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MivergerAnzeiq und Tageblatt Amtsblatt für die königlichen und städtischen Behörden zu Freiberg und Brand 43. Jahrgang Treibers, am 28. Januar 1891. Aktuar G.-V. Frauenstein, am 12. Januar 1891. Königliches Amtsgericht Müller. Zeitungshalter, Kleiderbürsten, Lampen, Handkörbe, Steingutbüchsen und 1 Kiste mit Christ« baumschmuck gegen sofortige Bezahlung zur Versteigerung. Grundstücksversteigeruug. Erbtheilungshalber sollen vom hiesigen Amtsgerichte am 30. Januar 1881, '/°S Uhr Nachmittags die zum Nachlasse des Gutsbesitzers Heinrich Wilhelm Träger in Friedersdorf gehörigen Grundstücke: 1. das Gut, Folium 31 des Grundbuchs, No. 32 des Brandkatasters, No. 115», 115d, 240, 241, 242, 497, 498, 499, 500, 501 des Flurbuchs für Friedeksdorf, 16 da 85,8 a groß, mit 410,34 Steuereinheiten belegt, und auf 28194 Mark geschätzt; 2. das Feld- und Wiesen grundstück, Folium 138 des Grundbuchs, No. 808 und 809 des Flurbuchs für Friedersdors, 1 du 63,1 », groß, mit 28,14 Steuereinheiten be legt, auf 1874 Mk. 30 Pf. geschätzt, in FriederSdorf im Nachlahgute öffentlich versteigert werden. Die Versteigerungsbedingungen und Grundslücksbeschreibungen sind aus den Anschlägen am Amtsbret und im Gasthofe zu Friedersdors zu ersehen. ! Donnerstag, de« 20. Januar zweimonatlich I M. 50 Ps. und cinmonatlick 75 P!. ! Bekanntmachung, di« kostenfreie Ausstellung von Bescheinigungen für Vie Zwecke der Kranken-, Unfall-, sowie Jnvaliditüts- und Altersversicherung betreffend. Die für die Zwecke der Kranken-, Unfall-, sowie der Jnvoliditäts- und Altersversicherung erforderlichen Bescheinigungen sind nach den betreffenden gesetzlichen Bestimmungen gebühren frei auszustellen. Dies gilt insbesondere auch für kirchliche und standesamtliche Zeugnisse. Gemäß Verordnung des Königlichen Ministeriums des Innern vom 29. vor. Monats wird hierauf hiermit ausdrücklich hingewiesen. Freiberg, am 19. Januar 1891. Königliche Amtshauptmannschaft. vr. Jgc Auktion. Montag, den 2. Februar dieses Jahres, Nachmittags 2 Uhr, kommen im amtsgerichtlichen Auctionslocale hier, große Partien versch. Körbchen und Kinder spiele, dann Ohrringe, Broschen, Fischgläser, Kaffeetassen, Bilder, Petroleumkannen, Gläser, Flaschen, Gehstöcke, Peitschen, Schwämme, Fahnen, Schnepper, Lineale, Schaukästen, Damen- bretter, Kinderstühle, Kaffeebretter, Putzleder, Puppen, Puppenstuben, Kämme, Kochheerde, Inserate werden bi» Vormittag 11 Uhr angmom- men und beträgt der Prei» für die gespaltene Zeile I oder deren Raum 1b Pfg. Kaisers Geburtstag in Lettin. - Ein blauer, wolkenloser Himmel, von dem die Sonne in ihrer Pracht auf das geschmückte Berlin herniederschautc, der erste frühlingswarme Tag seit Monaten bildeten die froh be grüßte und kaum erhoffte Begleit-Erscheinung des Geburtstags des Kaisers. Unter diesem Zauber gewann die Stadt ein völlig verändertes Ansehen. Flaggenschmuck, der sich vor drohender Unbill zurückgezogen hätte, wagte sich frohgemuth heraus, von den Zinnen der Häuser wehten die Fahnen im Winde, sie hingen aus den Fenstern und slankirten die Eingänge zu den Läden, in auffallend großer Zahl, viel allgemeiner als wie es in früheren Jahren geschehen. Die Farben aller Nationen waren vertreten, das Schwarz-Weiß-Roch erhielt eine häufige Unterbrechung durch das Grün-Weiß-Rolh Italiens, das Schwarz-Gelb Oesterreichs, die Sterne und Streifen der Union, kaum eine Nation, die nicht mitseierte, selbst der große rothe Ricsenpunkt inmitten der weißen Fahne bezeugte die Theil- nahme der in Berlin ansässigen Chinesen. In bemerkens- werther Weise trat der Schmuck der Schaufenster hervor. Man hat cs gelernt, selbst die zum täglichen Gebrauch und zum Verkauf bestimmten Gegenstände durch kunstsinniges Arrangiren in den Dienst des Gedankens zu stellen, der den Tag beherrschte. Natürlich sind die Blumenhändler und die knnstindustriellen Geschäfte darin bevorzugt. Aber auch sonst ergab sich aus der Verbindung von Stoffen, Büsten, Blumen, Lichten ein erfreu liches Gesammtbild. Das Publikum hielt all diesen Verlock ungen gegenüber nicht Stand. Es kam in großen Massen heraus und wallte die dichtgedrängten Straßen auf und ab, wie an einem völlig arbeitsfreien Tage. In den Hauptver kehrsadern kam es sogar zu Stockungen. Natürlich stellte die Schuljugend und das weibliche Element das stärlste Kontingent. Die erstere halte einen schulfreien Tag und ließ sich die Ge legenheit nach Schluß der Schulfeiern zu sehen und zu bewun dern nicht entgehen. Gegen ^10 Uhr kamen die ersten Gefährte heran; schnellen Trabes zogen sie durch die von reitenden Schutzleuten srei ge machte Gaffe zu den Portalen des Schlosses dahin. Mehr als zwanzig Hofkarosfen waren zu zählen. Das silberbeschlagene Geschirr der stolzen Pferde, die feine braune oder blaue Lacki- rung der breiten und hoch gebauten, auf mächtigen Federn ruhenden Wagenkasten, deren Ecken mit silbernen Kronen und deren Schläge mit dem groß gemalten Wappen des Hohen- zollernhaufes geschmückt sind, während die Bockdecke bald aus blauem oder rothem Sammet, bald aus gelbem oder violettem Tuch mit reichster Wappenstickerei besteht, fesseln eben so sehr wie die reich gallonirten, geradezu mit Silber inkrustirten Diener, deren Kopf der Dreimaster mit dem wehenden Feder busch schmückt. Man sucht zu errathen, wer im Innern der Kutschen sitzt, aber es hält ungemein schwer, denn die Herr schaften lehnen sich tief zu den seidengesteppten Rückwänden zurück, um den neugierigen Blicken der Menge zu entgehen. Man erkennt den Prinzen und die Prinzessin Albrecht, die Kaiserin Friedrich, die Erbprinzessin von Meiningen, diese mit einem großen Strauß weißer Blumen in Händen, die Prinzessin Friedrich Karl, den Prinzen Georg, den Prinzen Heinrich nebst Gemahlin und, in einem schlichten Zweispänner sitzend, den greisen Feldmarschall Moltke. Die Mannschaften der Neuen Wache traten fortwährend unter Gewehr und der Wirbel des Tambours mischt sich milden Hochrufen verlieben Jugend. Es ist ein berückendes Bild, welches, mag es auch oftmals geboten werden, immer aus's Neue das Auge gefangen nimmt, zumal wenn auf diesem Prunk und Glanz der Auf fahrt die Sonne ruht und ihre Strahlen sogar auf die gold bestickten und ordensbesäeten Uniformen der Wageninsaffen wirst. Den Hofkarossen folgt ein langer Korso, in welchem sogar die Droschken erster und zweiter Klasse nicht fehlen. Generale, Räthe der ersten Nangklassen, Kammerherren, Mit glieder des diplomatischen Korps, Gesandte und Botschafter, die Präsidenten des Landtags und des Reichstags, zahlreiche Fürst lichkeiten ziehen vorüber. Vom Schloß herab klingt scierliches Geläute. Das Mnsikkorps der Garde-Kurassiere, prächtige Ge stalten in weißen Röcken und blanken Stahlhelmen, ist bereits im Schloßhof versammelt — in wenigen Minuten beginnt oben in der Kapelle der Gottesdienst, die Ausfahrt aber hat ihr Ende erreicht. Die ersten Glückwünsche überbrachte dem Kaiser die er lauchte Gemahlin, die vom lebenden Glücke ihrer sechs Söhne umgeben war. Diesen Gratulanten folgten als folche die in Berlin eingetrofsenen Fürstlichkeiten und die Mitglieder der Königl. Familie. Als Festgabe erhielt der Kaiser von seiner hohen Gemahlin ein (Hemälde, eine norwegische Landschaft darstellend. Die Geberin und Bestellerin einer anderen Malerei ist die Schwester des Kaisers, Prinzeß Charlotte von Meiningen. Die hohe Frau bestimmte, daß dies Geschenk ein dreitheiliger Ofenschirm werden solle, in dessen schmiedeeisernes Gestell sich Felder von Leder einfügen. Der Künstler (beide Bilder sind von dem Marinemaler Saltzmann ausgeführt) nun hat seine Aufgabe, diese Flächen zu dekoriren, in überaus geistvoller und humoristischer Weise gelöst; das Mittelfeld stellt ein Schiffbar, welches die Kaiserflagge trägt, es giebt Salutschüsse ab und Dampfwolken umhüllen dasselbe Das Feld zur Rechten zeigt als Bcwohner des Meeres schöne Nixen, welche ob des Schießens erschrocken und wißbegierig aus dem nassen Element an die Oberfläche kommen; zur Linken sieht man Neptun, den Be herrscher der Ozeane, in gleicher Erregung; räthselhafte eiserne Körper — Torpedos genannt—sind im Innern seines Reiches seßhaft geworden und werden von dem Mecrgott als Steine des Anstoßes und Aergcrnisses betrachtet. Im Schlosse begannen inzwischen die Vorbereitungen zu der Gratulationskour. Die Schloßgarde behielt ihren Platz; an den Portalen nahmen Gardes du Corps, in den Treppen- gängeu und vor dem Thronbaldachin, unter welchen zwei Sessel gestellt wurden, dagegen Pagen Aufstellung. Auf der linken Galerie stand das Musikchor des 1. Garde-Regiments z. F. und gegenüber an der Kapellenseite Herr Kammervirtuos Kosleck mit dem Berliner Bläserbund, der mit schmetternden Fanfaren den Eintritt des Hofes ankündigte. Einzeln hintereinander schreitende Pagen, sowie sämmtliche Hofchargcn eröffneten den Zug. Vor dem Portal küßte der Kaiser seiner erlauchten Mutter die Hand und die Wangen, worauf die Kaiserin Fried rich sich verabschiedete. Nun trat der Kaiser mit seiner Ge mahlin vor den Thronbaldachin und blieb hier stehen. Den rechts befindlichen Herrscher umgaben die Großherzogin Marie von Mecklenburg, die Prinzessinnen Alice von Hessen, Heinrich, Friedrich Karl, die Erbprinzefsin von Sachsen-Meiningen und andere Fürstlichkeiten. Die Kaiserin, die ein hellgraues kurz- schleppigcs Atlaskleid mit weißem Atlascinsatz angelegt hatte und einen kleinen Hellen Hut mit Federbesatz trug, war mit zahlreichen Orden geschmückt. Die hohe Frau, deren frisches, blühendes Aussehen allgemeine Freude erregte, nahm in Ge meinschaft mit dem Könige von Sachsen, den Großherzögen von Sachsen-Weimar und Oldenburg, dem Prinzen Georg von Sachsen, dem Erzherzog Eugen, dem Herzog von Genua, den Prinzen Heinrich und Albrecht und den übrigen Fürstlichkeiten vor dem Thronbaldachin zur Linken des Kaisers Aufstellung. Vor einem glänzenden Spalier, welches die Hofchargen, die Pagen und die Schloßwache bildeten, entwickelte sich nunmehr die eigentliche Gratulationskour. Reichskanzler von Caprivi, vom Kaiser durch herzlichen Händedruck begrüßt, eröffnete die selbe. Ihm folgten, geführt von ihrem Doyen, dem Grafen de Launay, sämmtliche Botschafter, welchen der Kaiser in liebenswürdigster Weise die Hand schüttelte. Die Mitglieder der Gesandtschaften schlossen sich an. Dann eröffneten den militärischen Theil des Zuges Graf Moltke, Graf Blumenthal und Generaloberst von Pape, denen der Kaiser gleichfalls die Hand reichte. Die vom Staatsminister von Bötticher ange führten Minister, die Generalstabsärzte der Armee und die Geh. Regierungsräthe bildeten den folgenden Theil. Als der greise Graf Dohna eintrat, ging der Kaiser auf ihn zu und schüttelte ihm die Hand. Herr vr. Hinzpcter, welcher eben falls durch einen Händedruck ausgezeichnet wurde, beugte sich nieder und küßte dem Kaiser die Hand. Als die vomGeneral- superintendentcn Brückner geleitete Geistlichkeit eintrat, schritt der Kaiser auf vr. Dryander zu und begrüßte ihn in sehr warmer Weise. Die Abordnungen der verschiedenen Leib regimenter schloffen endlich den glänzenden Zug, dessen volle Entwickelung ungefähr eine halbe Stunde in Anspruch nahm. Die Gratulationskour war beendet, der Kaiser unterhielt sich noch kurze Zeit mit den Fürstlichkeiten und verließ dann am Arme der Kaiserin mit seinem Gefolge den Saal. Eine ganz besondere Ueberraschung hatte der Kaiser für seine Gäste auf dem Gange durch den Weißen Saal zur Ka pelle. Unter dem Bilde der Kaiser-Proklamation stand in zwei Gliedern die Schloßgarde-Kompagnie, in die die zu derselben kommandirten Linien-Offiziere eingetreten waren, gegenüber vor den beiden neuen Thronsesselu hatten die Leibpagen des Kaisers Aufstellung genommen. Es war eine Viertelstunde vor der zum Gottesdienst festgesetzten Zeit, als das in der Diplomatenloge aufgestellte Kosleck'sche Quartett eine Fanfare schmetterte. Der Kommandeur der Schloßgarde, Oberstlieute nant von Kessel, kommandirte „Stillgestanden!- Unter Vor antritt der Pagen, der Hofchargen und des großen Dienstes be trat der Kaiser den Saal; er führte die Kaiserin Friedrich, welche ganz in graue Seide gekleidet war. Als zweites Paar folgte der König Albert von Sachsen mit der regierenden Kai- fcrin. Dieselbe trug ein wundervolles Kleid von Goldbrokat mit Schleppe von bläulich grünem Sammet, dazu ein Diadem mit blauer Feder und die Kette zum Schwarzen Adler. Nach ihnen trat der Großherzog von Sachsen in großer Generals uniform mit der Großherzogin Marie von Mecklenburg ein, deren Toilette aus braunem Sammet bestand. Es folgten der Großherzog von Oldenburg mit der Prinzessin Heinrich, diese in perlgrauer Robe, der Herzog von Genna mit der Prinzessin Friedrich Karl, welche in eine kostbare olivefarbige Atlasrobe gekleidet war, Erzherzog Eugen mit der Prinzessin Albrecht, deren Toilette stahlblaue Farbe hatte, Prinz Georg von Sachsen mit der Herzogin Friedrich Ferdinand von Schleswig, Prinz Heinrich mit der Erbprinzessin von Meiningen, Prinz Albrecht mit der Prinzessin Margarethe, Prinz Alexander mit der Erb prinzessin Reuß u. s. w. Am Throne angelangt, machte der Kaiser Halt, trat sodann mitten in den Saal und richtete an die Schloßgarde folgende Worte: „Meine treuen alten Freunde! Ihr habt manchen heißen Tag mit gefochten unter meinem Vater und unter meinem Groß vater. Als Belohnung dafür habe ich beschlossen, daß Ihr den Rest Eures Lebens damit zubringen sollt, in meinem Schlosse die Wache zu übernehmen. Als ein Zeichen meiner besonderen Würdigung verleihe ich der Kompagnie eine Fahne, derjenigen nachgebildet, welche die alte Schloßgarde unter König Friedrich 11. geführt hat, die jedoch von schnöder Feindeshand weggerafft worden ist. Sie sei Euch ein Zeichen meiner Gnade, eine Er innerung an die großen Thaten, ein Sinnbild der Tapferkeit und meiner Huld. Und somit übergebe ich Euch die Fahne!" Unter präsentirtem Gewehr der Kompagnie wurde die Fahne, von zwei Offizieren begleitet, in den Saal gebracht und nahm vor dem rechten Flügel der Kompagnie Aufstellung, senkte sich vor dem Kaiser und hob sich dann wieder. Nunmehr salutirte Oberstlicutenant v. Kessel vor der Front mit dem Spontan, lüftete den federbesetztcn Hut und dankte dem Kaiser in ehr erbietigen Worten für die Verleihung der Fahne; die Kom pagnie gelobe Treue bis in den Tod und die Empfindung der Dankbarkeit bringe sie in dem Rufe zum Ausdruck: „Se. Maj. Kaiser Wilhelm II. lebe hoch!" Unter präsentirtem Gewehr schritt der Kaiser die Front entlang und wandte sich dann wieder den Fürstlichen Personen zu, worauf der Zug sich in die Kapelle begab. Die große Parolcausgabe erfolgte Mittags 12 Uhr im Bei sein des gesammten Offizierkorps der Garnison im Parade anzug im Lichthofe des Zeughauses. Die Kommandantur hatte zu diesem Zweck eine eigene Ausstellungsskizze ausgegeben, in welcher der Ort der Ausstellung für das Offizierkorps jedes Regiments verzeichnet war. Tagesschau. Freiberg, den 28. Januar. Der Gesundheitszustand der drei ältesten Prinzen des deutschen Kaiserpaares, des Kronprinzen, des Prinzen Eitel- Friedrich und des Prinzen Adalbert, ist, wie eine Berliner Korrespondenz zu melden weiß, bedauerlicher Weise seit einiger Zeit ein wenig befriedigender. Die jungen Prinzen, welche