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Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote : 30.04.1885
- Erscheinungsdatum
- 1885-04-30
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512382794-188504300
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512382794-18850430
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512382794-18850430
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote
-
Jahr
1885
-
Monat
1885-04
- Tag 1885-04-30
-
Monat
1885-04
-
Jahr
1885
- Titel
- Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote : 30.04.1885
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Eheruuitze« Wluzeiger n«d Ttadtbote. Nr. V8. Donnerstag, 30. Aprll 188Sj Seit« 2. sei, gefällt werden. Fällt die Entscheidung verneinend auS, so wird der Landtagsabgeordnete Frhr. von Soden die Führerschaft in der Angelegenheit ergreifen. Der Landtag wird sich also unter allen Um ständen mit der Materie zu beschäftigen haben. Oesterreich-Ungarn. Tschechische Liebenswürdigkeiten werden aus Königinhof berichtet. Die dortigen Deutschen besitzen nämlich die „Frechheit", sich dem tschechisch nationalen Druck nicht auf Gnade und Ungnade zu ergeben; sie wagen eS sogar, eine eigene Kandidaten liste für die dortigen Stadtwahlen aufzustellen. Darüber herrscht natürlich großes Wehegcschrei im tschechischen Lager. Die Prager „Politik" schreibt: „Königinhof ist die wichtigste Festung unserer Nation im böhmischen Nordosten und sie erscheint gegenwärtig nahezu bedroht." Der Prager „Pokrok" hofft noch, daß das Schreckliche(I) — ein Sieg der Deutschen — nicht geschehe, daß solche Schmach nicht hereinbreche über daS altehrwürdige Königinhof. Und rin Bolks- tribou, der tschechische Agent Zlatuik, läßt sich gar zu der angesichts der heutigen Verhältnisse geradezu lächerlichen Bemerkung verleiten und erklärt: „Die deutsche Bewegung wächst, schwillt an(!>, geschürt vom deutschen Erzfeinde. Von allen Seiten dringt sein Anhang auf u«S ein und schädigt uns. Rufen wir djesen deutschen frechgewor denen Horden endlich einmal zu: „Bis hieher uns nicht weiter I" Dies« Probe tschechischer Liebenswürdigkeit genüge! Schweiz. Wie die Blätter melden, ist auf dem eidgenössischen Post- und Telegraphenamt augenblicklich eine Untersuchung im Gange, welche, wenn sie zu einem Ergebniß führt, für den betreffenden Be- amten eine schwere Ahndung nach sich ziehen dürste. Unter dem 10. März wurde ein vom Bundesrath Welti, dem Chef des Post- «nd Eisenbahndepartements, Unterzeichneter Schreiben an alle Post- und Telegraphenbureaus e>lassen, welches diesen die Weisung ertheilte, dem für die Anarchistenuntersuchung bezeichneten Staatsanwalt Müller und den Untersuchungsrichtern Dedual und Berdez jede von ihnen gewünschte Auskunft über den Post- und Telegraphenverkehr bestimmter Persönlichkeiten sofort zu ertheilen und deren Beschlagnahmeversüg- ungen nachzukommen. Dieses Schreiben wurde in seinem vollen authentischen Wortlaut von dem „Revolte" in dessen erster in Paris erschienenen Nummer mitgetheilt, welche Mittheilung nur von einem eidgenössischen Post- oder Telcgraphenbeamten auSgehen konnte. Dies war eine Warnung für die Anarchisten, zur Zeit jeden derartigen Verkehr unter sich einzustellen, und so ist es auch erklärlich, daß die Untersuchung nur sehr wenig zu Tage fördert. Da die Mittheilung deS Schreibens in dem „Rövoltö" und nicht in der Most'schen „Freiheit" erfolgte, ist anzunehmen, daß sie von einem Beamten der französischen Schweiz ausging. Frankreich. Mau schreibt aus Paris: Im Ministerium des Innern beschäftigt man sich bereits mit den Vorbereitungen für die Kammerwahlen und arbeitete ein Rundschreiben an die Behörden auS, in welchem Weisungen über die Durchführung des neuen Wahl- systems ertheilt werden. Ferner erörtert man in den Regierungs kreisen den Umstand, daß gerade während der drei Wochen, in denen der erste Wahlgang und die Stichwahlen stattfinden, zwei Jahrgänge Reservisten, gegen 300,OM Mann, zu den dreiundzwanzigtägigenUebungen eiuberufen und dadurch zum größten Theil von der Ausübung ihres Wahlrechts abgehalten werden sollen. Der Kriegsminister ist ersucht worden, in Erwägung zu ziehen, ob die Einberufung nicht früher oder später als im September stattfinden könne, ohne die Interessen deS Dienstes zu beeinträchtigen. Italien. Aus Rom wird mitgetheilt, daß nach einer Mel- düng auS Massauah vom 24. d M., welche über Suakin einge- gegangen ist, eine Abtheilung der in Massauah stehenden italienischen Truppen am 21. d. M. Arkiko besetzt habe. Arkiko liegt etwas südlich von Massauah. Eine Bestätigung der durch die „Agence Havas" übermittelten Nachricht, daß die Italiener bei Massauah von den Aufständischen geschlagen worden seien, ist bisher nicht einge gangen r eS muß jedoch auffallen, daß die obige Mittheilung aus Rom jener Nachricht mit keiner Silbe erwähnt. DaS Schweigen ist in derlei Dingen schlecht angebracht. Belgien. Die Abtheiluugen der Kammer haben den ihnen vorgelegten ministeriellen Antrag, den König der Belgier zur Annahme des Titels und der Funktionen des Oberhaupts des neuen Kongo- StaatS zu ermächtigen, beinahe einstimmig angenommen. Der von dem Staatsminister Nothomb im Namen des Zentral Ausschusses der Kammer abgesaßte Bericht schließt mit dem Vorschlag: „S M. den König Leopold II. in Uebereinstimmung mit dem Artikel 62 der Verfassung zu ermächtigen, Oberhaupt des neue« Kongo-Staats zu Werden, um die zwei Kronen durch eine ausschließlich persönliche Union zu vereinigen." Der Ausschuß hat den Bericht einstimmig gebilligt. — Di« Konferenz der Delegirten der zur lateinischen Münz-Union gehörenden Staaten wird am 8. nächsten Monats in Paris eröffnet werden. Die Herren Pirmez, Staatsminister und Direktor der Nationalbank, Sainetclette und Maskens, Lrgationsräthe, werden Belgien vertreten. England. Der ganze bisherige Verlauf der englisch russischen Verhandlungen muß den unbeeinflußten Beobachter der Tagesereignisse in der Urberzeugung bestärken, daß es den Leitern derselben von vornherein um eine möglichst eingehende und gründliche Prüfung der Frage behufs Erzielung eines wirklich dauerhaften Zustandekommens zu thun war. Ein solches Ziel läßt sich natürlich nicht im Hand umdrehen erreichen, daher denn der Meinungsaustausch zwischen den Kabinetcn von London und St. Petersburg noch aus längere Dauer berechnet ist und jedenfalls die Besorgniß entkräften dürste, als werde Berliner Brief. Von HanS Emir. (Nachdruck verboten.) DaS Quecksilber des Thermometers bewegt sich in den zwanziger Graden, die Sonne strahlt glühend auf unsere Scheitel und die roth gefirnißten Sprengwagen arbeiten in unseren Straßen wie auf den Promenaden mit unverminderter Druckkraft, ihre lebhafte rothe Farbe bringt eine anmuthige Abwechselung in das frische Grün des Laubes, war jetzt die Alles beherrschende Modefarbe in der Natur geworden ist. Grün steht jetzt unser Thiergarten und die „grünsten" Jünglinge spornen ihre Rößlein auf srinen schattigen Wegen Sehr grün sind in diesem Jahre auch die Federn, mit denen unsere Damen ihre neuen Sommerhüte schmücken, wenn sie anmuthig in das Grüne hinausfahren. Das thun sie aber vermuthlich auch, um ihre bota nischen Kenntnisse zu vermehren die in unserer materiellen Zeit bei Männlein wie Weiblein oft sehr im Argen liegen Gestand mir doch neulich eine sehr schöne Frau, daß sie kaum mit Hilfe ihrer Lorgnette Maiglöckchen von Schneeglöckchen sondern könne und daß sie die Petersilie vom Kopfsalat eigentlich nur dadurch zu unterscheiden wisse, daß, die erster« zumeist in Verbindung mit neuen Kartoffiln, der letztere dagegen fast immer in Gesellschaft von wachsweichen Eiern aufzutreten pflege. Ich glaube bestimmt, daß diese Frau auch zu denen gehört, die ihren Männern, wenn diese des Abends vom Stamm- tische heimkehren, die Taschen nach verbotenen Liebesbriefen durchsuchen. Jeder Ehemann, der eine eifersüchtige Frau hat, wird gewiß mit Vergnügen die kleine Erzählung von dem Scherz gelesen haben, den man sich neulich am Stammtische mit einem seiner Kollegen erlaubt hat. Um die eifersüchtige Frau desselben zu necken, steckten ihm die Freunde ein duftiger LiebeSbriefchen in die Tasche. Jeder der nun wirklich einmal mit einem echten LiebeSbriefchen nach Hause kommt, hat jetzt sofort eine ausgezeichnete Ausrede bei der Hand. Sobald hie Frau zornglühend das Briefchen hervorzieht, bemerkt man nur dem Gange der Ereignisse durch überstürzte Entschließungen Gewalt angethan werden. Herr Gladstone.hat «S neulich im Unterhause ausdrücklich in Abrede gestellt, daß bis zum Eintreffen des von LumSden nach London behufs persönlicher Berichterstattung entsendeten Vertrauens mannes die Verhandlungen mit Rußland eine Unterbrechung erleiden würden. — Gewisse Vorbereitungen nehmen gleichwohl ihren Fortgang. Das englische Unterhaus hat nach kurzer Debatte den Kredit von elf Millionen einstimmig bewilligt, derweil ein Petersburger Blatt meldet, daß bei dem finnischen Senat die Anfrage eingelaufen sei, wie viel Zeit die finnischen Schützenbataillone gebrauchten, um sich kriegsfertig zu machen. Auch werden Maßnahmen zum Schutze von Helsingfors getroffen. — Die Zeitung .Kawkas" räth zur Besitzergreifung von Herat, als einem Mittel, den Streit mit England, wenn letzteres nicht ernst lich zum Kriege entschlossen sei, bedeutend zu vereinfachen. Der „Kawkas" hofft, daß Rußland sich auf die Gefahr hin, den Frieden zu gefährden, zu diesem Schritte entschließen werde, um dvs englische Kabiuet zu einer endgiltigen Entscheidung zu drängen. — Das entschiedene Auftreten der französischen Politik in Sache» des „Bosphore Egyptien" fängt an, Früchte zu tragen. Egypten hätte vielleicht schon längst klein beigegeben, wenn es nicht sein Be nehmen nach dem Verhalten Englands regeln müßte; jetzt sind nun die Verhandlungen zwischen dem in London beglaubigten französischen Botschafter' Waddington und Lord Granville soweit gediehen, daß ein für alle Theile befriedigendes Abkommen gesichert scheint. Namentlich soll Frankreich volle Genugthuung erhalten. (Siehe Telegramme.) — Es dürfte kaum etwas den Ernst der Lage besser kennzeichnen, als die fieberhafte Thätigkeit, mit welcher in ganz England die Kriegs- Vorbereitungen betrieben werden. Die drei Kanonenboote „Pike", „Wenzel" und „Snipe", welche in Portsmouth eilig hergerichtet worden sind, wurden gestern früh in Dienst gestellt. Als ihr Be stimmungsort wird das Kap der guten Hoffnung genannt. Der „Neptun" segelt morgen nach Malta ab. Gestern verlautete, daß das indische Truppenschiff „Jumna" von Suakin, anstatt sich nach Eng land zu begeben, nach Bombay zurückkehren würde, um seine Mann, schaft an die Monitors „Magdala" und „Abyssinia" zur Vertheidig- uug des Hafens abzugeben. Die Regierung hat beschlossen, die Zahl der zur Verwendung als Kreuze, gemiecheten Kauffahrteischiffe bis auf 20 zu bringen, wozu noch fünf weitere Schiffe nöthig wären. Zu diesem Behuse wurden gestern bereits der Dampfer „Britania" Pacific-Dampsschiffs-Gesellschaft, und der eiserne Dampfer „Glenogle" von der Glen-Linie kontraktlich übernommen. Auch hat die Admirali tät von den Londoner Schiffseignern Newton Brothers u. Co. den Dampfer „Energia", welcher in Kurzem in Yokohama eintreffen soll, gechartert. Der Dampfer eignet sich zu einem bewaffneten Kreuzer. — Der Prinz und die Prinzessin von Wales sind heute Morgen in London eingetroffen. — London. Im Unterhaus fragte Gourley an, ob die Re gierung versuchen wolle, die Streitfrage mit Rußland der Vermittelung deS Präsidenten der Vereinigten Staaten zu unterbreiten Gladstone erwiederte: Die Vermittlungssrage sei im Wesentlichen schon früher von ihm beantwortet. Die Regierung sei sich völlig ihrer schweren Verantworllichkeit bewußt, die Ehre Englands aufrecht zu halten, während es gleichzeitig ihre Pflicht sei, jedes Mittel zur Verminderung des Kriegs aufzubieten. Lumsden telegraphirte am Sonnabend, er habe Stephen angewiesen, nach London zu gehen, um Granville über Detailsragen im Zusammenhänge mit seinen (LumSden's) Depeschen und allen die Pendscheh-Affaire betreffenden Umständen zu unterrichten. Die Unterhandlungen wurden bis zum Eintreffen Stephens nicht unterbrochen. Schweden und Norwegen. Zur Mobilmachung Gothlands liefert folgende Bekanntmachung der dortigen Provinzialverwaltung einen originellen Beitrag: „Um die Mannschaften der hiesigen Nalionalmiliz einznberufen, werden künftighin in den Gemeiudekirchen die Glocken geläutet werden; das Läuten dauert drei Stunden mit einer Pause von fünf Minuten nach jedem viertelstündigen Geläute. Jedes Mitglied der Nationalmiliz ist verpflichtet, nachdem das Läuten stattgefurden, innerhalb vierundzwanzig Stunden, gerechnet von acht Uhr Morgens des folgenden TageS, sich auf dem Musterungsplatze seiner Kompagnie einzufinden und alle Montirungsstücke mitzubringen." Die gothländische Miliz hat, wie die „Hamb. N." bemerken, den Zweck der Vertheidigung ihrer Insel und ist nach sehr veralteten Vorschriften gekleidet. Um wenigstens alle Mannschaften in eine übereinstimmende Uniform zu stecken, sind von der Montirungskammer große Sendungen dorthin abgegangen. — Von England aus ist an eine schwedische Kanonenkugelfabrik eine große Bestellung eingegangen und die Lieferungsfrist so kurz bemessen, daß eine zweite Fabrik unterstützend eingreifen muß. Türkei. Aus Konstantiuopel berichtet man der „Pol. Korr." aus türkischer Quelle über die Thätigkeit bulgarischer Komitees, welche auf die Organisirung einer Agitation in Makedonien und den an dasselbe grenzenden Gebieten hinarbeilen. Diese Komitees werben nahezu offen Leute, welche, zu Banden vereinigt, späterhin in die benachbarten Provinzen eindringen und Erhebungen Hervorrufen sollen. Inzwischen durchziehen geheime Agenten der erwähnten Komitees ganz Macedonien, um mit den Einwohnern Fühlung zu gewinnen und sie zum Ausstande gegen die Regierungsbehörden aufzustacheln. Diese Agenten suchen unter der Maske von Kolporteurs und Hausirern sich achselzuckend, das sei ein schlechter Scherz guter Freunde, und wenn sie doch noch zu zweifeln wagt, so verweise man sie energisch auf die betreffende Nummer der ..Vossischen Zeitung." Die Herrschaft der Frühjahrstoiletten hat begonnen. Auf der Promenade stolzirt der Dandy mit dem Hellen Sommerüberzieher, den spitzen Lackstiefeletten, das Spazierstöckchen in den glaeebehandschuhten Fingern drehend und ein Veilchenfträuschen im Knopfloch. Im soliden Jacketanzug schreitet der gesetztere Spaziergänger daher, allen falls schmückt ein „Gasparonehut" sein nachdenkliches Haupt. In voller Arbeit sind die Konfektious- und Putzgeschäfte. Wenn die „Russen" so in der Häufle wären, wie momentan die Damenhüte, was würde an der Börse für eitel Freude und Jubel herrschen! — Ueberall, wohin man auch blickt, nicht nur in der inneren alten Stadt, sondern auch draußen in den neuen Stadttheilen wird „niedergelegt", Schutt und Trümmer, Steinhaufen und Gerüste giebt es überall. Nachdem die Stadtbahn mit ihrer beispiellosen Rück sichtslosigkeit gegen Häuserreihen, Flußbetten und Straßenzüge das Vorbild gegeben, bricht die Weltstadt in die geheiligtesten Erinnerungen der Vorzeit hinein und legt überall Bresche, wo dem anwachsenden Verkehr, dem Streben nach Glanz und Bequemlichkeit steinerne Hindernisse entgegenstehen. Bellagenswerth Derjenige, den das Schicksal in die Nähe eines solchen Abbruches hinversetzt hat. Wie glücklich der Passant, der im weiten Bogen an der Abbrnchstätte vorbeiziehen kann. Er hört nichts von dem Lärm, der die Ohren gellen und, wie eS im Gedicht heißt, „Menschen rasend machen kann". Es geht ihm wie dem Professor Jäger, denn auch dieser Glückliche hört und sieht nicht, was um ihn herum in der profanen Welt vor sich geht; er hört nicht, wie er ausgelacht, er sieht nicht, wie er verhöhnt wird; er ist ganz Dust, Haarduft geworden. Was an dem Herrn Professor zu bewundern bleibt, ist die Behaarlich- keit, mit der er sune Theorien vertheidigt. Wer aushaart, der wird gekrönt werden, denkt auch er. Ich für meinen Theil kann mit der Topographie der Provinz vertraut zu machen, um den Banden im geeigneten Zeitpunkte als Führer dienen zu können. Manche dieser Agenten lassen sich übrigens für eine Zeit lang in macedonischen Dörfern nieder und betreiben daselbst scheinbar ein Gewerbe. Von Zeit zu Zeit begeben sie sich über die Grenze, um über ihre Wahr- nehmungen und die Erfolge ihrer geheimen Agitation Bericht zu er statten. Die ottomanischen Zivil- und Militärbehörden beobachten das Treiben dieser Leute, ihr Kommen und Gehen und treffen die gebotenen Maßregeln, um einem etwaigen Eindringen der erwähnten Banden in Macedonien wirksam begegnen zu können. Amerika. Zufolge Nachrichten auS Panama hatten die Rebellen gedroht, Eigenthum von Bürger« der Bereinigten Staaten auzugreisen. Darauf gaben die Truppen von den Kriegsschiffen der Vereinigten Staaten Feuer, wobei von den Gegnern einer getödtet und drei verwundet wurden. Der französische Konsul proteftirte gegen die Allion deS Kommandanten der Bereinigten Staaten-Truppeu und es wird ohne Zweifel zu den schon vorhandenen Schwierigkeiten die fernere eine- diplomatischen Fehdeganges zwischen Frankreich und den Vereinigten Staaten entstehen. Der Angelegenheit wurde schon in unserem gestrigen Telegramm auS New - Dort Erwähnung gethan. CheMNitz, dev 29. April 1885. — Dem Vorstande des selbständigen Verbands der deutschen Reichsfechtschule ist von Sr. Durchlaucht dem Fürsten Bismarck auf die, demselben zu seinem Geburtstage dargebrachten Glückwünsche ein Dankschreiben zugegangen.' — Der von H-rrn Eisenbahn Assistent E. E. Hanisch hier herausgegebene Stationstarif von Chemnitz im Verkehr mit sämmt- lichen deutschen Stationen, wird demnächst in zweiter Auflage erscheinen. Dieses, vielen Geschäftsleuten ganz unentbehrlich gewordene Hilfs- und Nachschlagebuch, welches bereits bei seinem ersten Erscheinen im Jahre 1883 beifälligst begrüßt wurde und in der Folge immer beliebter geworden ist, wird diesmal die durch die eingetretene allgemeine Tarif ermäßigung verursachten Abweichungen enthalten, ebenso die erheb lichen Veränderungen in der Güterklassifikation. Ferner hat daN Merkchen in dieser Auflage an Umfang bedeutend zugenomwen, da etwa 600 neueröffnete Stationen bez. in den direkten Verkehr aufge nommene dergleichen hinzugekommen sind. Die Zahl der in dem Buche aufgeführten Stationen beträgt nunmehr 3300. Die Ausstattung zeigt dieselbe Solidität und Sauberkeit wie bei der ersten Auflage. Der verhältnißmäßig billige Preis von M. 5 für das Exemplar ist trotz des vermehrten Inhalts beibehalten worden Bestellungen auf diesen Stationstaris werden schon jetzt vom Herausgeber entgegen-- genommen. — Große Sensation unter der lieben Straßenjugend erregte gestern Abend ein harmloses Kameel das gemüthlich in derTheater- stroße hinter seinem Führer hertrabte. Das Höckerthier wurde von dem kleinen Volk wie nur immer eine Naturseltenheit angestaunt. — Eine kleine Gesellschaft, die gestern Nachmittag unsere» „Zoologischen Garten" auf der „Scheibe" besuchte, fühlte sich am meisten von den Bajazzo's der Thierwelt, den Affen, angezogen. Besonders eine Dame belustigten die Turnübungen der Vierhänder außerordenilich, so daß sie. gleichsam als Belohnung für die Vor stellung, den kleinen Grimassenschneidern reichlich Konfekt und Nüsse spendete. Nachdem ihr Vorrath erschöpft war, versuchte sie durch kleine Kieselsteine, die sie in Papier wickelte, die Begehrlichen zufrieven- zustellen. Der Betrug wurde jedoch höchst übel vermerkt und der Affen„senior" nahm Rache für die Beleidigung. Es gelang ihm, den Sonnenschirm der jungen Dame zu erwischen, den er als ein Unterpfand jedenfalls zu behalten gedachte. Gegenseitiges Ziehen und Zerren folgte, bis der Vierhänder endlich den Schirm zerriß. Er flüchtete mit der Trophäe, höchst vergnüglich grinsend, in „höhere Regionen," wo die Fetzen an die Herren Mitaffen vertheilt wurden. Der Zwischenfall erregte viel Heiterkeit und auch die Dame mußte ihren Schaden wohl oder übel von der humoristischen Seile auffaffen. —* Heute Vormittag ist ein an der Leipzigerstraße wohn haft gewesener Schankwirth in seiner Wohnung erhängt aufgefunde» und polizeilich aufgehoben worden. Schwermuth soll die Ursache der Selbstentleibung gewesen sein. —* Auf dem Boden eines HauseS an der Jakobstraße wurde vor einigen Tagen ein Paar neue Schuhe versteckt auf gefunden. Als Eigenthümerin der Schuhe meldete sich eine in demselben Hause mit wohnhafte ledige Frauensperson. Da dieselbe über den Grund des Verbergeus der Schuhe unglaubhafte Angaben machte, ent> and der Verdacht, daß sie dieselben im unredlichen Besitz habe. Weitere Erörterungen ergaben, daß die Schuhe aus einem Schuh- waarengeschäft am Holzmarkt stammten, und erklärte der Besitzer d«S Geschäfts, daß die Schuhe nur gestohlen sein könnten, da sie in dem Zustande, in welchem sie sich noch befanden, nicht verkauft würden. Die verdächtige Frauensperson, welche übrigens schon wiederholt be straft worden ist, wurde nunmehr der Justizbehörde zugeführt. — Dresden. Der Prozeß gegen den wegen Mordverdachts inhaftirten Fleischer Paul Schmidt nimmt in Rücksicht auf das be harrliche Leugnen des Angeklagten ganz bedeutende Ausdehnung an, und nach dem jetzigen Standpunkte der Untersuchung dürfen minde stens 70 Zeugen zur Hauptverhandlung vorgeladen werden. Hiernach steht auch zu erwarten, daß sich das k. Schwurgericht, dessen Session am 11. Mai beginnt, mindestens zwei Tage mit der Verhandlung mich den Neuerungen des Herrn Professors durchaus nicht feindlich gegeuüberstellen. Hat man sich so lange gegypste Weine gefallen lassen, warum nicht auch schließlich gehaarte! Man bedenke nur die Vortheile, die sie in sich schließen. Zunächst brauchen sie nicht ge trunken zu werden, sondern sie werden nur gerochen. Der schlechteste Wein, er thut uns keinen Schaden mehr, eine einzige Haarduftpille veredelt ihn. Welch' wunderbare Aussicht eröffnet sich für beide Geschlechter! Wird der Mann sich fernerhin den Einwirkungen seiner Frau, die eine abgesagte Feindin des Skatspiels ist, entziehen können, wenn sie ihn erst durch einige Haarduftpillen kirre gemacht hat? Wird das Wort von der bösen Schwiegermutter nicht zur Chimäre werden, wenn erst di« Haarduftpillen veredelnd auf das Temperament und den Charakter der Schwiegermütter wirken werden? Und die Jungfrau, die das Herz des Jünglings bethören will, bedarf sie noch anderer Künste, als der der Pillen? Der Glanz eines einzigen ihrer Haare mit Milchzucker vermischt uud zu einem Kügelchen gedreht, wird ihr den Jüngling für immer unterthänig mache.,. — Auch für die Zigarrenfabrikanten erwächst durch das Jäger'sche Prinzip — „waS gleicht wohl auf Erden dem Jägervergnügen?" — ein wesentlicher Bortheil. Während man es früher für höchst unappetitlich hielt, ein Haar in der Zigarre zu finden, wird es schließlich dahin kommen, daß man von den Fabrikanten die Haare nachgeliefert verlangt für solche Zigarren, die keine enthalten. Dann wird auch dem Herrn Professor für seinen Kultus nicht der Segen fehlen, der, wie wir ihm von Herzen wünschen, ein heilsamerer sein möge, als der Segen, den ein etwas zerstreuter Prediger kürzlich einem ehrbaren, braven Brautpaare hat spenden wollen und welches er irrthümiich mit einer Traurede bedachte, die einem anderen Paare von sehr zweifelhafter Vergangen heit bestimmt gewesen war. Es soll eine arge Szene an der heiligen Stelle gegeben haben.
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