Volltext Seite (XML)
Nr. 1Ü1. — 4. Jahrgang. «Mer A«/?, Donnerstag, 1. Mai 1884. und Aadtbote. Unparteiisches Tageblatt für Chemnitz und die Vororte l Altchemnitz, Nltendorf,Bernsdors, Borna, Ebersdorf, Furth, Gnblenz, Glösa, Helbersdorf, Hilbersdorf, Kappel, Neustadt, Schimm. Abonneutenlsbestellunge», vierteljährl. 125 Pf. (Zutr. 40 Pf.), monatl. 42 Pf. (Zutr. 15 Pf.), nehmen an die Verlagsexpedition u. Ausgabestellen in Chemnitz u. obigen Vororten. Außerhalb dieser Orte kann der An zeiger nur b. d. Postanstalten — Postztgs-Liste 7. Nachtrag Nr. 1059 — (Vierteljahr!. 150 Pf.) bestellt werden. Insertionspreis: die schmal« (Ifpaltige) Korpuszeile oder deren Raum 15 Pfennige. — — Unter Eingesandt pro Zeile 30 Pfennige. — Auf große Annoncen und Wiederholungen Rabatt. — Annoncen-Annahme für die nächste Nummer bis Mittag. — Ausgabe jeden Wochentag Nachmittag. Verlags-Expedition: AkLe^trrrDer Wiede, Bnckdrnckerei, Chemnitz, Theaterstraße 48 (ehemaliges Bezirksgericht, gegenüber dem Kasino). Bekanntmachung. Von dem Unterzeichneten Rath ist das von der vormaligen Genossenschaft der Maurermeister zu Chemnitz aus dem bei ihrer Auslösung vorhandenen Genossenschastsvcrmögen gestiftete Stipendium für einen bedürftigen und würdigen Schüler der Abtheilung für Bautechnikcr an der hiesigen höhere» Geiverbschule oder der Baugewerkenschule zu verleihen. Gesuche um Verleihung dieses Stipendiums sind bis zuni 10. Mai dieses Jahres anher einzureichen. Chemnitz, den 28 April 188t. Der Rath der Stadt Chemnitz. Andre, Oberbürgermeister- Frcht. Bekanntmachung. Nachdem hier glaubhaft angezeigt worden, daß das vom Rath zu Zwickau am 2l. April >881 ausgestellte Dienstbuch der ledigen Marie Theresie Fran ziska Lucas verloren gegangen ist, hat dieselbe heut ein neues dergleichen ausgestellt erhalten, was zur Verhütung von Mißbrauch mit dem abhanden gekommenen Dienstbuch hiermit bekannt gemacht wird. Chemnitz, am 29. April 1384. Das Polizei amt- Sicbdrat. Konkursverfahren. Das Konkursverfahren über das Vermögen des Sattlermeisters Carl Otto Saupe in Chemnitz wird, nachdem der in dem Verglcichstermine vom 81. März 1884 angenommene Zwangsvergleich durch rechtskräftigen Beschluß vom 31. März 1884 bestätigt ist, hierdurch aufgehoben. Chemnitz, den 28. April 1884. Königliches Amtsgericht. Nohr. Konkursverfahren. In dem Konkursverfahren über das Vermögen des Bauunternehmers Carl Heinrich Wolf i» Altchemnitz ist infolge eines von dem Gemeinschuldner gemachten Vorschlages z» einem Zwangsvergleiche Vergleichstermin auf den 23. Mai 1884 Vormittags 9 Uhr vor dem Königlichen Amtsgerichte Hierselbst anberaumt. Chemnitz, 26. April 1884. Pötzsch, Gerichtsschreiber des Königlichen Amtsgerichts. Konkursverfahren. In dem Konkursverfahren über das Vermögen Christianen Julianen vcrehel. Strauß in Chemnitz, Inhaberin eines unter der Firma C. I. Strauß daselbst betriebenen Schraubenfabrikationsgeschästs, ist zur Abnahme der Schlußrechnung des Verwalters, zur Erhebung von Einwendungen gegen das Schlußverzeichniß der bei der Vertheilung zu berücksichtigenden Forder ungen und zur Beschlußfassung der Gläubiger über die nicht verwerthbaren Vermögensstücke der Schlußtermin auf den 24. Mai 1884, Vormittags 10 Uhr vor dem Königlichen Amtsgerichte hiersclbst bestimmt. , den 28. April 1884. ötzsch, Gerichtsschreiber des Königlichen Amtsgerichts. Im Handelsregister für de» Stadtbezirk des Unterzeichneten Amtsgerichts wurde heute auf Folium 2109 verlautbart, daß der Kaufmann Herr Hugo Köhler in Chemnitz in die Firma Julius Köhler Nachfolger daselbst als Mit inhaber eingetreten ist. Chemnitz, am 29. April 1884. Königliches Amtsgericht, Abtheilung L. Nohr. Tr. Oeffentliche Zustellung. Der zum Armcnrecht zugelassene Handarbeiter Karl Friedrich Wilhelm Bönisch in Frankenau, vertreten durch Rechtsanwalt Th. Müller in Chemnitz, klagt gegen seine Ehefrau Emilie Therese Bönisch, geb. Seifert, vornialS in Ltaplston, Uielimonck Oountz- How-Ilorlc, jetzt unbekannten Aufenthalts, wegen böslicher Verlassung, mit dem Anträge ans Ehescheidung, und ladet die Beklagte znr mündlichen Verhandlung des Rechtsstreites vor die dritte Zivilkammer des Königlichen Landgerichts zu Chemnitz auf den 16. September 1884 Vormittags 9 Uhr mit der Aufforderung, einen bei dem gedachten Gerichte zugelasscnen Anwalt zu bestellen. Zum Zwecke der vom Gericht bewilligten öffentlichen Zustellung wird dieser Auszug der Klage bekannt gemacht. Chemnitz, den 24. April 1884. Der Gerichtsschreiber des Kgl. Landgerichts, Zivilkammer III. Fischer. Oeffentliche Zustellung. Die zum Armenrecht zugelassenen Ehefrauen: 1. Bertha Louise Fiedler, geb. Conradi, in Chemnitz, 2. Lina Louise Giehler, geb. Hiller, ebenda, 3 Marie Elisabeth Lange, vcrw. gew. Schulz, geb. Fischer, ebenda, 4. Hedwig Minna Sidonie Roscher, geb. Kohl, in Kühberg bei Bärenstein, zu 1. und 2. vertreten durch Rechtsanwalt Hösel in Chemnitz, zu 3. und 4. vertreten durch Rechtsanwalt Th. Müller ebendas, klagen gegen ihre Ehemänner: zu 1. den Handarbeiter Friedrich August Fiedler aus Wolkenburg, früher in Chemnitz, jetzt unbekannten Aufenthalts, zu 2 den Fabrikarbeiter Carl Gottfried Giehler aus Niederlichtena», früher in Chemnitz, jetzt unbekannten Aufenthalts, zu 3. den Eisengießer Julius Antonius Lange, früher in Chemnitz, jetzt unbekannten Aufenthalts, . . zu 4. den Schneider Franz Paul Emil Roscher, zuletzt in Jöhstadt, jetzt unbekannten Aufenthalts, wegen böslicher Verlassung, mit dem Anträge auf zu 1-, 2. und 4.: Verurthcilimg zur Herstellung des eheliche» Lebens, eventuell Ehescheidung, zu Scheidung der Ehe vom Bande, und lade» die Beklagten zur mündlichen Verhandlung des Rechtsstreits vor die dritte Zivilkammer des Königlichen Landgerichts zu Chemnitz auf den 16. September 1884, Vormittags 9 Uhr, mit der Aufforderung, einen bei- dem gedachten Gerichte zngelaffeiie» Anwalt zu bestellen. Zum Zwecke der vom Gericht bewilligten öffentlichen Zustellung wird dieser Auszug der Klagen bekannt gemacht. Chemnitz, den 24. April 1884. Der Gerichtsschreiber des Kgl. Landgerichts, Zivilkammer III. Fischer. Steckbrief. Gegen den nuten beschriebenen zuletzt in Obcraffaltcr aufhältlichen 25jährigen Strumpfwirker Anton Vogel aus Kühnhaide, welcher flüchtig ist, ist die Untersuchungshaft wegen Betrugs nnd Unterschlagung vom Königlichen Amtsgericht Stollberg verhängt- ES wird ersucht, denselben zu verhaften und in die hiesige Gcfangen- anstalt abzuliefern. Vogel ist mittler Statur, 1,69 m groß hat blondes Haar und Schnurr- bärtchen. Chemnitz, am 2S. April 1884. Königliche Staatsanwaltschaft. vr. Schmidt. Schütz. Der Eisengießer Friedrich Wilhelm Keller aus Gablenz wird gesucht. Im Betretungssalle wird um seine vorläufige Festnahme und Sistirnng gebeten. Chemnitz, am 26. April 1884. Der Amtsanwalt. I. A.: v. Schnorr. Erledigt hat sich die am 9. d. M. an die Fabrikarbeiterin Lina Hof mann aus Reichenbrand erlassene Vorladung. Chemnitz, am 28. April 1884. Der Königl. Amtsanwalt. I. A.: Arnold, Ref. TageSchronik. 1. Mai. >218. Kaiser Rudolf I. geb. 1308. Kaiser Albrecht 1. gest. 1707. England und Schottland vereinigt. 1899. Pseffel gest. 1851. Eröffnung der Weltausstellung in London. 1859. John Walker, Erfinder der Streichhölzer, gest. 1872. Eröffnung der Straßburger Universität. 1873. Eröffnung der Wiener Weltausstellung. 1878. Pariser Weltausstellung. 1880. Enthüllung des Beethoven-Monuments in Wien. Telegramme des Chemnitzer Anzeigers. Vom 29. April. Berlin Die Sozialistengesetz- Kommission nahm in ihrer Nach- mitiagssitzung sämmtliche Amendements des Abg. Windthorst an, außer den auf die Zusammensetzung der Beschwcrdekommission und die Beschränkung des Belagerungszustandes auf Berlin bezüglichen. Berlin. Die Unfallversicherungs-Kommission nahm heute in der Abstimmung über die Paragraphen 9—11 die Anträge der ver einigten Konservativen und Klerikalen an, welche gegen den Fortbe stand der Privatversicherung, wie gegen Versicherung auf Gegenseitig keit gerichtet sind und territorial abgegrenzte Berufsgenossenschasten zur Basis der Versicherung machen. München Der Verein ..Frei München", der' Sammelpunkt der liberalen Münchener aller Schattirungen, erblickt in der Gründung der deutschen freisinnigen Partei keinen Anlaß, seine bisherige Stellung aufzugeben und sich einer einzelnen Parteirichtung anzuschließen; er erachtet aber die Vereinigung zweier liberaler Parteien als einen begrüßenswerthen Anfang zu einem einheitlichen Zusammenstehen aller Liberalen gegenüber den ultramontanen und rückschrittlichen Bestrebungen Wien. Das Kronprinzenpaar ist um 12 Uhr 10 Min. hier eingetrosfen. Unter den am Bahnhof Anwesenden befand sich auch der türkische Botschafter. Petersburg. Das „Journal de St Petersbourg" sagt, daß die meisten Großmächte die Einladung Englands zu der Konferenz, welche über die Frage der Revision des cgyptischen Liquidationsgesetzes berathen soll, zustimmend beantwortet hätten. Libau. Von dem Hasenpotschen Oberhauptmannsgericht wurde vorgestern das bestätigte Urtheil gegen die Mörder des Baron Nolde verkündet. Nach demselben werden von zehn Angeklagten fünf zu Zwangsarbeit in Bergwerken resp. Fabriken und einer zu Gefängniß verurtheilt, während zwei Angeklagte unter Verdacht belassen und die übrigen freigesprochen werden. Paris. Das „Journal des Debats" hält es für unmöglich, die Konferenz auf die finanzielle Frage zu beschränken, weil diese von der Politik nicht zu trennen ist. Die „France" sagt, daß die Bereit willigkeit Deutschlands und der übrigen Mächte, Frankreich die Be stimmung des Programms für die Konferenz zu überlassen, eine Falle sei, damit Frankreich sich mit England gänzlich verfeinde. Ferry solle Takt und Klugheit gegenüber England bewahren. Kairo. Egyptische Offiziere in Assuan erhielten Briefe von Mahdis Leutnant, worin sie aufgefordert werden, innerhalb zehn Tagen abzuziehen, sonst würden sie vernichtet werden. London. Nach einer Meldung der „Times" aus Berber ist es unmöglich, mit Gordon in Verkehr zu treten; das ganze Land be finde sich in Aufruhr und Berber werde von den benachbarten Stämmen bedroht; Jedermann begebe sich noch Kairo. — Aus Assuan erfährt der „Standard", daß Osman Digma — nach Berichten zweier Araber aas Suakin — die Absicht habe, auf Assuan zu marschiren. Der Mahdi habe Briefe nach Assuan gesandt, in welchen die schleunige Vernichtung der Christen angedroht werde. Newyork. Ein Orkan in Ohio verursachte ungeheuren Schaden; es wird auch Lebensverlust befürchtet. Htidenmäßift viel Geld. Es vollzieht sich vor unseren staunenden Blicken soeben ein Er eignis), das zu den bedeutsamsten Vorfällen auf wirthschaftlichem Gebiete gerechnet werden muß, welche in diesem Jahrhundert zu re- gistriren waren. England nämlich, das seinen Staatsgläubigern mehr als zwölf Milliarden Mark zum Zinsfüße von blos 3 pCt schuldet, findet diesen Zins für zu hoch und kündigt an, daß es seine konsoli- dirte Oprozcntige Staatsschuld in eine 2 / prozentige verwandeln werde und wer damit nicht zufrieden ist, dem stehe gegen Rückgabe der betr. Staatsschuldverschreibungen das baare Geld zur Verfügung. So unendlich reich England auch sein mag, und obwohl London das Haupt - Geldreservoir für die ganze Welt darstellt, so ist doch die Summe von scchszehn Milliarden, um die es sich handelt, eine so riesige, daß England alle Mühen der Welt haben würde, wenn es sie im Wege des Kredits erst aufbringen müßte. Man weiß, wie schwer es Frankreich wurde, sieben Milliarden Franks zum hohen Zinsfüße von 5 pCt. und gegen eine sehr erhebliche Mehrverschreibung von Kapital aufzubringen. Welche kolossalen Veränderungen auf dem Kapitalmärkte müssen nun vorgegangen sein, und in welcher Plethora von Geld muß die hohe Finanz schwimmen, wenn England den Zeit punkt für gekommen erachtet, zu erklären: „mir ist der Zins von 3 pCt. zu hoch und wer sich nicht mit der Reduktion auf 2 Vs pCt. zufrieden erklären will, dem stelle ich sein Guthaben in baarem Gelde zur Verfügung." England hat sich jedenfalls unter Gewährung von Provisionen einer ausreichenden Unterstützung des Großkapitals versichert, um es darauf ankommen lassen zu dürfen, ob seine Gläubiger lieber ihre baaren Einlagen zurücknehmen, als daß sie sich einer Zinsenreduktion unterwerfen. Gleichwohl wagen auch seine finanziellen Verbündeten nicht wenig; denn die Operation ist zu riesig, um auch nur die ge ringste politische oder wirthschaftliche Störung vertragen zu können. Aber cs läge im allgemeinen Interesse, daß diese Zinsfußherab setzungs-Operation glatt verliefe; denn alle europäischen Völker würden wohlthätige Folgen davon verspüren. Die Schultern der Völler sind mit Staatsschulden überbürdet und je mehr man ihnen Zinserleichter- ungen gewährt, desto mehr werden sie wieder ausathmen können. Die gegenwärtige Geldanschwellung ist nicht nur eine lokale Erscheinung in England allein; sie hat einen fast internationalen Charakter an genommen. — Die in England bevorstehende Zinsherabsetzung wird nun voraussichtlich zur Folge haben, daß die englischen Rentiers nach soliden 4prozentigen Werthen des europäischen Festlandes greifen. Dies wird auch die deutschen Staatspapiere in die Höhe treiben und dieselben in nicht langer Zeit ebenfalls konvertirungssähig machen. Damit wird aber dann auch allen privaten Unternehmungen, bei denen ein höherer Lohn, eine höhere Verzinsung winkt, Geld zu geführt werden und eine erhöhtere allgemeine Thätigkeit auf dem ge- sammten volkswirthschaftlichen Gebiete wird davon die Folge sein. Die Welt ist gar groß und bietet Gelegenheit genug für frucht bringende Untemehmungen aller Art. Bei ketzeren wird die deutsche Intelligenz, der deutsche Fleiß und die deutsche Unternehmungsthätig- keit gewiß nicht zu kurz kommen, wenn die nöthige Vorspannleistnng des Geldes nicht mehr fehlt. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Die Reichstagssitzung vom ver gangenen Montag bot kein außergewöhnliches Interesse dar. In zweiter Lesung wurde der Gesetzentwurf, betr. die Anfertigung von Phosphorzündhölzern mit dem Anträge Baumbach, wonach zur Er leichterung des Ueberganges und zu Gunsten der Hausindustrie das Gesetz erst in zwei Jahren in Kraft tritt, angenommen. Bei der dritten Lesung, betr. die Novelle zum Hilfskassengesctz, wurden die Beschlüsse der zweiten Lesung im Wesentlichen aufrecht erhalten; — schließlich genehmigte das Haus definiiiv das ganze Gesetz. In der nächsten Sitzung, am Mittwoch, standen verschiedene Anträge ans der Mitte des Hauses, darunter auch der fortschrittliche Antrag auf Ent schädigung unschuldig Verurtheilter, aus der Tagesordnung. — In der gestrigen Sitzung der Kommission des Reichstags für bas Sozialistengesetz wurden die bekannten Anträge Windthorst zur Diskussion gestellt und zweimalige Lesung beschlossen. In Z 9 des Sozialistengesetzes soll danach, wie wir gestern bereits telegraphisch mittheilten, der zweite Absatz gestrichen werden, welcher das vorherige Verbot sozialdemokratischer Versammlungen zuläßt. Zur Motivirung führte Windthorst aus, daß die jetzige Verlängerung des Sozialisten gesetzes als ein Uebergangsstadium bis zw dessen Aufhebung sich dar stellen und daher eine größere Freikeit der Diskussion ermöglicht werden solle. Minister v. Puttkamer legte die Stellung der ver bündeten Regierungen gegenüber den Windthorst'schen Anträgen klar. Das Gesetz stelle das Minimum der Vollmachten dar, welche die Staatsregierung zur Erfüllung ihrer Aufgaben benüthige; eine stumpfe Waffe sei schlimmer, als gar keine; die Verbündeten Regierungen könnten sich zu keinem Amendement zustimmend verhalten; aus dem Standpunkte Windthorst's folgt konsequent die Verwerfung des ganzen Gesetzes. Abg. Windthorst bedauerte im weiteren Verlaufe der De batte die ablehnende Haltung der Regierung und bemerkte, daß nach seinen Beobachtungen die Schätzung des Wahlausfallcs bei etwaiger Auflösung des Reichstags eine sehr unsichere sei; denn die unter der Parole des Sozialistengesetzes vollzogenen Wahlen würden die sozial demokratische Partei mächtig erstarken lassen. Die Negierung möge nicht vergessen, daß cs solchen, die silbst unter Ausnahmegesetzen lebten, schwer werde, für das Ausnahmegesetz noch ferner zu stimmen. Auch nach Annahme seines Amendements zu Z 9 sei die Waffe noch scharf genug. Er werde seine Bestrebungen in der Kommission und im Plenum fortsetzen, um der Nation zu zngen, daß der gute Wille, ein akzeptables Uebergangsstadium zu schaffen, vorhanden war und von den verbündeten Regierungen zurückgewicsen worden sei. Schließ lich wird der Windthorst'sche Antrag, wie bekannt, mit 13 gegen 7 Stimmen genehmigt. — Am Sonntag Nachmittag fand eine längere Konferenz des preußischen Staatsministeriums statt, worauf der Reichskanzler wiederum eine säst einstündige Audienz beim Kaiser hatte. Die Sitzung des Staatsministeriums wie die Unterredung zwischen dem Kaiser und dem Fürsten Bismarck sollen sich mit der Frage wegen eines Gesetzes bezüglich der Sprengstoffe beschäftigt haben. Wie gestern schon mit-