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Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote : 09.03.1884
- Erscheinungsdatum
- 1884-03-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512382794-188403096
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512382794-18840309
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512382794-18840309
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote
-
Jahr
1884
-
Monat
1884-03
- Tag 1884-03-09
-
Monat
1884-03
-
Jahr
1884
- Titel
- Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote : 09.03.1884
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WWW WWWWWWWWW! »MMWW Chemnitzer Anzeiger u«d Gtadtbote. Rr. SV. Sonntag, da» 9 März. Sette 7. «ehr Lampen ausgestellt werden, so daß die Anlage an dem Kosten punkte scheitern wird. — Der große, 180 Mtr. lange und 25 Mtr. hohe eiserne Eisenbahnviadukt der Mehltheuer-Wcidaer Eisenbahn über das Oschitz thal bei Weida ist soweit fertiggestellt, daß die Probe auf seine Tragfähigkeit gestern vorgenommen worden ist. — Eine Familie in Eger ist durch den Genuß von Sauerkraut schwer krank geworden. Das Haupt derselben ist bereit» gestorben, während die übrigen Glieder noch von heftigen Schmerzen gepeinigt werden. Die Aerzte konstatirten, daß eine B-rgiftung vorliege, welche wahrscheinlich darauf zurückzuführen sein dürste, daß da» Sauerkraut infolge des milden Winters in eine zweite Gärung übergegangen war. Nermis«hr»s — Aus dem Gerichtssaale. Ein internationaler Hoch stapler erschien heute in der Person des Kaufmanns Alexander Tscherniadjeff aus Rußland vor der IV. Strafkammer des Dresdener königl. Landgerichts. Angeklagter ist 41 Jahre alt, zu Irkutsk in Sibirien geboren und angeblich der Sohn eines sehr reichen, aber hartherzigen Kaufmanns daselbst. Tscherniadjeff hat schon Millionen auf die leichtsinnigste Weise verpraßt und ist infolge dessen von seinem Bater enterbt worden. Im Jahre 1877 heirathete der Hochstapler in Warschau die Tochter eines russischen Zollbeamten und hat mit derselben ein im höchsten Grade verschwenderisches Leben geführt. So sei u. A. erwähnt, daß Tscherniadjeff, nachdem er bereits in Paris 1,100,000 Franks Schulden gemacht, er kurze Zeit darauf sich wiede rum eine Million Franks lieh und diese Summe während kurzer Zeit kn verschwenderischer Weise am Genfer See vergeudete. An geklagter hielt sich daselbst achtzehn Luxuspferde der edelsten Sorte «nd kostete ihm ein Feuerwerk allein über 10,000 Franks. Jedoch nicht nur dort trat er derartig auf, sondern ließ auch in Mailand, Paris, Tuest, Wien und anderen großen Städten bedeutende Sum men von Geld sitzen, so daß er schließlich bis auf den Ruin kam und 'seine Frau im Jahre 18-2 in traurigen Verhältnissen zu Paris starb. Nachdem der Angeschuldigte u. A. auch in Triest die Mutter der be rühmten Kunstreiterin Elise Petzoldt um 2.0 Gulden beschwindelt hatte, wurde er in Wien verhaftet und vom dortigen Schwurgerichte Wegen Betrugs in mehreren Fällen zu zwei Jahren schweren Kerker, verschärft durch einen Fasttag jeden Monat, verurtheilt. Bis Juli 1883 hat Tscherniadjeff diese Strafe im Zuchthause zu Stein ver büßt und ist hierauf an das hiesige Gericht abgeliefert worden, um sich wegen in den Jahren 1878 und 1879 in Dresden verübter Schwindeleien zu verantworten. Im November 1878 fuhr Angeklag ter mit seiner Gattin am Hötel „Zum Preußischen Hof" vor, Beide gaben sich daselbst als „Graf" und „Gräfin" von Tscherniadjeff aus «nd spiegelte der Schwindler dem damaligen Wirthe, sowie später besten Nachfolger die unwahren Thatsachen vor, er sei ein hoher rus sischer Offizier, habe den russisch-türkischen Krieg mitgemacht und habe stets beim Kaiser von Rußland Zutritt. Ferner behauptet Tscherni adjeff, er sei Besitzer eines großen Gutes bei Petersburg, welches ihm jährlich eine Rente von 600 1 Rubel einbringe rc. und wußte -er Schwindler durch sein großspuriges Auftreten die betreffenden Wirthe des genannten Hotels derartig zu täuschen, daß er Beiden schließlich für Darlehne, Logis und Zeche 5600 Mk. schuldete. Nach dem Angeklagter am hiesigen Platze auf den Namen seiner Frau ein Theegeschäft etablirt, über welches derKonkurs später ausbrach, verschwand «r am 29. April 1879 heimlich von Dresden und überließ seinen Gläubi gern das Nachsehen. Der Gerichtshof erachtete Angeklagten des Be trugs für schuldig und eine Gefängnißstrafe in der Dauer von 4 Jahren und 6 Monaten als eine dem Grade der Verschuldung ent sprechende Ahndung, auch sind zwei Monate als durch die erlittene Untersuchungshaft für verbüßt anzusehen. — Von der sächsisch-böhmischen Grenze. Die Be iheiligung der Arbeiter an dem Gewinn der Fabriken, die jetzt in Dielen Blättern als Mittel zur Lösung der sozialen Frage empfohlen wird, hat sich in dem Etablissement von Lüdersdorf in Saaz als sehr segensreich bewiesen, Der Genannte hat in seiner Fabrik eine Sparkasse eingerichtet, in welche jeder Arbeiter, gleichviel ob männ lichen oder weiblichen Geschlechts, wöchentlich mindestens 10 Kreuzer einzahlt. Am Ende des Jahres giebt der Arbeitgeber einen Prozent satz des Reingewinnes seines Geschäftes in die Sparkaffe, doch in der Weise, daß jedem Einleger ein Theil dieser Leistung zu gute geht. Nach einer Mittheilung, welche M. Lüdersdorf der Handelskammer ln Eger darüber gemacht hat, betrugen die Einlagen des Jahres 1883 zusammen 2678 fl. Mag auch diese Summe gegen die von größeren Industrieanlagen erreichten klein erscheinen, so bedeutet sie doch einen erfreulichen Anfang. — Bei der jüngsten Aufführung der Maria Stuart im Theater zu Potsdam herrschte auf der Bühne große Aufregung. Herr Herr mann, der jugendliche Liebhaber dieser Bühne, welcher am gedachten Tage den „Mortimer" darstellte, halte beim Auftreten im dritten Akte vergessen, den Dolch mitzunehmen. Im Augenblicke, wo er die besten hatten auch die beiden anderen die Lauscher hoch gespitzt, die Standarte gerade ausgestreckt, sich in schnellstem Trabe den Pferden genähert. Ich sah nur noch, wie das eine Pferd dem ihm in unbequeme Nähe gekommenen Wolfe einen Schlag versetzte, daß er mit zitternd durch die Luft vibrirendem, abgerissenem Geheul seitwärts in den Schnee kollerte, als auch schon Stepanowitsch auf den direkt auf den Schlitten zutrabenden, durch die Kugel aufs Aeußerste gereizten Wolf loßgeißelte, um ihn von nur abzuhalten. Mit einem Satze war er indeß am Schlitten, streifte jedoch mit seinen Klauen so un sanft an mir an, daß der Pelz nebst sämmtlichen Kleidungsstücken nur so in Fetzen niedergewischt wurde, worüber ich mich jedoch wenig kümmerte. Rasch hatte ich verkehrt meine Büchse erfaßt und stieß den Kolben mit aller Kraft zwischen die fletschenden Fänge. Stepanowitsch hatte dies kaum ersehen, als er auch schon mit seinem eisenbeschlagenen Peitschenstocke wohlgezielte Hiebe führte und dadurch dem frechen Burschen den wohlgesiegelten Reisepaß in die jenseitigen Jagdgründc stempelte. Als er mich in Sicherheit wußte, warf er mir die Zügel der noch immer wild aufpustenden Pferde zu, die ich dann bald znm Stehen brachte. Jauchzend schleppte er den vom Pferde erschlagenen Wolf herbei. Das dritte Blatt aus dem sauberen Trifolium hatte, als eS sah, wie übel seinen Kameraden mitgespielt wurde, in flüch tigem Trabe das Weite gesucht Nun hatte ich Zeit, mich selbst einer Musterung zu unterziehen Die Kleider waren arg mitgenommen, und auch ein Schenkel hatte drei lange Rißwunden, welche in aller Eile einen Nothverband er hielten Die Wölfe warf ich auf den Schlitten, um sie als Visiten- und Entschuldigungskarte überreichen zu können. Halb mit waid- männischem Stolze, halb mit Scham über meine zerrissenen Kleider fuhr ich in den Schloßhof von M., als eben die Nacht ihren dunklen Schleier barmherzig über meine Gestalt geworfen hatte." In seiner schnurrig derben Weise erzählte er dann noch den Empfang von Seiten der Damen, welche.trotz seines Protestes — das Halb sansculottenthum war ihnen nicht gemeldet — darauf bestanden, ihn «och diesen Abend zu begrüßen. Das Abenteuer endete gut, denn am Morgen wachte er trotz der zerrissenen Hose als glücklicher Bräutigam auf. Weiter will ich nichts verrathen. Wenn diese Zeilen das stille Waldschloß erreichen, so bitte sch den jovialen Jagdsreund, sein obligates G'setzel zu brummen und Hernach meinen Waidmannsgruß entgegenzunehmen. Bühne betrat, fiel ihm da- noch rechtzeitig «in und er riß einem seiner Kollegen, der sich dicht an der AuSgangsthür befand, den Dolch von der Seite und betrat die Bühne. Als ihn Graf Leicester den Wachen überliefert und er mit den Worten „Maria, heilige Jung frau, bitt' für mich" sich das Leben nehmen wollte, stieß er sich in der Aufregung den Dolch mit solcher Kraft in die Brust, daß die Spitze tief eindrang und er in Wirklichkeit ohnmächtig zusammenbrach Nur dem Umstande, daß nicht edle Theile verletzt wurden, ist die Beseitigung der Lebensgefahr zuzuschreiben. — Ein Berliner Materialwaarenhändler gedachte demnächst mit einer jungen Dame aus seinen Kreisen in den Stand der Ehe einzu- treten. Um nun, indem er heirathet, gleichzeitig einen oder mehrere KommiS ersparen zu können, hatte er eS sich bei seinen zukünftigen Schwiegereltern ausbedungen, daß seine Braut erst eine Lehrzeit von drei Monaten bei ihm aushalte. Am Montag voriger Woche sollte die Lehrzeit beginnen und das junge Mädchen betrat den Laden, den sie zukünftig beherrschen sollte. Ihr Bräutigam, jetziger Lehrmeister, hatte mit ihr ausgemacht, daß, so lange die Lehrstunden währten, das Berhältniß von Braut und Bräutigam als nicht existirend ange sehen würde. Der gestrenge Herr ging aber in der Austastung seines Berufes so weit, daß er dem weiblichen Lehrling gleich am ersten Tage bei Gelegenheit eine» Versehens eine schallende Ohrfeige gab. Infolgedessen las man bereits am Donnerstag in Berliner Blättem die Aufhebung der Verlobung. — Bei einem kürzlich in Wien abgehaltenen Künstlerfeste fehlte es auch nicht, wie das „Fremdenblatt" berichtet, an elektrischen Scherzen; elektrische Blumen und Busennadeln blitzten da und dort, den Vogel abgeschosscn hat aber in dieser Hinsicht ein Herr Thimig. Die Nase des Herrn Thimig war unbestritten die Heldin des Abends. Der erleuchtete junge Künstler hatte nämlich die herrlich: Idee gehabt, an seiner Nasenspitze ein elektrisches Licht anzubringen. Er hatte sich zu diesem Behufe eine ziemlich geräumige wächserne Nase angeklebt, an deren Nordkap sich eine mehr charaktervolle als schöne Warze erhob. Bon dieser Warze lief die elektrische Leitung unter dem Wachs bis zum Zwicker hinauf, in der Einfassung desselben fort und durch die Zwickerschnur hinab bis in die Westentasche, wo der Akkumulator untergebrachl war. So oft nun der Künstler wollte, ließ er die „durchleuchtigste" Warze an seiner Nase in elekmschem Feuer auf- leuchten, was bei Bekannten und Unbekannten von durchschlagender Wirkung war — Ein Pechtag. Kürzlich fuhr — so erzählt das ,B. T." — ein alter Herr auf der Pferdebahn nach feinem Bureau. B:im Verlassen des Pferdebahnwagens will er nach her Uhr sehen, da — wer beschreibt seinen Schreck — fehlt Uhr und/Kette, und das be schädigte Knopfloch der Weste ruft natürlich sofort in ihm die Möglich keit eines Taschendiebstahls wach, und diese.Möglichkeit wird zum Verdacht gegen einen Mann, der neben ihm gesesten hatte, aber be reits ausgestiegen war. Der Kondukteur kann sich dieses Mannes wohl erinnern, er ist schon öfter mit der Pferdebahn gefahren, doch weiß er seinen Namen nicht; er verspricht.scher, bei nächster Ge legenheit den vermeintlichen Taschendieb polizeilich sistiren zu kaffen. Mit dieser entfernten Möglichkeit, den UebeuMer der Gerechtigkeit zu überliefern, muß sich der „Bestohlene" einstweilen trösten; ärgerlich kommt er in's Bureau, es geht Alles quer an diesem Tage! als er den auf einen Bogen geschütteten Streusand in das Streufaß zurück schütten will, geht die volle Ladung aus das Butterbrod, das er in aller Eile zu sich nehmen will und neben seiner Arbeit auf dem Pult liegen hat. — Noch übler gestimmt als am Morgen kehrt der Pechvogel gegen Abend heim; da, 0 Himmel, hängt die Taschenuhr nebst Kette an ihrem gewöhnlichen Platz, sie war nicht gestohlen, sondern einfach vergessen worden. Und nun vigilirte der Kondukteur auf einen Unschuldigen! Schnell stürzte der alte Herr wieder auf die Straße und ruhte nicht eher, bis er den Kondukteur von dem Mißverständniß benach richtigt hatte; dann kam er nach Hause und sank mit dem schweren Seufzer in seinen Sorgenstuhl: „Gott sei Dank, daß es nicht viele solcher Tage giebt!" Allerdings, es war ein ungewöhnlicher Tag, cs war der 29. Februar. , - — In Bad Kissingen sind für die kommende Saison, der „N. Würzb. Ztg." zufolge, als Badegäste angcsagt: die Königin von Holland, der Großherzog von Baden, der deutsche Kronprinz, die Ex-Königin von Hannover und der Reichskanzler Fürst Bismarck. — Der schlaue Patrick. Die SöM her „grünen Insel" sind für ihren Mutterwitz bekannt, wofür „Zuch das nachfolgende Histörchen einen neuen Beweis liefert. Ein Irländer hatte für eine gewisse Summe die Ausgrabung eines Brunnens übernommen. Nach dem er etwa 25 Fuß tief gegraben, fand er, -als er des Morgens zur Arbeit kam, daß die Wand eingestürzt urAMr ganze Brunnen voll Schutt war. Er sah sich vorsichtig um, da er '.'(jemanden in der Nähe sah, hing er seinen Rock und Hist an die Wände und versteckte sich in ein Gebüsch. Bald entdecktes die Nachbarn den Brunneneinsturz, und als sie Pat's Rock und (Huf an der Wand ge wahrten, machten sie sich sofort ans Werk, hen muthmaßlich Ver schütteten auszugraben. Nach ein paar Stunden tüchtiger Arbeit war die lose Erde herausgeschafft, und als eben die Nachbarn auf den Grund gekommen waren und nach Pat's Leiche suchten, trat dieser aus dem Gebüsch und bedankte sich bestens bei ihnen, daß sie ihm ein hartes Stück Arbeit ersparPhatten. , — Mittel gegen frühes Heirathen. Angesichts der Bestrebungen, den vorzeitigen Eheschließungen entgegenruarbeiten, theilt die „Elberf Ztg." mit, daß die Direktion einer Fabrik in Duisburg denjenigen ihrer Arbeiter eine Geldprämie zahlt, welche nicht vor dem 28. Lebensjahre in den Ehestand treten. — Auch in den Klöstern herrscht nicht eitel Friede und Gottseligkeit. In einem Kloster bei Marseille hat der Gärtner die Oberin und eine Nonne ermordet und dann sich selbst erschossen. Kunst und Wissenschaft. ff Der Verwaltungsrath der Bayreuther Bühnenfestspiele erläßt nunmehr die Bekanntmachung über die diesjährige öffentliche Aufführung des Bühncnweihespiels „Parsisal" von Richard Wagner. Es werden zehn Aufführungen des Merkes stattfinden, und zwar die erste derselben am 2l. Juli und die folgenden jeden zweiten Tag bis zum 8. August. Der Eintritts preis ist, wie bereits im vorigen Jahre, für Nichtmitglieder des allgenieinen Patronatvereins auf 20 Mk. festgesetzt. Die Aufführungen werden durchaus in derselben Weise wie während der vergangenen Jahre und durch dieselben künstlerischen Kräfte erfolgen. Herr Hoskapellmeistcr Levi in Darmstadt wird dieselben dirigiren. In der Partie der Kundry wird Frau Materna mit Fräul. Therese Malten, in der des Parsisal Winkelmann und Gudehus, in der des Gurnemanz Skaria und Siehr alterniren. Den Amfortas wird wieder Theodor Reichmann singen. ^ ff Wilhelm Büchner, ein namhafter Literaturhistoriker, macht auf zwei hundertiährige Druckfehler i» dem Texte Lessing'jcher Dramen aufmerk sam. In „Minna von Barnhelm" zuvörderst nennt sich in der Szene, in der Riccaut zuerst bei dem Fräulein eintritt, der französische Gauner „Io 61>s- valivr Rieoant äs la älarliuiüro, Lsissnsur äs vrot-au-vsl, äs la Lrsnviio äs krsosä'or." Die Hindeutung auf des Chevaliers ehrlose Geldschnapperei und Betrügerei hat Lessing in dem zweiten Namen charakteristisch ausgedrückt. Und gewiß wollte er auch neben dem „Goldnehmen" den Riccaut als einen Herrn „bereit-zum-Diebstahl" bezeichnen. So wird zu lesen sein: „kröt-an- v»I." Dieser alte Lesefehler erklärt sich aus Lessings kleiner und undeutlicher »andschrift ganz naturgemäß. Uebrigens steht in dem Manuskript, das Herr andgerichtsdirektor Lessing besitzt, -r»I, so daß wir einen alten Schreibfehler des Dichters annehmen müssen. — Ein geradezu sinnstürendcr Fehler be findet sich im Nathan. In der fünften Szene des zweiten Aktes wird das erste Zusammentreffen des Tempelherrn mit dem jüdischen Weisen geschildert. Der Teuipclherr behandelt Nathan anfangs sehr von oben herab, bis dieser ihn durch seine milde Nachgiebigkeit entwaffnet. Nathan sagt: Ich weiß, wie gute Menschen denken, weiß, Daß alle Länder gute Menschen trag.n. > Der Tempelherr will einen Unterschied gellend machen, welchen aber Na than nur in Bezug auf Aeußerlichkciten anerkennt. Dann spricht er die be rühmten Worte: Mit diesem Unterschied ist'S nicht weit her. Der große Mann braucht überall viel Boden Und mehrere, zu nah gepflanzt, zerschla»en Sich nur die Neste, Mittelgut, wie Wir, Find't sich hingegen überall in Menge Nur muß der Eine nicht den Andern mäkeln, Nur muß der Knorr den Knubben hübsch vertragen. Nur muß ein Gipselchen sich nicht vermessen, Daß eS allein der Erde nicht entschoffen- So lautet der überkommene Text, und doch sicher ein Lesefehler! „Der große Mann braucht überall viel Boden I" Der Satz hat etwas Bestechendes, man denkt an Friedrich den Großen», oder an irgend eine andere bedeutende historische Gestalt, die zum Wachsen und Wirken den entsprechenden Raum braucht. Aber der Nachsatz? Und mehrere, zu nah gepflanzt, zerschlagen Sich nur die Neste. Was für mehrere? Männer? Zu nah gepflanzt? Lauter Bilder in der Folge, welche aus dem Leben des Baumes und des W-ldeS hergenommen sind. Gewiß hat Lessing geschr.eben: Der große Baum braucht überall viel Boden. Die falsche Lesart vom großen „Mann" klingt naheliegend; man brachte dieselbe bisher mit dem Folgenden nicht genügend in Verbindung. Mit her von Büchner vorgeschlagenen Fassung stimmt die ganze Reihenfolge der Bil der auf» Schönste. Zugleich liegt eS auf der Hand, daß in Lessings Schrift das Wort „Baum" sehr wohl „Mann" gelesen werden konnte. ff Am Stadttheater zu Danzig wird demnächst ein vieraktige» Lust spiel erstmalig in Szene gehen, welches den Titel: „Durch Konkurrenz" führt und dessen Verfasser sich für die Feuerprobe seines dramatischen Erstlings binter den, Pseudonym Fritz Larsen verbirgt. Literarisches. Nr. 10 der Gartenlaube enthält: Ein armes Mädchen. Bon W- eimburg. (Fortsetzung.) — Die Hochflnthen des Mississippi-Gebiete-. Ein ieitrag zu ihrer Erklärung von Rudolf Cronau- Mit Illustration. — Die Lumpensammler von Paris. Von Max Nordau. — Heinrich Heines Me moiren über seine Jugendzeit — Dschapai. Bon L Ganghofer. (Fortsetzung.) Mit Illustration. — Blätter und Blüthen: Der Kriegsschauplatz im Sudan. Mit einer Karte des Kriegsschauplatzes. — Der Kollerflicker in Röthen. Mit Illustration. - Für die Marienbürg. rc. , Kaufmännischer Verein. W. Am letzten Donnerstag sprach Herr vr. v. BillerS aus Dresden über: „Die Gesellschaft und ihre Geisteskranken." Die Mitglieder des kaufmänn. Vereins können ihrem Vorstand nur dankbar sein, daß er ihnen einmal Gelegenheit gegeben hat, über ein so hoch wichtiges und bedeutungsvolles Thema aus dem Munde eines berufenen Fachmannes einen Vortrag entgegen nehmen zu können. Und wahrlich, dieser Dortrag war so reich an austlärenden und instruktiven Momenten und zugleich an beherzigenswerthen Winken, daß wir von Herzen den schwachen Besuch bedauerten; denn die Auseinandersetzungen hätten ,n der That verdient, von einem möglichst zahlreichen Auditorium gehört zu werden. Handelte stch'S doch um eine Materie, über welche unserer heutigen Gesellschaft Aufklärung so außerordentlich noth thut, dafern ihr daran liegt, sich gegen ein« Krank heit zu wappnen, an welcher nach Aussage des Redners gegenwärtig zwei pro will« unter den Bewohnern der Kulturländer Europas leiden und die nach statistischen Erfahrungen in bedenklicher Zunahme begriffen ist. Herr vr. v. Villers gab zuerst einen geschichtlichen Rückblick, in welchem er nachwies, welche falsche Anschauungen in Hinsicht auf das Wesen und die Behandlung der Geisteskranken in den verschiedenen Zeiten und bei den ver schiedenen Völkern geherrscht und ging dann über zu eingehenden Erörter ungen der Ursachen dieses immer mehr um sich greifenden UebelS, wobei er folgenden kurz skizzirten Jdeengang in interessantester Weise und zugleich mit dem vollen Ernst des von der Bedeutung der Sache durchdrungenen Fach mannes ausführte: Erst seitdem die Psychiatrie unS gelehrt hat, daß Geistes kranke andern Kranken gleich zu achten seien, weil auch bei ihnen die Er krankung eines körperlichen Organes, des Gehirnes, das Wesen der Krankheit bildet; erst seit dieser Zeit fühlt die Gesellschaft dse Verpflichtung, für diese Kranken zweckentsprechend zu sorgen, «ine Verpflichtung, die um so mehr an erkannt werden muß, als es hauptsächlich soziale Verhältnisse sind, welche die Nervosität unserer Zeit und damit die aus diesem Boden üppig gedeihenden Geisteskrankheiten bedingen und verursachen. Die Anhäufung vieler Menschen an den Zentren der Verkehrs, der rastlose Kampf um'S Dasein, die zunehmende Ehelosigkeit und die damit zusammenhängende ungebührliche und ungeeignete Beschäftigungsweise der Frauen, die nach stofflichen Reizen und Nerven spannung strebende Kunst und Literatur, die aufregenden überreizenden Ver gnügungen, die Labilität aller Verhältnisse haben uns nervös gemacht. Nach dem Gesetze der Vererbung aber sind Kinder nervöser Eltern schon vornherein leichter zu Geisteskrankheiten geneigt, und so kommt eS, daß die Nervosität als das zur Entwicklung solcher Krankheiten geneigte Uebel, zu einer Art Epidemie in unserer Zeit geworden ist. Die Gesellschaft hat nun die heilige Verpflichtung, ihren Geisteskranken einen Rechtsschutz zu gewähren und anderseits sich selbst gegen die Folgen der verkehrten Handlungen solcher Kranken zu schützen. ErstereS thut sie durch die Gewährung von Straffreiheit für Handlungen, die vom geistig Unfreien begangen werden und durch das Entmündigungsverfahren. Letzteres involvirt aber auch einen Schutz für die Gesellschaft zugleich mit der Ueber- antwortung des Kranken in eine geschlossene Anstalt. Durch ein« eingehende Betrachiung all der Formen und Symptome, unter denen sich der Beginn der verschiedenen Geisteskrankheiten offenbart, suchte der Vortragende feine Hörer zu überzeugen, wie nothwendig eine möglichst zeitige Ueberantwortung der Betroffenen an die Heilanstalten ist und wie viel Unheil durch Verzöger ung und falsche Behandlung angerichtet werden kann. Das Borurtheil gegen solche Heilasyle ist völlig unbegründet; denn diese sind nicht mehr wie früher bloße Aufbewahrungsorte, sondern zugleich und vor allem wohleingerichtet« Heilstätten. Leider werden aber die Erfolge derselben noch meist in Frag gestellt durch das Mißtrauen, das der Laie dem früheren Geisteskranken ent gegenbringt und durch die Schwierigkeiten für letztere, sich in der Gesell- schaft wieder eine Position zu erwerben. Es genesen in den Anstalten durch schnittlich 20 bis 60 Prozent; davon werden wieder krank etwa 25 Prozent- Nach Beseitigung jenes Mißtrauens und jener Schwierigkeiten würden da gegen höchstens 5 bis 6 Prozent rückfällig werden. Darum soll neuerdings durch Gründung von Vereinen zur Fürsorge für entlassene Geisteskranke diesem Uebelstand abgeholfen werden. Redner erörterte mit warmen Worten die Nothwendigkeit dieser Fürsorge seiten des Staates und der Privaten und avpellirt dringend an die Opserwilligkeit und an den Wohlthätigkeitssinn, welchen hier ein weites Feld segensreicher Thätigkeit sich austhue Auch Sachsen besitzt bereits solche Vereine, die sich leider noch nicht der Theilnahme und der Unterstützung erfreuen, die sie verdienen und erheischen! —Möchten deshalb die Ausführungen des Redners gerade in letzterer Hinsicht in den Herzen der Zuhörer einen recht vollen Widerhall gesunden haben! Briefkasten. Herrn 8. 8. in CH. Bon Hamburg nach Sydney fährt ein Post-Dampf schiff vr. Antwerpen und Suez-Kanal in bO—60 Tagen- 8. in L. Gewiß ist empfehlenswerther, Bäume schon im Herbste und nicht erst im Frühjahre zu pflanzen. Doch was wollen Sie thun? Da Sie nunmehr den Herbst haben vorübergehen lasten, ohne Obst-Bäume zu pflanzen und Sie nun einmal, und zwar so. bald wie möglich, Ihre Obsi- anpflanzung vergrößern wollen, so bleibt Ihnen ja nichts Anderes übrig, als jetzt den Anfang damit zu machen. Abonnent V. In den sogenannten freien und Hansestädten (Hamburg, Bremen, Lübeck) steht dem Senate, nicht, wie Sie meinen, dem ersten Bürger meister allein, das Begnadigungsrecht zu. Stimmenmehrheit entscheidet als dann auch in diesem Falle. 1. in Chemnitz. Sie fragen an, ob gelegentlich der Schwurgerichtsver handlung gegen Schubert in der That der Fall vorgekommen sei, daß der Herr Gerichtspräsident einen Theil des anwesenden Publikums wegen allzu lauter Zeichen von Heiterkeit zur Ruhe verwiesen habe, und behaupten sodann, daß, wenn sich dies begründe, in unseren Berichten über jene Verhandlung, so namentlich auch in der soeben erschienenen Brochüre „Prozeß Schubert" der Vorfall hätte erwähnt werden müssen. Was den ersten Punkt anlangt, so haben Sie ganz recht gehört. Infolge der stereotypen Aeußerung Schubert'- „Erschien«, Zwcetens, da giebt's nischt" brach ein Theil des Publikum- in Lachen aus und wurde daraufhin vom Herrn Präsidenten auf die Bedeutung und den Ernst der Stunde aufmerksam gemacht. Was den zweiten, von Ihnen beregten Punkt anlangt, so ist jener Zwischenfall in unseren Berichten deshalb nicht erwähnt worden, weil wir cs bei der ernsten Haltung, welche dieselben naturgemäß haben mußten, eben für unpassend gehalten haben, die Thatsache besonders zu betonen und hervorznheben. l>. in B. Ein „korpvtunm mobil«" (zu Deutsch „Ein sich immer während Bewegendes) ist eine problematische Maschine, die, einmal in Gang gebracht, ohne Einwirkung äußerer Kräfte sich in Ewigkeit bewegen sollte. Wißbegieriger in CH. Die früher gebrauchten Worte „posts rsstanto" werden durch das deutsche Wort „postlagernd" gedeckt, wie Sie bei jeder Postanstalt erfahren können. Die Lagerfrist für „postlagernde Sendungen" beträgt im deutschen Reichspostgebiete für Briefe, Gelder und Packcte 3 Monate, für Sendungen mit Postvorschuß und für Postanweisungen 7 Tage. Abonnent 8. tzuso noosut, äoooat, was schadet, das lehrt, d- h. durch Schaden wird man klug. > - -M t.W 1 A Verantwortlicher Redakteur: vr. pdil. O. Müller in Chemnitz.
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