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Das dritte Verzeichniß der beim Reichstag eingegangenen Petitionen ist soeben im Druck er schienen. Dasselbe umfaßt 47 Petitionen, von denen eine — die Petition der Gemeindevertretung Leip zigs, die Vororte von Leipzig aus der 5. in die 3. Serviesklasse zu versetzen — der Budgetcommission und eine — die Petition von Sievers und Gen. zu Winsen a. d. Luhe bei Aufnahme der Stadt Hamburg in das deutsche Zollgebiet Wanderlager und Haufirhandel in den Kreisen Harburg, Lüne burg und Stadt zu verbieten — der Hamburger Commission, die übrigen der Petitionscommission zugewiescn wurden. Von den letzteren heben wir folgende hervor: Eine große Anzahl von Petitionen bittet um Aufhebung des Anwaltzwanges; der Hofconditor Weiß als Vorsitzender des Verbandes deutscher Conditoren bittet um Einführung von Arbeitsbüchern für alle Arbeiter. Eine Anzahl von Petitionen bittet um Wiedereinführung des früheren Cxecutionsverfahrens event. um Uebertragung der Haftpflicht für entstandene Defecte Seitens der Ge richtsvollzieher auf das Reich. N. Zeitler in Ber lin bittet, für die concessionirten Patentanwälte eine gesetzliche Gebührentaxe einzuführen. Brüggemann, Tabak und Cigarrenfabrikant und Gen. in Magde burg, bitten um Herabsetzung der Tabaksteuer. Korff und Gen. zu Sonderburg bitten um Entschädigung für den der Stadt Sonderburg im Kriegs gegen Dänemark im Jahre 1864 zugefügten Schaden. Der Gemeinde- und Armenrath zu Säckingen bittet um Abänderung des Gesetzes über den Unterstütz ungswohnsitz. Der Vorstand des hannoverschen Ver eins zur Bekämpfung der wissenschaftlichen Thier folter zu Hannover bittet um Erlaß eines Gesetzes zur Verhütung der bei der Vivisection vorkommen der Grausamkeiten gegen Thiere; ebenso der Vor stand des Neuen Berliner Thierschutzvereins und Knuth und Comp. in Leipzig beschweren sich über die zollamtliche Behandlung des in hermetisch ver schlossenen Blechbüchsen eingehenden.„Cornedbeef". In der am 11. d. M. in Düsseldorf abgehal tenen Generalversammlung des Vereins deutscher Eisenhüttenleute ist folgendes Telegramm an den Reichskanzler gesendet worden: 300 hier versammelte Mitglieder des Vereins deutscher Eisenhüttenleute danken Ew. Durchlaucht für die segensreich wir kende Wirtschaftspolitik, welche die Wiederkehr besserer Zeiten für Werke und Arbeiter herbeigeführt hat. Der Vorsitzende: C. Lueg. Oesterreich. Die „Presse" meldet, daß auf Befehl des Kaisers am 15. d. in der Schloßkirche zu Gödöllö ein Requiem für die beim Brand des Theaters Ver unglückten stattfindet. Der Kaiser, die Kaiserin, der Hofstaat und das ganze Hofpersonal werden dem Requiem beiwohnen. Vom Strafgerichte wurde die Untersuchung über den Brand des Ringtheaters eingeleitet. Director Jauner hatte bereits am 13. seine erste Vernehmung beim Untersuchungsrichter, Landgerichts- rath Lanser, am 15. wird der Erbauer des Ring theaters, Baumeister Förster, vernommen werden. Die Staatsanwaltschaft wird durch Staatsanwalt Or. v. Pelser vertreten. Der Chef der Staatsan waltschaft, Graf Lamezan, welcher sich beim Brande äußerst heldenmüthig benommen hat, wird sich jeder amtlichen Einwirkung in diese Angelegenheit aus persönlichen Gründen enthalten, vielmehr als Zeuge vernommen werden. Ein Morgenblatt fordert in einem schwungvollen Artikel die Bestrafung .der Schuldigen, welche man vor die Geschworenen stellen solle. Doch sind die strafgerichtlichen Erhebungen nach 8 335 des St.-G. (Vergehen gegen die Sicherheit des Lebens) eingeleitet worden — ein Delict, welches nicht in die Competenz des Schwur gerichtes fällt. Die bezeichnete Gesetzesstelle normirt für das Vergehen strengen Arrest von sechs Monaten bis zu einem Jahre. Nach ß 337 kann die Strafe, wenn eine strafbare Handlung oder Unterlassung unter besonders gefährlichen Umständen erfolgt ist, bis zu drei Jahren strengen Arrests ausgedehnt werden. Die Verhandlung über das vorliegende Vergehen wird also nur von einem Vier-Richter- Collegium durchgeführt werden. Ungarn. Im Unterhaus hielt der Präsident eine Ansprache, in welcher er die tiefe Erschütterung erwähnte, mit welcher jeder Einzelne die Kunde von dem schweren Schlage erhalten habe, der die Stadt Wien betroffen. Er bittet das Haus, seiner Theil- nahme Ausdruck zu geben und das Präsidium zu ermächtigen, von diesen Gefühlen das Präsidium des österreichischen Reichsraths zu verständigen. Frankreich. Die Wahlen von sechs neuen Pariser Gemeinde- räthen, welche am 11. dss. stattfanden, sind in durchaus radikalem Sinne ausgefallen, und wenn schon zwei der Gewählten den relativ gemäßigten Radikalismus repräsentiren, so haben dafür in zwei erforderlichen Stichwahlen die socialistisch-autono- mistischen Intransigenten zweifellose Aussicht auf Erfolg. Bemerkenswerth ist die ganz außerordentlich starke Stimmenenthaltung der Wahlberechtigten. Die ferneren Gewählten sind gänzlich unbekannte Persönlichkeiten ohne jegliche Bedeutung. Dem bis herigen ultraradikalen Personal und Generalstab scheint augenblicklich jüngerer Nachwuchs zu fehlen. Niederlande. Auch Holland hat jetzt seinen Bradlaughfall. Der gelehrte Or. Hartog Heys van Zouteveen ist in den Stadtrath von Affen (Provinz Drenthe) ge wählt worden, hat sich aber geweigert, den vorge schriebenen Amtseid zu leisten, weil er „nicht an Gott glaube." Da ihm infolge dessen der Ein tritt verweigert worden, hat der Justizminister die Erklärung abgegeben, daß er die Eidesleistung für nothwendig halte, da der Staat zwar „weltlich", aber nicht gottlos (atheistisch) sei, ohne Glauben an Gott könne es keine Wissenschaft, keine Kunst, keine Begeisterung, kein Ideal und kein Recht geben; die Gewissensfreiheit leide nicht darunter, daß man die Eidesleistung für ein öffentliches Am! fordere; letz tere abzuschaffen, sei durchaus unmöglich. Vier Tage berielh die Kammer über die Frage, kam aber zu keinem Abschluß. Im Lande wurden Versamm lungen gehalten, Resolutionen gefaßt, Petitionen beschlossen. Jetzt haben die Liberalen in der Kam mer abermals eine Interpellation angekündigt, die nun wohl zu einem bestimmten Beschlusse führen wird. Italien. Der Betrag der in den abgelaufenen 11 Mona ten eingegangenen Steuern übersteigt denjenigen des Vorjahres um 50 Millionen Lire. Da ist ja die italienische Regierung schöne raus. Das Zuchtpolizeigericht hat den Sizilianer Ma caluso, welcher am 21. November d. I. einen Revolver in den Sitzungssaal der Deputirtenkammer warf, zu einjähriger Haft, einjähriger Jnternirung auf der Insel Ischia und zu 200 Frcs. Geldstrafe verurtheilt. Rumänien. In Rumänien ist seit der Erhebung des Landes zum Königreich das patriotische Selbstgefühl recht rege geworden. Der Adreßentwurf der Depu- tirtenkammer betont noch stärker als der des Senates, daß die Vertretung des Landes die Re gierung bei der Vertheidigung der territorialen und souveränen Rechte Rumäniens in der Donausrage unterstützen werde. Auf den Antrag des Deputirten Ionescu erklärte sich der Ministerpräsident Bratiano bereit, am Mittwoch Abend den vereinigten Kam- mecsectionen Aufklärungen über den Stand der Donaufrage zu geben. Ans dem Mulventhale. — Im Gewerbeverein zu Penig sprach am 8. d. Herr Schuldirector Kunze daselbst über „Die Urzeit unseres Volkes." Neu ausgenommen wurden 5 Mitglieder. Ans dem SnchsenLnnde. — Se. Maj. der König und Se. k. Hoheit der Prinz Georg sind in der Nacht zum 14. d. 12 Uhr 37 Min. von Berlin kommend wieder in Dresden eingetroffen. — Am 12. dieses Monats und folgende Tage fand eine abermalige Ausloosung Königlich Säch sischer Staatspapiere statt, von welcher die 40/0. Staatsschulden-Caffenscheine von den Jahren 1852 55/58/59/62/66 und 1868, die auf 4°/o herabge setzten, vormals 5 °/o. dergleichen vom Jahre 1867, die 4°/o dergleichen vom Jahre 1869, die 4"/o. der gleichen vom Jahre 1870, die auf den Staat über nommenen 4*/s 0/0. Albertsbahn - Prioritäts - Obli gationen der ersten, ohne Buchstabenbezeichnung aus- gefertigten Emission vom 2. Januar 1856, der mit Isit. L. bezeichneten Zweiten Emission vom 1. Juli 1856 und der mit Isit. 0. bezeichneten dritten Emis sion vom 1. April 1857, ingleichen die im gegen wärtigen Termine zum ersten Male in die Ver- loosung tretenden, auf den Staat übernommenen 4'/s °/o. Schuldscheine vom Jahre 1872 der vor maligen Leipzig-Dresdner Eisenbahn-Compagnie be troffen werden. — Zu einer Untersuchung der Theatecgebäude wird für Sachsen der erste Anstoß im Landtage ge geben werden. Vom Abgeordneten Starke ist folgende Interpellation eingereicht worden: „Die hohe königl. Staatsregierung wolle darüber Auskunft er- theilen, in welcher Weise in den sächsischen Theatern für die Sicherheit des Publikums gesorgt ist, ob Hochdieselke im Hinblick auf dir entsetzliche Katastrophe in Wien Weiteres verfügt hat." — Auf das Preisausschreiben des Vorstandes des Allgemeinen Erziehungsvereines zu Dresden für's Jahr 1881, nach welchem für die drei besten, im Sinne und Geiste der Fröbel'schen Erziehungsweise verfaßten Originalaufsätze Preise im Betrage von 100, 80 und 60 Mark ausgesetzt waren, sind eine große Anzahl Aufsätze eingegangen und hat das aus Herrn Geh. Schulrath Or. Bornemann in Dresden, Herrn vr. P. Hohlfeld in Dresden, Herrn Seminar- Director vr. Kehr in Halberstadt, Frau Baronin B. v. Marenholtz-Bülow in Dresden und Herrn Director vr. Nödelke in Leipzig bestehende Preis richter-Collegium den ersten Preis (100 Mk.) dem Aufsatze: Ueber Werth und Bedeutung der Pädagogik I. I. Rousseau's — Verfasser Herr Pastor Nissen in Emmelsbüll (Schleswig), den zweiten Preis (80 Mk.) dem Aussatze: Haupterziehungspunkte für die Beurtheilung der modernen Mädchenerziehung — Verfasser Herr Schuloirector Gesell in Chemnitz und den dritten Preis (60 Mk.) dem Aufsatze: Ein Plauderkapitel für rathlose Mütter — Verfasserin Elli Gregor in Radebeul zuerkannt. Sämmtliche Aufsätze sind in der vom Herrn Director W. Schröter in Dresden redigirten Zeitschrift des allgemeinen „Erziehungsver eines in der „Erziehung der Gegenwart" zum Aus druck gelangt. — Am Dienstag den 13. d. M. versammelten sich die Mitglieder eines der ältesten sächsischen Adels- geschlechter, die der v. Carlowitz zu ihrem Geschlechts tage in Dresden. Die Familie erfeut sich noch heute eines ansehnlichen Grundbesitzes in Sachsen und eine erkleckliche Anzahl ihrer Mitglieder hat sich sowohl im Staats- wie im Militärdienste ausgezeichnet; noch jetzt befinden sich nach der Rangliste 10 Vertreter im acti- ven Dienste der Königl. sächs. Armee. Nach voraus gegangener Sitzung wurde das Diner im Grand Union Hotel, das hierdurch aufs Neue den guten Ruf seiner Küche bewährte, eingenommen. Wie man hört, ist für die Angehörigen zu dieser Gelegenheit im Doublettensaal der Brühl'schen Terrasse eine reich haltige Collection von Portraits verstorbener Corlo- witze ausgestellt worden, welche in interessanter Weise die mannigfache Wirksamkeit der Ahnen illustrirt. — Angesichts des entsetzlichen Wiener Unglückes wird in der Bürgerschaft zu Leipzig der Wunsch laut, das alte Theater zu schließen, bis zur Reno vation, die im Frühjahr stattfindet. Allerdings hat das genannte Theater alle Fehler an sich, die eine Katastrophe möglich machen können. — Am Montag Morgen fand man am Ufer des sogenannten Bretmühlenteiches in Bretnig einen leeren Kinderwagen stehen. Bei Durchsuchung des Teiches fand man die Leichen der Maurersehefrau Sch. und ihre beiden Kinder, eines 2- und eines 4jährigen Knaben. Ob Unglücksfall, oder Mord und Selbstmord vorliegt, ist noch nicht ermittelt. — Eine grausige That vollführte die 2O'/Ljährige Dienstmagd Emilie Mathilde Wehner aus Ober lichtenau, bei dem Gutsbesitzer Haase daselbst im Dienste stehend, dadurch, daß sie dem von ihr am 7. d. M. heimlich geborenen Kinde in ihrer Kam mer mit dem Rasirmesser ihres Herrn den Hals durchschnitt und den Leichnam alsdann, in einen alten Rock gewickelt, in der Nähe des Gutes ver grub. Am Sonnabend wurde die anfänglich heftig leugnende Wehner ihrer Schuld überführt und an das Königl, Amtsgericht Pulsnitz eingeliefert, nach dem sie vorher einen Selbstmordversuch unter nommen. — Der Gewerbeverein in Meißen hat in seiner letzten Sitzung auf Grund eines vom Herrn Lehrer Bang gehaltenen Vortrag beschlossen, mit der Grün dung einer Volkssparkasse nach dem Markensystem vorzugehen. Zu diesem Zwecke hat sich genannter Verein zunächst an den dortigen Stadtrath gewendet, um einen Anschluß der Volkssparkasse an die städtische Sparkasse zu sichern. — Die Bergstadt Schneeberg feierte am Freitag das 400jährige Stadt-Jubiläum, nachdem schon am Tage vorher durch Vereine rc. verschiedene Festlich keiten stattgefunden hatten, auch eine Speisung von 200 Armen mit Fleisch, Gemüse und Brod durch den Frauenverein und eine Vertheilung von Weiß- brod an 314 arme Einwohner seitens der Stadt erfolgt war. Ferner waren aus Anlaß des Festes in den Schulanstalten Feierlichkeiten arrangirt wor den. Nachdem am Vorabende dem als Ehrengast anwesenden Herrn Kreishauptmann Or. Hübel aus der Mitte der Bürgerschaft ein glänzender Fackelzug nebst Serenade gebracht und die Stadt illuminirt worden war, begann die eigentliche Feier am Frei tag mit dem Festgottesdienst in der Stadtkirche. Vormittag in der zehnten Stunde bewegte sich ein stattlicher Festzug unter Vorantritt der Knappschaft mit ihrem Muükchor und Nachfolge der Schützen gilde, der Innungen und Schulen, der Feuerwehr