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Schönburger Tageblatt Amtsblatt für den SLadLraLh zu Waldenburg Filialen: in LWadtwaldenburg sei Herrs Kaufmann Otto Förster,' in Kausungsa bei Herrn Fr. Janaschek; in Langenchurs dorf bei Herrn H. Stiegler; in Penig be: Frau Kaufmann Max Härtig, Leipzigerstr. 163; in Rochsburg bei Herrn Paul Zehl; ia Wolkenburg bei Herrn Ernst Rösche; irr Ziegelheim bei Herrn Eduard Kirsten. Srfcheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Gsrm- und Festtagen. Suuahme von Jnsers-m für die nächster- scheinende Änmmer bis mittags 13 Uhr. K« LdvMiMeuitprnS beträgt vierteljähr lich 1 M!'> Sö Bk. Einzelne Nrn. ö Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., Linges. 20 Pf. Sxptdition: Waldenburg, Obe^sst- 291 K. und WMendarger Ämtger Zugleich weit verbreitet in den Städten Penig, Lunzenau, Lichtenfteiu-Eallnberg, und in den Ortschaften der nachstehenden Standesamtsbezirke: Altstadt-Waldenburg, Bräunsdorf, Callenberg, St. Egidien, Ghrenhain, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenchursdorf, Langen lmba-Niederhain, Langenleuba-Oberhain, Niederwiera, Oberwiera, Oberwinkel, Oelsnitz i. S., Neichenbach, Nemse, Nochsburg, Nußdorf, Schlagwitz, Schwaben, Wolkenburg und Ziegelheim. Sonnabend, den 5, Juni M7. bis- die den ab ¬ berücksichtigt werden. Wahrscheinlich werden auch die Benutzungsrechte der Telegraphenverwaltung an Straßen und öffentlichen Wegen betr. Bestimmungen geändert werden. Ueber den Finanzminister I)r. v. Miquel, der weilen als der einstmalige Nachfolger des Reichskanzler Fürsten zu Hohenlohe bezeichnet wird, schreibt die Mün chener „Allg. Ztg.", in den Kreisen der Freunde des preußischen Finanzministers wisse man, daß derselbe am allerwenigsten von Ehrgeiz geplagt werde, daß er wohl aber gelegentlich die ernste Befürchtung ausgesprochen habe, daß er bei seinem Alter von nahezu 70 Jahren und seiner sehr angegriffenen Gesundheit nicht lange mehr seines schwierigen Amtes werde walten können. Der „Vorwärts" theilt ein Schreiben des Reichs marineamts mit, in welchem einem socialdemokratischen Agitator der Wiedereintritt in die kaiserliche Werft mit der Begründung verweigert wird, daß die ganz allgemeine Bestimmung bestehe, daß Arbeiter, die sich an Agitationen betheiligen, die darauf gerichtet sind, den Frieden zwischen der Verwaltung und den Arbeitern zu zerstören, nicht anzunehmen sind. Daß das socialdemo kratische Centralorgan die Berechtigung dieser Bestimmung nicht begreifen sollte, erscheint nicht glaublich, um so amüsanter ist es, daß es gegen das Schreiben des Reichs marineamtes in der ihm eigenen Weise schimpft und wüthet. Als Professor der Nationalökonomie und der Staats- wistenschaftcn ist an die Universität Berlin der Amtsge- richtsrath Or. Reinhold aus Wiesbaden ausersehen. Er soll dort ein Gegengewicht bilden gegen die in jüngster Zeit so viel genannten „Kathedersocialisten". Im Prozeß Tausch wurden am Donnerstag vom Gerichtshöfe den Geschworenen bei Beginn der Verhand lung 6 Schuldfragen vorgelegt. Die den Angeklagten v. Lützow betreffenden beiden Fragen beziehen sich auf Betrug und Urkundenfälschung. Die Fragen, die sich aus den Angeklagten v. Tausch beziehen, lauten auf Verbrechen im Amte und Meineid. Eine Unterfrage bezieht sich auf mildernde Umstände bezüglich des Amts vergehens. Eine zweite Unterfrage unterbreitet den Ge schworenen, ob die Angaben v. Tausch's, die er unter seinem Eide gemacht, wenn er sie wahrheitsgemäß ge macht hätte, ein Strafverfahren gegen ihn selbst zur Folge haben konnte. Eine Unterfrage wegen fahrlässigen Meineides wird nicht gestellt. Darauf begannen die Plaidoyers. Oberstaatsanwalt Drescher begründete die Anklage von allgemeinen Gesichtspunkten aus. Die Ver handlungen haben nichts ergeben, was auf das Vor handensein von Hintermännern des Angeklagten v. Tausch deuten könnte. Bebel, welcher im Reichstage so bestimmt von Hintermännern sprach und sie zu kennen vorgab, hat bei seiner zeugeneidlichen Vernehmung nur Ver muthungen und nichts als Vermuthungen geäußert. Andrerseits hat der Prozeß aber auch ein tief trauriges Bilv entrollt. Bei dem Angeklagten v. Lützow sind die Thatfragen unschwer zu beantworten, daß er mit der Kukutsch-Quittung eine Urkundenfälschung begangen und sich zu Unrecht eine Summe von 50 Mk. verschafft hat, ist ganz zweifellos. Schwieriger liegen die Dinge bei dem Angeklagten v. Tausch. Es ist eine traurige That- sache, daß die Polizei der Agenten bedarf, aber es ist eine Thatsache. Keinesfalls darf diesen Agenten aber Schutz gewährt werden, wenn sie sich gegen die Straf gesetze vergehen. Wohin sollte das führen! Die Beob achtung des Staatsinteresses als Entschuldigung für unterlassene Strafanzeigen hinzustellen, ist nur in den allerdringendsten Fällen zulässig; hier war es unstatthaft. Es ist weiter ungeheuerlich, daß der Angeklagte auf die Angabe seines Agenten, dessen Unzuverlässigleit er kannte, dem Obersten Gaede sagt: Herr v. Köller hat die De- Witteruugsbericht, ausgenommen am 4. Juni, nachm. 4 Uhr. Bsromererstaud 760 MW. reducirt auf den Meeresspiegel. Thermometerstand -f- 19^0 0. (Morgens 8 Uhr -s- 23°./ Feuchtigkeitsgehalt der Luft nach Lambrechts Polymeter 70"/o. ThaupUtllt -j- 14,; Grad. Windrichtung: Nordost. - Daher Witternngsansfichten für den 5. Juni: Wechselnde Bewölkung mit Neigung zu Niederschlägen. 'Waldenburg, 4. Juni 1897. Die Wanderlust, der frische, fröhliche Zug in die Ferne, ist dem Deutschen angeboren. Seit es eine deutsche Ge schichte giebt, berichtet sie von großen Wanderzügen ganzer Völkerstämme, die ihre angestammten Sitze verließen, um sich, friedlich oder mit dem Schwert, eine neue Heimat zu gründen. Diese Völkerverschiebungen bilden ein hoch- bedeutsames Kapitel der allgemeinen Culturgeschichte. Nicht nur, daß die Bildungsfähigkeit des deutschen Volkes durch die Wanderungen gehoben wurde, daß neue An regungen, neue Keime der kulturellen Entwicklung seinem raschen Aneignungsvermögen sich darboten, die kraftvollen, unverdorbenen Germanen haben zugleich der in Verfall gerathenen abendländischen Kultur neue Säfte zugeführt und nicht selten auf dem alten Kulturboden neue Staaten gebilde errichtet. Noch im späten Mittelalter und bis zur Gegenwart herab ist die Wanderlust dem deutschen Nationalcharakter als ein hervorstechender Grundzug ver blieben. Manche Umstände trugen dazu bei, um ihn zeitweilig stärker hervortreten zu lassen. So nicht zum wenigsten die staatlich-politische Zerrissenheit Deutschlands, die agrarpolitische Gesetzgebung, die die Selbständig- machung der bäuerlichen Söhne stark erschwerte, ferner die große Ausbildung des Zunftwesens, die viele Elemente der Bevölkerung von der Ergreifung eines Gewerbes ausschloß, endlich die Erschwerungen, denen die Ehe schließung, die Freizügigkeit rc. ausgesetzt waren. Aber auch selbst nach Beseitigung aller dieser rechtlichen und wirthschaftlichen Schranken hat sich die deutsche Auswande rung, namentlich in die überseeischen Gebiete, fortgesetzt, da mit der Zunahme der Bevölkerung die Gelegenheiten, eine Existenz zu gewinnen, sich verringern. Das alte Gesetz des Vaters der Bevölkerungslehre, Robert Malthus, daß die Bevölkerung in geometrischer Progression wächst, während die Nahrungs- und Unlerhaltsmittel sich nur in arithmetischer Progression steigern, erklärt diese Er scheinung zur Genüge. Fasten wir nur die letzten zwei Jahrzehnte ins Auge, so zeigt sich zwar in den Ziffern der deutschen Aus wanderung im großen Ganzen eine Abnahme, aber der Verlust an deutscher Volkskraft ist immer noch erheblich genug. Seit dem Jahre 1880 bis zum Jahre 1896, also in 17 Jahren, sind rund 2 Millionen Menschen aus dem deutschen Reiche ausgewandsrt. Was im 19. Jahrhundert fortgezogen ist, nrag sich auf 5—-6 Mill, belaufen, mit ihrer inzwischen eingetrctenen Nachkommen, schäft vielleicht das Doppelte. Gewiß wäre es ein Segen gewesen, wenn wir diese Millionen hätten im Vaterlande behalten können. Es sind gerade nicht die schlechtesten und wirthschastlich schwächsten Elemente, die den Staub von ihren Füßen schütteln. Man hat berechnet, daß jeder Auswanderer ein mehr oder minder großes Kapital an Arbeitskraft und Geld mit sich in die Ferne nimmt. Kapp und an dere haben berechnet, daß die Vereinigten Staaten allein von Deutschland in diesem Jahrhundert an Vermögen und fahrender Habe 1500 Millionen Mark und an Er ziehungskapital 3'/r bis 5 Milliarden Mark (400 bezw. 800 bis 1200 Mark per Kopf) gewonnen haben und daß Europa täglich rund 4 Millionen Mark durch seine Auswanderung an die Union abgiebt. Diesen Thatsachen gegenüber darf eine das Wohl und Gedeihen des Vaterlandes im Auge behaltende Regie rung nicht gleichgiltig die Hände in den Schooß legen. Es fragt sich nur, welchen Standpunkt sie bei activem Eingreifen in der Auswanderungspolitik einnehmen soll. Soll sie die Auswanderung an sich direct bekämpfen oder soll sie in mehr mittelbarer Weise die Quellen ver stopfen, aus denen der Trieb zur Auswanderung Nah rung zieht, oder endlich soll sie die Auswanderung als ein nothwendiges Uebel hinnehmen und nur die sie be gleitenden Schäden möglichst auszugleichen bestrebt sein? Die Geschichte lehrt uns, daß die Auswanderung an sich nicht zu unterdrücken ist, sie wirkt mit der Stärke eines Naturgesetzes. Die Zeiten sind überdies vorüber, da Auswanderungsverbote mit Nachdruck gehandhabt wer den könnten. Sie widersprechen dem Geist der Gegen wart und paffen überhaupt nicht in den Rahmen der heutigen Jnternationalität aller Verhältnisse. Richtiger ist und gewiß empfehlenswerth, den Gründen der Aus wanderung nachzugehen und durch Beseitigung derselben allmählig zu wirken. Das ist jedoch eine ebenso schwierige wie langwierige. Arbeit. So bleibt nur der dritte Weg übrig: Die Begleitübel der Auswanderung möglichst zu mildern oder zu beseitigen. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Der Kaiser machte Donnerstag früh einen Spazier ritt mit der Kaiserin. Später hörte der Kaiser im Neuen Palais die Vorträge der Chefs des Militärkabi- nets, des Ingenieur- und Pioniercorps und des General stabs, sowie des Kriegsministers. Mittags empfing der Monarch den Reichskanzler Fürsten Hohenlohe zum Vor trag. Der Kaiser wird am 20. Juni in Kiel eintreffen und an Bord der „Hohenzollern" Wohnung nehmen. Der Reiseplan wird derart eingerichtet sein, daß der Kaiser mit der „Hohenzollern" zeitig genug bei Helgo land eintrifft, um die concurrirenden Dachten der Wett fahrt Dover-Helgoland am Ziele begrüßen zu können. Die Dacht wird durch den Kaiser Wilhelm-Kanal gehen. Bei Ankunft der „Hohenzollern" ankern bei Helgoland die kaiserliche Rennyacht „Meteor", das Artillerieschul schiff „Mars" und eine Anzahl Torpedoboote. „Mars" ist das Hotelschiff der Sportgäste, während die Torpedo boote die Sportfahrzeuge nach Brunsbüttel resp. Kiel bringen sollen. Nach Eintreffen der siegreichen Dachten, voraussichtlich am 25. Juni, begiebt sich der Kaiser als bald wieder nach Kiel zurück, um bei Eröffnung der „Kieler Woche" (27.) zugegen zu sein. Reichskanzler Fürst Hohenlohe gedenkt sich heute (Freitag) für die Pfingstfeiertage nach Podiebrad zu be geben. Im Prozeß des Magistrats zu Breslau gegen den Reichspostfiskus hat die Berufungsinstanz die Ent scheidung getroffen, daß der Reichspostfiskus nicht be rechtigt sei, ohne Zustimmung der Stadtgemeinde Drähte der Telegraphen- oder Telephonleitungen über städtische Straßen zu ziehen. Die gegen dieses Erkenntniß beim Reichsgericht eingelegte Revision wird vorläufig nicht zu einer endgültigen Entscheidung der für alle Ge meinden so wichtigen Frage führen, da die zuständigen preußischen Minister den Competenzconflict erhoben haben. Infolge dessen werden, wie verlautet, in allen noch schwebenden streitigen Fällen, wenn trotzdem aus den be- theiligten Kreisen die Herstellung neuer Telegraphen- rc. Leitungen beantragt wird, solche Anträge vorläufig nicht