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Amtsblatt sür die königlichen nnd städtischen Behörden zu Freiberg nnd Brand. -N 3. Erscheint jeden Wochentag Nach mittags 6 Udr für den andern Tag. Preis vierteljährlich 2 Marl 25 Pfa., zweimonatlich 1 M. SO Pj. und einmonatlich 75 Pi. 43. Jahrgang. Sonntag, den 4. Januar. ! Inserate werden bis Vormittag 11 Uhr angcnom- ! men und beträgt der Preis sür die gespaltene Zeile oder deren Raum >5 P>q 1391. Bekanntmachung, Vie Beitragsmarten ver JnvalivitSts- unv Altersversicherung betreffend. Die Pvstanstalten im Königreiche Sachsen haben Anweisung erhallen, Vie Bei rags- markrn sür die Lohnklaffen I. bis IV., welche sür BerficherungSpfftchtige zu verwenden sind, NN» an die zur Einziehung der Beiträge und zur Verwendung der Marken zuständigen amtlichen Stellen oder deren Beauftragte, an das Publikum im Allgemeinen dagegen lediglich die zur freiwilligen Versicherung zu verwendenden Doppelmarken abzugeven. Die mit der Beitragseinziehung und Markenverwendung betrauten Kassen iin Bezirke der unterzeichneten Königlichen Amtshauptmannschast werden daher die Personen, durch welche sie Marken bei den Postanstalten abholen lassen, mit entsprechender Legitimation zu versehen haben. Freiberg, am 2. Jannar 1891. Die Königliche Amtshauptmannschast. Ur. Die Stelle einer Hebamme in dem Hebammenbezirk Wegefarth wird veränderungshalber erledigt nnd ist dadurch ander weit zu besetzen. Bewerbungen werden bis zum 11. Januar 1891 angenommen von Her»»»»» Gem.-Vorst. Bekanntmachung. Die Wegegeld-Einnahme zu Lichtenberg befindet sich von jetzt an im Hause des Herrn Kaufmann Kohl hier. Lichtenberg, den 3. Januar 1891. Brüssel, Gemeindevorst. Was das Jahr I8W gebracht hat. IV. Wenn die Regierung Ihrer grotzbritannischen Majestät jetzt die Bilanz ihrer politischen Jahresrechnnng zieht, so wird sie kein besonders erbauliches Resultat erhalten. In der That hat kein Land ans so bedenkliche Erscheinungen sowohl aus politischem wie auf sozialem nnd wirthschastlichcm Gebiet zurück zublicken als England. Die Bewegung nnlcr den Gewerkver einen har dort Bahnen eingeschlagen, diefürHandel undProduktivn wie für die öffentliche Sicherheit in hohem Grade gefährlich sind. Nicht auf die Erreichung besserer Arbeitsbedingungen und Lohnverhältniffe kommt es den englischen Gewerkvcrcinlcrn bei der Jnszenirung ihrer Ausstande an, sondern lediglich aus eine Kraftprobe zwischen den Arbeitgebern und den Arbeiter- Vereinigungen. Dies gilt von den Ausständen der Tockarbeiter in Southampton wie von dem Streik der Bahnbediensteten im Kohlenrevier von Südwales, in Folge dessen schließlich gegen 200000 Berg-, Hütten- undDockarbeiter feiern mußten,ferner von dem großen Streik der 3000 Heizer der großen schottischen Eisenwerke, der die weitesten Kreise der Industrie in Mit leidenschaft zog, und schließlich auch von dem gegenwärtig noch nicht beigelegten Ausstand der Beamten der schottischen Bahnen, dnrch den die erheblichsten Verkehrsstörungen hervorgerufen wurden. Das Bedrohliche dieser revolutionären wirthschaft- lichen Bewegung liegt nicht in der Häufigkeit und Ausdehnung der Ausstände, sondern rn der Frivolität ihrer Jnszenirung. Tas sind nun die Früchte ^r vielgepriesenen englischen Ar beiterorganisation^ Dine für die Sicherheit des Landes nicht minder bedenkliche Etscheinung ist die während des verflossenen -JahrLZ in mehreren Fällen zu Tage getretene Disziplinlosigkeit cer englischen Gruppen wie der hauptstädtischen Polizei. Was soll man für die Zukunft eines Staates geben, in dem die Arbeiterschaft immer und immer wieder den Versuch er neuert sich zum alleinigen Herrn auf dem Arbeitsmarkt anf- zuwerfen, in dem das Militär dem Beispiel der irregeleiteten Arbeitermassen folgt und sich gegen Zucht und Disziplin auf lehnt, in dem sogar die Organe der öffentlichen Sicherheit mit -an dem Stnrm gegen die staatliche und wirthschaftliche Ord nung Theil nehmen! Mag die Handels- und Kolonialpolitik 'Englands noch so große Erfolge aufzuweisen haben, das Mark des Stammes ist nngefressen von den wirthschaftlichen Schäden des Manchesterthums. Daß übrigens auch auf dem englischen Handels- mrd Geldmarkt nicht Alles Gold ist, was glänzt, hat der Zusammenstnrz des Welthauses Baring Brothers mit er schreckender Klarheit erwiesen. Wenn ein Bankhaus sich so tief in wilde Spekulationen einlassen kann, daß es schließlich einer Unterstützung von 360 Millionen Mark bedarf, um nicht einen allgemeinen Krach herbeizuführen, dann ist etwas „ober- faul" im Staate Dänemark. Auch auf rein politischem Gebiet har das englische Ministerium sich nicht mit Ruhm bedeckt. Die Haltung des Kabinets war eine schwankende, seine Politik im Innern eine schwächliche. Eine Reformvorlage nach der anderen wurde zurückgezogen, so daß schließlich von d.n Ver sprechungen des Ministeriums kaum eine einzige erfüllt wurde. Um so brüsker trat das Kabinet Salisbury nach Außen auf. Sein Verhalten wenigstens gegen das kleine Portugal hatte mit dem Grundsatz noylsss« vblixe nichts gemein. Ein Glück für das Ministerium Ivar es, daß seine Gegner ihm selbst die Waffen in die Hand drückten, um sie zu bekämpfen. „Graf, dieser Ehebruch kam Euch gelegen!" mag Gladstone seinem konservativen Gegner zurufen. Dieser von Parnell's früherem Freund O'Shea gegen diesen angestrengte Ehescheidungsprozeß war in seinen Folgen sür die Gegner des Kabinets des Grasen Salisbury ein vernichtender Schlag, von dem sie sich sobald wcht wieder erholen werden. Er hat die irische Partei in zwei Theile gespalten und die Homerule- politik Gladstone's so in ihren Grundfesten erschüttert, daß es heute noch nicht zn übersehen ist, ob das Gebäude nicht völlig zusammen stürzen wird. Und das Alles Haden die schönen Augen der Frau O'Shea gethan! Was das englische Kabinet durch sein schroffes Auftreten gegen das früher mit England wirthschaftlich so eng befreundete Por tugal der monarchischen Idee geschadet hat, wird erst die Zu kunst zeigen. Feststeht, daß Lord Salisbury durch sein Ulti matum an hie portugiesische Regierung in dem Streit um die südostafrikanischen Jntcrcsfenabgrenzung der in Portugal an sich schon starken republikanischen Strömung neue Nahrung zuge- sührt hat. Der ganze Stolz des kleinen Portugal bäumte sich auf gegen die Demüthigung, die das Land durch England er fuhr. Die Republikaner bemächtigten sich sofort der Leitung der Bewegung, und es gelang ihnen, die Monarchie, deren an geblicher Schwäche das brüske Auftreten Englands zugejchrieben wurde, aus's Bedenklichste zu diskreditiren. War es doch so weit gekommen, daß man fast daran verzweislte, ein monarchi sches Ministerium zu Stande zu bringen. Endlich, nach einem halben Dutzend mißlungener Versuche sand die Ministerkrise ihre Lösung: Am 17. September war das erst im Januar an s Ruder gelangte Kabinet Serpa Pimentel in Folge der allgemeinen Unzufriedenheit mit dem portugiesisch-englischen Afrika-Vertrag zprückgetrelen, und erst am 13. Oktober ist ein neues Kabinet unter General Ehrysostomo de Abreu neu ge bildet worden. Seitdem ist in Portugal wieder eine gewisse Ruhe eingetreten, wenigstens haben die lauten Straßendemon- strationen ausgehön. Die Agitation der Presse gegen das Königthum aber dauert fort. Merkwürdiger Weise hat diese republikanische Bewegung diesmal nicht aus spanisches Gebiet übergegrifsen. Dort blieb Alles ruhig, obgleich sich tiescinschneidende politische Umgestaltungen vollzogen. Dos liberale Kabinet Sogasta hatte die Fühlung mit den maß gebenden Faktoren im Parlament wie in der Armee verloren. Das Ministerium hatte den General Daban gemaßrecelt. Daß sich bei dessen Abreise mehr als dreihundert Offiziere, darunter mehrere Generäle, trotz des ministeriellen Verbots öffentlich ans dem Bahnhose in Madrid von ihm ver abschiedeten, bewies deutlich, daß zahlreiche Würden träger des spanischen Heeres dem Regiernngs-Syflem Sagastas offen den Fehdehandschuh hingeworfen hatten. Sogasta also trat vom Schauplatz ab, und Canovas del Castillo, der Führer der Konservativen, übernahm die Leitung der Geschäfte, nachdem Sogasta Nomens der Liberalen die Erklärung abgegeben, daß seine Partei auch in Zukunft die Monarchie treu unterstützen werde. Das bedeutendste Ereignis; des Jahres aber ist sür Spanien die Einführung des allgemeinen Wahl- nnd Stimm rechtes. Das Land ist damit an einem neuen Abschnitt seines konstitutionellen Lebens angelangt. Eine schwere Heimsuchung hat das Land durch eine gefährliche Cholera-Epidemie erfahren, die während einer Dauer von mehreren Monaten Tausende von Opfern forderte, bis ihr endlich am 18. November während eines feierlichen Tedeums in Sevilla das Todtenglöcklein geläutet werden konnte. Die nordischen Reiche Dänemark, Schweden und Norwegen haben in diesem Jahre Ereignisse von allge meinerem Interesse nicht auszuweisen, jedenfalls nicht zu ihrem Nachtheil. Was aus Ruhland zu berichten wäre, ist wenig erfreulich. Auch im verflossenen Jahre ist Rußland nicht müde geworden, seine Rüstungen gegen Oesterreich und Deutschland zu vervollständigen. Mit derselben Konsequenz wnrde die Russifizirung der Ostsecprovinzen und die damit verbundene Unterdrückung der lutherischen Konfession fortgesetzt. In ver schiedenen Nihilistenprozessen wurden Todesurtheile gefällt, keines aber vollstreckt. Was die angeblich gegen die Juden ge planten Verfolgungen anlangt, so ist es. soviel bisher seststeht, nur eine übereifrige philoscmitische Presse, die den Popanz an die Wand malt, und damit der von ihr vertretenen Sache nur einen schlechten Dienst erweist. Einen willige» Schleppenträger hat Rußland, seitdem die radikale Partei in Serbien am Ruder ist und sich durch die Wahlen befestigt hat, in diesem Lande gewonnen. Regierung undVolksvertretnng wünschen beijeder passen den und unpassenden Gelegenheit ihrem edlen Zarbeschützer Heil undSegen, und dieser revanchirt sich gelegentlich durch Knopfloch- Verzierungen nnd Lieferung ausrangirter Gewehre — ein ideales Verhältniß. Weniger ideal sind die Beziehungen zwischen Exkönig Milan und seiner Exgattin Natalie. Noch immer dauert der Streit zwischen den geschiedenen Gatten fort, und wenn demnächst in Serbien irgend eine Jntriguenmine auffliegt, so kann gewiß die erste Frage berechtigt lauten: „On «8t la. tsmms ?" In Bul garien scheinen sich die Verhältnisse allmählich zu „lonsoli- diren". Fürst Ferdinand hat sein schwankendes Thrönchcn dnrch Unterlegung einiger Milliönchen mit Erfolg z» stützen gesucht. Das Volk scheint sich unter seinem Szepter ganz mollig zu fühlen, wenigstens betrachtet man die „Verschwörung" des Major Panitza, der seinen unüberlegten Schritt mit dem Tode sühnen mußte, nur als eine Episode, der der Rückhalt im Volke fehlte. Die in Griechenland stattgefundenen Wahlen haben dem Ministerium Trilupis eine nnangenehme Ueberiaschung gebracht: Nur etwa der dritte Theil der Mandate ist der Re gierungspartei zugcfallen, während die von Delyannis geführte Opposition in einer Stärke von 100 Mann in das Parlament einzog. Infolge dieses Ausfalls der Wahlen hat das Ministe rium Trikupis sofort seine Entlastung gegeben und der siegreiche Oppositionsführer Delyannis ist als Ministerpräsident Herr der Lage. Er will seine Macht zunächst dazu benützen, seine Gegner.durch Ungiltigkeitserklärung der Wahlen gänzlich aus der Volksvertretung zu verdrängen. In Griechenland ist das so Sitte. Znm Schluß noch ein kleiner Ausflug nach Amerika! In den Vereinigten Staaten haben die Silberinteressenten durch die Annahme der Silberbill zum Zwecke des Ankaufs größerer Silbermengen durch den Staat einen bedeutenden Erfolg davon getragen, der jedoch in seiner volkswirthschoftlichen Bedeutung bei Weitem noch nicht der Wirkung gleichkommt, die die von den Republikanern durchgesetzte, sogenannte Mc. Kinley-Bill, ein Schutzzollgesetz in höchster Potenz, auf die wirthschaftlichen Ver hältnisse der Bereinigten Staaten, wie aller am Export nach denselben betheiligten Länder ausübt. Daß der Kongreß mit dieser Errichtung einer chinesischen Zollmauer nicht die Inten tionen der Mehrheit des Volkes getroffen, hat der Aus fall der Wahlen zum Repräsentantenhaus gezeigt. Dieser Wahlen haben sich in Wahrheit zu einer Volksabstimmung über daS Mc Kinleyschc Tarifgesetz gestaltet. Das Urtheil lautette ver nichtend sür die Urheber des Gesetzes: Auf der ganzen Linie vom Atlantischen bis hinüber zum Stillen Ozean und vom Maine hinab bis zum Golf von Mexiko haben die Demokraten einen Sieg errungen, der alle Erwartungen übertraf: ES wurden 242 Demokraten, 98 Republikaner und ein Arbeiter- kandivat sür den Kongreß gewählt. Die demokratische Mehr heit im künftigen Hausedeträgt demnach 143Stimmen. Lange wird demnach, Io hofft man, die Herrlichkeit der Mc Kinley- Bill nicht mehr dauern. Der Aufstand in den Indianer reservationen, dein man anfangs keineBedeutung beilegte, hat in den letzten Tagen eine bedenkliche Wendung genommen. Skal- pirt wich und daS Tomahawk saust, wie in den blutigsten „Jndianergeschichten". Ein schlimmer Jahresschluß sür die hun gernden Indianer! In den mittel- und südamerikanischen Republiken hat es im Lause des Jahres wieder einmal be denklich rnmort. In Argentinien wurde mit Hilfe eines Militärausstandcs der Präsident vr. Celman beseitigt und an dessen Stelle der bisherige Vizepräsident Pellegrini gesetzt. Weiter entspann sich zwischen den Republiken San Salvador und Guatemala eine Art Operettenkrieg, der durch Revolutionen in beiden Ländern noch einen ernsten Hintergrund erhielt, und damit auch Hondnras nicht zu kurz komme, brach auch dort eine Revolution mit Gegenrevolution los, die mit dem Sieg der Regierung und einigen Hinrichtungen endete. An Ab wechslung also hat cs im Jahre 1890 in keiner Weise gefehlt. Tagesschau. Freiberg, den 3. Januar. lieber den Ban eines Jagdschlosses für den deutsche«» Kaiser in Theerbnde wird Folgendes mitgetheilt: Gleich nach der Rückkehr des Kaisers nach Berlin hatten die Verhandlungen mit Professor Naunyn wegen Ankauf seiner in Theerbude stehenden Villa begonnen, die auch sogleich zum Abschluß ge bracht werden konnten. Der vom Kaiser entworfene Plan ist nun folgender: Die Naunynsche Villa nebst dem kleinen Wirth- schastsgebäude gelangen znm Abbruch und erhalten Aufstellung mehr in südlicher Richtung. Das letztere Gebäude wird be deutend vergrößert, um Platz für den kaiserlichen Marstall zu gewähren. Auf der Abbruchstelle, welche durch Planirungen bedeutend vergrößert werden muß, gelangt das neue kaiserliche Jagdschloß znr Aufstellung. Dasselbe wird im norwegischen Blockstiel errichtet, zwei Etagen erhalten und in allen seinen Räumen reich ausgestattel werden. Das Schloß bewohnt nur der Kaiser und die fürstliche Begleitung, während die ehemalige Naunynsche Villa von dem Gefolge bezogen wird. Den ganzen Bau leitet der norwegische Architekt Munthe aus Christianiu. Das Schloß wird in Berlin fertig gestellt, gelangt mittelst Bahn dorthin und wird alsdann in Theerbnde zusammengesetzt. Bis znm 1. September k. I. mnß der Bau fertig sein, da der Kaiser zum Oktober wieder zur Jagd in der Heide erscheint. Der Großherzog von Mecklenburg-Schwerin schenkte dem Fürsten Bismarck sein lebensgroßes Brustbild zu Weihnachten und ließ dasselbe mit einem eigenhändigen Schreiben nach Friedrichsruh überbringen. Die „Hamburger Nachrichten" wiederholen ihre Befürch tung, daß durch Konzessionen hinsichtlich der Getreide zölle bei den Verhandlungen über den Handelsvertrag mit Oesterreich-Ungarn das Bündnis; mit Oesterreich in seiner Po pularität gefährdet würde. Entweder würden die Hoffnungen auf ungarischer Seite erfüllt: dann würde die gesammte länd^