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im Jahre 1882 betreffend. Dasselbe ist vom 19. December datirt und lautet: ß 1. Im Jahre 1882 sind, vorbehältlich der definitiven Rezulirung durch das für die Finanzperiode 1882/83 zu erlas sende Finanzgesetz, bis zum Erlasse dieses Gesetzes zu erheben: a) die Grundsteuer nach 4 Pfennigen von jeder Steuereinheit; d) die Einkommensteuer nebst einem Zuschläge von zwanzig Procent eines ganzen Jahresbetrags; s) die Steuer vom Gewerbe betriebe im Umherziehen; L) die Schlachtsteuer, in- gleichen die Uebergangssteuer vom vereinsländischen Fleischwerke; s) die Erbschaftssteuer; k) der Urkun denstempel. H 2. Bei der Einschätzung zur Ein kommensteuer im Jahre 1882 ist auch insoweit, als die Einkommen im Jahre 1878 und früherer Jahre der Feststellung des steuerpflichtigen Einkommens zu Grunde zu legen sind, die Gewerbe- und Perso nalsteuer nicht und die Grundsteuer nur nach Höhe von vier Pfennigen auf die Steuereinheit in Abzug zu bringen. H 3. Alle sonstigen Abgaben, Natural- und Geldleistungen, welche nicht ausdrücklich aufge hoben sind oder noch aufgehoben werden, bestehen vorschriftsmäßig fort. Auch bleiben den Staatscaffen die ihnen im Jahre 1881 in Gemäßheit des Staats haushaltsetats zugetheilten übrigen Einnahmequellen ebenfalls bis zum Erlasse des künftigen Finanz- gssetzcs für die Finanzperiode 1882/83 zugewiesen. — Landtag. In der 2. Kammer beantragte am 22. d. Abg. Grahl, der Regierung zur Er wägung anheimzugeben, ob nicht das Mobiliar- und Privatfeuerversicherungsgesetz dahin zu ergänzen sei, daß Jeder, der bei einer Privatanstalt Gegenstände versichert hat, in dem Falle, wenn er vor der Be hörde die Fortdauer der von ihm vertragsgemäß übernommenen Verpflichtungen vorbehaltlos aner kennt, dabei jedoch allen Ansprüchen an die Anstalt aus dem Vertrage auf Entschädigung wegen künf tiger Brandschäden unbedingt entsagt, ohne Weiteres berechtigt wird, jene Gegenstände bei einer anderen Anstalt nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften gegen Brandschäden zu versichern. Desgleichen der vorgestern erwähnte Antrag des Abg. Niethammer um Abänderung der freiwilligen Versicherung. Abg. Or. Pfeiffer brachte einen Antrag auf Einrichtung von sog. Omnibuszügen auf sächsischen Bahnlinien ein. Solche Züge bestehen nur aus einer kleinen Lokomotive und 2 ebensolchen Personenwagen 1. und 2. Klasse nach dem System unserer Pferdebahn- wagen, deren Betriebskosten per 30 Kilometer nicht mehr als 5 Mk. betragen sollen. So würden die selben z. B. aus Strecken wie Dresden-Tharandt u. ähnl. vorzügliche Verwendung haben. Der An trag wurde der Finanzdeputation überwiesen. Schließ lich gelangte die Petition bez. Beschwerde des Schie- ferdeckermstrs. Ludewig wegen zu hoher Einschätzung zur Einkommensteuer zur Schlußberathung (Res. Abg. Gelbke). Die Deputation beantragt, diese Petition, da Ludewig das letzte Rechtsmittel, näm lich die schließlich ihm nach dem Einkommensteuer gesetz zustehende Beschwerde an dasFinanzministerium, rechtzeitig anzubringen versäumt hat, auf sich be ruhen zu lasten und, soweit dieselbe eine Beschwerde involvirt, auf Grund der Landtagsordnung als un zulässig zu erklären. Abg. May will jedoch minde stens die Vorlage der Regierung zur Erwägung überwiesen haben und stellt einen dementsprechenden Gegenantrag. Für denselben treten im Wesentlichen die Abgg. Oehmigen, Knechtel, Möbius, Walter und Müller-Freiberg ein. Einen kräftigen Wider stand findet jedoch der May'sche Antrag bei den Abg. Heger, Müller-Colditz, vr. Pfeiffer und vr. Stephani. Abgeordneter Walter pflichtet zwar in einer Hinsicht den Voraussetzungen der Deputation bei, nimmt aber das Recht der Reclamation für Jeden entschieden in Anspruch. U. A. bemerkt er, daß, wenn er das Geld hätte, was die Steuerhin terziehungen an Nebeneinkünften feiten der Beam ten betragen, würde er ein sehr, sehr reicher Mann sein. Abg. vr. Stephani befindet sich in purem Gegensatz zu Walter. Es ist ihm unverständlich, wie man in eine Discussion eingehen könne, über eine Petition, die absolut unzulässig ist. Petent habe die Reclamationsfrist versäumt, das Gesetz spricht ihm deshalb Remedur ab und nun wende Petent sich an das Haus. Sollen wir etwa gegen das Gesetz votiren? Unsere Aufgabe ist, Wächter des Gesetzes zu sein, aber nicht gegen das Gesetz zu handeln! Abg. vr. Heine trägt ebenfalls Be denken, die Vorlage der Regierung zur Erwägung zu überweisen, schlägt vielmehr eine abermalige Zurückgabe an die Deputation vor. Staatsminister v. Könneritz beleuchtet den Gang der Verhandlungen, welche den Schieferdecker Ludewig zur Beschwerde Veranlassung gegeben und spricht sich selbst gegen den Antrag May aus, da er nach Lage der Sache nicht anders entscheiden könne, wenn die Vorlage auch der Negierung zur weiteren Erwägung über wiesen würde. Dem Abg. Walter aber wäre er dankbar, wenn er ihm jene Fälle von Steuerhin terziehung der Beamten namhaft machen würde, um dagegen einschreiten zu können. Abg. v. Oehlschlägel fordert den Herrn Präsidenten auf Grund des ß 14 der Landtagsordnung auf, den Herrn Finanzminister zu veranlassen, den Abg. Walter aufzufordern, den Beweis der Wahrheit für seine Aussage durch Nam haftmachung jener Fälle anzutreten, welcher Auf forderung der Herr Finanzminister nach Schluß der Debatte entspricht. Herr Abg. Walter ist aber heute noch die Antwort schuldig. Schließlich wurde der Antrag May gegen 16 Stimmen abgelehnt und der Deputations-Antrag einstimmig angenommen. — Die 1. Kammer trat auf Antrag der 2. Deputation (Referent v. Trützschler) bezüglich der Heiz- und Ventilationsanlagen in den Staatslehranstalten dem Beschlusse der 2. Kammer insofern bei, als sie sich mit den Erörterungen über dieselben z. Z. sür be friedigt erklärt. Deren anderweitem Beschlusse aber, die Regierung um Abstellung abnormer Zustände zu ersuchen und zu ermächtigen, den für diese Ab stellungen erforderlichen Aufwand in dem Rechen schaftsberichte zur Erscheinung zu bringen, trat die 1. Kammer nicht bei. Die Petition des Fleischers Karsch in Dresden, eine Einkommensteuerstrafsache betr., wurde an die 4. Deputation zur Berichter stattung zurückgegeben. — Während des Januar finden wiederum die Anmeldungen der Wehrpflichtigen zur Aufnahme in die Rekrutirungs-Stammrolle statt. Wer die vor geschriebene Meldung unterläßt, verwirkt 30 Mark Geld- bez. 3 Tage Haftstrafe. — Eine Weihnachlsfreude der seltensten Art wurde am 17. d. M. dem gejammten Personale des Bib liographischen Instituts in Leipzig zu Theil, indem der gegenwärtige Chef, Herr Hermann I. Meyer aus Anlaß seines in diesem Jahre stattgehabten 25jährigen Geschäfts-Jubiläums den Wochenlohn jeder im Geschäft thätigen Person doppelt auszahlen ließ. Bei dem jetzt vorhandenen hohen Personal bestand dürfte die verausgabte Summe als bedeu tend zu bezeichnen sein. — Die Freiberger Bergakademie ist, wie aus dem Bericht der Finanzdeputation der Zweiten Kammer über den Etat des Finanzministerium zu ersehen,, seit dem Jahre 1878 in Bezug auf ihre Frequenz in einem andauernden Rückgänge begriffen. Die Zahl der an dieser Anstalt Studirenden fiel von 160 im Jahre 1878 auf 145 im Jahre 1879, auf 122 im Jahre 1880 und auf 121 im Jahre 1881. Nach den der Deputation gegebenen Er klärungen theilt die Freiberger Bergakademie dieses Geschick mit fast allen deutschen technischen Bildungs anstalten, und nur von einer Besserung der wirth- schaftlichen und industriellen Lage darf eine Zu nahme der Frequenz erwartet werden. — Am Montag verunglückte Frau Gutsbesitzer Siebdrath in Oelsnitz b. L. auf bedauerlicher Weise. Dieselbe war mit ihrem Mann nach Lößnitz gefah ren, um daselbst eine Kuh nebst Kalb abzuholen. Das Kalb wurde auf den Wagen gestellt, die Kuh an denselben angebunden. Die Kuh riß sich unweit Lößnitz los, rannte auf daß Pferd zu, dieses sprang zur Seite, zerbrach die Deichsel, der Wagen wurde in den Graben gedrängt und Frau Siebdrath mit dem Kopfe an eine Telegraphenstange geschleudert. Mit zerschmetterter Hirnschale brachte man sie in das Lößnitzer Krankenhaus, woselbst sie abends 9 Uhr verschied. — Aus Brambach bei Oelsnitz i. V. wird be richtet, daß nach dem Sturm der letzten Tage in der Nacht zum 21. ds. so viel Schnee gefallen ist, daß am andern Morgen ca. 20 Mann thätig sein mußten, die Bahngeleise frei zu machen. Der Schneefall erstreckte sich nur bis in die Gegend von Elster. Auf böhmischer Seite ist die Gegend von Voitersreuth wieder schneefrei. — Die erzgebirgischen Butterleute aus Ammels- dorf, Schönfeld, Hermsdorf rc., welche jeden Don nerstag in Dresden eintreffen, kamen am 22. d. ganz« echauffirt nach Dresden, da ihnen der Schnee sturm arg zugesetzt hatte und sie kurz nach Mitter nacht gezwungen waren, ihren Geschirren 5 und 6 Pferde vorzuspannen. In kurzer Zeit halten sich metertiefe Wehen angehäuft und selbst da, wo der Schnee gleichmäßig gefallen war, zeigte derselbe 30 Centim. Höhe. Ueberall fährt man dort bereits Schlitten. Unser Weihnachtsstollen. Von vr. K. Ellfeld. Nachdruck verböte». Das Weihnachtsfest hat viele erhabene Seiten, die schon alle so oft und so schön besungen worden sind, daß für eine feuilletonistische Ausbeutung der selben ein wesentlicher Reiz der Darstellung — näm- Uch der Reiz der Neuheit — ganz sicher in Weg fall käme. Nun hat das schöne Fest, wie Alles in der Welt, aber auch seine recht trivialen Seiten und eine derselben dürfte meines Wissens noch nicht so behandelt worden sein, wie sie es verdient. Es ist fast im buchstäblichen Sinn eine Chocoladenseite, die ich im Auge habe. Ich spreche nämlich von der Mes Ls rö8i8tg.nos unter den Weihnachts näschereien, von unserm Haupt-Weihnachtsbackwerk, von dem — „Stollen" rund herausgesagt, und könnte ich denselben vom symbolischen, kulturhistorischen, culinacischen und gesundheitsstatistischen Gesichts punkt aus so grundgelehrt beleuchten, daß einer „gebildeten Köchin" die Haare zu Berg stehen sollten. Aber — da wär ich ja ein schlechter Feuilletonist. Laßt mich also mein Thema leicht spielend und mit anmuthiger Mischung von Ernst und Scherz zu behandeln versuchen. — Der Weihnachtsstollen hat einen Weltruf; er wird alljährlich in die entfern testen Länder verschickt und legt als Exportartikel, wo er auch hinkommt, rühmlich Zeugniß ab von der Tüchtigkeit der Zuckerbäcker. Einer kunstgewerb lich zugespitzten Außenseite hat er dazu noch nicht bedurft, so wenig wie Basler „Leckerli", Nürnberger Lebkuchenreiter oder schwäbische „Springerle". Wer aber von Euch, liebe Leserinnen, ist sich jetzt noch der symbolischen Bedeutung dieses uralt eigenthüm- lich berüchtigten Backwerks bewußt? Wem von Euch sollte es gegenwärtig sein, daß die Form des Weihnachtsstollens, unseres Christ- brodes so zu sagen, nichts anderes sein wollte, als eine Versinnbildlichung des lieben Christkindes? Und doch ist es so und wenn ich nicht zur ange nehmen Oberflächlichkeit verurtheilter Feuilletonist wäre, würde ich Euch das lang und breit beweisen. So aber müßt Ihr mir's schon auf's Wort hin glauben, daß gemeiniglich jede heilige Festzeit ein ihr eigenthümliches lokal verschiedengeartetes symbo lisches Backwerk hat und daß in katholischen Län dern der Teig das ganze liebe Jahr nicht aufhört zur Ehre irgend eines Heiligen so oder so geknetet und geformet zu werden. Und da mir im Feuille ton nun einmal kein Backwerk heilig zu sein braucht, so könnte ich, um allgemein verständliche Beispiele für mich ins Gefecht zu führen, gleichzeitig erwäh nen, daß nach einer Versicherung des kürzlich ver storbenen Staals-Archiv-Directors vr. Carl v. Weber, die „Pfannkuchen", welche an manchen Orten „Ber liner" Pfannkuchen genannt werden, symbolisch den Schwamm bezeichnen, mit dem der Heiland am Kreuze getränkt ward. Derselbe Gewährsmann sagt: Die Fastenbcetzeln in ihrer verschlungenen Gestalt bedeuten die Fesseln, in welche Jesus ge schlagen ward. Es kann der gastronomischen Güte genannten Backwerkes keinen Eintrag thun und vermindert seinen Consum sicher nicht, wenn das Gedächtniß an die innere Bedeutung dieses Export artikels hiermit „a bifferl aufgefrischt" worden ist. Als Importartikel in des Wortes eigenster Be deutung, als Speise, als Kaffeebrod namentlich be dauere ich, eine weniger glänzende aber gesundheits- statistisch jedenfalls interessante Seite des Christstollens hervorheben zu müssen. Sein Genuß erzeugt häufig Sodbrennen und wenn unsere lieben Kleinen nach den Festen so vielfach „patient" werden, so sind manchmal kalte Füße oder dec Ostwind auch schuld daran, des öfteren aber der übertriebene Stollenge nuß, der im Tagebuche des vielbeschäftigten Haus arztes längst als Stollenmagencatarrh pathologische Rubrik geworden ist. Ich möchte um keinen Preis der Welt einen Sturm der Hausfrauen gegen mich heraufbeschwören oder gütige alte Köchinnen kränken, deren Blick durch mehrwöchentlichen „Stollendusel" alljährlich getrübt wird, aber ganz in aller Stille möchte ich die Frage anregen, ob man, ohne die innere Bedeutung des Stollens nach Form oder Inhalt irgend zu schädigen, dem mit Recht so be liebten Gebäck nicht ein Ingredienz zusetzen oder entziehen könnte, wodurch die Magensäureerregung resp. der Anlaß zu Sodbrennen und Catarrh als gefährliche Klippe der materiellen Weihnachtsfreuden glücklich umschifft würde. Der Export würde da durch gewiß nicht leiden, der Import aber im obigen Sinn der ganz gewöhnlichen Nahrungszufuhr von annoch ihm anhaftenden Mängeln und körperlichen Verkehrs- resp. Verdauungsstörungen wünschenswerth befreit. Sollte dieser feuilletonistische Rückblick auch nur in einer ehrlichen Bäckerseele einen Keim, der auf praktische Fortentwickelung hoffen läßt, aus dem Winterschlaf der Gewohnheit geweckt haben, so würde mich das Bewußtsein, späteren Generationen man cherlei Sodbrennen und Magenbeschwerden erspart zu haben, für das unvermeidliche Unglück, an sol chen zu leiden, reichlich entschädigen. Verwischtes. Das nenn' ich mir eine Punschbowle. Der Ad miral Russel, Sieger von la Hogue, wollte die