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Schönburger Tageblatt Filialen: tn Altstadtwaldenburg bei Her« Kaufmann Otto Förster; in Kaufunok - bei Herrn Fr. Janaschek; in Langenchuri. dori bei Herrn H. Stiegler; in Penig b iHerrn Wilhelm Dahler, CigarrengeschSft, an der Brücke; in Nochsburg bei Herrn Paul Zehl; in Wallenburg bei Herrn Ernst Rösche; ia Ziegelheim bei Herrn Eduard Kirsten Amtsblatt für den Htadtrath zu Maldenburg. Zugleich weit verbreitet in den Städten Penig, Lnuzenau, Lichteuftein-Callnberg, und in den Ortschaften der nachstehenden Standesamtsbezirke: Altstadt-Waldenburg, Bräunsdorf, Callenberg, St. Egidien, Shrenhain, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenchursdorf, Langen Kuba-Niederham, Langenleuba-Oberhain, Niederwiera, Oberwiera, Oberwinkel, Oelsnitz i. E., Neichenbach, Nemse, Nochsburg, Nußdorf, Schlagwitz, Schwaben, Wolkenburg und Ziegelheim. Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Gönn- and Festtagen. Annahme von Inseraten für die nächster- scheinende Rnmmer bis mittags 12 Uhr. Sbuc Adonuementsprei» beträgt vierteljähr lich 1 «k. SS Pf. Einzelne Nrn. b Ps. gerate pro Zeil« 10 Ps., Linges. 20 Pf. Expedition: Waldenburg, Obsrgasse 291 A. und Wat-enburger Unrelger 164. Sonntag, den 18. Juli 1897. Witterungsbertcht, ausgenommen am 17. Juli, nachm. 4 Uhr. Barometerstand 760 MW. reducirt auf den Meeresspiegel. Ttzermometerstan- -s- 16,z" 6. (Morgens 8 Uhr -s- 16,»0.) Feuchtigkeitsgehalt der Luft na; Lambrechts Polymeter 76°/o. Thaupuukt Z- 12,» Grad. Windrichtung: Nord. Daher Wttteruugsansstchten für den 18. Juli: Vorwiegend trübe mit Niederschlägen. ^Waldenburg, 17. Juli 1897. Die deutschen Blätter Oesterreichs beschäftigen sich entrüstet mit einer Rede, die der Prinz Friedrich Schwarzenberg als fürstlicher Vorkämpfer des Tschechen thums in Böhmen zu Budweis hielt. Nicht so sehr das, was er ausgesprochen, wird dabei ins Auge gefaßt, als der unglaublich anmaßende Ton, in dem er sich ge fiel, und vor allem der Umstand, daß ein Sprosse eines alten deutschen Adelsgeschlechtes sich als Vorkämpfer und Wortführer der Tschechen ausspielt. Wie wenig Recht zu solcher Rolle gerade die Schwarzenbergs haben, wird im „Wiener Extrablatt" eingehend dargelegt. Sie ge hören, wie das Wiener Blatt erinnert, zu jenen aus ländischen Familien, die durch die Stürme der Refor mation und Gegenreformation nach Böhmen geweht wurden und die, nachdem der alte, erbgesessene böhmische Adel zum größten Theile vernichtet war, auf den Trüm mern seiner Herrlichkeit sich häuslich einzurichten wußten. Nicht im Kampfe für die tschechischen Interessen, für die „berechtigten Forderungen der Slaven", sondern im Kampfe gegen dieselben, im Anschlusse an Deutschthum und Fremdherrschaft sind diese Familien zu Macht und Glanz in Böhmen gelangt. Was speciell die Schwarzenbergs betrifft, so stammen sie aus Mittelfranken und sind ein altes, seit dem XV- Jahrhundert reichsfreiherrliches Geschlecht; gefürstet wurden fie erst vor zweihundert Jahren, nachdem sie in Oester reich ihr Glück gemacht. Der erste Schwarzenberg, der sich hier ansässig machte, war Graf Georg Ludwig, und das geschah im siebzehnten Jahrhundert und auf recht eigenthümliche Weise. Der Graf, der im Dienste des Erzherzogs Ferdinand von Steiermark, des nachmaligen Kaisers FttdinandH., stand, heiratete als einunddreißig- jahriger Mann eine zweiundachtzigjährige Frau, die be reits vier Manner begraben hatte, der fünfte aber begrub sie. Unser speculativer Schwarzenberg erbte bei dieser Gelegenheit ein riesiges Vermögen, dessen werthvollster Bcstandtheil die große Herrschaft Murau in Steiermark war. So wurden die Schwarzenbergs österreichische Großgrundbesitzer. Graf Georg Ludwig blieb kinderlos und sein Erbe fiel an den Grafen Johann Adolph von der niederlän dischen Linie des Hauses, den Stammvater der heutigen Fürsten Schwarzenberg. Dieser war es auch, der zuerst die Familie nach Böhmen verpflanzte, und zwar geschah dies wieder durch — ein Geldgeschäft. Graf Johann Adolph stand nämlich im Dienst des Erzherzogs Leopold Wilhelm, des Gouverneurs der Niederlande, dem er nicht nur als Rath und Kämmerer, sondern auch als Geld- geber diente. Um seine Schulden an den Grafen zu tilgen, überließ ihm der Erzherzog im Jahre 1660 die ansehnliche Herrschaft Wittingau in Böhmen. Von da ab saßen die Schwarzenbergs in Böhmen fest und er warben immer weiteren und weiteren Besitz. Graf Johann Adolph schrieb in sein Tagebuch, das eine inter essante Geschichtsquelle bildet, den denkwürdigen Satz ein: „In Franken ist das Stammhaus, die Reichs unmittelbarkeit und der äußere Schein einer imaginirten Grandezza — in Böhmen ist die Nutzbarkeit. . . ." In der That, die Nutzbarkeit war für die Schwarzen bergs in Böhmen eine sehr beträchtliche. Johann Adolphs Sohn und Erbe, Fürst Ferdinand Schwarzenberg, war bereits einer der reichsten Männer seiner Zeit. In der Schlußrechnung über sein Vermögen, die er kurz vor seinem Tode entwarf, konnte er mit Befriedigung fest stellen, daß er den ererbten väterlichen Besitz verdreifacht hatte. Während der kleine nationale Adel, der Ritter stand Böhmens zu Grunde ging, während die Sprossen der großen alten Herrengeschlechter, verbannt und geächtet, aus den Schlachtfeldern der Glaubenskriege ihren Tod fanden, kauften die zugewanderten Schwarzenbergs einen immensen Güterbesitz zusammen und brachten es schließ lich dahin, daß die Familie heute den fünfzehnten Theil aller böhmischen Waldungen und ein Dreißigstel der ge- sammten Grundfläche des Landes besitzt. Die Schwarzen bergs sind die Geldkönige von Böhmen, und sie sind es geworden, nicht indem sie mit dem tschechischen Volke stritten und litten, sondern indem sie aus Wirrsal und Verderbniß des Landes — woran sie freilich keine Schuld hatten — Nutzen zogen. Und heute dcclamiren sie vom „Herzen des böhmischen Volkes" und von „unserem Staatsrecht", einem Staatsrecht, das aus Zeiten stammt, da sie noch gar nicht im Lande waren! Ein historisches Geschlecht, das mit „historischen Rechten" so groß thut, muß sich derlei geschichtliche Ueberprüfungen seiner Ansprüche wohl gefallen lassen. Bei einem Herrn Meier oder Müller fragt man nicht nach solchen Dingen; die haben eben keine Geschichte. Ein altes deutsches Adelsgeschlecht, wie die Schwarzen bergs aber, hat eine Geschichte, und eine, in der man blättern muß, wenn man verstehen will, wie aus Rittern vom fränkischen Rhein allmählich Fürsten von der tsche chischen Moldau geworden sind. Das „historische Recht" des Hauses Schwarzenberg lautet: „In Böhmen ist die Nutzbarkeit." Politische Rundschau. Deutsches Reich. Der Kaiser, dessen Befinden andauernd befriedigend ist, weilte am Donnerstag und Freitag in Bergen, von wo aus am heutigen Sonnabend die Rückkehr nach Kiel erfolgt. Die Kaiserin begiebt sich heute auf einige Tage nach Kiel, um bei dem Anlaufen der „Hohenzollern" ihren Gemahl zu begrüßen; dann gedenkt sie nach Tegern see zurückzureisen. Der Kaiser übersandte am 16. d. dem Commandeur des 4. Armeccorps in Magdeburg, General v. Hähnel, zu dessen 5Ojährigem Dienstjubiläum ein herzliches Glück- wunschschreiben, in dem er ihm für die in einem so langen Zeitraum im Krieg und Frieden dem König und dem Vaterland geleisteten Dienste warmen Dank und volle Anerkennung ausdrückt. Zugleich übersandte der Kaiser dem Jubilar die Brillanten zum Schwarzen Adler orden. Mittags fand aus dem Domplatz große Parade statt. Mehrere chinesische Würdenträger besuchten Frei tag die Werft des „Vulkan" in Stettin, wo sich drei chinesische Kriegsschiffe im Bau befinden. Eine bemerkenswerthe Rede hielt Minister von Miquel bei dem Festmahl, das anläßlich der Einweihung der Müngstener Brücke im Kaisersaal zu Solingen statt fand. Er erinnerte daran, daß seit 80 Jahren kein Feind mehr den deutschen Boden betreten hat und hob dabei die Verdienste der Hohenzollern hervor. Deutsch land sei der Friede erhalten geblieben; der Kaiser wisse das Ansehen des Reiches auch nach Außen zu wahren. Deutschland sei kein Binnenland mehr; es müsse nach Außen hinaus, wozu es der erforderlichen Machtmittel bedürfe. Diese Bestrebungen würden in Remscheid und Solingen ganz gewürdigt. „Treue um Treue." Der Minister schloß mit einem Hoch auf den Kaiser, das be geisterte Aufnahme sand. Hieraus dankte er im Namen des Prinzen Friedrich Leopold für den warmen Empfang; der Prinz werde von demselben den Kaiser sofort in Kenntniß setzen. Oberbürgermeister Dicke-Solingen feierte den Prinzen als Abgesandten des Kaisers und Sohn des ruhmreichen Helden, dessen Thaten der Weltgeschichte an gehören. Oberbürgermeister v. Bohlen-Remscheid brachte das Wohl der Minister aus, worauf Minister Thielen allen Denen dankte, die an dem großen Werke mitge holfen haben. Minister v. Miquel toastete noch auf Kaiser und Reich. Deutschland sei ein Land, in dem Industrie und Landwirthschaft sich verbinden sollen. Diese großen Berufsstände sind auf einander angewiesen. Die Staatsverwaltung dürfe unmöglich einseitige Interessen vertreten. Es sei der alte Ruhm der Hohenzollern eben so wie über den Parteien, so auch über den Interessen zu stehen. Die Regierung müsse eine Durchschnittslinie festhalten, alle Kräfte müsse sie vereinigen. Die Be kämpfung der einzelnen Berufsstände untereinander be deutet, es dahin bringen, daß der Dritte lacht. Gegen wärtig litten am meisten die Landwirthschaft und die Mittelklaffen. Die Fürsorge für die einzelnen Berufs klaffen dürfe nie soweit gehen, die Lebenskräfte der an deren Klaffen zu unterbinden. Unsere Zukunft hänge aber auch von der Landwirthschaft ab. Manche Ver stimmung, mancher Mißmuth und mancher Mangel an Vertrauen werde jetzt genährt. Wir Alten aber, welche die traurigen Zustände vor 1870 erlebt haben, wissen, was die Wiedererrichtung des Reiches gebracht hat. Es sei erst eine kurze Spanne Zeit seit damals verflossen. Aber hier hätte man am allerwenigsten Ursache, unzu frieden zu sein. (Bravo.) Der Minister toastete außer auf Kaiser und Reich auf Macht und Ehre, auf Wohl stand und intellectuellen Fortschritt im Reiche. Frhr. v. Marschall, so versichert die „Mil.-Pol. Corr.", hat seinen dreimonatigen Urlaub in der sicheren Er wartung angetreten, daß er nach Beendigung desselben wieder auf seinen Posten werde zurückkehren können. Trifft diese Meldung zu, dann hätte der Freiherr erst durch das officiöse Telegraphenbureau Kenntniß von der Bestellung eines Stellvertreters in der Person des Herrn v. Bülow erhalten. Das erscheint jedoch im höchsten Grade unwahrscheinlich. Dafür freilich, daß Frhr. v. Marschall im Amte verbleibe und Herr v. Bülow vielleicht zum künftigen Reichskanzler ausersehen sei, liegt auch kein thatsächlicher Anhaltspunkt vor. Zur Stellungnahme der europäischen Staaten zum amerikanischen Zolltarif, so wurde vor einiger Zeit gemeldet, soll in Berlin oder Wien eine Conferenz von Vertretern der europäischen Regierungen zusammen treten. Nach der „Nordd. Allg. Ztg." ist dies nicht zutreffend. Zwischen einzelnen Mächten sei allerdings ein Meinungsaustausch über etwaige gegen den ameri kanischen Zolltarif zu ergreifende Maßregeln erfolgt, aber ohne Resultat. Letzteres ist jedenfalls bedauerlich. Der Staatssekretär des Reichspostamts, General v. Podbielski, soll, als die Rede auf die Unterstellung kam, daß er für eine Verkehrsreaction eintreten werde, geäußert haben: Dafür bin ich nicht zu haben, dazu fühle ich mich zu sehr als Sohn meiner Zeit! Daß die Marinesrage in der neuen Reichstagssession den Mittelpunkt der Verhandlungen bilden wird, ist schon wiederholt behauptet worden. Einen Beweis dafür bietet auch eine Stelle aus der Rede des Finanzministers v. Miquel, welche dieser gelegentlich der Eröffnungsfeier der Müngstener Brücke gehalten hat. Tie betreffende Stelle lautet: „Deutschland ist kein Binnenland mehr,