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und Tageblatt O Amtsblatt für die königlichen und städtischen Behörden zn Freiberg nnd Brand. A/» i Erfchemt jeden Wochentag NachmttlaaSS Uhr für den ü Jahrgang ü Inserate werden bis Bormittaa n Uhr angmom- Ockbck ^Ils Mittwoch, den 8. April. men und b^St^P^,,ür1ü-ach»aIteneZeil« UMI. ö zwetnronattrch I M. 50 Pf. und eumumattuv 7o Pf. N oder dererr Raum 1b Pfg. Verbot. Nach Borschrift des § 55 der Straßenpolizeiordnung ist da- freie Umherlaufen- kaffe« von H««de« aster GrStze« i« de« Promenade« w»hre«d der Monate April di- Oktober bei Strafe verboten. Dieses Verbot wird hierdurch zur Nachachtung mit dem Bemerken eingeschärft, daß der Caviller angewiesen ist, frei in den Promenaden umherlaufende Hunde wegzufangen, sowie deren Eigenthümer zur Bestrafung anher anzuzeigen. Treibers, am 3 April 1891. Die StadtpolizeibehSrde. LtÄxmIvin. Bekanntmachung. In den Monaten Januar und Februar wurde unter Anderem über folgende Diebstahls sülle Anzeige erstattet, bei denen die angestellten Erörterungen bis jetzt weder zur Ermittelung der Thüter, noch zur Wiedererlangung der gestohlenen Gegenstände geführt haben. ES wurden gestohlen: 1. ein fast neuer, roth und weiß gekästelter Kopfkissenüberzug, ein weiß, roth und lila, sowie roth und weiß gekästelter Kinderbeltüberzug, zwei rosafarbene Barchent windeln, zwei kurze Küchen Handtücher — H. X. dir. 2 und 6 gezeichnet — eine lila und blau gestreifte Kinderschürze, ein weißes Kindertaschentuch mit blauer und rother Kante, ein ungezeichnetes, noch gutes, graues Handtuch mit wther Kante, sowie ein kurzes Küchenhandtuch — kl. gezeichnet — sämmtlich aus einem Hause am Mühlgraben hier; 2. ein grün gestrichener Kinderschlitten mit Lehne und angestrichenen Kufen au» dem Flur eines Hauses aus der Fischerstraße hier; 3. ein neuer Reisekorb aus weißen Weiden mit zwei Schlußvorrichtungen und Hand« haben auf der Poststraße hier. Indem wir Solches hiermit bekannt geben, fordern wir zugleich auf, in Bezug-auf diese Diebstähle gemachte Wahrnehmungen anher anzuzeigen. Treibers, den 18. März 1891. Die StadtpolizeibehSrVe. MLaalor. Hfm. Grundstücksversteigenlug. Erbtheilungshalber soll von dem unterzeichneten Amtsgerichte Mittwoch, de« 18. April 1SS1, Nachmittag» '/.» Uhr, daS zum Nachlasse des Gutsbesitzers Friedrich Wilhelm Kost in Pretzschendorf gehörige Gut»« grundstück, Folium 63 des Grundbuches, Nr. 67 deS BrandkatasterS für Oberprrtzschendorf, Nr. 60 a, 60 d, 61, 1250, 1251, 1252, 1253, 1484, 1530, 1531, 1581, 1582, 1583, 158< 1585 und 1586 des Flurbuchs für Pretzschendorf, 10 8». 15 ^r — 18 Acker 102 Ruthen groß, mit 303,96 Steuereinheiten belegt, ortsgerichtlich auf 23225 Mark abgeschätzt, im Nachlass s«te zu vberprehscheadorf öffentlich versteigert werden. Erstehungslustige wollen sich zu diesem Termine am gedachten Orte einfinden, über ihre Zahlungsfähigkeit nusweisen und des Weiteren gewärtig sein. Die Grundstücksbeschreibung, sowie die Versteigerungsbedingungen sind aus den an hiesiger Gerichtstafel und im Schmidt'schen Gasthofe zu Pretzschendorf aushängendcn Anschlägen zu ersehen. Frauenstein, am 20. März 1891. »Sntsltche- Amtsgericht. Der internationale Sergarbeiterkongreß. In der Geschichte des Kampfes, den die Arbeiter gegen die Unlernehmerschaft führen, stellt der im Lause der verfloßenen Woche in Paris abgehaltene Weltkongreß der Bergarbeiter, über den wir fortlaufende Berichte unter „Berg- und Hütten wesen" gebracht haben, einen bedeutsamen Abschnitt dar. Er war sowohl nach feiner Zusammensetzung wie in seinen Aeuße- rnngen ein Ereigniß von großer politischer Tragweite. Aeuße- lich bot der Kongreß ein buntscheckiges Bild. Weitaus in der Mehrzahl waren die knochigen Gestalten der Engländer, die sich nicht nur in ihrer äußern Erscheinung, durch ihre Haltung and Kleidung, durch ihre Gesichtsbildung und die kurze Arbeiter- pseise, die sie nur auS dem Munde nehmen, um sie von Neuem zu stopfen, sondern auch durch ihr nach wohldurchdachten Grundsätzen geregeltes und geschlossenes Auftreten von den übrigen Nationen abhoben. Neben ihnen fielen die Deutschen, namentlich durch die Sauberkeit ihrer Erscheinung aus, und darunter besonders die drei „Kaiserdelegirten" Schröder, Bunte und Siegel mit ihren Bergmannsmützcn. Unter den Franzosen fehlt auch hier nicht die Renommirblouse des Arbeiterdepulirtrn Thäprier, des Vertreters von Montlu^on. Sie spielten keine glänzende Rolle und schienen von Allen die am wenigsten reisen. Sie brachten in diese Versammlung, die über ernste Dinge berathen und beschließen sollte, die lärmenden und zucht losen Gewohnheiten der Pariser Sozialisten-Versammlungen mit, zum großen Unwillen der Engländer, welche von diesen Gewohnheiten sichtlich sehr abgestoßen werden. Die Belgier sahen dürftig und gedrückt aus. Man merkte es ihnen auf den ersten Blick an, daß sie von allen auf dem Kongreß vertretenen Bergleuten die am schlechtesten gestellten sind. Jnsgesammt waren 99 Delegirte anwesend, die angeblich 600000 Arbeiter vertraten. Deutschland war durch 19 Abgesandte vertreten, während England nahezu die Hälfte der Arbeitervertreter ent sandt hatte. Die Verständigung und die Verhandlungen wurden durch die herrschende Sprachverwirrung ungemein erschwert, denn jede Rede mußte erst in drei Sprachen übertragen werden, bevor sie zum allgemeinen Verständniß gelangen konnte. Die Versammlung tagte in der Arbeitsbörse, einem städtischen Gebäude, und war öffentlich. Ein zahlreiches Publikum wohnte aus der Galerie den Verhandlungen bei und begleitete die etwaigen aufreizenden Äußerungen mit lärmendem Beifall, während die gemäßigten Redner gelegentlich ausgezischt wurden. Dies ungefähr war das äußere Bild der Versammlung. Die Verhandlungen verliefen theilweise sehr stürmisch, be durfte es doch einer mehrtägigen Auseinandersetzung, ehe man sich über die Art der Abstimmung zu einigen vermochte. Die Engländer erklärten, jeder auf dem Kongreß vertretene Berg mann müsse seine Stimme in die Wagschale werfen können, zumal er geldlich zu dem Unternehmen beisteure; deshalb solle jeder Abgeordnete für je 1000 Bergleute eine Stimme abzu geben berechtigt sein. Die Annahme dieses Antrags würde die Unterordnung des Kongresses unter die Engländer bedeutet haben. Der englische Standpunkt wurde von Rednern der übrigen Nationalitäten als eigennützig gebrandmarkt und der Vertreter des Zwickauer Reviers, Herr Strunk, der auch der Freiberger Konferenz brigewohnt hatte, warf den Engländern vor, sie bezweckten eine Klossenvertretnng, die gerade den Deutschen gegenüber um so ungerechter sei, als diese „ein Joch von Eisen" verhindert habe, sich zu organisircn. Nachdem der erste eigent liche Sitzungstag mit dem Streit über diese Vorfrage htnge- gangen war, scheint über Nacht eine Einigung der Deutschen, Franzosen und Belgier stattaefundrn zu haben, so daß in der Donnerstagsfitzung der englische Antrag fiel und die Abstimmung nach Nationalitäten angenommen wurde. Die Spaltung der inter nationalen Versammlung war damit offenbar: auf der einen Seite standen die Engländer, d. h. die in ihrem Führer Burt verkörperte Richtung der Gewerkvereine, welche, wenn auch nur aus Nützlichkeitsgründen, von einem allgemeinen AuSstande, der Hauptfrage des Kongresses, abriethen. Aus der andern Seite standen die Franzosen, Deutschen und Belgier, d. h. die Rich tung, welche einen womöglich internationalen Ausstand, eine auf gegenseitigen Unterstützungs-Verpflichtungen beruhende inter nationale Arbeitervereinigung gegenüber der internationalen Kapitalsvereinigung, wie Schröder sich ausdrückte, erstrebt. Run erst konnte man zu den eigentlichen Perothungen übergehen. In erster Linie handelte es sich um die Frage, mit welchen Mitteln die achtstündige Arbeitszeit — nach dem Verlangen der deutschen Agitatoren einschließlich der Ein- und Ausfahrt — erzwungen werden soll. Im Prinzip waren die Delegirten aller Länder von vornherein darüber einig, daß der Achtstundentag eingeführt werden müsse, nur über das „Wie" war man sich im Unklaren. Die Einen wollten bereits vor dem 1. Mai einen allgemeinen internationalen Streik der Bergarbeiter zu Gunsten des Achtstundentages eintreten lassen, die Anderen am 1. Mai, wieder Andere wollten den Zeitpunkt gar nicht vorherbestimmen und noch Andere wollten vorher eine Aufforderung an die Regierungen richten, einen inter nationalen Vertrag über die achtstündige Arbeitszeit zu schließen. Erst wenn dieser Aufforderung nicht nachgekommen werde, solle der Ausschuß des Bergarbeiter-Kongresses den allgemeinen Streik auSschreibrn. Diese letztere von dem Belgier Defuet vertretene Ansicht hat schließlich den Sieg davon getragen, hauptsächlich wohl deshalb, weil durch eine solche Resolution der Streik bezw. der Eintritt in eine revolutionäre Bewegung hinausgeschoben wird, was im Grunde genommen Jedem der Delegirten, mochten sie noch so große Worte im Munde führen, recht ist. Denn man sagte sich insgeheim trotz aller Prahlereien, daß man sich selbst nur ins Fleisch schneiden würde, wollte man den Streik jetzt beginnen. Wohl meinte der belgische Agitator Defuisseaux, bei einem allgemeinen Streik müsse der Kapitalist, d h. der Unternehmer, immer verlieren, aber der deutsche Delegirte Brodam entgegnete ihm: „Der Ausstand ist ein zweischneidiges Werkzeug, welches Die verletzen könnte, die sich seiner bedienen. Das Prinzip ist gut ; es zu bethätigen, wäre nach der Ansicht der deutschen Arbeiter verfrüht. Die Bourgeoisie ist zum Widerstande bereit, sie wäre entzückt, (!) wenn wir uns eine Blöße geben; denn sie zöge aus ihrem Siege doppelten Bortheil: nicht nur wären wir besiegt, während sie triumphirte, sondern die Regierung hätte den erwünschten (!) Anlaß zu neuer Unterdrückung (!) und die Befreiung des Proletariats wäre wieder auf lange Zeit hinausgeschoben. Der Universalstreik muß die Bourgeoisie eines TageS überrumpeln (!)und darauf müssen wir jetzt hin arbeiten. Der Tag des großen Ausstandes wird gewiß kommen. Wir Deutschen sind aber noch nicht gerüstet." Im Anschluß an diese Ausführungen hatten die deutschen Vertreter den Antrag gestellt, daß die Regierungen und Parlamente ausge fordert werden sollen, die Einführung der achtstündigen Arbeitszeit zu beschließen, und daß andernfalls in den Streik eingetreten werden solle. Sie zogen ihren Antrag jedoch zu Gunsten deS ähnlich lautenden Antrages des Belgiers Defuet zurück, daß Schritte bei den Regierungen für die achtstündige Arbeitszeit zwar unternommen, aber der Generalstreik nicht angedroht werden soll, falls die Regierungen nicht diesem Ansinnen entsprechen würden. Der Antrag Defuet wurde von sämmtlichen Franzosen und Deutschen und von 34 Engländern angenommen. Die Deutschen bedauerten allerdings den plato nischen Charakter dieses Antrages. Die Belgier brachten hierauf eine Resolution ein, wonach die Franzosen, Deutschen und Engländer sich verpflichten, den vorauszusehenden General streik in Belgien auf alle Weise zu unterstützen. Als Mittel schlugen sie hierfür die Veranstaltung von Streiks in ihren Revieren, wenn die Arbeitgeber während des Streiks Kohlen nach Belgien schicken sollten, oder Herabminderung der Pro duktion auf den absolut nothwendigen Brdars ihres Lande» vor. Dieser Antrag wurde unter großem Jubel einstimmig angenommen. Um diese bedeutungslosen Beschlüsse zu sassen, bedurfte e» wahrlich nicht eines Apparates wie eines internationalen Kon* gresses. Einen positiven Werth könnten dieselben höchsten» für die Belgier hoben, aber auch darüber ließe sich streiten. Die Beschlüsse sind vielmehr nach jeder Richttrug nur Verlegenheit»* beschlösse zur Verdeckung der Thatsache, daß diePtt« der rabs» kalen Elemente an der ruhigen, sachlichen Ueberlegung der eng lischen Arbeiter gescheitert sind. Unter solchen Umständen müßt« man den Schwerpunkt der gepflogenen Berathungen in den Beschlüssen über die Erzielung einer internationalen Bereini gung suchen. Aber auch »ach dieser Richtung hin ist da» Er- gebniß nahezu — 0. Man sollte über einen Entwurf von Satzungen einer allgemeinen Vereinigung berathen. Auf Be treiben der Engländer aber wurde dieser Entwurf durch folgenden Antrag ersetzt: „Der Kongreß ernennt neuerdings daSKomitö, welches im September 1890 in Brüssel tagte, und räumt demselben Vollmacht «in, einen Entwurf zur Errichtung einer internationalen Vereinigung der Bergarbeiter vorzubereilen und diesen Entwurf an die verschiedenen Nationalitäten zu senden, >ie denselben in Erwägung ziehen sollen. Der Entwurf soll odann in dem nächsten Kongresse, welcher von dem Komitü einberusen werden wird, berathen werden." Nach kurzer Debatte wurde dieser Antrag einstimmig angenommen. Die Entschei dung wird also auf die lange Bank geschoben. Die Befürchtungen, welche meiner pessimistischen Auffassung der Lage an daS Zustandekommen einer internationalen Bereinigung geknüpft wurden, sind daher zum Mindesten verfrüht. Zur Her stellung einer solchen Organisation gehören bekanntlich große Geldopfer. Ja, wenn die Bergleute sich durch dieselben wenigstens die Gewähr eines besseren Looses erlaufen könnten! Daran aber hegen sie selbst berechtigte Zweifel, zumal, da sie wohl allmählich einsehen lernen, daß sie von Seiten der englischen Arbeiter nicht viel oder gar nichts zu erwarten haben, und ohne dieselben kaum etwa» unternehmen können. Nach einem Rechen exempel, welches ein Berliner Blatt anstellt, scheint eS übri gens bereits bezüglich deS eben jetzt abgehaltenen Kongresses in Deutschland mit oer Opferwilligkeit nicht allzu gut bestellt ge wesen zu sein: Die 19 deutschen Abgesandten behaupten zwar, daß sie 141000 deutsche Bergarbeiter verträten. Nach dieser Zahl müßten die deutschen Delegirten die enorme Summe von 28000 Mark zum Verzehren in Paris mitgenommen haben, da jeder Bergarbeiter, der in Paris „vertreten" sein wollte, 20 Pfennig für die Kosten der Vertretung zu zahlen hatte, wo für er eine besondere Ouittungskarte bekam. Nun weiß man aber, daß die Gelder so knapp zusammenkamen, daß man die Zahl der „Vertreter" ganz erheblich vermindern mußte. Die Mehrzahl jener 141000 Bergarbeiter wird daher in Pari» wohl unvertreten gewesen sein. Das Interesse für die muth- willigen Streikmacher schwindet eben in den Kreisen der Berg arbeiter mehr und mehr. Tagesschau. Freiberg, den 7. April. Der deutsch« Kaiser ist in Begleitung deS Prinzen Hein rich, des GeneralseldmarschallS Grasen Moltke, deS Staat»« ministers von Bötticher, des Admirals von der Goltz, des Staatssekretärs Hollmann, deS Geheimraths Bartels und der Mitglieder der Kanalkommission Montag Morgen 8'/, Uhr nach Lebensau gefahren, um die Arbeiten am Nordostsee-Kanal bis Rendsburg zu besichtigen. Se. Majestät begann mit eigener Hand den Durchstich bei Landwehr, nach welchem die Wasser massen in mächtigen Fällen in das neue Kanalvett eindraNgen-