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wird und welche friedliche Zusicherungen in Bezug auf die auswärtige Politik des neuen Ministeriums enthält, zugleich aber die Nothwendigkeit einer Revi sion des Wahlmodus für den Senat auseinander setzt und die Einführung des Listenscrutiniums for dert. In der Besetzung mehrerer diplomatischer stehen Posten, wie verlautet, Veränderungen bevor. England. Aus Bradford in England wird unter dem 14. d. M. gemeldet: Von der hiesigen Polizei wurde gestern eine große Anzahl Revolver, Patronen nebst fenischen Schriftstücken mit Beschlag belegt. Italien. Aus Rom wird von einer (.m Sommer dieses Jahres zusammengetrelenen) katholischen Liga berichtet, deren Mitglieder bereits nach Tausenden zählen. Der Zweck der Gesellschaft ist der, alle Katholiken der Erde, welcher Nation oder welchem Berufe sie auch angehören, eng mit einander zu verbinden und mit allen gesetzlichen Mitteln die Interessen der Religion und der christlichen Gesell schaft aufrecht zu erhalten und zu verlheidigen. Die Liga thut dies in einem eigenen Preßorgane, wel ches zur Zeit den Titel „In, üoooolo Li Koma" führt; für die Zukunft ist eine Zeitung in Aussicht gestellt, welche in französischer und italienischer Sprache erscheinen wird. Der Beitritt zur Gesell schaft fordert laut Statuten ohne Unterschied des Alters, Standes oder Geschlechts nur,römisch-katho lischen Glauben und moralische Integrität; der jährliche Beitrag ist auf 1 Lire — 80 Pfennige festgesetzt. Allem Anscheine nach scheint diese ka tholische Liga ein Gegengewicht gegen das Frei- maurerthum bilden zu sollen; der Prospect verspricht jedem Mitglied«, wo es auch sei, Schutz und Bei stand und fordert von demselben Aufrechterhaltung des christlich-katholischen Glaubens. Der Papst ernannte den Erzbischof Ledochowski zum Cardinal-Mitglied der Heiligen Inquisition. Di Vietro, der Dekan des Cardinalcollegiums, wird am 8. December bei der großen Heiligsprechung Labre's, eine Adresse über das nothwendige, enge Zusammenhalten des Episkopats mit dem Papste, sowie über Besorgnisse der Cardinale bezüglich des unerträglichen Zustandes, in welchem sich der Heilige Stuhl befindet, verlesen. Der Papst wird hierauf mit der Aufforderung antworten, daß die katholische Christenheit zu Gunsten des Papstthums kräftig agitiren möge. Türkei. Die größte Angst vor dem Cabinet Gambetta scheint der Sultan zu haben; nach einem Constan- tinopeler Briefe des Wiener „Deutschen Tageblatt" fürchtet er den Dictalor an der Spitze Frankreichs mehr als „10 Armeen," denn von Gambetta müsse man sich einer verstärkten französischen Action an der Nordküste Asrikas versehen. Abdul Hamid soll geäußert haben, „er werde die Ernennung Gambet- la's mit Entsendung aller disponiblen Streitkräfte nach Tripolis und Aegypten beantworten." In dem Protest der türkischen Regierung gegen die österreichische Regierung inbetreff deren Recru- tirung in Bosnien heißt es am Schluffe: „Wir protestiren gegen ein solches Vorgehen, das ein Ein griff in die Souverainetätsrechte des Sultans und im Widerspruche mit der zwischen der österreich ungarischen Regierung und der Pforte abgeschlos senen Convention vom 21. April 1879 wäre." Die Pforte erließ ferner ein Rundschreiben, in welchem sie die Aufmerksamkeit der Mächte auf die bulgarischen Festungen lenkt, da namentlich Rustschuk nicht nur geschleift, sondern neu ausgebaut und mit einem großen Vorrath an Geschützen und Munition versehen werde. Die Pforte bittet um nachdrückliches Einschreiten der Mächte in Sofia. Amerika. In Washinton wurde am Montag der Prozeß gegen den Mörder des Präsidenten Garfield wieder ausgenommen. Als Vertheidiger Guiteau's fungirten sein Schwager und ein anderer Advokat. Nach wenig erheblicher Discussion vertagte der Ge richtshof die Fortsetzung auf Dienstag. Guileau wollte, entgegen dem Rathc seines Advokaten und ungeachtet der Anordnung des Richters, durchaus eine Erklärung verlesen und übergab schließlich das Manuscript seiner Rede einem Journalisten. Einige Zeitungen veröffentlichen heute Abend diese Rede, welche zusammenhängend erklärt, daß mehrere seiner Verwandten irrsinnig gewesen seien, und verlangt schließlich Geld, um seine Vertheidigung zu führen. Aus dem Muldenthale. *Waldenburg, 16. November. Nächsten Sonn abend wird der Afrikareisende Hermann Reichmann aus Dresden im hiesigen Rathskellersaale einen öffentlichen Vortrag über seine Reisen durch die Sandwüste, in das innere Afrika und Palästina halten, worauf wir an dieser Stelle besonders auf merksam machen. — Der Mörder der Schwäne im Schwanenteiche zu Zwickau scheint endlich entdeckt zu sein. Ein Handarbeiter hat am 13. d. früh im städtischen Park einen ausgewachsenen Fuchs bemerkt, welcher höchstwahrscheinlich oie Schwäne gelüstet hat. Aus dem Sachserrlande. — Dem von der dritten ordentlichen evangelisch lutherischen Landessynode gestellten Anträge ent sprechend ist von den in LvauMliois beauftragten Herren Staatsministern genehmigt worden, daß zur Förderung der Einführung des Landesgesangbuchs bis auf Weiteres am zweiten Bußtage jedes Jahres und zwar bereits vom laufenden Jahre ab eine all gemeine Kicchencollecte in den evangelisch-lutherischen Kirchen des Landes veranstaltet werde. Der bevor stehende Bußtag wird den Kirchengemeinden zum ersten Male Gelegenheit geben, zur Förderung des wichtigen Zweckes ein Scherflein zu opfern, und steht <>u wünschen, daß die Liebesgaben in dem Maße reichlich fließen, als das Bedürfniß eines einheitlichen Landesgelangbuchs und seiner durch möglichst niedrigen Preis zu erleichternden Ein führung ein allgemein anerkanntes ist. In seiner diesbezüglichen Verordnung vom 25. Juni 1881 verspricht das h. Landesconsistorium, die ihm durch die Collecte zur Disposition gestellten Gelder unter gleichmäßiger Berücksichtigung der verschiedenen Landestheile zur Unterstützung der Kirchengemeinden bei Einführung des Lundesgesangbuches zu verwen den, bis zum Eintritt der Möglichkeit dessen aber in sächsischen Slaalspapieren zinsbar anlegen zu lassen. — Das evangelisch-lutherische Landesconsistorium hat bestimmt, daß von jetzt ab die Censuren über die Leistungen bei den vor demselben zu bestehenden Wahlfähigkeitsprüfungen nach vier Abstufungen er- theilt werden sollen, nämlich die 1. Censur „vor züglich", die 2. „sehr wohl," die 3. „wohl" und 4. „genügend;" an 2. und 3. Censur können zum Zeichen der Annäherung an die nächst höhere Stufe mit einem Stern (*) versehen werden. Uebrigens wird in dem über diese Censur ausgefertigten Certi- ficat auch das Urtheil über die Clausurarbeil, die mündliche Prüfung, die Predigt und die Katechese besonders enthalten sein. Durch diese Neueinrichtung sind die verschiedenen Censurgrade für die theolo gischen Prüfungen in Leipzig nnd Dresden die gleichen. — Der „Vogtl. Anz." schreibt: Der bessere Gang einiger Jndustrieartikel der Stickereibranche mahnt uns wieder daran, vor dem in Sachsen üblichen „Schleudern" ernstlich zu warnen. Die Selbstachtung vor dem eigenen Fabrikat sollte schon davon abhalten, niedrige Preise zu stellen, welche sich auf die Dauer nicht aufrecht erhallen lassen, sondern zur Verschlechterung der Arbeit und schließ lich zum Ruin der Branche führen müssen. Mit Entsetzen mußten wir kürzlich die glaubwürdige Versicherung eines Großindustriellen vernehmen, daß ihm im Auslands gesagt worden sei: „Hätten wir gewußt, daß Sie uns sächsische Waare bringen, wir hätten nichts von Ihnen gekauft!" Das giebt zu denken. Da heißt es also, den augenblicklichen Vortheil außer Acht lassen zu Gunsten des nach haltigen Vortheils. - — Bei allgemeiner Vorberathung des Gesetzent wurfs wegen provisorischer Forterhebung der Steuern und Abgaben im Jahre 1881 im sächsischen Land tag am 15. d. plaidirte Abg. Kirchbach für eine Ver legung der Etatsperiode, und zwar hauptsächlich in Rücksicht darauf, daß die gleichzeitige Einberufung des Reichstags dem Hause eine verhältnißmäßig große Zahl von Mitgliedern entziehe, welch' letztere in die unangenehme Lage gebracht sind, zwischen Landtag und Reichstag sich entscheiden zu müssen. Aber auch nach vielen andern Seiten hin treten dadurch Uebelstände zu Tage, aus deren Beseitigung hingearbeitet werden müsse. Finanzminister von Könneritz hält eine Verlegung des Etatsjahres auf den 1. April für jetzt noch nicht für reif und erklärt es auch für sehr zweifelhaft, ob der vom Abg. Kirch bach verfolgte Zweck dadurch wirklich erreicht werde. Der gegen sonst ungewöhnlich frühe Zusammentritt des Reichstags ist durch die gebotene Dringlichkeit der Vorlagen eben auch nur ausnahmsweise erfolgt. Die Vorlage wurde schließlich auf Antrag des Abg. Uhlemann-Görlitz der Finanz-Deputation über wiesen, desgleichen auch Dekret 20, die Abschreibung von zu Wasserlaufregulirungs-Zwecken geleisteten Vorschüssen betr. In Schlußberalhung über allge meine Staatsbedürfniffe wurden sämmtliche einge stellte Zuschüsse einstimmig bewilligt. Unter den selben befinden sich auch die Civil-Liste Seiner Majestät des Königs (2,850,000 M.), die Schatullen bedürfnisse, Garderoben und Hofstaatsgelder I. M. der Königin (90,000 M.) und die Apanagen S. K. H. de« Prinzen Georg (262,083 M). Bei Be- rathung des Etats der zum Kgl. Hausftdeicommiß gehörigen Sammlungen für Kunst und Wissenschaft, welche einen Zuschuß von 221,317 M. erfordern, interpellirte Abg. Walter die Negierung wegen der durch die Presse gegen die Direction der Kgl. Ge mäldegalerie erhobenen Beschuldigungen. Regier- ungscommissar Geh. Hofrath Ör. Roßmann erklärte, daß auch nicht einer der Vorwürfe, welche der Galcrie- director vr. Eisenmann in Kassel der Dresdner Direc tion gemacht, sich als begründet erwiesen habe. Der Zuschuß an Jahresrenten der Staatskassen im Be trage von 405,971 M-, sowie die Landtagskosten im Betrage von 126,400 M. wurde der Aufwand für das Stenographische Institut mit 29,100 Mk. einstimmig bewilligt. Unter dem bewilligten Auf wand in allgemeinen Regierungs- und Verwaltungs- Angelegenheiten finden sich für Tafelgelder für den mit der Repräsentation beauftragien Staatsminister 12,000 M., für die Bearbeitung der topographischen und geologischen Specialkarte des Königreichs Sachsen 77,500 M., und für die europäische Gradmessung transitorisch 5000 M. eingestellt. — In Leipzig ist man, wie das dortige „Tagebl." schreibt, gegenwärtig mit der Anlage der Telephon- leitungen beschäftigt und zeigen sich die Leilungs- anlagen bereits auf den Gebäuden mehrerer Stra ßen fertig gestellt. So z. B. auf dem Grimmaischen Steinweg, der Blücherstraße rc., wo man, wenn man zu den Häusern dieser Straßen hinaufblickt, die Leitungsstellagen hoch auf den Bedachungen der Gebäude errichtet findet. Auf der Blücherstraße zeigen diese Stellagen 4 Reihen Jsolirglocken, in jeder Reihe 6 Glocken, mithin 24 Leitungsdrähte tragend. Nach Gohlis laufen bereits 6 Drähte und Eutritzsch wird auch 4 Drähte erhalten. — Aus Chemnitz, 14. November nachts, wird gemeldet: Der heule zum Reichstagsabgeordnelen gewählte Socialdemokral Redacteur Geiser wurde um 10 Uhr verhaftet. Das Militär steht in der Caserne wegen möglicher Ruhestörungen bereit. — Der in Mittweida seil vielen Jahren ange stellte Steuercontroleur Raschdorf verunglückte am 13. d. Abend gegen 10 Uhr, indem er auf dem Nachhauseweg begriffen an der Hausthüre des Restau rant zum „Münchener Hot" daselbst stolperte und dabei das linke Bein so unglücklich brach, daß am andern Morgen die Amputation desselben vorgenom men werden mußte. — Der am Sonntag Abend hier bemerkte Feuer schein hat also doch von dem Brande des Ritter gutes in Niederzwönitz hergerührt. Das Feuer brach in dem zum Ritlergutshof gehörigen Brauerei gebäude, in welchem seit Jahren die Brauerei nicht mehr betrieben wurde, auf noch unermittelte Weise aus, und ergriff allmählich sämmtliche Wirlhschafls- gebäude, ohne daß die zahlreichen Spritzen wirksam hätten eingreifen können, da das Wasser ziemlich weit herbeizuschaffen war und auch die weiche Dachung der alten Gebäude die Verbreitung des Feuers begünstigte. Trotzdem, daß es gelang, das Vieh zu retten, erleidet der Pachter des Gutes, Ludwig, durch den Brand empfindliche Verluste. — Ein eigenthümliches Mißgeschick begegnete dem Dienstknecht Heinitz aus Lobstädt. Derselbe fuhr das Geschirr seines Dienstherrn und dabei wurde die um den Zeigefinger der linken Hand gewickelte Fuhrleine von dem Wagenrads erfaßt und plötzlich so schnell umwickelt, daß Heinitz der Zeigefinger, beim Versuche, sich der Gefahr zu entziehen, that- sächlich von der Hand losriß. Vermischtes. Eine gesegnete Nachkommenschaft. In den ersten Tagen des September fand in dem Städtchen Peapack in New-Jersey die Reunion einer weitverzweigten Familie statt, deren Mitglieder auf den nicht gerade klangvollen aber ehrlichen Namen „Smith" oder „Schmidt" hören. Vor ca. 136 Jahren war ein Mann, Namens Zacharias Schmidt, aus Holland eingewanderl, ließ sich in der Nähe von Peapack, damals noch in der „Wildniß" gelegen, nieder und verheirathete sich mit einem ebenfalls eingewanderten Schwabenmädchen Christine Hessel. Der Ehe ent sprangen 17 Kinder — 9 Knaben und 8 Mäd chen —, die alle munter gediehen und, als sie in die Jahre kamen, sich selbst einen eigenen Heerd gründeten. Heute leiten, wie die Frankfurter Zei tung zu berichten weiß, 2547 Seelen ihre mittelbare Abstammung von Zacharias und Christine Schmidt her, wenn auch viele von ihnen ihren Namen seit dem anglisirten. Die meisten davon sind dem Be rufe ihres Gründers gefolgt und haben sich dem Ackerbau gewidmet. Doch finden wir auch einen General, mehrere Geistlichen, Advokaten, Aerzte und Handwerker unter ihnen und sie alle stehen bei