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Rr. «8. — 5. Jahrgang. ^Unvar Mtl I-/ und Sladlbole. ^ Donnerstag, 30. April 1885. Unparteiisches Tageblatt für Chemnitz und Umgegend besonders für die Vororte: Altchemnitz, Altendorf, BernSdors, Borna, Edersdors, Furth, Sablenz, Slösa, Helbersdorf, Hilbersdorf, Kappel, Neustadt, Schönau. Die Lbomreuteu erhalte« mit de« Auzeiger allwöchentlich L Unterhaltungs-Blätter, LLL' Anzeiger. Bilderbuch. AbonnementSbestellnugeu, vierteljährl. 150 Pf. (Z«tr. 40 Pf.), monatl. bO Pf. (Z«tr. 1b Pf), «ehmen an die BerlagSexpedttiou «ud Ausgabestelle« in Chemnitz und obige« Vororte«. Außerhalb dieser Ort« kann der Anzeiger ««r bei de« Postaustalteu — PostzeituugS-PreiSlist« für 1885 Nr. 1114 — bestellt werde». I« Oesterreich-Ungarn ist der Chemnitzer Anzeiger zum AbonnemeutSpreise vo« vierteljährlich 1 Gulden 54 Kr., monatlich 52 Kr. (exkl. Agioznschlag) durch die Postaustalteu z» beziehen. Jnsertion-prei-: die schmale (Ispaltige) KorpuSzeile oder dere« Ran« 15 Pfennig«. — — Reklame (Ispaltig Petit) 30 Pfennige. — Ans große Annoncen und Wiederholungen Rabatt. — Annoncen. Annahme für die nächste Nummer bi» Mittag. — Ausgabe jeden Wochentag Nachmittag. Annoneenbeftellunge« vo« auswärts wolle »an de« JnsertionSbetrag stet» beifüge« Muer« Beträgt in Briefmarken) je 8 Silbe« der gewöhnlich«« KorpnSschrift bilde« «ine Zeile «nd koste« 15 Pfennig«. Verlags-Expedition: <kl-xa«-e« «ie-e, Buckdruckerei, Chemnitz, Theaterstraße 48 (ehemaliges Bezirksgericht, gegenüber dem Kasino-. Bekanntmachung- Es ist die Anstellung eines dritten Rechnungsrevisors für das Kasten wesen der Stadtgemeinde beschlossen worden. Der Anzustcllende erhält den Charakter eines Gemeindeunterbeamten im Sinne der Städteordnung und des hiesigen Ortsstatuts und einen jährlichen Gehalt nach Maßgabe der für die Registratoren geltenden Besoldungsskala, nach welcher der Anfangsgehalt jährlich 1350 M. beträgt- Bewerber werden ausgefordert, ihre Gesuche unter Beigabe von Zeug nissen über ihre bisherige Beschäftigung bis zum 9. Mai 1885 bei unS einzureichen. Chemnitz, den 25. April 1885. Der Rath der Stadt Chemnitz. Andre, vr., Oberbürgermeister.Sch. Kür den ausgetretenen Althändler David Heinrich Gustav Brockmann, zuletzt hier wohnhaft, ist am 18. April 1885 Herr Ämtsgerichtsauktionator Otto Pohland Hierselbst als Abwcsenhcitsvormund in Pflicht genommen worden. Königliches Amtsgericht Chemnitz. Abth. L., am 85. April 1885. —, Graupner- St. Konkursverfahren. In dem Konkursverfahren über das Vermögen der Schnittwaarenhändlerin Lina Emilie Busch, Inhaberin der Firma L. Busch in Chemnitz, ist zur Ab nahme der Schlußrechnung des Verwalters, zur Erhebung von Einwendungen gegen das Schlußverzeichniß der. bei der Vertheilung zu berücksichtigenden Forderungen und zur Beschlußfassung der Gläubiger über die nicht verwerth - baren Bcrmögensstücke der Schlußtermin auf den 23. Mai 1885, Nachmittags 4 vor dem Königlichen Amtsgerichte Hierselbst bestimmt- Uhr Chemnitz, den 25. April 1Ä5. Pötzsch, Gerichtsschreiber des Königlichen Amtsgerichts. Freitag, den 1. Mai 1885, Vormittags 11 Uhr gelangen im Kutzleb'schen Lehngute zu Harthau 3 Pferde, 14 Kühe, 3 Schweine, 1 Kastenwagen, 1 Rollwagen, 1 Getreidereinigungsmaschine, 1 Brückenwaage, 2 Kutschwagen, 1 Jagdgewehr, 100 Z,r. Bundstroh, 40 Ztr. Grummet, 1 Partie Hafer, Sommerkorn, Kleesamen, Grassamen und verschiedene andere Sachen gegen sofortige baare Bezahlung zur östentlichen Versteigerung. Gerichtsvollzieherei Chemnitz, den 27. April 1885. Lange, Jnsp. 9. öffentliche Sitzung der Stadtverordneten. Chemnitz, am 30. April 1885, Abends '!,? Uhr. Tagesordnung: I. Geschäftliche Mittheilungen. 2. Berichte des Finanz- BusschusseS über: a. das Postulat von 80,000 Mark über verschiedene im lausenden Jahre vorzunehmende Neu- und Umpflasterungen; b. den Raths beschluß, die Festsetzung der Baulinie in der äußeren Rochlitzerstraße, sowie Areal an der oberen Brückenstraße an Herrn Wust zu verkaufen. 3. Berichte des KontrolauSschusseS über: s. die Rechnung der Fräulein Minna Auguste Unger-Stiftung aus das Jahr 1884; d. die Rechnung der Fräulein Kamilla Klothilde Heydenreich-Stiftung auf das Jahr 1884: v. die Rechnung der Krug-Slistung aus das Jahr 1884; ä. die Rechnung der Bürgermeister Müller-Stistung auf das Jahr 1884; s. die Rechnung des Fonds der auf gelösten Weißgerberinnung auf das Jahr 1884,- k. die Rechnung des Strumpfwirkerfremdmeisterfonds aus das Jahr 1884; x. die Rechnung der Georg Äodemer-Stiftung zum Besten der öffentlichen Stadtbibliothek auf das Jahr 1884; b. die Rechnung der Theodor Esche-Stiftung für Volksbildung auf das Jahr 1884; 1. die Rechnungen von Stiftungen zu UnterstützungS« zwecken (II. Gruppe) auf das Jahr 1884. 4. Berichte deS Wahlausschusses über: a. die Wahl eines Protokollanten; b, die Wahlen für di« Ergänzungen verschiedener Ausschüsse; e. die Wahl eines unbesoldeten RathsmitgliedeS. 5. Bericht des Verfassungs-Ausschusses über: die Bauordnung. Der öffentlichen Sitzung geht um 8 Uhr eine vertrauliche Vorbesprechung voraus. Der stellvertretende Stadtverordneten-Borsteher. Oskar Ancke. Telegramme -es ik-emrri-er Anzeiger». Vom 28. April. Berlin. Die Zollkommisfion des Reichstag» lehnte alle An träge auf Erhöhung der Lederzölle ab, nahm dagegen den Antrag Löwe, Bamberger und Buddeberg, wonach der Zoll auf Weeftgarue, der gegenwärtig 8—10—12 Mark betrug, auf 3 Mark herabgesetzt wird, an. Berlin. Einem Privat-Telegramm der »Franks. Ztg.* zufolge widerruft die „Nationalzeitung* nunmehr selbst daS von ihr ver breitete Gerücht von einer Aeußerung des russischen Kaisers dem deutschen Kaiser gegenüber über das Sinken der Friedens-Aussichten. Sie vernimmt bestimmt, daß Kaiser Wilhelm in letzter Zeit weder einen Brief noch ein Telegramm des Kaisers Alexander erhielt. Die deutsche Regiemng stehe dem englisch-russischen Konflikt durchaus neutral gegenüber. Eine Anfrage wegen Uebernahme einer Vermitt lerrolle sei Deutschland weder englischer- noch rusfischerseits zngegangen. Wien. Ein Wahlaufruf, der von der deutsch-liberalen Partei Mährens gestern veröffentlicht wurde, ist in Brünn konfiszirt. Der Aufruf ist mäßig gehalten; er tritt für das feste Zusammenwirken aller Deutschen zur Behauptung und Wiedergewinnung ihrer Stellung innerhalb des Kaiserstaats an der Donau ein und betont die Wichtig keit der Erhaltung des Einheitsstaates. Sehr sympathisch wird der Werth eines deutsch-österreichischen Bundes hervorgehoben und das immer mehr umsichgreifende Gefühl der Zusammengehörigkeit als eine Folge der letzten Prüfungsjahre bezeichnet. Paris. Fast allgemein nimmt man an, daß Frankreichs Drohung, der neuen egyptischen Anleihe die Bürgschaft zu versagen, den Khedive veranlassen werde, in Betreff der »Bosphore egyptien" Genugthuung zu leisten. Rom. Wie das hiesige »Amtsblatt* meldet, ist im Bezirk Bergamo ein alter Mann an der sporadischen Cholera erkrankt. Brüssel. Wie sich die »Jndependance Belge* aus Petersburg melden läßt, soll ein neuer Zusammenstoß zwischen Russen und Af ghanen erfolgt sein, bei dem die Russen etwa 1000 Manu verloren haben sollen. Näheres bleibt abzuwarten; jedenfalls wird die Nach richt mit Vorsicht aufzunehmeu sein. London. Es scheint, daß der Streit zwischen Frankreich und England (vergl. heutigen Leitartikel) in befriedigender Weise bcigelegt wird. Wenigstens theilte Lord E. Fitzmaurice im Unterhause mit, daß die in der Streitangelegenheit des »Bosphore Egyptien* zwischen Waddington und Granville gepflogenen Verhandlungen versöhnlicher Natur seien. (Demnach scheint sich der englische Löwe vor dem französischen Adler geduckt zu haben. D. Red.) London. Die „Times* sagen, wenn die russische Politik auf der Annahme begründet sei, daß England eher jedes andere Zuge- ständniß machen als die Beziehungen zu Rußland abbrecheu werde, so werde Gladstone'S Rede diese entschiedene Täuschung schon zerstören. (Weitere Telegramme siehe am Schluß des redaktionellen Theiles.) Frankreich gegen England. Trotz der vielen Konflikte, in welche das Kabinet Gladstone durch seine schroffe und einseitige Haltung bereits verwickelt ist, hat dasselbe es nun doch noch dahin gebracht, eine neue ernstliche Ver legenheit für England heraufzubeschwören. Während nämlich die englische Regierung ihre ganze Aufmerksamkeit und Kraft dem Streite mit Rußland zuwenden muß, tritt plötzlich Frankreich aus den Schau platz, um die Schwierigkeiten der Lage in bedenklicher Weise zu er höhen. Dadurch hat Gladstone im Augenblick zwei große Konflikte auf dem-Halse, er hat eine Doppelkrise zu bestehen. Der Nachbar und ehemalige langjährige Bundesgenosse, das durch seine Verdrängung aus Egypten tief verletzte Frankreich, pocht mit ungestümer Hand an die ihm verschlossenen 1 sorten deS Nil reiches. Es hat eine passende Handhabe gefunden, den Engländern jetzt im unangenehmsten Augenblick auf den Leib zu rücken und ihnen zu Gemüthe zu führen, daß Frankreichs Interessen in Egypten denn doch nicht ohne Weiteres unbeachtet bleiben dürfen. Der Gegenstand dieses neuen Streites ist bekannt Ein fran zösisches Blatt in Kairo, der »BoSPhore Egyptien*, veröffentlichte jüngst — selbstverständlich nicht aus Freundschaft für England — eine Bekanntmachung de» Mahdi. Der leitende Minister EgyptenS nahm daraus Veranlassung, — natürlich durch seine englischen Rath- geber dazu bewogen oder vielmehr gezwungen — da» Blatt zu unterdrücken, und bei dem Einschreiten der Polizei wurden angeblich auch zwei französische Konsularbeamte beleidigt. Bei dieser Sachlage zögerte die französische Regierung nicht lange und forderte alsbald von Nubar Pascha in energischer und zugleich schroffster Weise Ge nugthuung, und da dieser auf das Begehren Frankreichs nicht sofort einging und sich durch die mit einem Male wieder betoute Oberhoheit der Pforte zu decken suchte, griff die Republik ungesäumt zu dem schärfsten Mittel deS diplomatischen Zwanges, indem sie ihren Ver treter auwies, sich von Kairo nach Alexandrien zu begeben und bis auf Weitere» die Beziehungen zu Egypten abzubrechen. Gleichzeitig aber zog Frankreich seine Zustimmung zu jenem finanziellen Ab kommen zurück, durch welches Egypten, wie bekannt, vom Bankerott gerettet werden soll. Kurz, das Land des Khedive befindet sich nun durch die Schuld der Engländer in einer äußerst schwierigen Lage, wenn sich auch das Gerücht von dem Auslaufen einer französischen Panzerflotte nach Alexandrien nicht bestätigen sollte. Aus dem Gesagten ergiebt sich klar, daß Frankreich» Vorgehen in dieser Angelegenheit seine Spitze nicht so sehr gegen Egypten, als vielmehr gegen England richtet. Das britische Reich übt ja zur Zeit eine stillschweigend anerkannte Schirmherrschaft über Egypten au-, und wenn auch Nubar Pascha augenblicklich den »Suzerän* de» Landes, den Sultan, vorschiebt, so empfängt doch der Minister EgyptenS seine Befehle zweifellos aus dem britischen Kabinet. Und nun erwäge man die peinliche Wahl, vor welcher sich Lord Granville befindet. Wenn er Nubar fallen läßt und der Khedive sich vor den Forderungen Frankreichs beugen muß, ist der letzte Rest de» Ansehens der Eng länder in Egypten verloren. Schon hat die jämmerliche Zauder politik Gladstone'S im Sudan die Briten zum Gegenstände des Spottes für die Fellahs gemacht. Eine neue Demüthigung der Engländer, ein Zurückweichen vor dem energisch anftretenden Frankreich, würde sie vollends der Verachtung überliefern, und der Khedive dürste dann vielleicht zu denselben Anschauungen über den Werth des englischen Schutzes gelangen, wie der Emir von Afghanistan sie insgeheim hegen mag. Auf der andern Seite unterliegt es kaum einem Zweifel, daß es für England ungleich fataler sein müßte, wenn Lord Granville in diesem Streite bestimmt austreten wollte. Dann läge die Gefahr allzu nahe, daß Frankreich dadurch Rußland in die Arme getrieben würde. Es käme infolgedessen das britische Reich in die äußerst miß liche Lage, gleichzeitig Herat und Kairo, die Grenze Indiens und den Suezkanal gegen einen feindlichen Stoß beschirmen zu müssen. Drängt sich doch dem Beobachter dieser Vorgänge unwillkürlich der Gedanke auf, daß Frankreich den neuesten Konflikt mit Egypten ab sichtlich heraufbeschworen hat, um seine Rache an England zu nehmen und den hundertjährigen Streit um das Nildelta wieder aufzufrischen. Man weiß das in London nur zu wohl, und man wird sich dort voraussichtlich rasch entschließen, Nubar fallen zu lassen, um der Republik jede weitere Handhabe zur Fortsetzung des Konflikts zu entziehen. Dieses schneidige Auftreten des Herrn von Freycinet in der Angelegenheit des »Bosphore Egyptien" ist das erste kräftige Lebens zeichen des Kabinels Brisson-Freycinct seit seiner bisherigen Awts- thätigkeit. Man war in Frankreich deshalb fast zu der Ansicht ver leitet worden, daß Diejenigen doch Recht hätten, welche dasselbe zu einem geschästsführenden Ministerium der republikanischen Mehrheit bis zu den neuen Wahlen, die nahe bevorstehen, stempeln wollten. Das gleichzeitige Säuberungswerk in den Präfekturen, bei dem man den Anfang mit der Absetzung des Pariser Polizei-Präfekten Cames- casse gemacht hat, wird die dieser Ansicht Huldigenden gründlich eines Besseren belehrt haben. Zugleich läßt sich aus diesem »Debüt* des neuen französischen Kabinets mit vollem Rechte schließen, daß ihm für seine Haltung im europäischen Konzert nicht da- innige Elnverständniß mit England als maßgebende Grundlage gilt. Dieser Fortschritt der politischen Weisheit der französischen leitenden Staatsmänner hat für uns eine weittragende, nicht zu unterschätzende Bedeutung. Schließlich läßt sich nicht verkennen, daß es sich in unseren Tagen um die Größe und Zukunft Englands handelt, und man kann sich nicht verwundern, daß es ein Gefühl der tiefsten Erregung und Be- sorgniß ergriffen hat, ein Gefühl, das vielleicht unvorhergesehene Er eignisse zu beschleunigen berufen ist. Wolitifche Rrrn-fchau. Deutsches Reich. Reichstag. Bei der Fortsetzung der Be- rathung der Zolltarifnovelle wird der Zoll auf Lichte (18 M.) der Zoll auf Kakao, (roher 35, gebrannter 45 M.) auf Kakaomafse, Chokolade, (Ztr. 80 M.) gemäß der Regierungsvorlage angenommen, ebenso nach den Kommissionsanträgen die Erhöhung de» Krastmehl- zolleS, Ztr. auf 9, Nudel- und MakkaronizvlleS auf 10, de» Reis- zolle» (zur Stärkesabrikatiou) auf 3 M. pro 100 Kilogr. Zur Po sition Droguen wird der Kommissionsantrag angenommen, wonach zwei neue Nummern, (Superphosphate) mit einem Fünfzigpfennigzoll, Strontianpräparate mit 2 M. Zoll eiuzustellen find, im übrigen wird die Position »ach der Regierungsvorlage genehmigt. Der Reichs tag beschloß, gebrannte grobe Pflastersteine (Klinker) und gewöhnliche Dachziegel zollfrei zu lassen, dagegen Falzdachziegel mit 1 M. Zoll zu belegen. Die Anträge deS Abg. Merbach, bezügl. deren Kratzen und Kratzenbeschläge unter die Zollpofition für Eisenwaaren fallen, werden nach dem Kommisfionsautrag erledigt. Am Donnerstag stehen Wahlprüfungen und kleinere Vorlagen aus der Tagesordnung. — Die »Kölnische Zeitung* schließt einen Artikel über die Stellung Deutschlands zum englisch-russischenStreit „England möge überzeugt sein, daß eS nur Rußland droht, wenn e»; mit Krieg droht, uns nicht. Es ist augenblicklich noch in de» Lage des Knaben, der, als er sich in der Hoffnung, losgeschnitten zu werde», aufhing, sich den Stuhl vorsorglich unter den Füßen stehen ließ. Es mag die Gefahr nicht unterschätzen, daß ihm Rußland zuvorkommt und den Stuhl umwirft oder sachte unter den Füßen wegzieht: hängt England dann am Nagel, so mag es versichert sein, daß in ganz Europa sich Niemand finden wird, der es abschneidet." — In der Pfingstwoche, und zwar in den Tagen vom 24. bis 30. Mai, soll in Brüssel der erste internationale Kongreß für Binnenschifffahrt stattfinden. Die belgische Regierung interessirt sich lebhaft dafür, und hat auf Befehl des Königs der Minister für Ackerbau, Industrie und öffentliche Arbeiten, Chevalier de Moreau, das Ehrenpräsidium übernommen; auch sind auf diplomatischem Wege die auswärtigen Regierungen um ihre Betheilig ung an diesem Kongreß ersucht worden. Es ist auf eine rege Be theiligung nicht bloS aus Belgien und dem benachbarten, auf den Wasserverkehr vorwiegend angewiesenen Holland, sondern auch aus England, Frankreich, Oesterreich und nicht am wenigsten auch aus Deutschland, vamenllich aus Westdeutschland, zu rechnen. — Aus Berlin wird geschrieben: Die Besetzung der-Festuugen Koblenz und Posen mit je einem GeneralstabS-Offizier Hai in mili tärischen Kreisen Aussehen gemacht und zeigt, daß man der theidigung unserer größeren Fort-Festungen eine besondere merksamkeit widmet. Bekanntlich ist das im Kriegsfälle zu mirende Besatzungs-Korps von einer Größe, welche unter ständen die eines Armee - Korps übertrifft. Da außer den tech nischen Fragen, welche ehemals den Hauptinhalt der Vertheidi- gungskunst ausmachten, neuerdings mit den größeren Truppen verbänden innerhalb der viel ausgedehnteren Terrains der Festungen förmlich manöverirt werden muß, so erscheint es gerechtfertigt, daß man den Kommandanturen dieser Plätze Generalstabs-Offiziere an die Seite gegeben hat, die schon im Frieden sich mit den Eigenthümlich- keiten der Festungen vertraut machen, um im Ernstfälle für die schwierigen und umfassenden Funktionen der Kommandantur helfend zur Seite zu stehen. Wenn die Vermuthung ausgesprochen wird, daß aus denselben Gründen auch dem Gouvernement von Mainz, ein Generalstabs-Offizier zugetheilt werden wird, so wird dem Vernehme« nach die Bestätigung nicht lange ausbleiben. — Meiningen. Der Landtag hat die für die Erweiterung de» Zuchthauses zu Untermaßfeld geforderten 271,0-0 Mk. einstimmig be- willigt. Bei diesem Anlaß wurde ein Antrag auf Herbeiführung einer strengeren Hausordnung und Zulässigkeit der körperlichen Züchtigung in den Strafanstalten mit allen gegen fünf Stimmen angenommen, dagegen ein zweiter Antrag zum Schutz des freien Gewerbebetriebs gegen die Zuchthausarbeit abgelehnt. — München, 27. April. Das kgl. Staatsministerium de» Innern hat seine Prüfung de» gutachtlichen Materials, da» zur Frage der Errichtung einer Mobiliarversicherungs-Anstalt uoter staatlicher Leitung gesammelt worden ist, vollendet. Man wartet noch die Berichte mehrerer Privatmobiliarversicherungen ab. Alsdann wird die Entscheidung, ob dem Landtage ein Gesetzentwurf, der die Errichtung einer staatlichen Mobiliarversicherung ausspricht, vorzulegen Ver- Auf- for- Um-