Volltext Seite (XML)
Staatsintereffe für förderlich gehalten. Seine gegen wärtig An^cht über Herrn v. Tausch präcisirt v. Lützow dayin, oec cühere Polizeicommissar wollte sich als großer Mann auffpielen, indem er bemüht war, sich Aufträge, betreffend die Ermittelung der Verfasser von Artikeln, die Verwirrung angerichtet, zu verschaffen. Oberstaats anwalt Drescher macht den fortgesetzt die Angaben Lützows bestreitenden Criminalcommiffar darauf aufmerk sam, daß er selbst den Lützow als einen sehr vertrauens würdigen Mann bezeichnet habe. Zur zweiten Lesung des preußischen Vereinsge setzes im Plenum des Abgeordnetenhauses zu Berlin sind von conservativer Seite mehrere Anträge eingebracht worden, welche lediglich Bestimmungen gegen die sociali- stische Propaganda enthalten und jede Mißdeutung be seitigen, daß auch die Vereinssreiheit der nicht revolu tionären Parteien beschränkt werden könnte. An Zöllen und Verbrauchssteuern sind im deut schen Reich im April d. I. vereinnahmt 59,128,566 Mk. oder 2,792,410 weniger als in demselben Monat 1896. An dem Minus sind betheiligt die Zölle, Tabaksteuer, Zuckerstcuer, Salz- und Maischbottich- und Branntwein- malerialsteuer. Spielkartenstempel 144,049 (mehr 454) Mark. Der deutsche Colonialrath trat am Montag in Berlin zusammen. Nachdem Colonialdirector v. Richt hofen eine allgemeine Uebersicht über die Lage der Schutz gebiete gegeben hatte, wurden insbesondere die Eisen bahnfrage für Südwest- und Ostafrika, die Frage der Telegraphenverbindung mit Südwestafrika und der An lage von Feldtelegraphen in letzterem Schutzgebiet, sowie die Verbesserung der Landungsverhältnisse in Swakop- mund erörtert. Sodann wurde in die Tagesordnung eingetreten und zur Besprechung der Vorlage über die Einführung von direkten Steuern in Ostafrika geschritten, zu welcher zunächst Major v. Wißmann das Wort er griff. Nach einer eingehenden Generaldiscussion entschied sich der Colonialrath im Princip für eine Besteuerung der Eingeborenen. Oe, »errett-t^ngr<rn. Die Abordnung des Wiener Gemeinderaths, die dem Kaiser die Adresse gegen die Sprachcnverordnung überreichen soll, wird wahrscheinlich nicht empfangen werden. Frankreich. In der französischen Deputirtenkammer mußte die Re gierung schon wieder einmal eine Interpellation über die Orientfrage beantworten; vor allem ist der linken Seite der Kammer die feste Haltung der deutschen Re gierung in den Orientwirren ein Dorn im Auge. Die Türkei, so führte der Interpellant aus, ist wieder eine Militärmacht ersten Ranges geworden; der französische Einfluß in Konstantinopel ist durch den deutschen ersetzt worden. Seit 25 Jahren hat die französische Diplomatie keine solche Niederlage erlitten, wie jetzt; während Ruß land spricht und Deutschland handelt, bleibe Frankreich unthätig und laste sich von andern nachschleppen, statt selbst zu führen. Der Minister des Auswärtigen Hano- taux hatte einen schweren Stand, um die französische Orientpolitik zu rechtfertigen, schließlich gelang es ihm aber doch. Die Regierung habe in Wirklichkeit französische Politik getrieben, eine einseitige Intervention wäre nicht auszuführen gewesen. Alle Mächte hätten ihre Kaltblütig keit bewahrt und ihre Einigkeit gereiche heute denen zum Heile, welche vom europäischen Concert die Milderung der Friedensbedingungen erbitten müssen. Die Türkei werde dem Willen Europas Rechnung tragen und auf übermäßige Forderungen verzichten. Italien. Eine politische Demonstration großen Stils sand am Sonntag in Rom statt. Die Veranlassung war der Tod des im Gefängniß schwer mißhandelten Anarchisten Fretti. (Wegen dieser Affaire sind ein Polizeifeldwebel und vier Polizisten verhaftet worden.) Vor dem Gior dano Bruno-Denkmal aus Capofiori versammelten sich etwa 6000 Menschen. Ansprachen hielten die radikalen Abgeordneten Jmbriani und Socci und der socialistische Deputirte Costa. Dann zog ein Zug, der bis auf 10,000 Theilnehmer anwuchs und in dem 53 Vereine mit 40 Bannern gezählt wurden, zum Friedhof, wo Kränze nie dergelegt wurden. Die Ruhe wurde nicht gestört. Griechenland. Griechenland weigert sich immer entschiedener gegen die Annahme irgendwelcher Friedensbedingungen, die ihm eine Demüthigung bereiten könnten, es betont sogar wieder die alte Forderung auf Annexion Kretas, trotzdem dort ein großer Theil der Insurgenten die Waffen be reits niedergelegt hat. In Athen herrscht gegen den König und den Kronprinzen maßlose Erbitterung. Die Ver handlungen der Botschafter in Konstantinopel über die Friedensbedingungen haben noch zu keinem Resultat ge führt. Spanien. Der Minister des Auswärtigen Tetuan hat noch nicht demissionirt, die liberalen Mitglieder der Kammer und des Senats verlangen die sofortige Entlastung des Ministers, der den Senator Comas infolge einer heftigen parlamentarischen Auseinandersetzung geohrfeigt hatte. Die Liberalen bleiben den Sitzungen fern; trotzdem hat der Ministerrath beschlosten, in Kammer und Senat persön lich zu erscheinen und eine Erklärung über den Vorfall abzugeben.K I^Aus dem MrUdenttzale. *Waldeuburg, 25. Mai. Gestern wurde hierselbst ein verheirateter Einwohner in Haft genommen und im Amtsgerichtsgefängniß untergebracht, welcher sich im März wiederholter Sittlichkeitsverbrechen an einem 9» und einem 10jährigen Mädchen schuldig gemacht hat. Nach §176 des Reichsstrafgesetzbuchs steht hierauf Zuchthausstrafe bis zu zehn Jahren. Der Verhaftete dürste demnächst nach Zwickau transportirt werden. * — Wie schon mehrfach in früheren Jahren wird auch in diesem Jahre von der Sächsischen Staatsbahn- Verwaltung anläßlich des Pfingstfestes ein billiger Son derzug von Glauchau nach Dresden eingelegt. Derselbe wird Sonnabend vor Pfingsten von Glauchau 11 Uhr 10 Minuten nachm. abgehen und in Dresden-Ältst, am ersten Pfingstseiertag kurz nach '/r5 Uhr früh eintreffen. Zu diesem Sonderzuge werden auch in St. Egidien und Hohenstein-Ernstthal, wo derselbe 11 Uhr 33 Minuten bezl. 11 Uhr 56 Minuten nachts eintrifft, von Frei tag, den 4. Juni ab, besondere Sonderzugs-Fahrkarten für 5,00 Mk. in 2. Klasse und 3,50 Mk. in 3. Kl. ausgegeben, welche zur Rückfahrt nur mit den gewöhn lichen Personenzügen bis mit Sonntag, den 13. Juni d. I. berechtigen. * — Am Sonntag Nachmittag fand in Hensche's Gast hof in Wolkenburg eine Bezirksversammlung des Be zirks Rochlitz vom kgl. sächsischen Militärvereinsbund statt, oie von 37 Vereinen beschickt war. Aus dem Ge schäftsbericht war zu entnehmen, daß der Bezirk zur Zeit aus 47 Vereinen mit über 5000 Mitgliedern besteht. Die auf der Tagesordnung befindlichen 8 Punkte wur den glatt erledigt, als Ort für die nächste Bezirksver sammlung wurde Lunzenau bestimmt. Herr Bezirksvor steher Werner aus Topfseifersdorf, welcher den Bezirk seit 1879 als Vorstand vertritt, wurde auf weitere 3 Jahre von allen anwesenden Vereinsmitgliedern ein stimmig wiedergewählt. * — Der königl. sächs. Militärverein zu Langenleuba- Oberhain begeht nächsten Sonntag das Fest seines 25- jährigen Bestehens. — In Glauchau feierte am vergangenen Sonntag der dortige kgl. sächsische Militärverein sein 50jähriges Jubiläum. Die Einleitung bildete die pietätvolle Ehrung der verstorbenen Mitbegründer und Ehrenmitglieder des Vereins am Sonnabend Abend '/«7 Uhr auf dem Friedhöfe und die Schmückung des Kriegerdenkmals. Um 8 Uhr fand im geschmückten Theaterlokal ein Commers statt, den Herr Stadtoerordnetenvorsteher Bernhard Böß- neck mit einem Trinkspruch auf den König Albert eröff nete. Alsdann ergriff der Vorsteher Herr Metzner das Wort, um die Herren Amtshauptmann Ebmeier, Oberst leutnant Richter, Oberamtsrichter Kautzsch, Bezirksvor steher Winckler und Stadtrath Rueff zu Ehrenmitgliedern zu proklamiren. Beglückwünschungen, Ueberreichung von Geschenken und weitere Trinksprüche füllten den Abend aus. Am Sonntag Nachmittag fand Festzug mit histo rischen Gruppen (Ziethenhusaren, Rertergruppe aus der Wartburgzeit, preußische Dragoner von 1806, deutsche Landsknechte aus dem 16. Jahrhundert, deutsche Söldner aus dem 30jährigen Kriege, Musketiere aus dem 17. und preußische Gardegrenadiere aus dem 18. Jahrhun dert) statt. Beim Kaiser Wilhelm-Denkmal auf dem Marktplatze brachte Herr Medicinalrath Or. Hankel ein Hoch aus das einige Deutschland aus. Der Zug be wegte sich schließlich nach dem Theaterlokal, woselbst '/«6 Uhr der Festactus begann. Die Festrede, die mit einem Hoch aus König Albert endete, hielt Herr Schuldirector Queißer. Es folgte darauf eine große Reihe verschie dener Ehrungen, Ueberreichung von Fahnennägeln und Ehrendiplomen. Orchestervorträge und ein Festball schloffen die schön verlaufene Feier. Die Stadt hatte Festschmuck angelegt. — Aus dem Trümmerhaufen der Kaserne in Zwickau ist am Sonnabend ein Geldschrank herausgezogen wor den, der trotz seiner guten Bauart einem so gewaltigen Feuer nicht hat widerstehen können. Das in dem Schrank enthaltene Courantgeld ist zusammengeschmolzen und von dem RegimentSalbum und den darin befindlich gewesenen Photographien ist nur ein nicht mehr erkennbarer Ueber- rest geblieben. — In Zivilkau wurde am Sonnabend eine soge nannte Protestversammlung der Socialdemokraten gegen die neue preußische Vereinsgesetzgebung auf Grund von 8 15 deS sächsischen Vereinsgesetzes polizeilich verboten. — Einen guten Fang machte in diesen Tagen der Gutsbesitzer Wagner in Winkeln bei Wechselburg. Auf seinem Grundstück wurde ein Fuchsbau entdeckt. Beim Ausgraben fand man sechs Stück schon starke junge Füchse vor. » Aus dem Sachsenlande. — Die Nachricht, daß Prinz Max von Sachsen am 27. Juli in Deutsch-Piekar, wo vor 200 Jahren Kur fürst August der Starke zum Katholicismus übertrat, ein Hochamt celebrircn werde, bestätigt sich nicht. — Am 8. Juni findet im Landhause I zu Dresden die Ausloosung der zur Auszahlung kommenden kgl. sächsischen Staatspapiere, Obligationen und Schuldscheine statt. — In der dieser Tage in Dresden stattgefundenen Generalversammlung des conservativcn Vereins wurde der gegenwärtige Stand der Umsatzsteuer besprochen und von Herrn Hofrath Mehnert mitgetheilt, daß das sächsische Ministerium einen definitiven Beschluß in der Angelegen heit gefaßt hat, über welchen die nächsten Tage Klarheit bringen würden. — Auf Grund einer aus Stadtverordnetenkreisen in Dresden ergangenen Anregung ist in einer am Donners tag stattgefundenen gemeinsamen Sitzung von Nath und Stadtverordneten Herr Bürgermeister Beutler au> Lebens zeit zum Oberbürgermeister von Dresden gewählt worden. Herr Beutler weilt zur Zeit auf einer Reise in Paris; bei seiner Rückkehr wird ihm diese Wahl durch eine Abord nung beider städtischer Collegien offiziell angezeigt wer den. Oberbürgermeister Beutler wurde in sein Amt am 28. März 1895 eingewiesen. — Bis zum Jahre 1900 soll die neue Kreuzkirche in Dresden aus ihren Trümmern erstanden sein. Nach den getroffenen Bestimmungen bleiben Thurm und Um fassungsmauern des Baues vollständig erhalten. Sämmt- liche Einbauten, wie Betstübchen usw. kommen in Weg fall, um das Innere künstlerisch auszugestalten. An freiwilligen Spenden gingen bis jetzt 75,000 Mark für die Kirche ein. — Ein Schauspiel glänzendster Art wird bei günstiger Witterung am Freitag, den 28. Mai den hoffentlich recht zahlreichen Besuchern der Ausstellung in Leipzig geboten werden. Anläßlich der vom 27. —30. Mai auf der dortigen, bekanntlich nur 2 Minuten vom Aus stellungsplatze entfernten Rennbahn stattfindenden großen Frühjahrs-Rennen ist für den Abend des genannten Tages ein Feuerwerk im größten Stile vorgesehen. Die Firma James Pain L Sons, welche bereits durch eine Reihe wohlgelungener, in Deutschland noch nicht gesehener Illuminationen von wahrhaft feenhafter Wirkung bekannt ist- wird nunmehr auch zeigen, was sie auf dem schwie rigen Gebiete des Kunst-Feuerwerkes zu leisten vermag. Wir können heute schon verrathen, daß die Firma für den genannten Abend ein Programm aufgestellt hat, welches fast durchwegs neue, hier noch nie gebotene Cabinetstücke pyrotechnischer Kunst aufweist und wohl geeignet ist, ihren Ruf als erste Feuerwerker der Welt auch bei uns zu begründen, wie ihr auf den Welt- Ausstellungen zu Chicago und Paris unter den con- currirenden Firmen aus aller Herren Ländern einstimmig die Siegespalme für ihre einzig dastehenden Darbietungen zuerkannt worden ist. Wir dürfen demnach mit aller Bestimmtheit darauf rechnen, daß uns die „Hos-Feucr- werker der Königin von England und des Prinzen von Wales" am Freitag, den 28. Mai einen ganz besonderen Genuß bereiten werden. — Zu der Weihe der Universitätsneubauten in Leips zig werden sich mit König Albert auch fämmtliche Mit glieder unseres erhabenen Herrscherhauses einfinden, außer dem aber auch eine Reihe anderer Fürstlichkeiten. — Die Stadtgemeinde Leipzig hat 1500 Mk. zu den Kosten des daselbst vom 17. —19. Juli stattfindenden Bundestages der sächsischen Radfahrer bewilligt. — In einer in Leipzig abgehaltenen, von 500 Personen besuchten Versammlung wurde im Anschluß an einen Vortrag des Herrn Bürgermeister Rüder- Roßwein gegen die Consumvereine beschlossen, eine Petition an den Rath zu richten und darin um baldige Ein führung der Umsatzsteuer in Leipzig zu bitten. — Die nächste Kreisturnrathssitzung im 14. deutschen Turnkreis (Königreich Sachsen) wird am 4. und 5. Juni in der Feststadt Plauen abgehalten. Außer den üblichen Berichten und verschiedenen Wahlen sind folgende Verhandlungsgegcnstände von besonderem Interesse: Die Absonderung der drei Alt-Leipziger Turnvereine. Hierzu Antrag der Plauenschen Turnvereine auf Beseitigung des Zwiespaltes. Ferner: Erweiterung der Unterstützungs kaffe, der 16. Kreisturntag, Wahl und Bekanntgabe der Wettübungen. Außerdem wird der Kreisturnrath mit dem Plauenschen Festausschuß eine gemeinschaftliche Sitzung abhalten, in welcher alle wichtigen auf oaS Fest bezüg lichen Fragen erledigt werden sollen. Auch erfolgt gleich zeitig eine Besichtigung des Turnfestplatzes. — Am Sonnabend gegen Abend wurde in Döbtlv ein 11 jähriges Mädchen aus Sörmitz von einem Manne nach der Oschatzerstraße gelockt und dort im freien Felde vergewaltigt und schwer verletzt. Der Thäter wurde Nachts '/«12 Uhr kurz vor Abgang des nach Roßwein verkehrenden Zuges in der Person des 21jährigen Cigarrenmachers und Anstreichers Görne aus Döbeln, zuletzt in Roßwein wohnhaft, verhaftet. — Der Deutschen Gerberschulc zu Freiberg ist vom Reichskanzler eine einmalige Beihilfe von 6000 Mk. mit der Bestimmung verwilligt worden, daß die Unter stützung zur Vervollständigung der Lehrmittel-Sammlung der Anstalt Verwendung findet. — B« einem am Montag Vormittag in Meerane erfolgten Transport eines großes Kessels aus der Oschatz- schen Keffelfabrik nach der Bahn, ereignete sich ein eigen-