinz hätten sich tets bewährt und die Provinz nehm« einen hohen Ptotz im Vaterlande ein bezüglich der Industrie und der Landwirthschast. Der Kaiser gab sodann der Hoffnung Ausdruck, daß bei dem festen Vertrauen zwischen der Krone und der Provinz der blühende.