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HllMbliM TtinMll und Waldenburger Anzeiger Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. 50 Pf. Alle Postanstalten, die Expedition und die Colporteure dieses Blattes nehmen Be stellungen an. Einzelne Nummern 8 Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., unter Eingesandt 20 Pf. Erscheint täglich mit Ausnahme der Tag- nach Sonn- und Festtagen. Beiträge sind erwünscht und werden eventuell honorrrt. Annahme von Inseraten für die nächster- scheinende Nummer bis Mittags 12 Uhr des vorhergehenden Tages. Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. Donnerstag, den 17. November 1881 werthe Mittheilung aus Nürnberg: „Ein Verwand ter des Fürsten Bismarck, der kürzlich in Nürnberg war, äußerte sich zu einem Freunde betreffs aller falschen Gerüchte, die man in der Semitenfrage dem Kanzler untergeschoben, Fürst Bismarck, bei dem er jüngst in Varzin war, habe ihm erklärt: Diese Frage ist schon oft an mich herangetreten, ich hüte mich aber wohl, etwas zu äußern, weil es ja doch wieder entstellt wird. Ich habe ähnliche Er fahrungen in der Socialistenfrage bitter durchge macht, in der ich mir die Finger verbrannte; denn als ich manches von ihnen gut fand, da hackte man jahrelang auf mir herum, und als ich das Socia- listengesetz durchbrachte, hackten diese Leute wieder auf mich, bis heute. Ich überlasse die ganze Frage den Gesetzen, dafür sind diese da." — Ferner äußerle Fürst Bismarck: „Unser ganzes Wahlsystem ist falsch. In einem wohlgeordneten Staate sollte jede Stimme Geltung haben. Ich meine, wenn ver schiedene Parteien durch ganz Deutschland am gleichen Tage stimmen, sollte für jede ihre Partei die Stim men sammeln und diese daun für je 25,000 Stim men einen Vertreter ihrer Parte: wählen können; denn der Unsinn liegt klar zu Tage, daß, wo Par teien fast Pari stehen, die andere Hälfte garnicht zur Geltung kommt. Auch fielen dadurch die Kirch- thurmsintereffen und die widerlich störenden persön lichen Streitigkeiten ebenso wie die Stichwahl fort. Wie sollte aber erst nun der Landmann die Schat- tirungen verzwickter Parteiverhältnisse, wie liberal, natinal-liberal und Secession begreifen; wozu diese vielen fremden Bezeichnungen für eine deutsche Sache? Ich meine schlechtweg, daß, wenn man einen allge meinen Landverein oder meinethalben nur Bauern bund gründete, so wäre dies verständig und jeden falls faßlicher, die Städte sind ohnehin stark genug im Parlament vertreten. Durch die Stichwahlen hat sich auch die Zahl der Doppelwahlen beträchtlich erhöht. Es sind zweimal gewählt Falk in Bunzlau-Lüben und Worms- Heppenheim, v. Forckenbeck in Wolmirstedt-Neuhal densleben und Sagan-Sprottau, Liebknecht in Mainz- Oppenheim und Offenbach-Dieburg, Lenzmann in Dortmund und Altena-Jferlohn, Richter in Berlin V. und Hagen, Rickert in Danzig und Coburg, v. Saucken in Berlin III. und Labiau-Wehlau und v. Schorlemsr-Alst in Ahaus-Steinfurt und Bochum. Neuwahlen müssen in Folge dessen stattfinden für Worms, Sagan-Sprottau (wo vr. Karl Braun bereits aufgestellt ist), Altena-Iserlohn, Berlin V., Coburg (wo Mommsen als Candidat auftritt), Ber lin III. und Ahaus-Steinfurt. Liebknecht hat das Mandat für Mainz angenommen, so daß im Wahl kreise Offenbach-Dieburg eine Nachwahl nöthig wird. Wie aus Paris gemeldet wird, hätten die drei Botschafter zu Berlin, Petersburg und Wien, Graf St. Vallier, General Changy, Graf du ChLtel, sich verständigt, ihre Haltung gegenüber dem Cabinet Gambetta gemeinsam zu reguliren und eventuell gemeinsam zurttckzutreten. Voraussichtlich wird dieser Rücktritt erfolgen, wenn die Herren Say, Ferry und Freycinet dem Cabinet fern bleiben und dasselbe eine durchaus radikale Färbung annehmen sollte. Aus Paris wird gemeldet, daß der französische Botschafter in Berlin, Graf St. Vallier, und der Botschafter in St. Petersburg, General Chancy, demissionirt haben. Die vorliegenden Wahl-Resultate schließen auch eine co.-servativ-klerikale Mehrheit aus. Der Anti-Semit Kaufmann Hertzog in Berlin, dessen Schnittwaaren-Geschäft das Gerson'sche längst überflügelt hat und welcher durch Beitrag von 160,000 Mark bei der Wahl-Agitation in Berlin »Waldenburg, 16. November 1881. Politische Rmtdschttn. Deutsches Reich. Der Kaiser conferirte am 14. d. nachmittags mit Bismarck und am 15. d. mit dem Kron- ^Der^Bundesrath beschäftigte sich in sEr Sitzung vom 15. d. u. A. mit der vom Reichs kanzler angeregten Abänderung der Auöführungs- bestimmungen zum Viehseuchengesetz. Es handelt sich um das polizeilich anzuocduende Todten von während der Sperre frei umherlaufenden Hunden. Weiter wurden die Etats der Marineverwaltung, dec Eisenbahnen, des auswärtigen Amtes rc. fest- gestellt. Der preußische Minister der Geistlichen UnternchtS- und Mcdicinal-Angelegenheiten v. Goßler hat durch Erlaß vom 14. October d. I. in Folge einer strei tigen Frage dahin Entscheidung getroffen, daß dem Eintritt eines katholische» Pfarrers in den Kirchen vorstand einer zu der Pfarrgemeinde gehörigen Filial-Kapellen rc. Gemeinde, welche einen eigenen Geistlichen nicht hat, fernerhin nicht entgegenzu treten sei. Die Königlichen Regierungen sind an gewiesen worden, demgemäß ihre Verfügungen zu modificiren, und weitere Bestimmungen einzurichten. Zur Berathung von technischen und Verwaltungs- fragen aus dem Gebiete der Post und Tele graphie sind eine Anzahl von Posträthen und von Vorstehern größerer Post- und Telegraphenämter aus allen Theilen des Reichs-Postgebiets nach Berlin berufen worden. Die Eröffnung dieser Conferenz hat am 10. d. durch den Staatssekretär Or. Stephan staltgefunden. In der Eröffnungsrede wies derselbe nach einem Rückblick auf die in den letzten Jahren und insbesondere seit Vereinigung der Telegraphie mit der Post durchgeführten Veränderungen und Erleichterungen auf die Aufgaben hin, welche die keinen Stillstand gestattende, andauernde Verkehrs entwickelung dem Dienstbetriebe und der Verwaltung auferlegen und hob im Anschluffe hieran die wich tigsten Gruppen der der Conferenz unterbreiteten Berathungs-Gegenstände hervor. Dieselben betrafen im Wesentllichen: Einrichtungen aus Anlaß der Entwickelungen des telegraphischen Betriebes, Ver einfachungen :m technische» Postdienste, neue, durch die sehr bedeutende Zunahme des bankmäßigen Ver kehrs der Postanstaltcn bedingte Vorkehrungen zur Sicherung des Kaffenbetriebs und verschiedene Fragen betreffs der Personal-Angelegenheiten, namentlich in Verbindung mit den Wohlfahrts-Einrichtungen der Verwaltung. Am Schlüsse seiner Ansprache betonte der Staatssekretär, daß es aber nicht einmal aus die Enrichtungen, vielmehr auf den Geist ankomme, der die Verwaltung durchdringe. Habe die Post- und Telegraphen-Verwaltung, allerdings begünstigt durch die großen Zeiten, welche wir durchlebt haben und Dank der Förderung, welche der Reichskanzler diesen von ihm von vornherein durch die Verfassung stark und einheitlich organisirten Reichs-Institute ^derzeit habe angedeihen lassen, Vieles zu erreichen vermocht und genieße sie in der ganzen Welt ein hohes Ansehen, so sei dies namentlich auch durch den Geist erreicht worden, von welcher sie erfüllt und der das Ganze durchströmen müsse, wie der Strom die elektrische Kette, und den er Alle bitte zu bewahren und zu pflegen, da hierin besonders auch die Bürgschaft der Zukunft liege. Nach Be endigung der Ansprache trat die Versammlung so gleich in ihre Berathungen ein, welche vorauösicht- "4 den Zeitraum von 8 bis 10 Tagen in Anspruch Uehmen dürften. Die Augsb. „Allg. Ztg." bringt folgende beachtens- eins hervorragende Rolle spielte, Hal folgendes Schreiben des Kanzlers erhallen: „Varzin, 11. No vember. Ich danke Ihnen verbindlichst für die Auf- merisamkeit, welche Sie mir durch Uebersendung Ihrer elegant ausgestatteten Agenda erwiesen haben und benütze diesen Anlaß gern, um meiner Freude über Ihre opferbereite und mulhige Theilnahme an dem Kampfe gegen die Fortschrittspartei Ausdruck zu geben. Das glänzende Beispiel, welches Sie durch Ihr Eintreten in die Wahlbewegung gegeben haben, wird, wie ich hoffe, belebend auf solche Ge- sinnungsgenossen wirken, deren Zurückhaltung von persönlicher und sachlicher Mitwirkung eine der Ur sachen des gegnerischen Sieges bildet, v. Bismarck." Der Stellvertreter des Reichskanzlers hat dem Bundesrath die Beschlußfassung über den Antrag der Danziger Privat-Aktienbank, ihr die mit dem 16. März 1882 erlöschende Befugniß zur Ausgabe von Banknoten bis zum 1 Januar 1891 zu verlän gern, anheimgegeben. Nachdem in Folge der Bestimmungen der Han dels-Verträge zwischen Deutschland und Oesterreich- Ungarn bezw. der Schweiz die für Handlungs reisende unentgeltlich auszufertigenden Gewerbe- Legitimations-Karten eine veränderte Gestalt erhallen haben, hat der Handelsminister di- Spezial regierungen beauftragt, zur Beseitigung von Miß verständnissen die Betheiligten darauf aufmerksam zu machen, daß diese Karten, welche in der Ueber- schrift die Worte „für Handlungsreisende" führen, nicht allein zur Legitimation derjenigen dienen, welche im Dienste einer fremden Firma reisen, sondern auch die Legitimation derjenigen selbständigen Ge- werbtreibenden bilden, welche persönlich für ihre eigene Firma reisen. Die Aushändigung beson derer Zusammenstellungen der von den Handlungs reisenden zu beachtenden Anordnungen fällt künftig weg, da das Erforderliche auf die Rückseite der Gewerbe-Legitimationskarte ausgenommen ist. Vom I. Januar 1882 ab hört die Befugniß der Hand lungsreisenden, aufgekaufte Waaren behufs deren Beförderung nach dem Bestimmungsort mit sich zu führen auf, sie dürfen dann nur noch Waarenmuster, aber keine Waaren mit sich führen. In der Sitzung der baierischen Kammer vom 15. d. wurde der Antrag Mayers auf Aufhebung der obligatorischen Civilehe von der Rechtspartei geschloffen gegen die Linke angenommen. Der Justiz minister Fäustle schloß seine ausführliche Gegenrede, worin er die Motive des Antrags widerlegt und die Undurchführbarkeit nachzuweisen sucht mit dem Be merken: Angesichts dessen bin ich vom Gesammt- ministerium zu erklären ermächtigt, daß es nicht in der Lage, die Krone im Sinne des Antrages Mayer zu berathen. Frankreich. Der General Saussier telegraphirt aus dem Lager von Kahiruan, 7. Nov., an den Kriegs minister: „Die jüngsten Sendungen aus Susa haben es möglich gemacht, die Verpflegung der Truppen zu verbessern. Der Gesundheitszustand ist zwar nicht so gut, wie ich wünsche, aber doch ziemlich befriedigend. Gestern und heute haben die Stämme, welche sich unterworfen haben, angefan gen, ihre Waffen auszuliefern. Im Süden haben die Insurgenten unter einander mehrere Gefechte gehabt, indem die Einen sich uns ergaben, die An deren den Aufstand fortsetzen wollten. Unser Vor marsch, welcher nahe beoorsteht, wird eine Lösung herbeiführen." Die neuen Minister traten zu einer Berathung zusammen und erlheilten dabei der Erklärung ihre Zustimmung, welche Gambetta bei Beginn der Sitzungen des Senats und der Kammer abgeben