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2. SMge M Schöndmger Tageblatt. Sonntag, Neu 23. Juni 1901. 144. ZU reich, Küdchm „Mik Mim"? Von Frau Valerie Lange (Posen). Nachdruck untersagt. In Anbetracht der gesteigerten Lebensbedürfnisse kann man es heute einem jungen Manne nicht verargen, wenn er bei der Wahl einer Lebensgefährtin auch auf den „schnöden Mammon" Rücksicht nimmt. Gegenwärtig hat sich aber die Jagd nach „guten Partieen" förmlich zu einem Sport ausgebildet und die Grenzen des Erlaub ten überschritten. Vielen jungen Männern ist das Aus. sehen und der Charakter ihrer Zukünftigen völlig gleich- gültig, die Hauptsache ist der Geldpunkt. Der Himmel, in dem, einem schönen Sprichwort zufolge, die Ehen geschlossen werden sollen, ist in überraschend vielen Fäl len das Bureau eines Heiratsvermittlers. Die Frage „Was hat sie?" oder „Wieviel bekommt sie mit?" sind an der Tagesordnung. Tie meisten jungen Männer bedenken nicht, daß sie ein Unrecht begehen, wenn sie eine Geldheirat schließen. Und zwar nicht ein Unrecht an der vermögenslosen Mädchenwelt, sondern ein Unrecht an sich selbst, an dem Mädchen, daß sie zu ihrer Frau machen und ein großes Unrecht an ihrer eigenen Nachkommenschaft. Es ist und bleibt eine Thatsache, daß die von blasirten Jünglingen j — die man eigentlich junge Greise nennen sollte — : bespöttelte Liebe zur Ehe, d. h. zu einer dauernd glück- liehen Ehe durchaus nothwcndig ist. Gemeint ist nicht eine flüchtige Liebelei, die gar zu schnell verrauscht, fon- dern wirkliche Liebe, die auch auf gegenseitiger Achtung beruhen muß. Schillers Wort „Drum prüfe, wer sich ewig bindet, ob sich das Herz zum Herzen findet", ist eine wohl zu beherzigende Mahnung an alle Diejenigen, die eine Geldheirat einzugehen gewillt sind, wenn sie nicht Schil lers Nachsatz „Der Wahn ist kurz, die Reu ist lang", an sich selbst erproben wollen. Die Ehe, auch eine glückliche, stellt sehr viel Ansprüche an die Selbstlosigkeit beider Theile. Und wann wird denn Selbstlosigkeit gern geübt und nicht als Last em pfunden? Nur wenn Liebe das Band ist, das die Ehe gatten mit einander verknüpft. Daß aber eine gesunde, kräftige und gut veranlagte Nachkommenschaft nur glück lichen Ehen entstammt, ist eine längst bekannte, nur noch zu wenig anerkannte Thatsache. Nun soll damit nicht gesagt sein, daß die jungen Männer nur arme Mädchen heiraten sollen und ein Unrecht begehen, wenn sie vermögende Mädchen heim führen. Nein, nur die Jagd nach der Mitgift ohne Rücksicht auf die Persönlichkeit und das Wesen der zu künftigen Gattin ist verwerflich. Der Mann, der sich einen Hausstand gründen will, muß auch soviel Vertrauen zu sich selbst haben, daß er im Stande ist, seine Familie zu ernähren, auch ohne sich an den Geldbeutel des Schwiegervaters zu halten. Im anderen Falle wird er uns stets als ein Ritter von der traurigen Gestalt erscheinen. Sind denn nun aber wirklich reiche Mädchen gute Partieen? „Ei selbstverständlich," werden die meisten Heirats candidaten sagen. „Wer sollte denn sonst eine gute Partie sein?" Gemach, meine Herren, so ganz selbstverständlich ist die Sache denn doch nicht, wenn es auch den Anschein hat, als ob es so sein müßte. Bringt ein junges Mädchen ein größeres Vermögen in die Ehe, so bringt sie auch meist sehr große An- spräche mit. Ausnahmen bestätigen nur die Regel — und oftmals hat der Mann für seine Person nichts von der reichen Heirat, er muß sich gerade so Plagen, als hätte er ein vermögensloses Mädchen geheiratet. Und obendrein wird er es gar oft zu fühlen bekommen, daß feine Frau unzufrieden ist, da die finanziellen Verhält nisse im Elternhause doch sehr verschieden von denen waren, in denen sie nun zu leben gezwungen ist. Toch sehen wir uns die sogenannten Geldheiraten einmal näher an. Früher erhielt derjenige, der ein reiches Mädchen freite, die Mitgift auch gleich ausge- zahlt. Oftmals wurde er leider zu schnell damit fertig und selten vererbte sich dies Geld noch auf feine Kinder. Häufig verwandte er es allerdings auch zur Vergrößerung feines Geschäftes usw. Heute ist es anders. In fast allen Fällen erhält der Schwiegersohn die Mitgift erst nach dem Tode der Eltern; so lange diese leben, dagegen nur die Zinsen des Vermögens als Zu schuß. Solch Zuschuß ist zwar — wer wollte eS leugnen — sehr angenehm, doch nur für den, der seine Frau nicht als „unvermeidliche Beigabe" zu ihrem Vermögen heimgeführt hat. Letzterem wird ein Zuschuß nicht ge nügen, er will das Vermögen gleich in Händen haben und nicht erst, wenn er selbst alt geworden ist. Wäh rend nun einerseits flotten Schwiegersöhnen gegenüber diese Taktik der Schwiegerväter sehr weise ist, so macht sie anderseits die „gute Partie" illusorisch. Meist braucht ja die im Elternhause verwöhnte junge Frau den Zu-! schuß für ihren eigenen Bedarf, d. h. für das, was ihrer Ansicht nach zu einer anständigen Lebenshaltung durchaus nothwendig ist. Wir wollen damit nicht behaupten, daß reiche Mäd chen verschwenderische Frauen werden. Durchaus nicht. Es giebt auch solche, die sich die größte Mühe geben, recht wirthschaftlich zu sein und gute Hausfrauen zu werden, daß sie dennoch verschwenderisch wirthschaften, ist nicht ihre Schuld. Sie sind in Wohlleben, ja oft im Luxus aufgewachsen, kennen nichts anderes und glauben dennoch die besten und wirthschaftlichsten Haus frauen zu sein, während sie in Wirklichkeit doppelt und mehrfach soviel ausgeben, als andere Frauen, die im Elternhause zu rechnen gewöhnt waren. Allerdings giebt es auch Fälle, in denen gänzlich ver mögenslose Mädchen als Frauen derartige hohe An sprüche an die Kasse des Gatten stellen, daß dieser oft mals nicht im Stande ist, diefe Ansprüche zu erfüllen. Aber in diesen Fällen ist der Mann selbst schuld, daß er sich eine derartige Last aufgebürdet hat. Er war in der Wahl feiner Zukünftigen nicht vorsichtig genug. Im Brautstand hätte er es merken müssen, Weß Geistes Kind seine Auserwählte ist. Und wenn oftmals gesagt wird, die Braut sei ein Engel gewesen und habe sich als Frau in das Gegentheil verwandelt, so stimmt dies doch nicht mit der Wahrheit überein. So sehr verän dert sich Niemand in der Ehe und so sehr kann sich auch Niemand verstellen. Der wahre Charakter kommt zum Durchbruch und verräth sich, wenn auch nur in Kleinigkeiten. Launen und sonstige wenig angenehme Eigenschaften, die aber der Bräutigam oft in blinder Leidenschaft reizend findet, erscheinen dem ernüchterten Ehemann dann unerträglich. Wer eine wirklich gute Partie machen will, der muß — wie schon gesagt — unbedingt in erster Linie prüfen „ob sich das Herz zum Herzen findet." Dann aber wird es für ihn sehr wichtig sein, die Charaktereigen schaften der Auserwählten einer kritischen Beleuchtung zu unterziehen, und sich dabei nicht von der Leidenschast verblenden zu lassen. Vor allem aber darf derjenige Heiratscandidat, der in Wahrheit eine „gute Partie" machen will, kein beschränktes Mädchen wählen, sondern ein intelligentes Mädchen, das ihm in seinem Geschäft oder sonstigen Beruf helfend und rathend zur Seite stehen kann. Ein Beamter braucht zwar keine derartige Hilfe, kommt er aber Abends ermüdet aus dem Bureau, ist es auch besser, er findet eine intelligente Frau zu Hause, mit der er eine anregende Unterhaltung führen kann, als eine, die dazu nicht im Stande ist. Er sucht dann Unterhaltung außer dem Hause und diese Zerstreuungen haben schon so Manchen finanziell ruinirt, trotzdem seine Frau ihm eine größere Mitgift einbrachte. Es ließe sich noch vieles dagegen anführen, daß reiche Mädchen nicht immer gute Partieen sind, doch es werden wohl auch diese wenigen Bemerkungen ge nügen, um zu zeigen, daß der Mitgiftjäger nur selten eine wirklich „gute Partie" macht. Vermischtes. Ein „Lloydexpretzzug" wird eingerichtet. Er soll die deutschen Hansestädte mit der italienischen Hafen stadt Genua verbinden, um eine Verbindung zwischen den Dampferlinien des Norddeutschen Lloyd im Atlanti schen Ocean und im Mittelländischen Meer herzustellen. Der Zug soll außerdem Anschluß von Hamburg wie von Berlin erhalten und wird ein Glied der schnellsten Verbindung zwischen Deutschland und Ostasien bilden. Er wird von Hamburg und Bremen über Köln und Bonn das linke Rheinufer entlang geführt werden. Wahrscheinlich über Mainz geleitet, wird er durch die Pfalz und Elsaß-Lothringen nach Basel gehen und über den St. Gotthard nach Genua gelangen. Der neue internationale Zug wird Bremen um 9 Uhr morgens verlassen und schon nach einer Fahrt von 23 Stunden in Genua eintreffen. — zum Herzogthum Sachsen gehört hatte. Nachdem Albrecht der Bär durch Kaiser Konrad III. mit der Nordmark belehnt worden und 1150 die Mark Branden burg erworben hatte, hörte der Lehensverband mit Sach sen auf, und die Altmark gehörte bis 1807 zu Branden burg, die Geschichte von Brandenburg war seitdem auch ihre Geschichte. Die alte Kurmark wurde von der Ucker mark, Mittelmark, Altmark und Priegnitz gebildet, die Altmark im Tilsiter Frieden an das Königreich West falen abgetreten, bei dem sie als Departement Elbe bis 1813 verblieb. Da Fürst Bismarck 1815 geboren wor den, so ist er allerdings geborener Angehöriger der Provinz Sachsen, aber durch die Geschichte seines HauseS und seiner engeren Heimat — Brandenburger. Berliner 'Witz. Das neue Bismarck-Denkmal in Berlin zeigt die Figur des Altreichskanzlers in recht schlecht sitzenden Hosen, die den Spott der Berliner her ausgefordert haben. So äußerte nach der Mittheilung einer dortigen Blattes ein Vollblutberliner zu seinen Freunden: „Seht mal, der Kerl hier vorn mit dem Globus auf dem Nacken, det ist der Schneider, der BiSmarck'n den miserabel sitzenden Anzug gemacht hat. Er schämt sich so, det er Keenen sein Jesichte zeigt. Bismack hat ihm in der Wuth über den schlechtsitzenden Anzug raus und den Jlobus, den er jrade neu ein- theilen wollte, an den Kopp jeschmissen. Die Hyäne rechts hat über Bismarck'n seine Wuth vor Verjnügen geheult, weshalb ihr det Meechen uff den Hals jetreten. Am ruhigsten is noch die Sphinx links, der die Sache aber auch räthselhaft vorkommt, wie Eener sich so 'ne Hosen bauen lassen kann." Der deutsche Kaufmauu im Auslande. Ein be- kannter spanischer Industrieller äußerte sich über die Thätigkeit des deutschen Kaufmanns in seiner Heimat in außerordentlich anerkennenswerther Weise, wie folgt: „Die Deutschen kämpfen hier in Spanien vor Allem gegen die englische Concurrenz, und in diesem wirth- schaftlichen Duell ist der Erfolg nicht auf Seiten der Engländer. Die Zahl der Engländer in Spanien ist nicht sehr groß, aber sie sind mächtig durch finanzielle und politische Einflüsse. Es giebt in Spanien sogar, vor Allem in Madrid, eine englische Partei, aber seit dem südafrikanischen Kriege hat England viel an Sym pathie eingebüßt, und das hat es auch auf dem Handels markte zu spüren. Die Deutschen nutzten den Nieder gang des englischen Ansehens in geschickter Weise aus. Auf die Frage, ob der überraschende Aufschwung des deutschen Handels in Spanien durch seine wirkliche Ueberlegenheit gerechtfertigt sei, antwortete der Spanier: „Offen gesagt, ja!" Es wäre kindisch, den außerordent lichen Fortschritt, den Deutschland in industrieller und geschäftlicher Hinsicht gemacht hat, in Abrede stellen zu wollen. Die deutschen Erzeugnisse sind nicht bester als die unserigen (?). Aber die Deutschen fangen es ge schickter an, als wir, wenn sie Waaren anbieten und plaziren wollen. Ter deutsche Kaufmann giebt sich Mühe, den Charakter und die Bedürfnisse des Landes, das er bearbeiten will, zu sondiren. Wir dagegen glauben, daß man schon zufrieden sein muß, wenn wir überhaupt erscheinen. Der Unterschied zwischen dem deutschen, dem französischen und dem englischen Handel zeigt sich am deutlichsten im Auftreten der Geschäfts reisenden dieser Nationen. Die Wahrheit muß da ge sagt werden: Mit geringen Ausnahmen ist der franzö sische Handlungsreisende ein ganz unerträglicher Mensch, der für die geschäftlichen Niederlagen, die der französische Handel erleidet, zum großen Theil verantwortlich ist. Er ist ein Aufschneider, ein Prahler, ein Schwätzer, der sich nicht nach dem Geschmack der Kunden richtet, son dern mit ihnen über die Berechtigung dieses Geschmacks streitet. Er bietet seine Waaren nicht an, sondern will sie aufzwingen. Daneben macht er sich noch unleidlich durch seine Manie, die Sitten, Gewohnheiten, Erzeug nisse und Menschen des Landes, in welchem er sich ge rade befindet, zu kritisiren und herabzusetzen. Deshalb muß er abreisen, ohne einen Auftrag zu erhalten, den der später erscheinende Deutsche sehr leicht bekommt. Denn der deutsche Geschäftsreisende ist conciliant, ein schmeichelnd und vielleicht sogar etwas zu willfährig und nachgiebig. Er billigt und bewundert Alles, erlaubt sich kein Urtheil über fremden Geschmack und bedient seinen Kunden, wie dieser bedient sein will. Was den Engländer angeht, so ist er ein Mittelding zwischen dem französischen und dem deutschen Geschäftsreisenden: er kritisirt und bewundert nicht, sondern bietet an und wartet. „Er grüßt und geht", wie es in einem alten Liede heißt." Ter schnellste Zug Deutschlands ist zur Zeit der täglich probeweise zwischen Neustadt a. H. und Weißen- Bisher war der schnellste Fürst Bismarck's Landsmannschaft. Es regen sich Stimmen, die gegenüber einer Redewendung des Abg. v. Levetzow und des Grafen Bülow bei der Ber liner Denkmalsfeier betonen: „Nicht brandenburgischen, sondern echt niedersächsischen Stammes war Fürst Bis marck!" Darauf antworten die „Berl. N. Nachr.": Die Altmarck gehört allerdings seit der Provinzial- eintheilung von 1815 zur Provinz Sachsen, wie sie bis zum Jahre 1150 — ursprünglich Nordmark genannt > bürg verkehrende Schnellzug.