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Ter Stadtrath Kauffmann in Berlin ist am Donnerstag von derBerlinerStadtverordnetenversammlung mit der großen Mehrheit von 109 Stimmen von 124 wiederum zum Bürgermeister von Berlin gewühlt worden. Da aber Herr Kauffmann die Wahl anzunehmen erklärt hat, so ist also die Frage acut geworden, wie der Kaiser, der der ersten Wahl die Bestätigung versagt hat, sich zu der zweiten stellen werde. Die Wähler des Herrn Kauffmann scheinen auf die Bestätigung zu rechnen, die schon wiederholt als gänzlich aussichtslos bezeichnet worden ist. Auch im bergischen Jndustriebezirk läßt sich nach Mittheilungen aus Remscheid ein allgemeiner wirth- schaftlicher Niedergang in fortgesetzt steigendem Grade wahrnehmen. In den letzten Tagen sind mehrere Firmen, darunter ein Großbetrieb, in Zahlungsschwierig keiten gerathen. Die Zahl der Fabriken, die Arbeiter entlassungen vornehmen, mehrt sich fortgesetzt. Einige Werke ließen zehn vom Hundert Lohnverminderungen eintreten. Weitere Herabsetzungen sollen folgen. Oesterreich-Ungarn. Von den Kaisermanövern in Oesterreich-Ungarn wird aus Wien berichtet: Kaiser Franz Joseph ist am Donnerstag zu den Corpsmanövern nach Dolnji-Micholjac abgereist. In seiner Begleitung befindet sich Erzherzog Franz Ferdinand. Frankreich. Die Kosten des Zarenbesuches in Frankreich be» laufen sich auf 3,100,000 Fr., das ist die Summe, die zu dem genannten Behufe von der Deputirten- kammer gefordert werden wird. Die Kammer wird natürlich, wenn sie nachträglich um ihre Bewilligung der respectablen Summe angegangen werden wird, ein stimmig, von den Socialdemokraten allerdings abgesehen, ja sagen. Aber manchem, der Ja sagt, wird dabei doch recht schwül zu Muthe werden, zumal wenn sich hinter her noch herausstellen sollte, daß Rußland eine neue Anleihe in Frankreich aufzunehmen beabsichtigt. Und diese Absicht wird ja wohl bestehen. Rußland. Endlich erreicht! sagt der Generalgouverneur von Finn land. Er erhielt nämlich auf sein wiederholtes Er suchen di» Befugniß, mit Zustimmung des Senats von Finnland administrativ» Verschickungen nach Sibirien oder anderen Theilen Rußlands vorzunehmen. Afrika. Lord Kitchener und seine Getreuen hatten sich ge waltig geirrt, als sie von ihrem Auftrage an die ge fangen gehaltenen Burenfrauen, ihre Männer zur Ein stellung der Feindseligkeiten zu überreden, eine baldige Beendigung des Krieges erwarteten. Nur ein verschwindend kleiner Theil der Frauen hat dem Auf trage gemäß gehandelt und auf die Männer in dem ge wünschten Sinne, allerdings total erfolglos, einzuwirken versucht. Andere haben die Friedensfrage überhaupt garnicht erwähnt. Di» große Mehrzahl der Frauen aber erklärte, daß sie, einmal zurückgekehrt zu ihren Männern, diese auch nicht wieder verlassen, sondern mit ihnen die Gefahren d»s Kriegslebens unerschrocken theilen würden. Und diese braven Frauen ließen keinen Widerspruch gelten, sie stiegen gleich ihren Männern zu Pferde und kämpfen an deren Seite mit rühmlichster Tapferkeit und Todesverachtung gegen den Feind. Die englischen Kriegsberichte spotten allerdings über diese Theilnahme der Frauen an den Kämpfen, aber die Buren haben damit aufS Neue »inen unwiderleglichen Beweis ihrer ausharrenden Krirgsbegeisterung erbracht. Diesen Helden ohne Gleichen, die für ihre Freiheit und ihre Ehre freudig jedes Opfer bringen, wird am Ende doch noch der Sieg zu Theil werden; ein solches Volk ist eben unüberwindbar. Amerika. Ueber den Mordanschlag auf den Präsidenten Mac Kinley ist nun eine volle Woche ins Land gegangen, ohne daß in dem Befinden des Präsidenten ernstliche Störungen eingetreten wären. Ta nach ärztlichem Ur theil von einer Blutvergiftung keine Rede ist, die Heilung der Wunden normal verläuft und die Nahrungsauf nahme ohne Schwierigkeiten Von Statten geht, so darf man die Hoffnung hegen, daß der Präsident gerettet werden wird. Unvorhergesehene Complicationen sind zwar auch jetzt noch nicht völlig ausgeschlossen, so daß man auch heute noch nicht sagen kann: der Präsident ist gerettet. Aber die Hoffnung auf vollständige Ge nesung ist jedenfalls eine begründete geworden. (Vergl. Telegr.) Die polizeilichen Ermittelungen über die Exi stenz eines Complotts haben bisher zu keinem end gültigen Ergebniß geführt. In der verhafteten Emma Goldman hat die Polizei offenbar die Anstifterin des Verbrechens in den Händen. Es hat der im hohen Grade Verdächtigen jedoch noch nichts bewiesen werden können. Allerdings schließen sich die Fäden der Unter suchung immer enger, so daß die polizeilichen Bemühungen am Ende doch noch vom Erfolg gekrönt werden. Der öffentliche Ankläger in Sachen des Attentäters Czolgosz hat erklärt, daß die Meinung, der Mordbube könnte nur wegen Mordversuchs belangt und zu einer Höchst strafe von 10 Jahren Gefängniß verurtheilt werden, eine durchaus irrige sei. Dem Attentäter wird ein ganzes Register von Strafthaten zur Last gelegt werden und seine Strafe mindestens 30 Jahre Gefängniß be tragen. Ueber den Krieg zwischen Venezuela und Colum bien ist weiter zu melden, daß die Venezolaner zu Wasser und zu Lande in die nordwestliche Ecke Colum biens eingedrungen sind. Columbien hat den Kampf ausgenommen. Ein Regierungsdekret weist die Gouver neure der Einzelstaaten an, alle Hilfsmittel für die Unterhaltung und Ausrüstung des Heeres durch Ent eignung zu erzwingen, ohne vorher die Billigung der Regierung einzuholen. Vorzugsweise soll das Eigen thum derjenigen Personen angegriffen werden, die der Regierung feindlich gesinnt sind; wenn es die Noth gebietet, soll aber auch das Eigenthum der anderen Bürger beschlagnahmt werden. Mit größter Willkür werden nunmehr „Feinde" der Regierung auf die Liste gesetzt. Zahlreiche vermögende Deutsche sind bereits um ihre sämmtlichen Ersparnisse gebracht worden. Und die deutsche Regierung hat zum Schutz der Reichsan gehörigen in den centralamerikanischen Gewässern nur ein einziges Kriegsschiff. Das kann für die Deutschen recht schlimm werden. Ans dem Muldenthale. "Waldenburg, 13. September. Ter Gauverband erzgebirgischer Gewerbevereine hält Sonntag, den 29. d., in Hohenstein-Ernstthal seine diesjährige Gauvcr- sammlung ab, welche sich mit der Vorberathung der Tagesordnung der Landesversammlung in Glauchau am 6. October beschäftigen wird. Vormittags wird eine Besichtigung der Kochschule mit Betrieb und Ausstellung und nach der Mittagstafel bei günstigem Wetter ein Spaziergang auf die umliegenden Höhen stattfinden. * — Die hiesige Stadtkapelle gab gestern Abend im Saale des Schönburger Hofes nnterLeitung des Herrn Musik- directorHeinrichihrdrittes und letztes diesjähriges Sommer- Abonnementsconcert, in welchem u. a. die Mititär-Sym- phonie Nr. 11 6t-äur von Haydn, ferner Walthers Preis lied aus der Oper „Die Meistersinger" von R. Wagner, sowie zwei kleine Sätze für Streichorchester: „Friede auf Erden" von Schneidenbach und „Reves du Bal" von F. Baselt zur Aufführung kam. Tie Darbietungen fanden wie immer den lebhaftesten Beifall der Zuhörer. An das Concert schloß sich das übliche Tanzvergnügen. * — Vergangene Nacht gegen halb 1 Uhr wurde hier in nordöstlicher Richtung ein längere Zeit anhaltender bedeutender Feuerschein wahrgenommen. * — Die Niederschlagsmenge betrug in der ersten Decade des Monats September nach Mittheilung des meteorologischen Instituts zu Chemnitz im unteren Thale der Zwickauer Mulde 11 Min (normal 18), im mittleren 12 (normal 20) und im oberen 12 (normal 23). Hier wurden in gleichem Zeiträume 15,^ rnm Niederschlag gemessen. * — 7506 Ansprüche auf Gewährung von Invaliden rente und 2636 Ansprüche auf Altersrente wurden im Jahre 1899 bei der Versicherungsanstalt Königreich Sachsen geltend gemacht. Gegenüber dem Jahre 1898 waren 1528 mehr Jnvalidenansprüche und 282 mehr Altcrsrentenansprüche zu verzeichnen. Im ganzen waren bis Ende 1899 bei der Versicherungsanstalt 32,411 Invaliden- und 31,685 Altersrentenansprüche erhoben. Die Zahl der bewilligten Invalidenrenten hat diejenige der Altersrenten überstiegen; denn es wurden bis Ende 1899 insgesammt 26,368 Invaliden- und 25,403 Altersrenten gewährt. Daß der Kern des Jnvaliden- versicherungsgesetzes nicht nur in der Alters-, sondern in der Invalidenversicherung liegt, kommt schon jetzt zur Geltung und wird sich in den folgenden Jahr»n noch mehr zeigen. * — Die K. Ministerien des Innern und der Finan zen haben ein Gesuch des Sächsischen Radfahrer-Bun- deS um Abänderung einiger Bestimmungen der Ver ordnung vom 2. April d. I. über den Verkehr mit Fahrrädern abgelehnt, jedoch zugesichert, die gegebenen Anregungen bei geeigneter Gelegenheit in Erwägung zu ziehen. — Das Programm für den Verbandstag sächsischer Gewerbe- und Handwerkervereine am 6. und 7. Oktober in Glauchau weist auf: Am Sonntag, den 6. Oktober, nachmittags 4 Uhr, eine Versammlung der Vereins vertreter rein geschäftlichen Inhalts, dann abends 6 Uhr im „Theaterlocal" Festtafel mit folgendem Kommers. Die große Hauptversammlung findet am 7. Oktober vormittags 9 Uhr im Meisterhaussaale statt, der Concert und Ball im „Grünen Baum" folgt. Nach Eröffnung der Hauptversammlung, Mittheilungen über den Verband, den Kassenbestand, die Wettin- und Preusker-Stiftung folgt die Berathung des neuen Verbands-Grundgesetzes rc. An Anträgen liegen zu definitiver Beschlußfassung vor die des Erzgeb. Bauverbandes über Verbilligung deS Wechselprotest-Verfahrens und über wirksame Bekannt gabe der Manifestanten, sowie Antrag von sechzehn Gewerbe-Vereinen der Lausitz rc., daß bei Nachaichungen von Maaßen, Gewichten rc, die Nachaichung nur alle 5 Jahre stattfinve, die Nachaichungstaxe herabgesetzt werde und bei in Ordnung befundenen Maaßen rc. über haupt nicht erhoben werde. Außer dem Antrag Reichenbach auf Versicherungspflicht der Handwerker und kleinen Geschäftstreibenden gegen Alter und Invalidität folgt dann schließlich noch ein Antrag des Gewerbevereins Groß-Schönau, daß auf den sächsischen Bahnen in allen Personenzügen auch Sonn- und Festtags die 4. Klasse Verkehre. Nach einem Vortrag des Herrn Handwerkschul leiters, Bürgerschullehrer E. Scholze-Zittau, über „Schule und Handwerk" folgen dann weitere interne Verbands angelegenheiten. Aus dem Sachseulaude. — Als ein Zeichen der Zeit kann man eS jedenfalls ansehcn, daß eine auf der Torgauer Straße in Dresden gelegene und seit 20 Jahren stark srequentirte Restau ration geschlossen werden mußte. An der Thür wurde ein Plakat angebracht: „Wegen Mangels an Gästen geschlossen." — Tie Limbacher Sparkassenverwaltung gedenkt vom 1. Januar ab den Zinsfuß für Spareinlagen auf 3^ Procent zu erhöhen. — Eine nichtswürdige That ist in einer der letzten Nächte in der Brauerei zu Mülsen St. Niclas verübt worden. Es ist ein im Kühlschiff befindliches ganzes Gebräu Bier abgelassen worden. Wer der Thäter ist, dafür hat man noch keinen Anhalt. — In einer Privatwohnung in Freiberg wurde am Sonnabend Abend eine Mormonenversammlung aufge hoben. Der Inhaber der Wohnung trat auch als Prediger auf. Die Versammlung war von 18 Männern und Frauen besucht. — Am Donnerstag mittag 1 Uhr ist in Bantzeu nach kurzem Krankenlager Bürgermeister Lindner ver schieden. — Wiederholt sind in der Bornaer Gegend soge nannte Habichtspilze gefunden worden. Dieser Tage wurde ein solcher gefunden, der 28^/z Pfund wog und oben fast die Breite eines Kuchendeckels hatte. Das Fleisch ist weißlich, derb und genießbar; es dürfte sich besonders zum Trocknen eignen. — Die Unsitte, aus fahrenden Eisenbahnen feste Gegenstände zu werfen, hat auf der Linie Dresden- Bautzen zu einem schweren Unglücksfall geführt. Ein Insasse eines nach der Lausitz fahrenden Militär-Sonder zuges schleuderte am Sonnabend aus dem Wagenfenstcr eine Glasflasche, die dem Bahnwärter O. aus Seelig stadt direct in das Gesicht flog. Die Flasche zer splitterte und brachte dem Manne einen tiefen Schnitt oberhalb eines Auges bei, so daß er, heftig blutend, fast die Besinnung verlor und sich nur mit Mühe nach dem Bahnwärterhäuschen zu schleppen vermochte. Ter un vorsichtige Soldat ist ermittelt worden. — Am Mittwoch Nachmittag ereignete sich in Kanritz ein bedauerlicher Unglücksfall. Die 8jährige Tochter des Stellmachers Weicholt ließ den Wagen, in welchem sich ihr 2j8hriges Schwesterchen befand, unbeaufsichtgt stehen. Durch einen Zufall kam der Wagen ins Rollen und rollte in einen Teich hinein, in welchem das kleine Mädchen ertrank. Wanderversammlung des Glauchauer Ephoral- vereins für kirchliche Musik in Schwaben am 11. September 1901. Die im benachbarten Schwaben am Mittwoch ab gehaltene diesjährige Wanderversammlung des Glauchauer Ephoralvereins für kirchliche Musik hatte sich eines an sehnlichen Besuches zu erfreuen. Geistliche, kirchen- musikalische Beamte und andere Freunde gottesdienstlicher Musik hatten sich aus verschiedenen Himmelsrichtungen, theilweise auch aus anderen Ephorien, schon in der Sitzung im Krauße'schen Saale zahlreich eingefunden. Nach der Begrüßung der Erschienenen durch den Vor sitzenden, König!. Musikdirector Reichardt aus Walden burg, nach Danksagung an Herrn Pastor Walter und den Kirchenvorstand von Schwaben und nach warmen Worten der Ehrung des Gedächtnisses d»s durch einen frühen Tod aus dem Verein geschiedenen trefflichen Cantors Jakobi in Hohndorf bei Lichtenstein, trat die Versammlung in die aufgestellte Tagesordnung ein. Die geschäftlichen Angelegenheiten wurdin kurz erledigt; sodann gab der Vorsitzende Mittheilungen für den JnteressenkreiS des Ephoralvereins: 1. Eine Bekannt machung des evangelisch-lutherischen LandesconsistoriumS zu Dresden, in welcher den Kirchenvorständen ans Herz gelegt wird, jungen Lehrern, die sich im Orgelspiel fort bilden wollen, durch Ueberlassung ihrer Kirchenorgeln zu Uebungszweck»n fördernd zur Seite zu stehen; 2. kam der der diesjährigen Landes-Synode von dem evangelisch lutherischen Landesconsistorium erstattete Bericht über die kirchenmusikalischen Zustände des Landes zur Mit theilung. Die oberste Kirchenbehörd» spricht sich in der Hauptsache wohlbefriedigt aus und rühmt unter Kirch schullehrern, Cantoren und Organisten regen Eifer, Treue und Geschick, und unter Kirchenvorständen Opfer willigkeit zur Förderung der kirchlichen Musik. Das Kirchenregiment betont die besondere Nothwendigkeit guten Orgelspiels und bevorzugt für die Hauptgottesdienste, statt der Kirchenmusiken mit Orchester, Chorgesänge u oupsllu oder mit Orchelbegleitung. Vor Uebermaß .....