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aber in der Lage ist Generaldirector Ballin — bei aller Achtung vor seiner Tüchtigkeit — denn doch nicht. Die Feier der Grundsteinlegung der Bismarcksäule im Sachsenwalde bei Friedrichsruh am Freitag gestaltete sich bei aller Einfachheit äußerst würdig. Zahlreiche Vertreter deutscher Hochschulen waren erschienen. 8tu6. m66. Busch-Bonn hielt eine dem Gedächtniß Bismarck's geweihte Ansprache. Fürst Herbert ermahnte in seiner Erwiderung, an den Ueberlieferungen seines großen Vaters unentwegt festzuhalten. Es folgten die üblichen Hammerschläge, womit die Feier beendigt war. Ter Berliner Prozeß wegen der „goldenen Hand" hat mit der Vcrurtheilung der Redacteure der „Köln. Ztg." zu einer Geldstrafe von 100 beziehungs weise 200 Mk. geendet. Bekanntlich hatte der Berliner Mitarbeiler der „Leip. N. Nachr.", Or. Liman, einen Artikel veröffentlicht, in dem es hieß, der geheime Ge schäftsbericht der englisch-südafrikanischen „Te Beers- Company" enthalte einen Posten mit dem Titel „Special fonds für Agitationszwecke", und dieser weise an Aus gaben nach: Köln 1,200,000 Mk., Berlin 7 Millionen Mk. Die „Köln. Ztg." bezog diesen Artikel auf sich und wieS die Annahme, daß sie bestochen sei, in sehr scharfen Artikeln zurück, die Dr. Liman Veranlassung zur Erhebung der Privatklage gaben. Im Laufe der Verhandlung stellte die Vertheidigung Or Liman's ver schiedene Beweisanträge und theilte mit, daß sich neuer- dings auch der Staatssekretär Reitz in Pretoria bereit erklärt habe, zu bekunden, daß der fragliche Geheim bericht wirklich existirt. Ter Gerichtshof lehnte die sämmllichcn Beweisanträge ab, weil hier nur zur Frage stehe, ob in Köln Bestechungen stattgefunden haben, es sich dagegen um Bestechungen in Pretoria handele. Zwei Versuche, einen Vergleich zwischen den Parteien herbeizuführen, scheiterten, und nach kurzer Berathung erging das Urtheil wie folgt: Daß die Artikel der „Köln. Ztg." beleidigend seien, stehe außer Zweifel, und es könne sich nur fragen, ob die Beklagten in Wahrnehmung berechtigter Interessen sich befunden haben. Die Fassung des Artikels der „Leipz. N. Nachr." und die begleitenden Umstände zwingen nicht dazu, zu folgern, daß der „Köln. Ztg." oder deren Leitung der Vorwurf gemacht werden sollte, daß sie Bestechungsgelder be kommen haben. I)r. Liman habe dies direct bestritten. Auch der Beweis, daß ihr Korrespondent in Südafrika Bestechungsgelder erhalten habe, treffe die „Köln Ztg." nicht als solche. Hinsichtlich des Or. L. fehle es so wohl an dem objectiven Nachweis, als auch an der subjectiven Absicht der Beleidigung. Der Gerichtshof hebe aber hervor, daß in keiner Weise dargethan sei, daß die „Köln. Ztg." Bestechungsgelder erhalten habe, und daß sie irgendwie auf Grund empfangener Gelder eine burenfreundliche Stimmung inscenirt habe. Die Form der Abwehr der „Köln. Ztg." zeige jedoch die be leidigende Absicht. Demgemäß fei Or. Schmitz zu 100 Mk., Or. v. Loock zu 200 Mk. Geldstrafe verurtheilt und dem von der Gegenanklage der Beleidigung frei gesprochenen vr. Liman die Publikationserlaubniß zu gesprochen worden. Der Zolltarif wird dem Bundesrath noch vor dessen Sommerferien zugehen. Wie nämlich die „Nat.-Ztg." mittheilen kann, wird die Einbringung des Entwurfs, wie er auf Grund der Verständigung in der Conferenz der bundesstaatlichen Minister festgestellt worden ist, im BundeSrath als Vorlage des Reichskanzlers erfolgen. Nach wie vor besteht die Absicht, dieselbe bis zur Be schlußfassung des Bundesraths, die erst nach der Sommer pause stattfinden kann, geheim zu halten. Ob das mög lich sein wird, bleibt um so mehr abzuwarten, als einzelne Bundesregierungen die Absicht haben, mit Jnteressen-Vertretungen in ihren Staaten Berathungen über die vorgeschlagenen Zollsätze abzuhalten. Eine Alters- und Relictenversorgung für selbständige Handwerker soll, wie aus Handwerks- kreisen mitgetheilt wird, von der Reichsregierung in Aussicht genommen worden sein. Die Einführung einer solcher Versicherung soll zur Entschädigung der selbst ständigen Handwerksmeister für die ihnen durch die Arbeiterversicherungsgesetzgebung auferlegten Lasten sein. Ueber die Einzelheiten des Projccts, namentlich über das Aufbringen der Beiträge bzw. der nothwendigen Zuschüsse verlautet noch nichts Bestimmtes. Doch sucht sich die Regierung durch eine. Umfrage über die be stehenden, von den veschiedenen Jnnungsverbänden und sonstigen Handwerkerorgauisationen ins Leben gerufenen Alters-, Invaliden- und Wittwenpensionskassen eine Unterlage für die Einrichtung der obligatorischen Hand werkerversicherung zu verschaffen. Ter Gedanke ist jeden falls sehr gut, so lange aber die Frage seiner finanziellen Ausführung nicht gelöst ist, muß er leider als im weiten Felde stehend betrachtet werden. Die Annahme der Gewerbegerichtsnovelle durch den Bundesrath ist nach den „Berl.N. N." noch keineswegs sicher, da es unrichtig ist, daß sich die Mehrzahl der Bundesregierungen für den Entwurf trotz der vom Reichstage an ihm vorgenommcnen Abänderungen aus gesprochen hat. Den Streikabwehrfonds der Bäckermeister hat die Regierung gesperrt. Das Geld, etwa 25,000 Mk., liegt auf der Reichsbank. Nach einer Regierungsver ordnung darf der Jnnungsverband über das Geld vor läufig nicht diSponiren. Es ist dies darauf zurückzu führen, daß eine Anzahl Mitglieder der Germania- Innung gegen den Beschluß, nach welchem jedes Mit glied zu den Beitragsleistungen für den Fonds verpflichtet wurde, protestirte und ihn als ungesetzlich bezeichnete. Spanien. Die spanische Regierung befindet sich in großer Sorge, England könnte seine Festung Gibraltar durch Annexion spanischen Terrritoriums erweitern. Bedrohlich erscheint die Situation allerdings auch. In den Hafen von Gibraltar ist nämlich ein englisches Geschwader von 42 Schiffen mit 21,000 Mann eingelaufen, so daß zuzüglich der Garnison gegenwärtig 40,000 Mann englischer Truppen in Gibraltar liegen. Rumänien. König Karol hat gelegentlich des Besuchs des österreichischen Generalstabschefs am Bukarester Hofe einen Trinkspruch auf den Kaiser Franz Joseph aus gebracht, in dem er die ausgezeichneten Beziehungen Rumäniens zu Oesterreich-Ungarn nachdrücklich hervorhob. Da es gegenwärtig auf dem Balkan wieder einmal allenthaben gährt, wird der Hinweis auf die zwischen Rumänien und Oesterreich bestehenden ausge zeichneten Beziehungen als eine bedeutsame Friedens kundgebung aufgefaßt. Asten. Neuerdings häufen sich die Nachrichten, nach denen der Ausbruch neuer Unruhen in China zu ge wärtigen sei. Mehrere Missionare haben briefliche und drahtliche Mitrheilungen nach Deutschland gelangen lassen, in denen die Befürchtung ausgesprochen wird, daß nach Abzug der fremden Truppen aus China dem Missionswesen daselbst sehr gründlich ein Ende gemacht werden würde. Wir müssen leider bekennen, daß wir solcherlei Befürchtungen nur für allzubegründct halten. Augenblicklich wird der chinesische Fremdenhaß noch durch die Anwesenheit der internationalen Truppen in Schranken gehalten; aber „wehe, wenn er losgelassen, wachsend ohne Widerstand" die mühselig geschaffenen Gründungen abendländischer Cultur hinwegfcgt. Auch im Uangtse- thale soll die Befürchtung bestehen, daß neue Unruhen über kurz oder lang ausbrechen werden. Der bekannte muhamedanische General Tungfusiang soll sogar gegen den Kaiser Kwangsü rebelliren und eine völlige Umge staltung Chinas unter absolutem Ausschluß jeder fremd ländischen Einmischung planen. Vielleicht war der Berg, über den wir glücklich hinweg gekommen sind, noch garnicht der richtige. Afrika. Der jüngste amtliche Bericht des Londoner Kriegs amts spricht von nicht weniger als 26 großen und kleinen Gefechten, und die britischen Verluste in diesen verschiedenen Gefechten sind zusammengenommen ebenso groß, als wenn eine bedeutende Schlacht stattge funden hätte. Von englischen Siegen wagt auch Lord Kitchener nichts mehr zu melden. Es ist infolge dessen nur allzu begreiflich, daß die Londoner Blätter ihre Phantasien über die von Frau Botha angeblich einge leitete Friedensaction fortspinnen. Präsident Krüger soll danach von mehreren Seiten aufs heftigste bestürmt werden, endlich die Erlaubniß zur Einstellung der Feindseligkeiten zu ertheilen. Schließlich werden aber die Engländer selber dieser ewigen Friedensmeldingen überdrüssig werden. Die liberale Partei des Landes hat sich bereits in zwei vollständig von einander ge trennte Flügel gespalten. Der Riß ist da, er wird sich auch noch erweitern. Und am Ende wird die Mehrheit des britischen Volkes fordern, daß den Buren die Unabhängigkeit zugestanden und dem Kriege ein Ende gemacht werde. Ein anderer Ausgang läßt sich garnicht mehr denken. Amerika. Die Regierung der Vereinigten Staaten von Nord amerika sucht Dänemark zu zwingen, seine Antillen an Amerika zu veräußern. Auf Verlangen der nordamerikanischen Union soll nämlich Dänemark seine westindischen Inseln auf neue modernen Anforderungen entsprechende Weise befestigen, damit sie nicht jeder Seemacht offen liegen. Ob die Weigerung Dänemarks nun allerdings ein Grund ist, die Inseln an Amerika zu veräußern, wie man in Washington anzunehmen scheint, das ist doch eine andre Frage. Aus dem Muldeuthale. "Waldenburg, 23. Juni. Se. Durchlaucht Prinz Sigismund von Schönburg-Waldenburg ist am 21. d. auf Schloß Pomssen eingetroffen. *— Die Vertreter-Versammlung des Niedererzgrbirgi- schen Gauverbandes der Gewerbevereine findet am 30. d. in Werdau statt. Hauptpunkt der dort zu erledigen den Tagesordnung wird bekanntlich der Beschluß eines auf der später stattfindenden Landesversammlung zu stellenden Antrages, Versicherung der Handwerks- und Gewerbetreibenden bis zu einem gewerblichen Einkommen von 2500 Mk. gegen Alter und Invalidität betr., sein. Der Gewerbeverein zu Hohenstein-Ernstthal wird hierzu den Zusatzantrag einbringen, daß nach dem Ableben deS Rentenempfängers der Anspruch auf Rente auf eine eventuell hinterlassene Wittwe übergeht. * — Die Vorarbeiten zur Waarenhaus- bez. Umsatz steuer werden im Ministerium deS Innern gegenwärtig eifrig betrieben. Aller Voraussicht nach wird dem näch sten Landtage eine diesbezügliche Vorlage unterbreitet werden. * — Die Staatseisenbahnverwaltung beabsichtigt mit Beginn des Winterfahrplans ab 1. October eine weitere Anzahl jetzt verkehrender Personen-Züge einzuziehen. Hierbei kann es sich, wie wir zur Beruhigung mittheilen können, aber nur um solche Züge handeln, die, wie die jetzt stattfindenden Zählungen der Reisenden ergeben, nur schwach benutzt werden. In der Hauptsache dürften dies Züge der Gebirgsbahnen sein. Von den in Leipzig und Dresden aus- und einfahrenden Zügen werden vor aussichtlich keine wegfalle». * — Lem 12jährigen Knaben Geiler in Oertelshain wurde am 15. d. nachmittags durch den schon vor bestraften Arbeiter Thiemer aus Remse ein Tuch, sowie verschiedene Kleinigkeiten entrissen und hat letzterer sodann die Flucht ergriffen. Thiemer wurde gestern von der Gendarmerie vagabundirend betroffen und an daS kgl. Amtsgericht in Glauchau abgeliefert. * — Die Sächsischen und Bayerischen Staatseisenbahn- Verwaltungen beabsichtigen auch in diesem Jahre wieder zur Erleichterung des Besuchs der Bayerischen, sowie der Tiroler und Schweizer Alpen Sonderzüge nach München, Salzburg, Bad Reichenhall, Kufstein und Lindau abzulasfen. Der erste Sonderzug wird am 29. Juni nur von Leipzig, Bayerischer Bahnhof, abgehen, während die weiteren Züge am 13. und 20. Juli, sowie am 14. August je von Dresden, Chemnitz und Leipzig aus verkehren. Die Abfahrt erfolgt von Leipzig (Bayer. Bf.) aus 3 Uhr 15 Min. nachm., von Dresden (Hauptbf.) aus 2 Uhr 00 Min. nachm. und von Chemnitz aus 5 Uhr 30 Min. nachmittags. Zum Besuche Stuttgarts und res Bodensees verkehrt auch diesmal wieder, und zwar am 19. Juli, von Dresden und Leipzig je ein Sondcrzug. Er verläßt Leipzig 9 Uhr nachmittags, Dresden 6,5 Uhr nachm., Chemnitz 8,45 Uhr nachm. und trifft am 20. Juli 3,35 Uhr nachm. in Frievrichs- hafen ein. Auf den Stationen der östlichen preußi schen Staatsbahnen und zwar in Breslau, Brieg, Ditters bach, Glogau, Hirschberg, Liegnitz, Neiße, Oels und Schweidnitz werden zu dem am 13. und 20. Juli und 14. August verkehrenden Sonderzttgen billige Anschluß- rückfahrkarten nach Görlitz in Verbindung mit Sonder- fahrkarten von Görlitz ausgegeben. Alles Nähere über die Ankunftszeiten der Sonderzüge in München, über die Weiterführung dieser Züge nach Salzburg, Lindau usw. sowie über die bedeutend ermäßigten Fahrpreise, über die in Salzburg, Kufstein und Lindau aufliegenden An schlußfahrkarten und Abonnementkarten nach den Alpen, ferner über die sonstigen Bestimmungen ist aus der jetzt erschienenen llebersicht über die genannten Sonderzüge zu ersehen, welche auf Verlangen bei allen größeren sächsischen Staatsbahnstationen, sowie bei den Ausgabe- stellen für zusammenstellbare Fahrscheinhefte in Leipzig (Grimmaische Straße 2), in Dresden-Altstadt (Wiener straße Nr. 2) und in Chemnitz (Albertstraße Nr. 4) un entgeltlich abgegeben wird. Brieflichen Bestellungen sind zur Frankirung 3 Pfg. in Marke beizulegen. * — Im verflossenen Jahre sind in Sachsen acht neue Kirchen vollendet und geweiht worden, nämlich zu Neundorf (Ephorie Annaberg), Bräunsdorf (Ephorie Chemnitz II), in der Königlichen Landesanstalt Sachsen- bürg (Ephorie Chemnitz II), die Garnisonkirche zu Dresden, in Krummenhennersdorf (Ephorie Freiberg), n Leipzig-Connewitz und Leipzig-Sellerhausen, in Börnichen (Ephorie Marienberg). Nach vollendetem Umbau oder Vollendung größerer Erneuerungsarbeiten wurden wieder geweiht oder doch feierlich wieder in Gebrauch genommen: die Kreuzkirche zu Dresden, die Kirchen zu Hosterwitz (Ephorie Dresden II), Leutzsch und Markranstädt (Ephorie Leipzig II), die Kirche der Königlichen Landesanstalt Hochweitzschen und die Kirchen zu Seifersdorf und Sitten (Ephorie Leisnig), die zu Grünhainichen (Ephorie Marienberg), Kiebitz, Liebschütz, Cchmannewitz und Schmorkau (Ephorie Oschatz), Ottendorf (Ephorie Pirna), Beutha (Ephorie Schneeberg), Chursdorf (Ephorie Werdau), Vielau (Ephorie Zwickau), Hochkirch, Milkel und Neugersdorf (Oberlausitz). * — Das Ministerium des Innern hat beschlossen, >as Gesetz über die Berechtigung von Wasserläufen und sie Ausführung von Ent- und Bewässerungsanlagen vom 15. August 1855 auf die zur Erzielung eine- gleichmäßigen Wafferablaufes geplanten Thalsperrenan- lagen im Gebiete der Zwickauer Mulde und die in Ver bindung hiermit auszuführende Verbauung und Be richtigung der betreffenden Wasserläufe anzuwenden und zur Besorgung der hierbei zu erledigenden behördlichen Geschäfte den Amtshauptmann vr. Krug v. Nida in Schwarzenberg mit Auftrag versehen. — Der Verein für Naturwissenschaft und Erdkunde zu Glauchau hält morgen Sonntag seine Wanderver- ammlung in Hohenstein-Ernstthal ab. Mittags 1 Uhr indet gemeinschaftliches Mittagsmahl im Gewerbehaus, mchmittags 4—6 Uhr öffentliche Sitzung im Saale des