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Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 06.11.1891
- Erscheinungsdatum
- 1891-11-06
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-189111063
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-18911106
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-18911106
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Freiberger Anzeiger und Tageblatt
-
Jahr
1891
-
Monat
1891-11
- Tag 1891-11-06
-
Monat
1891-11
-
Jahr
1891
- Titel
- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 06.11.1891
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-G »58. »«>1. GMhsrger ««»rise» «mV Seit« r. Ao- diesem Grunde tragen sie u. A. auch die Verantwortung für die durch direkte Kaiserliche Kundgebungen inaugurirte neue Rich tung im preußischen Unterrichtswesen Diese neue Richtung hat vielfach Bedenken schwerster Art wachgerusen und Beunruhigung in weite Kreise der Bevölkerung getragen. Ein abschließendes Urtheil läßt sich über diese Frage noch nicht füllen. Jedenfalls wird die bevorstehende Reform deS höheren Unierrichtswcsens dauernd mit dem Namen desjenigen Kultusministers verknüpft sein, während dessen Amtsführung sie zur Ausführung gelangte Dasselbe gilt von der Verantwortlichkeit des Gesammtminiitcriums und der einzelnen Ressortminister für alle anderen, durch direkte Kaiserliche Willensäußerungen auf verschiedenen Gebieten einge leiteten Reformen. Wir sind die Letzten, welche es schweigend er tragen können, wenn dem Monarchen daS Recht des persönlichen Eingreifens in alle Gebiete des öffentlichen Lebens von irgend einer Äste streitig gemacht würde. Jeder solche Versuch müßie alS ein Angriff auf das monarchische Prinzip mit aller Schürfe zurückgewiesen werden. Aber als nicht minder gefährlich für die Unantastbarkeit dieses Prinzips muß das neuerdings immer wieder hervortrctende Streben bezeichnet werden, die Berather der Krone von der Verantwortlichkeit für daS Vorgehen der Staatsgewalt aus Losten des Herrschers zu entheben." Ueber einen neuen, angeblichen „Grenzzwischen fall' berichten die Pariser Blätter .Estafette' und .Parti national', daß zwei Franzosen durch deutsche Grenzwächler in der Umgegend von Schirmeck wegen Wilddieberei verhaftet worden seien, obwohl sie gar keine Waffen getragen Hütten. Nach einer Straßburger Meldung deS „Hannov. Cour.' ist der wirkliche Sachverhalt folgender: Am Dienstag den 20 Oktober, Nachmittags, stießen ans ihrem Dienstgang befindlich, zwei Forstausseher von der Ober försterei Schirmrck, im Distrikt Nr. 66 .Haut Rhein" im Staats walde nächst der deutsch-französischen Grenze, also aus deutschem Bode», aus zwei mit Ählingenstellen beschäftigte Wilderer, wovon sie jedoch nur des einen, deS Sügelnechts Eugen Walter, 32Jahre alt, auS Luvigny, habhaft werden konnten, während der andere, Maurer Karl Michel, ebenfalls aus Luvigny, flüchtete. Walter, der 22 Stück Schlingen für Hirsche bei sich hatte, wurde von den beiden Forstschutzbramten arretirt, dem Amtsrichter vorgesührt und demnächst in dos Mölsheimer Amtsgefängmß eingeliefert, wo er sich noch in Untersuchungshaft befindet. Durch den schon gemeldeten Bankerott des Berliner Bankhauses Hirschfeld L Wolff werden so viele Privatper sonen hart betroffen, daß in weiten Kreisen deS Publikums sich große Erregung bemächtigt hat. Außerdem ist der Sturz dieser alten und bisher bochangesehenen Firma auch in anderer Hinsicht so charakteristisch für die Art und Weise, in welcher leider immer häufiger jetzt manche Geschäfte betrieben werden, daß derselbe schon dadurch die allgemeinste Beachtung verdient. Die Firma Hirsch feld L Wolff besteht auf dem Berliner Platze seil dem Jahre 1827, also seit 64 Jahren, und besitzt eine gleichnamige Schwesterfirma in Posen seit 1861. In den vierziger und fünfziger Jahren war das Bankhaus Hirschfeld L Wolff eines der reichsten und ersten von Berlin. Die damaligen beiden Inhaber, Kommerzienrath Hirschfeld und Geh. Kommerzienrath Wolff, hinterließen ein sehr be hütendes Privatvermögen, welches jedoch schon in dem zweiten Geschlecht den Weg alles Irdischen gegangen war. Der Sohn des Erstgenannten, der fast in allen Großstädten Europas damals be kannte Lebemann James Hirschfeld, starb vor etwa zwölf Jahren ohne jedes Vermögen, nachdem er weit mehr als eine Million Thaler vrrpraßt hatte. Der Sohn des zweiten Inhabers, Herr Kommerzienrath Anlon Wolff, blieb alleiniger Inhaber der Firma biS heute. Die Firma H. L W. soll schon 1873 bei dem da maligen .großen Krach" ihr ganzes Vermögen verloren haben Das hohe Ansehen der Firma fund das unbegrenzte Vertrauen zu ihrer Kreditwürdigkeit blieben damals aber uncrschüttert. Diesem Ansehen hatte es der Kommerzienrath Auwn Wolff auch zu ver danken, daß er noch vor einigen Jahren in das Kommissariat der Berliner Fondbörse gewählt wurde. Außerdem bekleidete er auch andere Ehrenstellen. Jetzt wird ihm zum Vorwurf gemacht, daß er einen zu großen persönlichen Aufwand gemacht habe und einen solchen auch seinen Familiengliedern gestaltete. Bei den großen Gewinnen, die seine Firma hatte, wäre es ihm mög lich gewesen, auch ohne eigenes Vermögen die Geschäfte fortzu- sühren und allmählich das Verlorene zu ersetzen. So aber be- strltt — wir berichten hier nach dem „Kl.Journ." — derFirmen- iuhaber feinen Aufwand von den ihm anvertraulen Geldern. Die Zahl der Privatkapitalisten, die betheiligt sind, ist eine sehr große, und cs handelt sich hier um sehr bedeutende Summen. Die Passiven werden auf acht Millionen Mark geschätzt, denen höchstens 3'/, Millionen Aktiva gegenüber flehen sollen. Von diesen ungeheuren Verlusten soll, wie auch die Börsenblätter mel den, am meisten das Privatpublikum betroffen sein. Auch der „B. B.-C-" glaubt, daß schon in den siebziger Jahren Verlegen heiten, in denen sich das Haus befand, durch Verwendung fremder Gelder, die in Folge des guten Rufes und der weitreichenden Ver bindungen der Firma sehr zahlreich eingingen, gedeckt wurden, und daß seitdem in all den Jahren die Grenzen zwischen dem eigenen Vermögen und dem, zu dessen Verwalter die Firma ge macht worden war, nicht mehr innegehalten worden sind. — So mit läßt sich wohl nicht daran zweifeln, daß Herr Kommerzien rath Wolff in schnödester Weise das Vertrauen des Publikums ge- mihbraucht und fremde, ihm anvcrtraute Gelder in gewissenlosester Weise benutzt hat, um von ihnen seine eigene und seiner An gehörigen verschwenderische Lebensweise zu bestreiten. ES ist zu erwarten, daß, wenn sich obige Nachrichten bei der Untersuchung als begründet Herausstellen «ollten, den Schuldigen rücksichtslos die volle Schwere des Gesetzes treffen wird. Wie ein Telegramm aus Mailand meldet, soll in dem deursch- italienischen Handelsvertrag der deutsche Weinzoll von 24 Mark auf 15 Mk. herabgesetzt sein. In Ungarn soll eine Verschwörung gegen das Leben des Kaisers Franz Joseph entdeckt worden sein. .Magyar Hirlap" bringt aus Oroshaza, wo Heuer blutige Unruhen der Feldarbeiter stattfandcn, die sensationelle Nachricht von einer angeblichen Ver schwörung von Mitgliedern des dortigen Arbeiterklubs gegen das Leben des Kaisers Franz Joseph. Ein Arbeiter, Namens Maxi, ist nach Pest gereist, wo er mit Sozialisten kouferirte. Der Ober gespan Reißig, der die Untersuchung leitet, ließ drei Verhaftungen vornehmen und erstattete einen ausführlichen Bericht an das Ministerium des Innern. Der Hauptverschwörer, Arbeiter Maxi, ist durch Polizisten nach Pest gebracht worden. Voraussichtlich wird die Angelegenheit noch eine harmlose Lösung erhallen. I« der Sitzung der in der italienischen Hauptstadt tagen den interparlamentarischen Friedens-Konferenz wurde am Mitt woch aus den von Hirsch im Namen der deutschen Delegirten ge stellten Antrag beschlossen, daß die französische Sprache die offi zielle Verhandlungssprache sein solle. Der Präsident Biancheri , eröffnete hierauf die Berathung über den Antrag, betreffend die Bildung eines internationalen parlamentarischen ttomiies. Hierzu liegen drei Vorschläge von Mazzoleni, von Bayer und von Pasty --nd Pondolfi vor. Jeder der Antragsteller begründete unter dem Beifall der Versammlung seinen Antrag. Jmbriani betonte, um etwas wirklich Ausführbares zu schaffen, muffe man das Natio- nalitütSprinzip proNamiren, ferner müsse das Recht, über Krieg und Frieden zu entscheiden, der Nation und ihren Vertretern zurück gegeben werden. AuS England: Das Kapitel .Die Irländer unter sich" hat durch eine gegen den Abgeordneten Timothy Healy verübte Ge wallthat eine neue Bereicherung rrsahren. lieber den Vorfall werden in Ergänzung der gestern gebrachten kurzen Meldung folgende Einzelheiten berichtet: In Dublin macht der am 3. dort gegen den Abgeordneten Healy verübte thätliche Angriff viel von sich reden. Healy saß in der Bibliothek des Justizgcbäudes von Dublin, mit juristischen Arbeiten beschäftigt, als er ins Kaffeezimmer ge rufen wurde. Dort erwartete ihn ein junger Advokat Namens Tudor Mac Dernott, ein Neffe Parnells, der ihn beim Eintreten sofort am Kragen packle und mit einer Reitpeitsche 30—40 Hiebe verabreichte He^y war nicht im Stande, Gegenwehr zu leisten. Ein Schutzmann wurde herbeigerufen, der Mac Dernott verhaften wollte: aber Healy sagte: .Laßt ihn laufen, er ist betrunken." Mac Dernott stellte dies entrüstet in Abrede, gab dem Schutz mann seine Karte und entfernte sich. Wie verlautet, unternahm Mac Dernott den Angriff, weil Äaly in seiner letzten am Sonn tag in Longford gehaltenen Rede Parnells Willwe ein lasterhaftes Weib genannt hatte. ' Dem .Daily Chwnicle" wird aus Tiflis gemeldet: Der Pro kurator der russischen heiligen Synode, Herr Pobedonoszschew wünscht anscheinend seine lange Laufbahn als Verfolger seiner andersgläubigen Mitbürger mit unerhört grausamen Maßre geln gegen die Prote st anten zu beenden. Seine letzte Gewaltthat war die Verhaftung der vier bisher aus freiem Fuß befindlich gewesenen Hauptsührer der protestantischen oder stundisti- schen Bewegung: des Leiters der armenischen Protestanten, Bag- dasarianz, des Leiters der deutschen Baptisten, Kalvert, des Ober presbyters der russischen Molokanen, Mozajew, und des Leiters der Methodisten, Levaskow. Alle Vier wurden ohne jede vor herige Mittheilung aus dem Kreise ihrer Familie gerissen und unter polizeilicher Bedeckung nach einem Bergdistrikl in der Nähe der persischen Grenze gebracht, wo sie fünf Jahre inmitten fana tischer Muselmänner zuzubringen haben. Außerdem sind kürzlich 110 Mitglieder protestantischer Sekten ohne Unterschied des Ge schlechtes nach Gerusi, einem kleinen Dorf in der Provinz Elisa- bethpol verbannt worden, wo sie sich im größten Elend befinden. Besonders empörend ist die berechnete Grausamkeit, mit welcher die russischen Behörden die Heiligkeit deS Familienlebens ver letzen und Eltern und Kinder von einander trennen. Unter den 110 Verbannten in Gerusi befindet sich eine ganze Zahl, deren Kinder thatsächlich entführt und zu griechisch-orthodoxen Pflege eltern gebrach! Ivorden sind. Es ist außerordentlich schmierig, diesen unglücklichen Personen Hilse zu bringen, ihre Briefe gehen durch die Hände der Polizei und wer sich etwa einfallen ließe, ihnen Hilfsmittel zu senden, würde muthmaßlich binnen Kurzem ihr Schicksal zu theilen haben. Von dem Mißbrauch, der in Rußland mit den Spenden für die Nothleidenden von Seite der Provinzen vielfach ge trieben wird, erzählt der Petersburger Korrespondent der „Times" ein krasses Beispiel aus der Provinz Tambow. Ein Adels marschall meldete kürzlich, daß vier Schiffe mit Getreide im Werthe von 100 000 Rubeln jür die hungernden Landleule zu Grunde gegangen seien. Eine Untersuchung des Falles fand nicht statt und daS Ganze wäre bald in Vergessenheit gerathen, hätte nicht zufällig der Senator Shamshine, ein energischer und unbe- 'techlicher Mann, von der Sache erfahren. Er ging derselben auf den Grund und brachte heraus, daß die ganze Geschichte vom Untergang der Schiffe erfunden war. Er vertuschte den Fall, aber nur unter der Bedingung, daß der Adelsmarschall die 100 000 Rubel und noch 30 000 dazu für die Nvtyleidenden be zahle. Leider kommt es nur sehr selten vor, daß Unterschlagungen, wie die gemeldete, aufgedeckt werden. Wie bereits gestern kurz miigetheilt, hat das serbische Ministerium seine Entlassung gegeben. Die Ursache war der Rücktritt des Finanzn-inisters Vuitsch. Daß derselbe den Entschluß, seine Demission zu geben, nunmehr aus- gesührt Hal, konnle Niemanden überraschen, da seine Absicht, aus dem Kabinet auszutreten, längst bekannt war. Herr Vuitsch halte auch schon seit seiner Rückkehr nur an Berathungen mil einzelnen Ministerien Theil genommen, sich aber von Plenarsitzungen des Kabinets gemäß seiner Erklärung, »ichl mir Herrn Tauschano- wilsch zusammenwirken zu wollen, serngehaltcn. .Dieser Zustand t schon längst als ein unhaltbarer erkannt worden. Auch weiß tan, daß der persönliche Gegensatz zwischen Herrn Vuitsch und Tauschanowitsch nicht die alleinige Ursache der Demission des Herrn Vuitsch ist, sondern daß ihr der grundsätzliche Widerstand zu Grunde liegt, ans welchen Herr Vuitsch mit seinem ganzen Finanzsystem gestoßen ist. Es handelte sich ihm um die Beseiti gung der in den beiden letzten Jahren auf eine solche Höhe ange wachsenen Defizite, daß selbst ein Anlehen von zwanzig Millionen kaum ausreichen würde, dieselben zu decken. Herr Buitsch weiß aber, wie schwierig es unter den heutigen Verhältnissen für Serbien wäre, ein solches Aniehen zu erhallen, zumal seine Versuche, in dieser Beziehung die Unterstützung des Herrn Wischnegradsky zu erlangen, seiner Zeil erfolglos geblieben sind. Er wünschte nun, daß der Skupschlino ein getreues Bild der finanziellen Verhält nisse gegeben werde, um von derselben die Gutheißung der zur Beseitigung des Defizits erforderlichen Maßnahmen zu erlangen, die in Ersparungen und einem stärkeren Anziehen der Steuer schraube bestehen sollten. Eine von ihm hierüber abgefaßte und der Regierung überreichte Denkschrift stieß aber auf Opposition im Kabinet. Dies veranlaßte ihn, seine Demission zu geben, deren Annahme jedoch bis zur Stunde nicht erfolgt ist. Außer in den finanziellen Angelegenheiten ist die Ursache der Krisis auch — und vielleicht, wenn man dies auch nichl eingestehen will, in noch höherem Maße — in den kirchenpolitischen Verhältnissen zu suchen, zumal die Regentschaft mil ihrem Laviren zwischen dem Kultus minister Nicvlitsch und dem eine immer brüskere Haltung an nehmenden Metropoliten Michael nicht mehr durchkommt und förmlich zwischen zwei Feuer gerathen ist, indem die radikale Partei die ablehnende Haltung, die Herr Nicvlitsch gegenüber den Forderungen des Metropoliten beobachtet, billigt, während die Liberalen für den Metropoliten eintreten. Hierzu gesellen sich noch die Spaltungen der radikalen Partei, die sich seit dem Parteitage in Zajcar nicht mehr verkleistern lassen, deren weiteres Umsichgreifen man ober gern verhüten möchte. Die Situation ist um so schwieriger, als nicht gut einzusehen ist, wie, wenn das gesammte Kabinet zurück tritt, ein neues gebildet werden solle. Zu Persönlichkeiten, die den andern Parteien angehören, kann wegen der Opposition, au welche sie bei den Radikalen stoßen würden, nicht gegriffen werden die radikale Partei verfügt aber nicht über genügende Kräfte, um die Zusammensetzung eines neuen Kabinets zu ermöglichen. Wohl in keinem Lande war im Laufe der letzten Jahre der Verbrauch an für die Ministerschaft geeigneten Persönlichkeiten größer, als in Serbien. Die Unzusriedenheit in der Bevölkerung ist im Wachsen begrifft». — Die neueste Drahtmeldung lautet: In Folge einge- trctener Schwierigkeiten bei der Neubesetzung der durch den Rück tritt des Kabinets erledigten Portefeuilles verbleiben Hnit Aus nahme des FinanzministerS Buitsch und des Handelsministers Tauschanowitsch alle übrigen Minister auf ihren Plätzen. Der Ausfall der vorgestern stattgehabtcn Staaiswahlen in den Bereinigte« Staaten von Nordamerika — es wurde in 16 Staaten gewählt — ist erst zum Theile bekannt. Die Telegramme von „C- T. C." lasten die Sache vollständig im Dunkeln. Da- gegen meldet der „Nat.-Ztg." ein Telegramm: Im Staate New- Iork, der stets zu den zweifelhaften gehörte, siegten die Demo kraten mit 20 000 Stimmen Mehrheit. Im Staate Ohio, der bei der letzten Wahl zum ersten Male einen demokratischen Gou verneur gewählt hatte, erwählten die Republikaner mit einet Mehr heit von 10 000 Stimmen zum Gouverneur Mac Kinley, besten Namen bekanntlich der Hochschutzzolltarif trägt. In diesem Staat- Halte die Bundesregierung allen ihren Einfluß eingesetzt. Der bis her stets republikanische Neu-England-Staat Massachusetts ist zu den Demokraten übergegangen. Der Staat Iowa, der ebenfalls bei den letzten Wahlen zum ersten Male seil 25 Jahren demo kratisch gewählt hatte, ist demokratisch geblieben. Ebenso ist der New-Jork benachbarte Staat New-Jersey demokratisch geblieben. Pennsylvanien dagegen hat seine bisherige republikanische Haltung, ebenfalls behauptet. Obwohl das Resultat aus anderen Staaten noch fehlt, läßt sich jetzt doch schon sagen, daß die Hoffnung der Republikaner, die im vergangenen Jahre erlittene Scharte ous- wetzen zu können, sich nicht bewahrheitet hat. Der Sieg Mae Kinley's in Ohio kann über die Thatsache nicht hinwegtäuschen, daß die allgemeine Strömung nach der demokratischen Äitc hin geht. Sogar der Sieg in Ohio ist mir einer, zu den gewaltigen Anstrengungen während des Wahlkampfes in keinem Verhältnisse stehenden kleinen Mehrheit errungen worden, während nicht nur: die für die Republikaner bei einer Präsidentenwahl kaum ent behrlichen Staaten New-Jork und Iowa demokratisch gebliebew sind, sondern sich ihnen noch Massachusetts hinzugeselll, diese ehe malige feste Burg der Republikaner. Wenn diese Staaiswahlen in der That als ein Fingerzeig über den wahrscheinlichen Aus fall der im nächsten Jahre stattfindenden Präsidentenwahl zu be trachten sind, dann haben die Demokraten alle Ursache, sich ermuthigt zu fühlen. Das „Reuter'sche Bureau" erhielt aus Rio de Janeiro von gestern folgendes Telegramm: Der Vrafttianische Kongreß ist: ausgelöst, das Kricgsrecht proklamier und die Diktatur wieder ein- geführt. «olo«ialpotttisches. Ueber Emin Pascha sind die Akten, soweit cs sich um eine öffentliche Diskussion seiner muthmaßlichen Pläne handelt, nach Ansicht kompetenter Kreise vorläufig am besten zu schließen. Zur Klarlegung diene folgende Erläuterung der thatsächlichen Mrhält- niste: Als Wißmann und Emin zusammen kamen und Emin völlig besitzlos war, machte Ersterer ihm den Vorschag, im Interesse Deutschlands thätig zu sein und m,t den Häuptlingen innerhalb des Schutzgebietes Verträge abzuschließen. Emir, erklärte sich be reit dazu. Wißmann telegraphirtc nachBerl'n, es sanden diejer- halb auch unter dem Fürsten Bismarck eingehende Berathungen statt und Kaiser Wilhelm N. stimmte bei, daß Emin zum Reichs- Kommissar ernannt und mit vorgedachter Mission betraut werde. Ais die Bestätigung bei Wißmann eintraf, war Emin bereits einige Zeil unterwegs. Wißmann sandte Emin die Bestallung als Kaiserlicher Kommissar zwar nach, aber nichts spricht da für, daß diese dienstliche Mittheilung jemals in die Hände Emins gelangte. Desgleichen ist auch fraglos die Rückberufungs-Ordre niemals in die Hände Emins gelangt. Im Schooße der Reqierung ist man sonach überzeugt, daß Emin sich allein als Wißmann'schen Beamten betrachtet, keineswegs als Reichsbeamten. Da er seinerseits sich nicht sür das Reich verpflichtete, hätte die ReichSbchörde nicht einmal Berechtigung, gegen ihn disziplinarisch vorzugehen. Dasselbe ist in Betreff des vr. Stuhlmann der Fall. Er ist nicht Reichsbcamler. Zudem muß man in Betreff des Letztgenannten erwägen, daß ihm gar keine Wahl blieb, er mußte Emins fraglos abenteuerlichen Zug milmachen, wollte er nicht als alleinstehender Mann mitten in Afrika dem sicheren Tode entgegen gehen. Die Regierung ist aber, trotzdem sie anerkennen muß, daß Emin nicht Reichsbcamler ist, der Ansicht, daß derselbe die übernommenen Pflichten außer Acht gelassen Hal und hat sich darum veranlaßt gesehen, dies durch eine nicht miß^udeutende Erklärung im „Reichs anzeiger" kunbzuthun. Wo Emin thatsächlich gegenwärtig ist,, wohin er seine Schritte richtete, ist dabei unerheblich. Daß er nach dem Hinterland von Kamerun gezogen sei, wie eine Zuschrift' der „Nat.-Ztg." meinte, wird in Regierungskreisen für undenkbar gehalten. Es war überhaupt überflüssig davon zu reden und noch weitere in Afrika interessirte Mächte zu veranlassen, Stellung zu etwaigen Folgen der Eminschen geheimnißvollen Züge zu nehmen. Dies ist die Ansicht nicht nur privater Kreise. Wünschen wir Emin ein glückliches Gelingen seiner gewiß in deutschem Interesse gelegenen Pläne — aber lernen wir auch von den Engländern und plaudern wir nicht gleich Alles aus. Die Thatsache, daß die Neichsregierung aus dem Wegzuge Emin Paschas Anlaß nahm, alsbald dem britischen Kabinet amt lich zu erklären, sie müsse die Verantwortung sür den Zug in die englische Interessensphäre ablehneu, hat in Deutschlaud vielfach Verstimmung erregt. Ein ähnliches Verhalten hat die Reichs regierung auch schon in Sachen Peters bewiesen, und gerade in dieser Angelegenheit liegt heute ein im „Deutschen Wochenbl." erscheinender Bericht vor, der bittere Empfindungen ernnckt: die Quelle desselben ist Kapitän Bateman, der zur Zeit in dem bri tischen Gebiet nahe dem deutschen Kilimandscharo, in Taweta, den Befehl führt. Ihm theilte vr. Peters, mit dem ihn jetzt herzliche Freundschaft verbindet, bei einer der letzten Zusammen künfte mit, daß seiner Zeit, als er auf der deutschen Emin Pascha- Expedition in den Mumonibergen am Tana weilte, die Nachricht durch Wakamba zu ihm gedrungen sei, ein Weißer sei in Dsagga angelangt, der ebenfalls aus Ukamba Mumoni ziehe. Dieser Weiße war, wie Kapitän Bateman ehrlich genug Peters jetzt, da doch Alles vorüber und vergessen sei, eingestaud, Niemand anders, als er selbst, der mit 6 Offizieren, 150 Sudanesen, 80Somalis und einer Anzahl Küstensoldaten, im Ganzen 1100 Mann, die 2 Maxim-Kanonen, 4 Armstrong-Geschütze und eine Raketen-Bat- terie bei sich sühnen, ausgcschickt war, Peters unter allen Um ständen abzusangen und zu beseitigen. „Eines Morgens wurde," so heißt cS in dem Bericht u. A., „die englische Expedition in. Mumoni an eine Flußstelle geführt, wo die Deutschen nach Aus sage der Eingeborenen lagern sollten. Die Engländer glaubten die schwarz-weiß-rothc Flagge zu erkennen und warfen ohne Weiteres 40 bis 60 Granaten auf den Platz. Die eng lischen Offiziere waren übrigens über den Befehl, daß so Viele einen Einzelnen jagen sollten, wenig erbaut. Aber sie erfuhren, daß dies auf direkten Befehl des Lord Salisbury geschehe. Die Hetze wurde nach Angabe der englischen Offiziere in Szene gesetzt aus direkten in London geäußerten Wunsch des damaligen deut-
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