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klärung: „Der Alldeutsche Verband beklagt die unaus gesetzte Zurückdrängung des deutschen Volkes in Oester reich und Ungarn aus der Stellung, die ihm die Ge schichte innerhalb der österreichisch-ungarischen Monarchie eingeräumt hat, und erblickt in einer Politik, wie sie in den Sprachenverordnungen des Ministeriums Badeni zum Ausdruck gekommen ist, geradezu eine Gefährdung des zwischen dem Deutschen Reiche und Oesterreich-Ungarn zur Zeit noch bestehenden Bündnisses. Die Verhand lungen des Alldeutschen Verbandstages in Leipzig vom 8. bis 10. Juni haben uns jedoch die erfreuliche Ge wißheit gegeben, daß unsere Volksgenossen im Donau reiche nicht länger gewillt sind, die Bedingungen ihres völkischen Daseins Bestrebungen zum Opfer zu bringen, welche nicht nur deutschfeindlich, sonvern auch mit dem Fortbestand der österreichisch-ungarischen Monarchie un vereinbar sind, und der Alldeutsche Verband spricht seine ganz besondere Freude und Genugthuung darüber aus, daß vor kurzem noch heftig sich befehdende deutsch-öster reichische Parteien zu gemeinsamer Abwehr dieser Bestre bungen sich geeinigt haben. Die Siege und die Nieder lagen des Dcutschthums in Oesterreich-Ungarn sind auch die unsrigen und wir versprechen feierlich, nach Kräften dahin zu wirken, daß der von unseren Volksgenossen in Oesterreich für ihr gutes, völkisches Recht muthvoll ge führte Kampf in immer weiteren Kreisen Verständniß, Theilnahme und Unterstützung finde und so zu einer Angelegenheit des gesammten deutschen Volkes werde. Im Auftrage des Alldeutschen Verbandstages. Die Hauptleitung: Or. Hasse." Das Fehlen zuverlässiger Getreidepreise infolge Schließung der Productenbörse macht sich auch bei den Bäckern bereits sehr empfindlich bemerkbar, weil dadurch der Unreellität einzelner Mehlhändler Vorschub geleistet wird. Die Bäcker Berlins wollen deshalb in ihren eigenen Jnnungshäusern Zusammenkünfte abhalten, ihre Einkäufe mit den erschienenen Lieferanten abschließen und die Preise veröffentlichen. Das preußische Herrenhaus nahm am Mittwoch in zweiter Lesung die Novelle zum Vereinsgesetz in der Fassung der Commissionsbeschlüsse mit 128 gegen 22 Stimmen an. Die zweite Abstimmung über den Gesetz entwurf findet am 22. Juli statt, bis zu welchem Termin sich das Herrenhaus vertagt. r-L-kerreriÄ-Urtgsrn. Das österreichische Ministerium des Innern hat unter'm S3. Juni 1897 der in Berlin im Commissionsverlage von Thormann und Goetsch erscheinenden Zeitschrift: „Alldeutsche Blätter, Mittheilungen des alldeutschen Verbands" auf Grund des Z 26 des österreichischen Preßgesetzes den Postdebit für die im Reichsrathe ver tretenen Königreiche und Länder entzogen. Holland. Wie die „Londoner Post" meldet, soll die Verlobung der Königin von Holland mit dem Prinzen Bernhard Heinrich von Sachsen-Weimar in dieser Woche verkündet werden. England. Die Untersuchung des Parlamentsausschusses über die Frage, ob der englische Kolonialminister Chamberlain um den Zug Jamesons gegen Transvaal gewußt habe, soll einem Londoner Blatte zufolge auf Anregung der Königin erfolgt sein, welche wünschte, daß die von ihr dem deutschen Kaiser und anderen Souverainen ertheiltc Versicherung, die britische Regierung stehe dem Jame- sonschen Einfall vollständig fern, intact bleibe. Rußland. Aus Petersburg wird gemeldet, daß man dort dem Besuche Kaiser Wilhelms zum 7. August entgegensieht. Präsioent Faure werde 14 Tage später, etwa am 22. oder 23. August in der Hauptstadt des Zarenreiches ein treffen. Ob Seitens des Zarenpaares der in Aussicht genommene Besuch des Königs Humbert in Rom in in diesem Jahre erfolgen wird, ist noch zweifelhaft; daß der Zar aber entschlossen ist, auch den persönlichen Ver kehr mit den Souverainen des westlichen Europas treu lich zu Pflegen, steht fest. Türkei. Privaten Meldungen zufolge soll der Abschluß der Friedensverhandlungen nur noch eine Frage von wenigen Tagen sein, im Prinzip sei bereits ein vollstän diges Einverständniß hergestellt worden. Ganz so oder doch ähnlich lauteten die Meldungen über die Verhand lungen im Palast Tophanö schon zu häufig, als daß man berechtigt wäre, eine unmittelbar bevorstehende Rege lung der Angelegenheit als wahrscheinlich anzusehen. Es heißt vielmehr nach wie vor: abwarten. Amerika Die neue Tarifbill, welche den Import aus dem Auslande ganz ungeheuer belastet, soll nach einer Mit- theilung des Staatssekretärs Sherman schon innerhalb 14 Tagen Gesetz werden. Die Hoffnung, der Gesetz entwurf könnte doch noch in zwölfter Stunde scheitern, hat sich oemnach als trügerisch erwiesen. Im Auslande wird man hoffentlich nicht verfehlen, aus diese Heraus forderung der nordamerikanischen Regierung die rechte Antwort zu ertheilen. Der oben genannte Staatssek retär erklärte des Weiteren, wegen der Annexion Hawais könnten für die nordamerikanische Union Schwierig keiten überhaupt nicht entstehen. Man scheint aber in Washington anzunehmen, Japan werde seinen Protest gegen die Verkümmerung seiner Rechte auf der Sand- wich-Jnsel auf bloße Worte beschränken. Nun das „ost asiatische Preußen" hat sich in dem chinesischen Kriege doch recht wacker seiner Haut zu wehren gewußt, viel leicht erfahren auch noch die Iankees, daß man kein großes Land zu sein braucht, um Schwierigkeiten machen zu können. Die cubanische Angelegenheit, d. h. die Annexion Cubas, glaubt man in Washington in aller Stille erledigen zu können. Damit dürfte man eher Recht behalten, als mit der Hawai betreffenden Behaup tung, denn Spanien hat Amerika jedenfalls mehr zu fürchten als Japan, das allem Anfcheine nach einen Tanz mit den Vereinigten Staaten garnicht fürchtet. Aus dem MuLdeuLhaLe "Waldenburg, 1. Juli. Ein solches Heuwetter, wie in diesem Jahre, hat es selten zur Heuernte gegeben. Das infolge der Nässe im Mai überaus reichlich gewach ¬ sene Futter hat ohne allen Schaden geborgen werden können und die landläufige Rede: „Wächst viel, ver dirbt viel" ist diesmal nicht eingetroffen. Auch der Stand der Getreidefelder ist vortrefflich, desgleichen der der Kartoffeln. Nur dem Kraute fehlt der Regen. * — Der Blüthenschmuck der Linden ist in diesem Jahre ein so reicher, wie man ihn bisher selten gesehen hat. Dies dürfte besonders von den Imkern mit Freuden begrüßt werden, da der von den Bienen aus der Linden- blüthe gesogene Honig von vorzüglicher Qualität ist. * — Die Jagd auf männliches Edel- und Damwild, Rehböcke und wilde Enten beginnt nach sächsischem Jagd gesetz am 1. Juli. * — Bei der jetzt herrschenden tropischen Hitze empfiehlt es sich, daran zu erinnern, daß alle, die gezwungen sind, ohne Schutz gegen die Sonnenstrahlen zu gehen oder zu arbeiten, gut thun, vor allem den Nacken zu schützen, da gerade die auf den Nacken fallenden Sonnenstrahlen den sog. „Sonnenstich" hcrbeiführen. — Dem Ehrenvorsitzenden des Militärvereins Glauchau, Webermeister Friedrich Wilhelm Reuter, wurde vom König das allgemeine Ehrenzeichen verliehen. — Die Theilnehmer an der 42. Generalversammlung des Sächsischen Forstvereins zu Zwickau besichtigten am Dienstag Nachmittag '/r3 Uhr die dortige Marienkirche, um '/rö Uhr die Cellulosefabrik in Crossen, wohin die Theilnehmer sich mittels Sonderzuges begaben. Mit der Versammlung ist eine forstliche Ausstellung, sowie eine Fischereiausstellung des Sächsischen Fischereivereins ver bunden. — In Caiusdorf brach am Dienstag Nachmittag gegen 2 Uhr in der Rohgießerei der Königin Marien hütte Feuer aus, wodurch das Dach derselben theilweise zerstört wurde. Durch die sofort in Betrieb getretene Feuerwehr der Marienhütte ist das Feuer in kurzer Zeit gelöscht worden. — In Penig wurde am Dienstag ein erst kürzlich von Amerika zurückgekehrter Mann verhaftet, der vor ca. 6 Jahren seine in Chemnitz wohnende Gattin verlaffen hatte. In Amerika hatte er zum zweiten Male gehei ratet. Jedoch auch die zweite Frau verließ er unter Mitnahme einer namhaften Geldsumme. Der Mann suchte sich seiner Verhaftung durch Flucht zu entziehen, er ward aber vom Schutzmann eingeholt. Eine größere Summe Geldes wurde noch bei ihm vorgefunden. — Das Hotel „Stadt Leipzig" in Peuig ist am 1. d. von Frau Katharina verw. Plümecke käuflich an einen Herrn Philipp Schreiber abgetreten worden. — Zwei recht bedauerliche Unglücksfälle haben sich aus dem Herrn Or. Becker gehörigen Nittergutc Köttes rikzsch bei Colditz ereignet. Eine seit vier Jahren da selbst bedienstete, 36 Jahre alte, aus Markranstädt ge bürtige Köchin zog sich am Montag Abend infolge Ueber- lausens des Spirituskochers und Explosion der SpirituS- kanne schwere Brandwunden, namentlich am Rücken zu, sodaß an ihrem Wiederaufkommen gezweifelt werden muß. Am Dienstag verunglückte infolge Anfahrens an einen Thorpfeiler ein Geschirrführer, welcher durch ein nach- türzendes Thorgewände schwere Verletzungen, namentlich am Kopfe, davontrug, sodaß sich die Uebersllhrung des Feuilleton. Me Aache. Roman von Rudolf Menger. (Fortsetzung.) Stephan hätte gern etwas Näheres über diese, in den letzten Stunden vielgenannte Dame erfahren und richtete deshalb einige Fragen an den Grafen, die dieser bereit- rvillig beantwortete, so viel er eben selbst wußte. Er hatte Frau von Jeliska bei verschiedenen Gelegenheiten gesehen und war ihr auch selbst bekannt: von ihren Lebensschicksalen aber vermochte er nur das zu berichten, was in den aristokratischen Kreisen, in denen er sich bewegt hatte, überhaupt für Niemand ein Geheimniß geblieben war. Sie saß in Moraliwe auf ihrem väterlichen Gut, hatte wenig Verkehr mit der Welt und verwandte den größten Theil ihrer Einkünfte zum Besten ihrer Leute oder zu wohlthätigen Zwecken. In ihrer Jugend eine gefeierte Schönheit, hatte sie von allen Bewerbern, die sie umschwärmten, einen jungen Offizier der nationalen Armee begünstigt, der nichts als seinen Degen besaß, doch in Erscheinung und Wesen Alles vereinte, was das Herz einer sechzehnjährigen „Patriotin" bestricken mußte. Ladislaus von Jeliski mochte selbst kaum die Hoffnung hegen, jemals die Geliebte sich angetraut zu sehen; aber als die Revolution von 1830 ausbrach und alle Ver hältnisse auf den Kopf stellte, als in den zahlreichen Ge fechten, die meistentheils gegen eine weit überlegene Macht geliefert, sein Name mit Auszeichnung genannt wurde, als er bei Grochow ein Bataillon und bei Ostro- lenka ein Regiment geführt hatte, da durfte der junge Held offen mit seiner Werbung vortrcten, und als das Heer, voll Ruhm selbst in seinen Niederlagen, sich auf Warschau zurückziehen mußte, feierte er in der kurzen Pause, die nach dem Tode des Generals Diebitsch durch den Wechsel des russischen Obercommandos in der Krieg führung eintrat, seine Vermählung mit der Geliebten, die darauf bestand, daß seine Hingebung an das Vater land durch keine geringere Hingebung der Liebe belohnt werden dürfe. Es war ein kurzer Traum voll über schwänglichen Glücks und verzehrender Aufregung. Graf Paskewitsch Eriwanski rückte vor Warschau, in dessen Umwallung das tapfere polnische Heer sich zugleich der Uebermacht der Ruffen und des Verraths im eigenen Lager erwehren sollte. Da waren alle Opfer fruchtlos, obgleich die heroische Aufopferung der Frauen mit der standhaften Tapferkeit der Männer wetteiferte. Die Damen der Aristokratie beteten nicht blos in den Kirchen für den Sieg des Vaterlandes, sie opferten nicht blos ihr Gold und Geschmeide, sie thaten auch Dienst in den Lazarethen, sie gingen in die Schanzen, um durch ihr Beispiel zu Arbeit und Ausdauer anzufeuern. Aber während man noch kämpfte, unterhandelte der Präsident der Nationalregierung, Graf Krukowincki, mit Paskewitsch. Die Bedingungen der Uebergabe wurden gestellt und angenommen, doch gehörte noch ein Blutbad dazu, um die S-hamröthe zu verdecken, die über solchen Verrath ailf dem Antlitz der Nation flammen mußte. Noch einmal donnerten die russischen Geschütze vor den Linien Warschaus, und um die Schanze von Wolga ent spann sich ein überaus blutiger Kampf; zweitausend Polen hielten sie todesmuthig gegen den Ansturm russischer Brigaden. Dort fiel General Wysonki, auf den Tod verwundet, neben ihm Ladislaus von Jeliski, die Kugel mitten in der Brust. Die Schanze ging verloren, weil die Heldenfchaar ohne Unterstützung gelaffen wurde; erst als sie verloren, ermannte sich der Obcrgeneral Malachowski zum Entschluß; bei der Erschöpfung der Ruffen schien es nicht unmöglich, ja sogar wahrscheinlich, die Schanze wiederzunehmen. Aber cs war zu spät! Ueber seinen Kopf hinweg hatte der Dictator Graf Krukowincki den einzelnen Corps-Commandanten den Befehl zum Rückzüge ertheilt. Nur General Aminski wollte noch einmal vor gehen, fand aber die bisher von den Polen gehaltenen Linien bereits von den Ruffen besetzt. Das Schicksal Warschaus war entschieden. Die Trümmer der Armee, die Minister und Landboten durften sich nach der starken Festung Modlin zurückjiehen, aber auch dort konnten sie sich nicht lange halten, denn der Genueser Romarino, der mit seinen 20,000 Mann von dem Dictator Graf Krukowincki unter dem Vorwande der Fouragirung, doch in Wahrheit um das in Warschau stehende Herr zu schwächen, nach der Grenze geschickt worden war, gehorchte nicht dem Befehl, nach Modlin aufzubrechen, sondern trat nach Galizien über und streckte dort die Waffen. So sah sich denn General Rybinski, der an Malachowski's Stelle den Oberbefehl übernommen hatte, auch seinerseits ge- nöthigt, mit dem Rest des Heeres die preußische Grenze zu überschreiten und unter feierlichem Protest gegen die russische Vergewaltigung Polens die Waffen nieder zulegen. Die junge und schöne Wittwe des Ladislaus von Jeliski vermochte von dem jähen Sturz aus allen Himmeln ihres Glücks sich nie mehr zu erholen, sie war in ihrer Blüthe gebrochen, und ihre Kraft, sich aufrecht zu er halten, reichte nur aus, bis der Sarg, in dem der ge liebte Todte ruhte, geschloffen war; Bei dem ersten ^ammerschlage brach sie mit einem Wehlaut zusammen. Ein nervöses Fieber nahm ihre Sinne gefangen und hielt re wochenlang auf dem Krankenlager gefesselt. Als sie endlich wieder zum Bewußtsein erwachte und dem Leben gerettet war, hatte die Tragödie der polnischen Erhebung ihren Abschluß gefunden, und es war vielleicht der bitterste Tropfen im Kelch ihrer Leiden, daß ihr geliebter Freund für eine verlorene Sache sich geopfert hatte. Sie verlangte, nach ihrem väterlichen Gut Moraliwe gebracht werden, und lebte dort ihren Erinnerungen, nur mit wenigen Familien, die gleichfalls von schmerz lichen Verlusten betroffen waren, eine Art Verkehr unter haltend, oder vielmehr duldend, da die natürliche Güte ihres Herzens eine Zurückweisung aufrichtiger Theilnahme nicht zuließ. (Fortsetzung folgt.)