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Unterhalt»«;,-.Blatt znm „Che««itzer Anzeige^. Jokey'S vom Start. Ich immer gemächlich hinterdrein. Sehr schönes Seid, die kleine Hexe, aber nicht für mich. Wenn wir nun so hyHiuziehen, schwärmt Miß Kora sehr von Wald und Bäumen, und Himmel und Sonne, und Blumen und Lust.* Di« Gräfin empfind bei dieser wortreiche« Schilderung Tantalus, quake«, aber sie wagte kein größere» Interesse vor der Hand zu ver machen. .Ich liebe diese Dinge nicht so ungeheuer. Mylady. Darf ich frage«, ob die» ein Ban Dyck ist?* unterbrach er sich, nach einem Wandgemälde zeigend .Rein! Und Wester —sagte die Gräfin, ihr Spitzentuch in der Hand zusammenballeud vor Ungeduld. .Ausgezeichnete» Bild! Könnt« ein Bau Dyck sein. Ich liebe seine Gemälde ungeheuer, Mylady. — Plötzlich sah ich Miß Sora'S Wangen sehr roch werden, so roth wie die Borhänge dort. Sie senkte auch den Kopf, wa» sie sonst nie thut, und sah auf ihr Pserd und nicht in die Natur. 8» kam nämlich der Fürst — sein Name ist schwer auszusprechen — * „PawlowSky.* »Ja, ganz recht, Mylady — Fürst PawlowSky angeritten, auch in Gedanken wie Riß Kora, wa- für mich sehr spaßhaft anzusehen war. Plötzlich — ES muß ein Ban Dyck sein, Mylady, ich kann «s nicht ander- glauben. Scheu Sie doch den weichen, fast senti mentalen Zug der Darstellung! Kein gewaltsamer Affekt, nur reine Empfindung!* „Nun, Mr. Wigger-, und weiter —" .Sehr spaßhaft, Mylady, daß Beide schwärmerisch gestimmt wa ren. Plötzlich sah der Fürst auf und haste kaum Miß Kora erkannt, al» er in einem vortrefflich angesetzten Linksgalopp näher sprengte. Erst war die Natur abgethan, nun kamen wir daran. Die anderen Herren, haha, zogen sehr lange Gesichter, ich nicht, Mylady, ich liebe Miß Kora nicht so ungeheuer; aber di« kleine Hexe sagte un» schwei- geud Adieu und ritt mit dem Fürsten voran. Haben Mylady da- nicht gesehen?' „Ja, ich sah es," erwirderte die Gräfin, deren geröthete Wangen den inneren Sturm verrirthen. „Nicht wahr, sehr spaßhaft anzusehen? Grade als Myladys Wagen vorüberfuhr, kicherte Miß Kora — sie ist eben eine kleine Hexe — dem Fürsten etwas zu, worüber er lachte. Aber später schien ihn etwa- verdrossen zu haben. Was? weiß ich nicht. Wir rstten Alle bald nach Hause." .Und morgen findet die Wiederholung statt?' forschte die Gräfin, sich nur »och mühsam bezwingend. Mr. Wigger» zückte die Achseln. „Wenn Alle reiten, reite ich mit. Ich denke, Miß Kora wird wieder schwärmen wollen * „Haben Sie Ihr Borhaben au»geführt und wohnen Sie jetzt der Kunstretterin gegenüber?* .Ja.' „Haben Sie den — Fürsten bereit- im Salon der — Kunst reiterin gesehen?" „Nein.* „Sahen Sie ihn sonst zu einer Zeit da- Haus aussuchen?* „Nein, aber ich denke, e» wird nicht mehr lange dauern, so kommt«.* „So kommt er,* murmelte sie vor sich hin, mit dem Entschlüsse ringend, Mr. Wiggers in ihr Vertrauen einzuweihen, wenngleich sie d« Hauptsache nach ihn vorläufig noch auf falsche Fährte locken wollte. - „Sie sagen, Mr. Wigger», der Fürst wird die Bekanntschaft mit jenem Geschöpf fortsetzen wollen?" fragte sie halblaut, indem sie sich, um den blitzenden Brillengläsern zu entgehen, erhob, „ich aber sage Ihnen, daß die» nicht geschehen darf. So viel Sympathie muß Jäer zuletzt für seinen Mitmenschen besitzen, ihn vor den Schlingen ein« gefährlich schillernden Schlange zu schützen. Aber wie? Sollte man den Träumenden nicht wecken, blo» weil sein Traum ihm momentan angenehm dünkt? Der Fürst ist Phantast, der eS nie ganz verstanden hat, sich vor sich selber zu schützen. Er folgt nur einem dunklen, unbestimmten Gefühl, wenn er der roth- haarigen Eirce seine Aufmerksamkeit schenkt — und dieses Gefühl wird ihn unglücklich machen, muß ihn unglücklich machen. Ich kenne seine Natur." „Ach, Mylady," «rwiederte Mr. Wiggers mit gemüthlicher Bo-Heit, „wollen Sie gleiche Bekehrungsversuche auch bei den LordS Westerwald und Herfeld anstellen? Das muß eine Danaiden arbeit sein.* Sie erröthe e rin wenig unter dem Puder. „Nein, gewöhnliche Naturen überlaffe ich ihrem Schicksal. Aber der Fürst ist edel an gelegt, der Fürst ist gut, der Fürst soll nicht unter die Botmäßigkeit dieses mir so tief verhaßten Weibe- gelangen. Ich will meine Lebens weisheit, meine Nachsicht, meine Sorge, meine Güte nicht an ihn auSgetheilt haben, damit er sie in der frivolen Atmosphäre Jener belachen lernt * „Miß Kora ist nicht frivol, nur eine kleine, hübsche Hexe," lächelte Mr. WiggerS. „Uud der Fürst ist nicht nur Träumer, ich glaube eh«, er giebt sich niemals Täuschungen über sich selber hin. Er —* „Sie kennen ihn nicht." Die Wahrheit dieser Bemerkung brachte ihr Blut vollends zum Wallen. „Sie sprechen wie der Blinde von den Farben." „Weshalb haßt er mich?" fuhr der Amerikaner nach einem liebevolle» Blick auf seine grauen Handschuhe fort. „Darum, weil « fühlt, daß ich kein Berfiändniß für seinen Geschmack habe, kein», Mylady. Ich für meinen Theil gäbe meinen Reichthum allein hin, ein gütiges Lächeln von Myladys Lippen zu locken — er giebt diese» gütige Lächeln auf, um Miß Kora zu glorifiziren. Lasten Sie ihn in fein Verderben rennen, Mylady, eS ist nicht schade um seine Seele. Sparen Sie Ihre Vorsorge für Beffergefinnte, vielleicht für Lord Westerwald. Ich wenigsten» ziehe ihn dem Fürsten unge heuer vor. Die Gräfin, deren stolzes Selbstbewußtsein durch Neid und Miß gunst bereits so getrübt war, daß sie die grobe Schmeichelei des Fremden überhörte, absichtlich überhörte, sah Mr. Wiggers prüfend an. „Sei dem, wie ihm sein mag. ES ist mein fester Entschluß, die Vor sehung des Bethörten zu spielen und Sie, Mr Wiggers, werden mir bistiei beistehen." „Ich? lVoli, Mylady! Soll ich sogleich hingehen und den Fürsten P»m Duell fordem? Soll ich ihn zwingen, mir sein Ehrenwort zu geben, Miß Kora Renard nicht mehr aufzusuchen? Sprechen Sie und befehlen Sie über mich. ES ist mein größter Stolz, einer Dame wie Myla> >> dienen zu können." „Tho> Veit," lächelte Clariffa über den Eifer ihre» neuen Freun de-. „Das hieße das Kind mit dem Bade ausschütten. Schützen will ich den Füllten, aber nicht tödten Fahren Sie fort, Ihre Aufmerk samkeit um die Person der Kunstreiterin und des gefährdeten Fürsten zu verdoppeln, au» Menschlichkeit. Und finden Sie, daß der Stand d« Dinge sich verändert, so melden Sie es mir, Mr. WiggerS." Sie hielt ihm die schmale Hand entgegen, die er herzhaft in der seinen drückte, bevor er sie an seine Lippen führte. Weshalb gedachte Clariffa in diesem Augenblick ihres bösen Traume»? „Ja. ich hoffe, wir werden ihn rette»! Keiner seiner Schritte- kein« ihrer Schritte soll mir entgehen. Sobald ich Grund zu er- neuten Befürchtungen habe, hole ich mir neue Verhaltungsmaßregeln au» Mylady'S schönem Munde!" In diesem Augenblick schlug die Uhr auf dem Kaminsim- hell die Stunde an. Mr. WiggerS spielte den Erschreckten. „Oh, bei Bott, ich bin sehr unzuverlässig geworden! E» erwartet mich Jemand mit Ungeduld. Ich sammle nämlich in mein Album auch Photo graphie«« von Originalen uud Sonderlingen. Dieser Tage spürte ich einen solchen hier auf. Mylady hörte vielleicht bereit» seinen Namen nennen?" Er richtete plötzlich seine Augen fest auf ihr schöne-, kalte- Antlitz. „Geppert heißt d« wunderliche Alte!" Sie schüttelte gleichgiltig da» Haupt. „Ich kenne solchen Men schen überhaupt nicht." Aber indem sie seinen Blick erwiederte, spiegelte sich etwa» wie Betroffenheit in ihren Augen; schnell sanken Mr. WiggerS lange und langweilige Lider wieder herab. „Auf Wiedersehen," sagte sie, ihn mit ihren Blicken verfolgend, bi» die graue Gestalt in der Thür verschwunden war. „Sie kennt ihn nicht," murmelte er, als er die Treppe hinab stieg. „Borficht, Vorsicht! Sonst kommt sie Dir hinter Drin Ge- heimniß! Heute Abend wollen wir die Schlinge etwa» enger ziehen!" Als er gegen sieben Uhr Kora den Wagen hatte besteigen und nach dem ZirkuS fahren sehen, verließ er sein HauS und ging geraden wegs in die gegenüberliegende Wohnung der Künstlerin. Er klingelte. Nelly, das Kammermädchen, öffnete ihm. „Miß kora ist zu sprechen?" fragte er eintretend. Das naseweise Gesicht der Zofe überflog ein spöttisches Lächeln. „Diesmal nicht! Sie ist bereits nach dem Zirkus gefahren." „Oh, Oh! Das ist mir leid, ganz ungeheuer leid!" fagte Mr WiggerS so gedehnt, als messe er sein Leidwesen nach der Elle. „Und ich hatte mich sehr gefreut, sie noch zu begrüßen!" „Es waren genug Besucher hier, aber mein Fräulein hat Alle abweisen kaffen," sagte Nelly schnippisch. „Also der Fürst auch?" „Welcher Fürst?" fragte sie neugierig. „Bon einem Fürsten weiß ich nichts! Aber da kommt immer ein anderer junger Mann, Georg von Hammerstein, der scheint in mein Fräulein bis über beide Ohren verliebt zu sein. Nun, ich glaube nicht, daß eS ihm etwas helfen wird!" „Diesen Gentleman sah ich ja noch nie!" sagte Mr. WiggerS, sich im Sessel des Vorzimmers ausstreckend. „Nein, er kommt nie, wenn die Anderen anwesend find! AIS ich ihn zum ersten Male onmelden mußte, nannte er sich einen alte» Bekannten von Fräulein Renard. Oh, sie sind sehr, sehr —" „WaS?" forschte Mr. WiggerS begierig. „Freundschaftlich zu einander. Mein Fräulein lacht jedeSmal vor Vergnügen, wenn er einlritt!" „So? Da» wollen wir votiren für zukünftige Fälle, vielleicht wiegt diese Freundschaft einst den „Bettler* auf. Aber dermtMI girl," setzte er laut hinzu, „das macht mich eifersüchtig, ganz unge heuer eifersüchtig I" „Pah! Lieben Sie mein Fräulein auch?" fragte die Jungfer, ihr stumpfes Näschen rümpfend. „Ganz ungeheuer! Aber gegen mich ist sie hartherziger, als gegen den — wie heißt doch gleich der glückliche Gentleman?" „Georg von Hammerstein!" „Richtig! Georg von Hammerstein.* Er erfaßte ihre Hand und zog sie in feine Nähe. „Willst Du mir einen großen Gefallen thun, m/ pi-ettz- Au-!?" fragte er, sein Portemonnaie hervorziehend und demselben drei blanke Goldstücke entnehmend. „Ich bin so rasend verliebt in Miß Kora, so ganz wahnsinnig verliebt, daß ich Alles er fahren möchte, was sie den Tag über thut. Oh, daS würde mich für ihre Härte entschädigen." (Fortsetzung folgt.) Wiener Brief. Original-Feuilleton von Max Viola. (Nachdruck verboten.) Wien, 2b. September. Das berühmte „ganz Wien", welches mit seiner Sucht, sich zu amüsiren, das ureigene Element der Saison bildet, ist wohlbehalten hier eingetroffen, die Promenaden und öffentlichen Gärten beginnen von Spaziergängern zu wimmeln. Alles ist bemüht, die letzten schönen Tage, welche uns noch bescheert sind, im Freien zu genießen. In der großen Gesellschaft beginnt man Vorbereitungen zu treffen, große Bälle und Festlichkeiten sollen im nächsten Winter arrangirt werden, diese Woche wird eines der Schmerzenskinder unter den Wiener Theatem, da» Karltheater, eröffnet, nächste Woche trifft der Kunst händler Sedlmayer mit den drei berühmtesten Bildern, die Heuer er zeugt wurden, hier ein und dann, ja und dann ist so ziemlich Alles beisammen, was wir zum Beginne des Winters benöthigen. Eigentlich ist es etwas gewagt, zu sagen, wir hätten so ziemlich Alles zusammen, was wir für den Winter benöthigen. Der Kunst verein hat sich zum Schluffe des vorigen Winter» aufgelöst, weil die Künstlerabende, trotzdem unsere vornehmsten Aristokraten die Leitung in die Hände genommen hatten, nicht so prosperiren wollten, wie ehe dem, da die Künstler selbst die Leitung inne hatten. Nun steht der Verein, zu dessen Abenden sich die Auserlesensten von ganz Wien drängten, noch ohne Leitung da, der Winter naht und manche Mama, mit hübschen oder auch weniger hübschen Töchtern begabt, ringt fassungslos die Hände. Um Gottes willen, wie soll das enden? Unabsehbar ist daS Ende des Konfliktes, welcher zwischen unserer Kommune und der niederösterreichischen Statthalterei herrscht. In ganz Wien macht man sich über diesen Konflikt lustig. Kein Tag ohne Sistirung. Die Kommune sistirt einen Beschluß der Tramway- Gesellschaft, flugs kommt der Statthalter und sistirt den Beschluß der Kommune. So wird schon seit Wochen luftig darauf lo» sistirt und Alles ist darauf gespannt, ob nicht noch endlich einmal auch eine Sistirung der Sistirungen eintreten werde. Dem alten Worte gemäß „Inter äuos litig.intes tertius non gnuäet" (Zwischen zwei Strei tenden freut sich der Dritte nicht) freut sich die Tramway-Gesellschaft keineswegs über den Konflikt der Statthalter» mit der Kommune. Ein ganz artiger Konflikt ist eS auch, welcher dieser Lage zwischen mehreren Börsianern auf unserer Börse ausbrach. In unserem Tempel des goldenen Kalbes geht es jetzt ziemlich düster her; denn die Pa Piere fallen und darüber trauern die Börsenbesucher mehr, als über da» Fallen der Mauern Jerusalems. Einige „große" Bankiers, welchen das unverantwortliche Sinken der Union-Aktien zugeschrieben wird, halten sich noch erlaubt, die Verlierenden zu hänseln und so geschah denn dieser Tage am Schotterring das Wunder, daß man fliegende Börsianer sehen konnte. Nach einander wurden die hänselnden Ban kier- an die Luft gesetzt, wie Schwalben flogen sie aus den Hallen der Börse mitten in die Straße hinein. So macht sich ein gedrücktes Börseanergemüth Luft. Wenn aber auch die Börse ihr Trauergewand angelegt hat, das hält die Wiener nicht ab, allabendlich in das Theater an der Wien zu wandern, wo die unvergleichliche Soubrette Marie Geistinger, dieser Liebling de» Wiener Publikum«, nach ihrer Rückkehr aus Amerika wieder aufgetreten ist. Sie begann ihr Gastspiel als „Lili" und erntete einen Applaus, einen Blumrnregen, eine« Beifallssturm, wie. ihn nicht so bald eine Schauspielerin empfängt. Es ist eigenthümlich, daß die Geistinger, trotzdem sie bereits staick über Vierzig ist, noch immer ganz jugendlich auSfieht. An ihr ist die Wandlung der Zeit nicht zu bemerken, sie spielt und singt wie heute vor fünfundzwanzig Jahren und erwirbt »och immer riesige Summen Geldes, obwohl sie ohnedies die reichste österreichische Schauspielerin ist. Mag man alle die illustreu Kräfte vorzählen, welche sich nach dem Theater Gräfinnen oder Baroninnen nennen dürfen, sie alle beisammen haben nicht so viel im Vermögen, wie Marie Geistinger allein. Sie ist eine Millio- närin, entschieden eine Millionärin und eine starke noch dazu, heißt eS in sehr verfielen Kreisen. Ihr schöne» Landgut in Käruthen, ihre großen Depots, welche sie in sichern Banken liegen hat uud ihre Brillanten allein betragen mehr, als mancher kleiner Millionär im Vermögen hat. Daran muß schon Etwas sein, an diesen Gerüchten, denn die Brillanten, welche sie im zweiten Akte in Lili trug, repräsen- tiren allein ein schönes Vermögen. Daß sie aber ein schöne» Ver mögen repräsentiren müssen, weiß Schreiber dieser Zeilen als Ohren zeuge. Bei der Ausführung von .Lili" saß einer der ersten Juweliere Wien» hinter seinen Rücken, welch« von dem neben ihm Sitzenden gefragt wurde, was die Brillanten Lili-GeistingerS wohl werth sei« mögen. Der Juwelier zählte die einzelnen Stücke der Reihe nach her, schätzte dann endlich und meinte, sie habe für über hunderttausend Gulden Brillanten auf sich. DaS ist ein schönes Geld, dachte ich so bei mir. Da sie doch ihren ganzen Schmuck nicht auf einmal ange legt haben dürste, besitzt sie vielleicht noch einmal so viel, und wenn die Geistinger bei ihrer bekannten übergroßen Sparsamkeit für einige hunderttausend Gulden Schmuck im Kasten liegen hat, welcher keinen Hell« Zinsen trägt, dann ist eS unzweifelhaft, daß sie ihre wohlge- ruudeten Millionen beisammen hat. Ein Garten im Winter für unsere Kinder! Ein Gruß vom Kindergarten an die lieben Kleinen und deren Etter«. „Wer klopft an die Thüre mit kräftiger Hand? „Wer rüttelt am Fenster mit Hast?" „ES ziehet ein Wandrer herein in da» Land, „Zu halten bei unS seine Rast!" Und willst Du den Namen errathen, so schau Hinaus nur auf Wiese und Wald, Auf Garten und Felder, auf Fluren uud Au', Da wirst Du ihn finden sehr bald. Dort fallen di« Blätter, da rauschet das Laub Beweget vom herbstlichen Wind, Es wirbelt am Wege erstickender Staub Und wirst Dir die Augen fast blind. Es liegen die Felder so öde und leer Im Garten welkt Blume und Baum, Die Vöglein, sie ziehen weit hin über'S Meer, Der Käfer, er legt sich zum Traum. Und selber die Sonne, die stets Dir!' gelacht Im goldigen, strahlenden Licht Geht Abends gar zeitig zur Ruhe, und macht Dir oft ein recht trübes Gesicht. Erkennst Du den Wandrer, der langsam sich naht, Der Dir seine Boten gesandt, Daß sie ihm bereiten, den schneeigen Pfad, Sein Kommen verkünden im Land? Sie haben'S verkündet, wir haben's erkannt Und rüsten uns schnell nach Gebühr. Bestellen das Haus nun mit Fleiß und Verstand: „Der Winter — er steht vor der Thür!" Und wenn er nun einzieht mit Eis und mit Sch»«, Dann räumt er, o Jammer und Graus, Die Gärten und Straßen und jaget, o weh! Die Kindlein bald alle in's Haus. Dort hält sie gefangen der schlimme Gesell, Er bannt sie in'S Zimmer hinein, Und Mißmuth und Langweil, die finden sich schnell Als trübe Gespielen dann ein. Doch giebt'» einen Garten, den stets er verschont. Der grünet und blüht allezeit, Er ist von manch' lieblichem Pflänzlein bewohnt Und jedes gar herrlich gedeiht. Da zeigt nicht der Winter sein grämlich Gesicht, Da wird er mit Freuden begrüßt, Weil heit're Geselligkeit alle umflicht Froh eines das andere genießt. Und Engel behüten mit sorglicher Hand DaS Plätzchen, wo FrühlingSluft weht, Wo alles umschlinget ein innige- Band Wo Liebe und Eintracht besteht Wo sinnige Spiele die Herzen erfreu'n, Wo Thätigkeit alles bewegt, Da wird in die jungen Gemüther hinein Der Grundstein zur Tugend gelegt. Wenn Vater und Mutter daS Gärtchen nun sehn, In seiner frisch grünenden Pracht. Da siehst Du oft Thränen im Mutteraug' stehn. Vor Freude da» Vaterherz lacht. Sie fühlen tiefinnerst: „Hier wohnet der Geist, „Der segnend die Kinder beglückt, Hier werden die Pflänzchen mit Nahrung gespeist, „Die Seele und Körper erquickt." Zur Liebe, zum Urquell, der alles umschlingt, Zum Fleiß, der unS ehret und ziert, Zur göttlichen Wahrheit, die alles durchdringt, Der Garten die Kindlein bald führt. D'rum rüste Dich, Mutter, und rüste Dein Kind, Und Pflanze eS selber dort ein, Wo es nicht berühret der herbstliche Wind, ES wird Dir zur Freude gedeih'«. Was früh Du gesät in die kindliche Brust, Mit Liebe bewacht und mit Fleiß ES trägt Dir viel Segen und Du wirst mit Lust Einst ernten unschätzbaren Preis. k. 8. Verantwortlicher Redakteur: vr. Ml. Q. Müller in Chemnitz. — Druck uud Verla, von Alexander Wiede t» «hemnitz.