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Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote : 09.03.1884
- Erscheinungsdatum
- 1884-03-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512382794-188403096
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512382794-18840309
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512382794-18840309
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote
-
Jahr
1884
-
Monat
1884-03
- Tag 1884-03-09
-
Monat
1884-03
-
Jahr
1884
- Titel
- Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote : 09.03.1884
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-env-qWG 'DhotiadeS Bey durch einen muselmännischen Gouverneur hatte in der THat unter den Kretensern schon gewaltig böse» Blut gemacht und eS war darum hohe Zeit, daß die Pforte endlich nachgab. Nord-Amerika. Die Thatsache, daß die jüngst in London entdeckten Höllenmaschinen amerikanischen Ursprung» sind, soll die englische Regierung zu einer allerdings sehr höflich gehaltenen Note an das Kabinet von Washington veranlaßt haben. Diese Note scheint doch in Amerika einen gewissen Eindruck gemacht zu haben Wenigstens wird aus dem Staate New-Jersey gemeldet, daß in der dortigen gesetzgebenden Versammlung eine Vorlage eingebracht worden ist, durch welche die Anfertigung von Explosionsstoffen und Waffen zu unge setzlichen Zwecken verboten wird. Ggypten. Von General Gordon sind wieder etwas günstigere Nachrichten eingelaufen. Die dem General befreundeten Stämme haben eine von El Obeid gegen Khartum ausgezogene, 1000 Mann starke Abtheilung des Mahdi angegriffen und vollständig geschlagen. Weiter meldet Gordon, daß Oberst Stewart von einer zweiten Mission, die er den weißen Nil aufwärts unternommen habe, zurückgekehrt sei und diesmal bei den dort wohnenden Negerstämmen eine freundlichere Aufnahme gefunden habe. — Eine Depesche aus Suakin besagt, daß di« sämmtlichen zur Expedition nach Trinkitat verwendeten Truppen General Grahams wieder in Suakin gelandet seien; wahrscheinlich werde in diesen Tagen ein neuer Vorstoß gegen OSman Digma «folgen. -Nachrichten au- Chemnitz und Umgegend. ^ Chemnitz, den 8. März 1884. — An Unterstützungen gewährt die Stadt Chemnitz nach dem Stadthaushaltplan für das Jahr 1884 der Handelsschule 600 M., der gewerbliche» Fortbildungsschule des Handwerkervereins einschließlich 600 M. ftir Ueberlassung mehrerer Schulräumlichkeiten 1680 M., der Sonntagsfachschule für Weber 900 M., der höheren Ge werbeschule 600 M., der deutsch-katholischen Gemeinde 600 M., den Kleinkinderbewahranstalten 3000 M., der Kunsthütte 900 M., dem Stadtmusikchor 6900 M., dem Blindenfond in Dresden 300 M,, der Rewitzerstiftung 180 M., dem Gymnasium in 2 Abiturientenstipendien 300 M.» dem Verein für Chemnitzer Geschichte 900 M., den aus der Erziehungsanstalt für blödsinnige Kinder in Hubertusburg Ent lassenen 78 M., der naturwissenschaftlichen Gesellschaft 300 M., der Lasse deS sächsischen Gemeindetages 98 M., der höheren Webschule 3000 M-, der Nähschule für konfirmirte Mädchen in der Schloßvor- stadt, einschl. 80 M. für Ueberlassung des Saales der 6. Bezirks- schule für den Unterricht 100 M., der landwirthschaftlichen Winter schule in Chemnitz 600 M. und dem Hospital St. Georg 3090 M. —x. Vergangenen Donnerstag Abend veranstaltete der Gustav-Adolf-Verein hier im Handwerkewereinshause einen Familienabend. Der Vorstand des gen. Vereins hatte dazu alle evaugrl. Bewohner der Stadt und Umgegend freundlichst eingeladen und infolgedessen war der große Saal vollständig gefüllt. Eingeleitet wurde der Abend durch einen höchst beifällig aufgenommenen Ge sangsvortrag „Hymne" von Mendelssohn, Sopransolo, Chor und Klavier, seitens des Gesangvereins Eufonie, woran sich der Vortrag des allgemein geehrten und geschätzten Redners Herrn Schuldirektor Gesell über „Savonarola" schloß. In tief ergreifender und be geisternder Rede führte der Herr Vortragende in den schönsten Bildern das Leben Fra Girolamo Savonarola's vor. Derselbe wurde im Jahre 1482 in Ferrara geboren. Als Jüngling ging er in das Kloster zu Bologna, verbrachte 7 Jahre hinter den Klostermauern und fand hierbei Gelegenheit, über das damals in Italien herrschende unreligiöse Leben und Treiben nachzudenken. Bald darauf berief man ihn in das Kloster San Marco zu Florenz, wo er im Jahre 1490 zum Prior ernannt wurde. Hier predigte er im Kloster, oder auch im Dom zu Florenz frei und offen und scheute sich nicht gegen den Loreuzo v. Medizi aufzutreten, welchem er selbst den Tod prophezeite. Außer der Reform der Kirche verkündete er auch die politische Wie dergeburt Italiens. Ueberall nahm Savonarola regen Antheil, wo eS galt, Wohlthätigkeitsanstalten zu schaffen und stand Allen mit Rath und That als williger Helfer zur Seite. Als in Florenz die Pest l auste, war er unerschrocken und unermüdlich thätig und suchte rathend und tröstend überall einzuwirken. Aber trotz seines großen Wohlthätigkeitsfinns, welchen er jederzeit bethätigte, hatte er sich doch auch mancherlei Feinde zugezogen und seine Gegenpartei (besonders die Franziskaner der strengeren Observanz) verdammte ihn als Ketzer und erreichte es, daß ihn der Papst im Mai 1497 exkommunizirte. Schließlich wurde Savonarola im Jahre 1498 (23. Mai) zu Florenz auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Von Person war Savonarola Lein und schwächlich, seine Augen jedoch waren leuchtend wie Feuer Seine Predigten zündeten und wirkten in religiöser, aber auch in Politischer Beziehung auf'S Praktische Leben ein. Die Geschichtsschreiber des 16. Jahrhunderts ehren ihn hoch und Luther erachtete ihn als einen Vorgänger der Reformation, obgleich Savonarola ein Überzeugung» treuer Sohn der katholischen Kirche war, welcher sich nicht eigentlich gegen das katholische Dogma erklärte, der vielmehr nur gegen die Sünde, gegen das Papstthum und gegen den heidnischen Humanismus der Zeit pre digte. Dem hochinteressanten Vortrage wurde reicher Beifall der aufmerk samen Zuhörerschaft zu Theil. Herr Lehrer Schneider stattete hierauf dem Gustav-Adolf-Verein im Namen der Diaspora-Gemeinden (Rumburg und Reichenberg in Böhmen), wohin Lutherschristen gesendet worden waren, den Dank ab. Frl. Schmeißer und Frl. Hermann, welche zur Verschönerung des Abends durch Gesangs- und Klaviervorträge eben falls beitrugen, ernteten gleichfalls allgemeinen Beifall. Zum Schluß sprach der Vorsteher, Herr Superintendent Michael, den Herren Vor tragenden, sowie den übrigen Mitwirkenden seinen wärmsten Dank aus. — Im Kaufmännischen Verein kommt nächsten Donners tag, den 13. März, wieder ein Thema von ausschließlich kaufmännischer Natur zur Verhandlung, und zwar wird Herr Landgerichtsdirektor Di. Emil Hagen, Leipzig, im Börsensaale einen Vortrag halten über: „Die rechtlichen Folgen der Verwandlung einer Waarenschuld in eine Wechselschuld," ein Thema, das für jeden Kaufmann von großem Interesse sein muß. Der Herr Vor tragende, der den Kaufmännischen Verein zu Leipzig öfters mit seinen so gediegenen Vorträgen erfreut, ist ein vorzüglicher Ausleger der einschlägigen Gesetzerstellen und wird obiges Thema gewiß in ange nehmster Weise zur Durchführung bringen. — Einen sehr schönen Beweis dafür, daß Opferwilligkeit gepaart - mit echter Kollegialität Hervorragendes zu leisten vermag, ersehen wir aus nachstehendem Berichte des Vereins der hier arbeitenden Former. Laut Bericht hat der besagte Verein in der Zeit vom 7. März 1682 bis Ende 1883 fünf Abendunterhaltungen und ein Sommerfest abgehaltcn, welche Veranstaltungen die stattliche Summe Uon 944 Mk. 81 Pf. als Reinertrag ergaben. Derselbe floß in die Unterstützungskaffe, und hierdurch wurde es möglich, nicht allein 11 kranken Formern, die unterstützungsbedürftig waren, mit Beiträgen aus der Noth zu helfen, sondern auch noch so viel übrig zu behalten, »m, falls eS ja einmal durch schlechten Geschäftsgang unmöglich sein sollte, dergleichen Unterhaltungen abzuhalten, trotzdem Unterstützungen gewähren zu können. Das rührige Komitee hat nun für Sonnabend, 'len 15. März, im Gasthaus zur Linde wiederum eine große Abend unterhaltung geplant, wobei die hiesige renommirte Militärkapelle kon- zertiren wird. Auch hat der allbekannte dramatische Verein, der bei wohlthätigen Zwecken seine Mitwirkung nie versagt und infolge seines vorzüglichen Ensemblespiels einen guten Ruf genießt, seine Mitwirkung zugesagt; für den gesanglichen Theil ist vom Komitee ebenfalls Rech nung getragen worden. ES verspricht also der Abend ein äußerst amüsanter zu werden, und da er einem edlen Zwecke dienen soll, so wird er sich gewiß eines zahlreichen Besuche- zu erfreuen haben, be sonders, da das Geldopfer, der Eintrittspreis, der wie gewöhnlich auf 30 Pf., an der Kaffe auf 40 Pf. festgesetzt worden, ein nur geringes ist. — Nächsten Montag wird eine- der beliebtesten Mitglieder unseres Stadttheaters, Herr Paul Huhn, seinen Benefiz-Abend haben. Der genannte Herr hat für denselben vier reizende Ein akter gewählt, welche sicherlich eine große Fülle von unterhaltenden und erheiternden Episoden bieten und daher gewiß nicht verfehlen werden, ihre Zugkraft auf daS Publikum auszuüben. Die zur Auf führung gelangenden Stücke sind: Wort an den Minister — Schauspiel; Versprechen hinter dem Herd — Operette; Makart — Lustspiel und Hermann und Dorothee — Posse. In der That ein reichhaltiges, den vielseitigen Wünschen nachkommendes Programm I — Jener Abend hat für Herrn Huhn jedoch noch eine ganz besondere Bedeutung; es feiert noch der genannte Künstler zu gleich auch den 28jährigen Gedenktag seiner Bühnenwirksamkeit, wes halb auch sein Benefiz auf den 10. März gelegt worden ist. Hoffentlich wird das Chemnitzer Theaterpublikum auch bei dieser Gelegenheit wieder zeigen, daß es durch zahlreichen Besuch seine Lieblinge zu ehren weiß. — Der Verein „Heber's Runder Tisch" in Neugablenz veranstaltet im Gasthause daselbst morgen, Sonntag, zum Besten der Ortsarmen einen Unterhaltungsabend und legt hierdurch ein beredtes Zeugniß für seinen regen Wohlthätigkeitslinn ab. Der Neu- gablenzer Turnverein, sowie auch der dortige Gesangverein haben ihre Mitwirkung in freundlichster Weise zugesagt und überdies sind auch seitens mehrerer anderer Herren Zithervorträge und Deklamationen komischen Genre's übernommen worden. Möge das Bemühen jenes Vereins, zur Linderung der Noth armer Ortseinwohner beizutragen, von besten Erfolge gekrönt sein. —n. Am 1. März waren es volle 28 Jahre, daß Herr «Ser- Hardt als Lehrer in Neustadt wirkt. Bei dieser Gelegenheit wurden dem hochgeschätzten Jubilar mancherlei Zeichen der Aner kennung zu Theil. So erfreute ihn der Gemeinderath durch Ueber- reichung einer goldenen Uhr und ebenso verehrte ihm der dortige Gesangverein eine goldene Brille. Die Schulkinder hatten ihm eine sinnige Gedenktafel gewidmet. —». An der Oststraße unserer Stadt, die vom Strobelschen Grundstück an eine Reihe kleiner altersschwacher Häuschen aufweist, hat Herr Oekonom Uhle mit der Niederreißung seines einstöckigen Hauses den Anfang gemacht und beabsichtigt an dessen Stelle zwei neue Gebäude aufzuführen, welche sicher dem stattlichen Strobelschen Eckhause sich würdig anreihen werden. Der Bau des einen Hauses ist bereits bis zur ersten Fenstcrsohle gediehen. —* In der Nacht zum Freitag sind aus einem verschlossenen Entenstall auf einem an der Beckerstraße gelegenen Grundstücke 4 Enten gestohlen worden, 2 graubraune, 1 weiße und 1 von grün lich schillernder Farbe. Der Dieb hat den Spuren nach die Enten am Orte der That gleich geschlachtet und seinen Weg dann durch den Chemnitzfluß nach der Annabergerstraße zu genommen. —* Eine an der Wiesenstraße hier wohnhafte Milch händlerin hatte zum Austragen der Milch ein lOjähriges Schul mädchen engagirt. Dasselbe hat nun, wie sich jetzt herausgestellt, das Geld von den Abneho ern stets kassirt, aber nie an die Milchhändlerin abgeliefert, sondern in seinem Nutzen verwendet. Die Gesammtsumme der kassirten Gelder beträgt 24 M. 17 Pfg. Das Mädchen hat das Geld angeblich in Näschereien angelegt. —x. In der Dämmerstunde des gestrigen Tages war ein Apfelfinenhändler in ein an der Palmenstraße gelegenes Lokal getreten und hatte seinen Wagen mit den Früchten auf der Straße stehen lassen. Plötzlich bemerkte er durch's Fenster, wie ein frecher Bengel sich dem Gefährt näherte und Apfelsinen sich aneignete. Als der Händler ins Freie eilte, ergriff der Knabe so eilig das Hasenpanier, daß er nicht nur die Früchte, sondern auch sein Butterbrod auf der Flucht verlor. Gestern Abend gegen 6 Uhr wurde auf der Platanen- —x. straße durch die Unaufmerksamkeit eines Fuhrmanns, welcher Ziegel auf seinen Wagen geladen hatte, vor einem Neubau eine Granitsäule umgeriffen, die glücklicherweise im Umstürzen Niemand verletzte. —l). In der engsten Stelle der verkehrreichen Friedrichstraße wurde gestern Nachmittag, als zwei Wagen einander auszuweichen sich bemühten, ein ungefähr bjähriger Knabe mit der Peitsche nicht unbedeutend am Auge verletzt. Es wäre Wohl wünschenswertst, daß der Geschirrverlehr in dieser engen Straße möglichst beschränkt würde und die Geschirrsührer einen Leinen Umweg nicht scheuten; denn jedes Geschirr kann dort, namentlich in den Mittags- und Abendstunden, eine Stauung des Personenverkehrs Hervorrufen. —o—e. In einer der letztvergangenen Nächte fand man leider wieder einmal einen total Betrunkenen auf der Straße liegend vor. Es blieb nichts Anderes übrig, als den Berauschten auf einen Hand wagen zu laden und in dieser Weise den schützenden Räumen des städtischen Arresthauses zuzuführen, woselbst er sich wohl bis zum andern Morgen wieder ernüchtert haben wird. —x. „Frische Fannkuchen, meine Härrcn!" so rufend trat kürzlich der allbekannte „Brezelaugust" in eine hiesige Restau ration ein. „Na, da zeig' mal her, August, was haste denn heite for Waare!" rief einer der anwesenden Gäste und entnahm Augusts Korbe einen „frischen" von — vorgestern, brach ihn auseinander und ein — Ruf der Ueberraschung entrang sich den Lippen des Probiren- dcn; denn in der Mitte, wo sich bei „Gefüllten" das Gefüllte zu befinden Pflegt, funkelte ein nagelneues 20-MarkstückI Na, awer August, wer hat denn gebacken?" rief er dem ebenfalls Stau nenden zu, „und hier sitzt wees Kneppchen ooch nach ä Fünfmarkstück" und zeigte Augusten die beiden gefundenen Geldstücke. Aber jetzt stürzten auch Andere, die ebenfalls Pfannkuchen von August gekauft, auf diesen zu und zeigten ebenfalls die im Gebäck gefundenen unter schiedlichen Münzen. Jetzt war aber auch Augusts Fassungskraft zu Ende, in seinen alten Zügen arbeitete es auf eine seltsame Weise und wie Wetterleuchten huschte es über das gerunzelte Antlitz. Seine Mütze aufsetzen und wie ein Sturmwind zur Thüre hinausfahren, war das Werk weniger Augenblicke. An der nächsten Gaslaterne machte er halt und brach nun mit zitternden Händen einen Pfann kuchen — nach dem andern auf, leider jedoch ohne etwas zu finden. Mit gemischten Gefühlen betrachtete er eben die entstandenen Hälften, die keine Macht der Erde wieder zu einem Ganzen zu formen im Stande gewesen wäre, als seine Käufer lachend ihn umringten. August erzählte seine Versuche, wobei Thränen über seine alten Wangen rollten, während seine Zuhörer sich vor Lachen kaum zu fassen ver mochten. Endlich aber lachte auch Brezelaugust mit, als man ihm, das Komplott enthüllend, und die Verwundeten genau zählend, den Betrag für letztere einhändigte, und dem Betrage auch noch ein Trink geld für den gehabten Schreck beifügte. Sächfisch-S. — Ueber die Steuer fragen ist es seit Wochen auf dem Landtage merkwürdig still gewesen; doch nunmehr wird die Entscheidung nicht mehr lange auf sich warten lassen. Wie man berichtet, bringt die Finanzdeputation der 2. Kammer folgenden Antrag ein: der Staatsregierung zur „Erwägung" anheimzugeben, den Wegfall der Schlachlsteuer, sowie der drei untersten Klassen der Einkommensteuer und eine Abmiudemng der Steuerskala bei den nächstfolgende» Klassen bis zu 1200 Mark Jahreseinkommen in Aussicht zu nchme». In der laufenden Finanzperiode fällt daher nur der 20prozcntige allgemeine Zuschlag weg; hingegen soll da» Chausseegeld bereit» am 1. Januar 1888 in Wegfall gelangen. Obiger Vorschlag stellt also einen Kompromiß dar: die Kammer erklärt sich für gänzliche Be seitigung der Schlachtsteuer und für Steuerbefreiung der untersten Einkommensteuerklaffen, sowie für Ermäßigung der nächst höheren, aber nicht schon in den Jahren 1888,86, sondern erst 1886,87. — Ein neunjähriger Knabe Vetterte am Freitag vor dem Gast hofe zum Schenkhübel bei Klotzsche an einer Pferdekrippe empor, um dem davorstehenden Pferde beim Fressen zuzusehen. Das Thier ver stand indeß alsch, schnappte nach dem Knaben und riß ihm die obere Hälfte des l nken Ohres ab. Laut schreiend lief der arme Junge davon; das abgebissene Stück Ohr fand man später angefroren am Boden. — Bezüglich der Fürstenschule von Grimma, welche vor Kurzem seitens mehrerer Abgeordneten be- und untersucht worden ist, hat sich die Finanzdeputation der zweiten Kammer dahin geeinigt statt eines 6—700,000 M. kostenden Umbaues einen vollständigen Neubau mit etwa 1 Million Aufwand vorzunehmen. Der Umbau erscheint in keiner Weise genügend, um alle vorhandenen Uebelstände zu beseitigen. Die jetzigen Zustände sollen in Bezug auf die Gesund heit der Schüler, namentlich was die überfüllten Schlafsäle anlangt, sehr mangelhaft sein. — Ein Seminarist. Sohn eines in der Nähe Auerbachs wohnen den Lehrers, warf sich am 3. dieses auf der Bahnstrecke Rodewisch- Auerbach in selbstmörderischer Absicht auf die Eisenbahnschienen. Der betreffende Lokomotivführer bemerkte da» aber rechtzeitig und brachte den Zug kurz vor der Stelle zum Stillstand. — In letzter Zeit sind in Annaberg ungewöhnlich viele Dieb stäle verübt worden, ohne daß man den Thätern auf die Spur ge kommen wäre. Am 6. März in der 10. Stunde Abends wurde aber mals ein solches Vergehen an fremdem Eigenthume ausgeführt, da» dem Thäter leider eine reiche Beute in die Hände führte, denn denr Bäckermeister B. in der kleinen Kirchgaffe sind aus dem in der Schlaf stube stehenden Sekretär 1800 Mark in Geld und Geldeswerth ent wendet worden. In dem Zimmer befand sich nur der Leine schlafende Sohn des Besitzers anwesend. Diesmal glaubt man aber den Dieb, der auf eine ganz rafsinirte Weise in das bezeichnete Lokal gelangt sein muß, bereits gefaßt zu haben. — Auch einem Fuhrwerksbesitzer soll in der vergangenen Nacht ein Pferd aus dem Stalle entführt worden sein. — Vorgestern erhielt ein um milde Gaben ansprechender Fremder in der Küche eines Hauses auf dem oberen Graben in Plauen drei grüne Klöse, sowie einen noch schönen Theil Sauerbratenbrühe, womit man dem „armen Reisenden" einen Gefallen zu thun meinte. Doch weit gefehlt; als man nach einiger Zeit nachsah, fand man die Klöse unter dem Ofenherd und die Brühe noch unberührt auf dem Teller vor. — Zu der demnächst zu besetzenden Stadtbaumeisterstelle irr Plauen find 31 Bewerbungen, zum größeren Theile aus Preußen, eingegangen. — Ein schweres Bahnunglück drohte am Mittwoch Abend kurz vor Bahnhof Stolpen: ein herrenloses einspänniges Geschirre wurde durch einen von Dürrröhrsdorf nach Neustadt verkehrenden Zug über fahren. Das Pferd wurde bei diesem Unfall getödtet und die Loko motive erhielt derartige Beschädigungen, daß eine Hilfsmaschine requi- rirt werden mußte, welche den Zug mit einer Verspätung von über 1 Stunde nach Neustadt weiter führte. - — In einer am 8. März abgehaltenen Generalversammlung der Aktionäre der Oberlausitzer Bank zu Zittau wurde die Auszahlung einer Dividende von 6 Proz. beschlossen — Betreffs des in Walddorf bei Lübau verübten Doppelmordes wird aus Zittau geschrieben, daß, als der Doppelmörder Wilhelm mit seinen Opfern konfrontirt wurde, dieser beim Anblick der Leichen zitternd zusammenbrach und mit bebender Stimme gestand, daß er die grausige That aus Rachsucht begangen habe, es fällt somit jede- entschuldigende Gefühl fort. Auf dem Rücktransports war der entmenschte Verbrecher, der seine schreckliche That mit vollem Bewußtsein und Ueberlegung verübt, nur mit Mühe vor der Volksjustiz zu schützen. Wilhelm hat weiter gestanden, daß er einen Selbstmord beabsichtigt habe. — In Görlitz wurde vorgestern Mittag der Mörder de» Laubaner Gymnasiasten Schmidt, der frühere Arbeiter Bartsch aus Waldau, welcher am 16. Oktober v. I. vom Görlitzer Schwurgericht zum Tode verurtheilt wurde, dessen Begnadigung zu lebenslänglicher Zuchthausstrafe aber vom König erfolgt und am Sonntag in Görlitz eivgetroffen ist, nach der dasigen Strafanstalt überführt. Charakteristisch für die Gesunkenheit dieses erst 20jährigen Sünders dürste es sein, daß er durchaus hingerichtet sein wollte. Nun» ist ihm die lebens längliche Zuchthausstrafe eine härtere Strafe als der Tod, so wäre das Verbrechen nach Verdienst bestraft! Vermischtes. — Der Pariser Vhotograph Pierre Petit tilg ha^ eine Neuerung eingcführt, die bei den Pariserinnen schnell großen Anklang gefunden hat. Er photographirt nämlich jetzt ä äoinivile. Ist ein hübsches Weibchen gesonnen, ihr Bildniß ansertigen zu lassen, so schickt sie einfach dem Herrn Petit ein Telegramm, und nach dem Verlauf einer Stunde stellt sich der wandernde Photograph ein, um seine interessante Operation zu beginnen. Die „kiiotoxrupvis ä äowi- eile" gehört jetzt in Paris geradezu zum guten Ton, und Damen, die sich lästiger Besucher entledigen wollen, lassen diesen an der Thüre mit Vorliebe den Bescheid zugehen: „Madame bittet um Entschul digung, sie läßt sich gerade photographiren." — So unglaublich es auch klingt, ist es dennoch Thatsache, daß einer Frau sieben Ehemänner den Schwur der Treue bis zum Tode hielten und daß diese Frau nun dm achten Gemahl heim führte. Diese lebende Illustration des wirklich „ewig Weiblichen" ist eine in Sank-Jobb in Ungarn wohnende Frau mit dem ominösen Namen Probald (Probirs). Vorige Woche feierte sie ihre Hochzeit mit dem achten Manne, der zudem der Auserwählte von drei Freiem war. — Der Suakiner Berichterstatter der „Köln Ztg." ist, wie diese in ihrer letzten Nummer mittheilt, in der Schlacht beim Brunnen Teb (4. Febr) getödtet worden. — Bestrafter Leichtsinn. Einer bodenlos leichtsinnige» Wette ist vor einigen Tagen der Spediteur R. in Berlin zum Opfer gefallen. Derselbe, im Kreise seiner Bekannten als ungemein starker Esser bekannt, betrat, wie die „Gerichts-Zeitung" erzählt, kürzlich ein Restaurationslokal, wo ihm eine Anzahl seiner anwesenden Freunde den Vorschlag machte, von sämmtlichen auf der Speisenkarte verzeichneten- Speisen je eine Portion in dem Zeitraum von zwei Stunden zu verzehren. Wenn diese Leistuug erfüllt würde, wollten die Anreger der Wette die Zeche für den Esser bezahlen, im anderen Falle sollte R. nicht allein das Verzehrte, sondern noch eine Achtel-Tonne Bier bezahlen. R. gewann die Wette und verschlang zirka fünfzehn Portionen Braten mit Kompott ohne Beschwerden. Zwei Tage darauf mußte der vierzigjährige Mann nach der CharitL geschafft werden, wo er jetzt, wenige Tage vor seiner in Aussicht genommenen Ber- heirathung, mit Tode abging. — Die — Weltlustigen werden aber doch nicht Allel q--. ^ Chemnitzer Anzeiger «nd Stadtbote. Rr. SV. Sonntag, de« S. Mikz. «eite L *
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