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bei der bisher so großschnauzerischen Presse in tödtlicher Verlegenheit. Es heißt, das Kriegsministerium werde die sofortige Mobilmachung aller leichten Reiter- Regimenter in England verfügen, die sofort nach dem Kap abgehen sollen. Ueberdies sei die Wiederanwerbung der alten Ueomanry (berittene Freiwillige), die nach dem Urtheil regulärer Offiziere aber gar nichts leisteten, im besten Gange und auch aus Indien sollten weitere Truppen herangezogen werden. Wenn alle diese Mobil machungen wirklich glücken, so vergeht doch noch lange Zeit, bis die frischen Kräfte in Südafrika eingreifen können, und dann bleibt abzuwarten, ob sich in dem total verwüsteten Lande eine größere Macht in weiterer Entfernung von den Hauptstädten halten kann. Tie englischen Pferde fallen jetzt schon wieder, wie die Fliegen, auch nehmen die Fiebererkrankungen unter den j Mannschaften zu. Die in Natal eingebrochenen Buren- > Colonnen streifen schon bis tief in die Colonie hinein. Die Angabe englischer Zeitungen, General Dewet com- mandire hier, stimmt nicht. Wo Dewet ist, weiß zur Stunde Niemand. Er dürfte aber seine Visitenkarte nur zu bald abgeben. Es scheint schon mehr geschehen zu sein, als das englische Obercommando zugeben will; Privatmeldungen sprechen von neuen sehr unliebsamen Zwischenfällen und sehr bösen Lcctionen für die Briten. Amerika. Heute beginnt die Schwurgerichts-Verhandlung gegen den Mörder des Präsidenten Mac Kinley uns dürfte auch, da es nichts weiter aufzuklären giebt, schnell beendet werden. Nachdem der Präsident seiner Wunde erlegen ist, kann das Urtheil nur auf Todes- , strafe lauten. Dem Gouverneur des betreffenden Staates steht das Begnadigungsrecht zu, doch wird es im vorliegenden Falle selbstverständlich nicht ausgeübt. Die ziemlich armseligen, ganz vernachlässigten Kanonen boote der im Kriege befindlichen südamerikanischen Re publiken Venezuela und Columbien wollten einander eine „Seeschlacht" liefern, aber aus dem Lorbeerpflücken - wurde nichts. Der in den dortigen Gewässern an wesende französische Kreuzer „Luchet" fuhr zwischen die Kampfhähne und verhinderte die Eröffnung des Geschütz feuers. Am Ende hätte es auch trotzdem nicht geknallt. Aus dem Muldenthale. ^Waldenburg, 23. September. Se. Durchlaucht Prinz Heinrich von Schönbnrg-Waldenburg, Königs ! Preuß. Rittmeister und Flügeladjutant Sr. Majestät des Kaisers, ist zum Major, und Sc. Durchlaucht Prinz , Ulrich von Schönburg-Waldenburg, Oberleutnant im Königs Sächs. Gardereiterregiment, commandirt zur Sächsischen Gesandtschaft in Wien, zum Rittmeister be fördert worden. * — Der hiesige Turnverein hielt gestern Nachmittag Von 3 Uhr ab auf dem Schulturnplatze hieselbst bei prächtigem Wetter unter Leitung des Herrn Turnwart Peller sein diesjähriges Schauturnen, bestehend in Frei übungen, Riegen- und Kürturnen, sowie in Spielen, ab. Aus diesem Anlasse hatte sich ein zahlreiches schaulustiges Publikum eingefunden, welches den turnerischen Leistungen der Turnerschaaren mit großem Interesse folgte. Am Kürturnen betheiligte sich auch ein Carabinier der am gleichen Tage hier einquartirt gewesenen Abtheilung des Bornaer Carabincrregiments, der mit seinen turnerischen Urbungen am Reck vielen Beifall erntete. Ferner nahm eine Riege der Turnerschaft zu Altstadtwaldcnburg und eine Riege des Turnvereins zu Waldheim an dem Schauturnen theil. Der Gauvorsitzende Herr Liebold aus Crimmitschau beehrte das Schauturnen mit seiner Anwesenheit und nahm auch an dem nachfolgenden Commers im Rathhaussaale theil, in welchem er u. a. ans Se. Majestät den König Albert ein Hoch ausbrachte. Heute begeht der Turnverein im Saale des Schönburger Hofes hier sein Stiftungsfest, bestehend in Concert, turnerischen Aufführungen und Ball. * — Die Carabinier-Abtheilung aus Borna, welche am Sonnabend hier einquartirt worden war, rückte heute Morgen wieder ab, um in Rathendorf bei Narsdorf Quartier zu beziehen. Auch andere Kavallerie- und Artillerie-Abtheilungen, welche in benachbarten Ortschaften einquartirt worden waren, zogen während des Vormittags rneist unter klingendem Spiel hier durch, so daß die Straßen durch militärische Schauspiele ein belebtes Bild h boten. * — Verwahrt die Gänse gut! In der jetzigen Gänse- zeit kommt eS öfter vor, daß es Langfingern nach .billigem" Gänsebraten gelüstet, weshalb Gänsediebstähle an der Tagesordnung sind. Tie Mahnung ist daher ganz am Platze, die Gänseställe gut zu verschließen und vor Einbruch zu sichern. * — Im benachbarten Schulbezirke Wolkenburg sind Lie Masern aurgebrochen. Mit welcher Schnelligkeit die Krankheit daselbst um sich greift, beweist der Um stand, daß die Llementarklasse daselbst, die 40 Schüler hat, am Mittwoch 4, Donnerstag 28 und Freitag 36 Versäumnisse aufwies. Freitag Nachmittag erschien der Kgl. Bezirksarzt Herr vr. Gelbke aus Rochlitz mit Herrn vr. Müller im Wolkenburger Schulhause, worauf der Unterricht in allen 4 Klassen geschloffen wurde. — Das Programm für den diesjährigen Verbandstag des Verbandes sächsischer Gewerbe- und Handwerker vereine, der im Einvernehmen mit dem Gewerbeverein zu Glauchau Sonntag, den 6. und Montag, den 7. October 1901 in Glauchau abgehalten wird, ist jetzt wie folgt festgesetzt: Sonntag, den 6. October, nachmittags 4 Uhr, Vorversammlung der Vereins vertreter; abends 6 Uhr Festtafel und nachher Commers im Theaterlocal. Montag, den 7. October, vormittags 9 Uhr, Hauptversammlung im großen Saale des Meister- Hanses, Casinostraße 8, abends Concert und Ball im „Grünen Baum" in Albertsthal. Aus dem Sachseulande. — Tas Schiedsgericht für Arbeiterversicherung für die Kreishauptmannschaft Chemnitz erledigte in seiner Sitzung vom 19. September u. A. folgende Fälle: Eine Rückenwirbelverstauchung hatte der Gutsauszügler Küchler in Langenchursdorf durch einen Sturz vom Wagen er litten und für die Folgen Rente in verschiedener Höhe erhalten. Durch Bescheid der Berufsgenossenschaft wurde die 33^/zprocentige Rente, die K. zuletzt erhielt, auf 20 Proc. herabgesetzt. Seine dagegen eingewendete Be rufung hatte Erfolg; nach Gehör des Vertrauensarztes des Schiedsgerichts, der die Erwerbsbehinderung noch zu einem Drittel constatirte, zog der Vertreter der Be klagten deren Bescheid zurück. K. erhält 33^/g Proc. Weiler. Vergleichsweise war der Gutsbesitzer Ackermann in St. Egidien mit 10 Proc. Rente zufrieden. Er hatte 1897 einen Unfall erlitten, deren Folgen nach Ansicht der Berufsgenoffenschaft, die sich auf ein ärztliches Gut achten stützt, behoben seien. Sie hatte deshalb die zuletzt in Höhe von 20 Proc. gewährte Rente eingezogen. — Am Sonnabend Abend hat in Chemnitz ein in der Limbacherstraße wohnender Handarbeiter in der Trunkenheit seine Frau nach einem Wortwechsel mit einem Knüppel derart auf den Kopf geschlagen, daß diese sofort zusammenbrach. Sie wurde alsbald nach dem Krankenhaus gebracht, wo sie gestern trotz sofortiger ärztlicher Hilfe verstarb. Ter Thater wurde in Haft genommen. — In Neukirchen bei Chemnitz ertränkte sich am Freitag der Hausbesitzer und Buchbindermeister Paul Mende. Mißliche Geschäftsverhältnisse sollen den Be- dauernswerthen, der sich allgemeiner Hochachtung er freute, in den Tod getrieben haben. — Am Sonntag früh waren in Meerane in der Brüderstraße mehrere Arbeiter des dortigen Elektricitäts- werkes mit Reparaturarbeiten des Leitungsnetzes be schäftigt, als der Hilfsmonteur Meyer von dort verbots widrig ohne die Gummihandschuhe auf den Leitungs mast stieg und oben mit dem Draht in Berührung kam; er wurde infolgedessen von einem elektrischen Schlag getroffen, sodaß er augenblicklich todt war und am Draht hängen blieb. Die Leiche wurde durch Brandwunden schrecklich zugerichtet. Die Kleider wurden gänzlich ver kohlt. Ein anderer Arbeiter, der die Leiche herunter nehmen wollte, erlitt Brandwunden an den Händen. Der Verunglückte ist verheiratet und hinterläßt Frau und Kind. — Eine geradezu unheimliche Selbstmord-Epidemie grassirt seit einigen Tagen in Meerane, denn es ist jetzt der fünfte Selbstmord zu melden. Nachdem der Weber Schubert und die im 20. Jahre stehenden Mädchen Helene Pilz und die Tochter des Turnlehrers Herman, sowie, wie bereits früher gemeldet, die 25jährige Näherin Bauer durch Selbstmord geendet, fand man am Sonn abend wieder den städtischen Arbeiter Jahn in seiner Wohnung in der Hospitalstraße als Leiche. — In der Nacht vom Donnerstag zum Freitag wurde der in Nennersdors angestellte Hilfslehrer Ludwig auf der Chaussee neben seinem Rade liegend todt aufgefunden. Er hatte seine in Strahwalde woh nende Braut besucht und ist auf dem Rückwege vom Schlage getroffen worden. Vermischtes. Eine furchtbare Eisenbahnkatastrophe. Ueber ein Eisenbahnunglück bei der Station Palota in der Nähe von Turn-Severin in Rumänien, das fast 50 Menschenleben gekostet, giebt die „Voss. Ztg." folgen den herzzerreißenden telegraphischen Bericht: Der Eil zug von Bukarest wurde 2 Uhr morgens von Palota abgelassen. Unmittelbar darauf kam ein Petroleumzug mit 16 vollen, je 10,000 Kilogramm haltenden Re servoirwagen an und fuhr sofort weiter. Auf dem stark fallenden Geleise versagten mit einem Male die Bremsen des Prtroleumzuges und die colossale Last stürzte in rasender Eile vorwärts. Ter Zugführer gab Nothsignal und unglücklicherweise hielt darauf der voranfahrende Schnellzug an. Eine Sekunde später war das Unglück geschehen. Der Petroleumzug fuhr mit voller Kraft in den Schnellzug hinein, beide Züge wurden zertrümmert. Die Wirkung war eine entsetzliche: Aus vierzehn Re servoirs ergoß sich das Petroleum wie ein Sturzbach auf das in einem abschüssigen Erdeinschnitt befindliche Geleise und fing von der Lokomotive des Lastzuges Feuer. Im Nu waren beide Züge und die ganze Strecke weit hinunter ein Flammenmeer, aus dem die mark erschütternden Hilferufe der eingeschloffenen Opfer grauen ¬ voll ertönten. Dem Bukarester Schlafwagen-Jnspector Markowics und seiner Frau gelang es wie durch ein Wunder, sich aus dem Schlafwagen auf die hohe Böschung zu retten, von dort aber mußten sie ihre im Wagen gebliebene Tochter verbrennen sehen. An Hilfe war nicht zu denken. Ein Bremser und Führer und Heizer der Schnellzugs-Lokomotive kamen mit dem Leben da von, alle anderen Beamter und Passagiere sind ver brannt. Als der aus Turn-Severin herbeigeholte erste Hilfszug auf dem Platze erschien, bot die Stätte einen chauerlichen Anblick. Die auf einander gethürmten Wagen waren in glimmende Trümmerhaufen verwandelt, alle brennbaren Bestandtheile waren eingeäschert, die urchtbar zusammengeschrumpften Leichen und Leichen reste lagen in dem rauchenden Gerümpel, aus dem die rothglühenden Eisentheile hervorragten. Das Erdreich zu beiden Seiten des Geleises ist steinhart gebrannt, o entsetzlich war die Gluth des Feuers. Der Millionär Dinu aus Crajova wollte sich retten, dabei gerieth sein Fuß zwischen zwei Balken und stak fest. Flehentlich bat Dinu den Lokomotivführer, er möge ihm den Fuß abhacken und auf die Weise retten. Er wolle ihn reich belohnen. Im nächsten Moment versank der Unglück liche schon in den Flammen. Der Schlafwagen-Conduc- teur Schwarz war ebenfalls eingeklemmt. Ein rumäni- cher Arbeiter wollte ihn hcrausziehen. Schwarz um klammerte den Hals des Retters; der Arbeiter konnte ihn aber nichtjflosmachen, er war zu schwach. Schwarz' Nägel bohrten sich in den Hals des Rumänen, und der Unglückliche riß in seiner Verzweiflung dem ohnmächti gen Helfer das Fleisch herunter, so daß der Mann end lich mit Gewalt befreit werden mußte, während Schwarz verbrannte. Alle Bäume bis auf einen halben Kilo meter im Umkreise sind verkohlt, desgleichen die Bahn schwellen und alles brennende Material. Allerlei. Während eines Umzuges^ der zum Ge- dächtniß Mac Kinley's stattfand, wurden gegen hundert Personen im Gedränge verletzt, drei davon schwer. — Die Waffen- und Stahlwaarenfabrik von Coppel in Solingen ist Sonnabend infolge einer Benzinexplosion niedergebrannt. Ein Arbeiter erlitt schwere Verletzungen. — Wegen Entwendung von Nachlaßsachen verstorbener Unteroffizier und Mannschaften wurde in Kiel der Kammeroffiziere Feuerstein zu 1 Jahr Gefängniß und Ausstoßung aus dem Heere verurtheilt. Telegramme. Zwickau, 23. September. Seit heute Mittag steht das Gebäude der Centralhalle am Marktplatze in Flammen. Die Feuerwehr ist in voller Thätigkeit begriffen. Die Glocken der Kirchen stürmen. Berit«, 23. September. Der Polizeipräsident macht bekannt, daß die Nr. 34 des tu Paris erscheinende« Witzblattes „To zourual pour tous" auf Antrag des Staatsanwalts durch Beschluß des Kgl. Amtsgericht- l. beschlagnahmt worden ist, weil die Abbildungen auf Seite 3 in Verbindung mit dem darunter steyk«- deu Text Beleidigungen des deutsche« Kaisers ent» halte«. Aus diesem Grunde ist die Nr. S44 per ,,Wiener Arbeiterzeitung" beschaguahmt morde«; bei ihr find die Beleidigungen in einem salhrische« Artikel, betitelt t ,,A«S dem Tagebuch des Prinze« Tschung" enthalten. Berlin, 23. September. Das „Berl. Tagebl." meldet aus Kiel r DaS Zarenpaar «ebst Töchtern ist, be gleitet von dem Herzog und der Herzogin von Oldenburg und dem Prinzen Nikolaus, «ach drei» stündigemAufenthalt beimPrinzenund der Prinzesst» Heinrich von hier abgereist. Berlin, 23. September. Da- „Kl. Journal" meldet a«S Peking: Die Chinesen find aus eine originelle Idee gekommen, um »ie a« die Mächte zu zahlend« Kriegsentschädigung schneller anfzubringe«; st« wolle« nämlich drei Commissionen, an der« Spitze je «in Tao-tai stehen soll, zu de« im Ausland leben den Chinesen entsenden, um diese um milde Gabe« für de« oben genannten Zweck zu bitte«. Die Ge- sammtzahl der Mitglieder dieser Commission«« ist ans 34 festgestellt, die sich «ach de« verschied«»« Weltgegende« bgebe« solle». Lihungtschang hat di« einzelnen Gesandten bereits um Pässe für die Com» misstone« ersucht. Berli«, 23. September. AuS Tientsin wird dem „Kl. Journal" gemeldet: Gestern ist die Besetzung der Provinz Lschili durch die Verbündeten offiziell zu Ende gekommen. 16,000 Mann bleibe« aber zur Ueberwachung der Verbindungen zurück, während »as Friedensprotokoll nur von 12 Mann spricht. — Der Redacteur veS Anarchistenblattes „Neues Leben", Polier O. Panzer, wurde in seiner Wohnung verhaftet, und die Nummer, in der das Attentat auf de« Präsidenten Mac Kinley besprochen wnrpe, wegen strafbaren Inhalts beschlagnahmt. Lübeck,23. September. Der socialdcmokratischePartei tag wurde gestern Abend unter großem Andrang« des Publikums durch deu Abgeordnete« Bebel im Namen des Parteivorstandes eröffnet. Auch auS dem AuSlanse waren zahlreiche Delegirte einge- troffr«. Zu Vorsitzenden wurden der Abgeordnete Singer und Schwartz-Lübeck gewählt. — Unter heftigem Protest von »r. Quark (Frankfurt a. M.), Frau Luxemburg und Andere« wurde beschloffe«, über die Agitation, Litteratur und Press« in gr- schossener Sitzung zn verhandeln, ferner die HandelS» vertragSpolitik und den Zolltarif auf die Tagesord nung zu setze«. Bebel wurde als Berichterstatter hierüb«r bestimmt. London, 23. September. Aus Kapstadt wird gemel det: Kruitziuger drang «ahe bei Herschel in di«