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lhimbllM TaaMU Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Beiträge sind erwünscht und werden eventuell honorirt. Annahme von Inseraten für die nächster scheinende Nummer bis Mittags 12 Uhr des vorhergehenden Tages. und Waldenburger Anzeiger. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. SN Pf. Alle Postanstalten, die Expedition und die Colporteure dieses Blattes nehmen Be stellungen an. Einzelne Nummern 8 Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., unter Eingesandt 20 Pf. Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. Donnerstag, den 8. December 1881. Späne-Auction. --——kLLLÄLZML»-——-- "Waldenburg, 7. December 1881. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Auf das am 29. v. M. seilens des Vereins zur Wahrung der gemeinsamen wirthschaft- lichen Interessen in Rheinland und West falen an den Fürsten Reichskanzler abgesandte Telegramm ist von letzterem das folgende an den Vorsitzenden des Vereins, Herrn Mulvany, gerich tete Schreiben erlassen: „Berlin, 3. December. Es hat mich gefreut, aus Eurer Wohlgeboren ge fälligem Telegramm zu ersehen, wie die wirtschaft lichen Verhältnisse in der Rheinprovinz und West falen sich gebessert haben, und daß insbesondere die Lage der Arbeiter in Folge höherer Löhne und vermehrter Arbeit eine günstigere geworden ist. In Uebereinstimmung mit Eurer Wohlgeboren sehe ich in dieser Erscheinung Folgen unserer jetzigen Wirth- schaftspolilik und den sicheren Beweis dafür, daß die Ursachen des wirthschaftlichen Rückganges, unter i welchem wir in den letzten 10 Jahren vor der ! Zollreform gelitten haben, von den verbündeten s Regierungen und dem damaligen Reichstage bei Annahme des neuen Zolltarifs richtig erkannt wor den sind. Indem ich der Hoffnung Ausdruck gebe, daß die Erwartungen, die sich an diese Reform knüpfen, wie bisher, so auch in Zukunft sich bestäti gen werden, danke ich Eurer Wohlgeboren und allen an dem Telegramm vom 29. v. M. betheiligten Herren verbindlichst. v. Bismarck." Beim Fürsten Bismarck find am Dienstag, den 6. d. Mts., eine parlamentarische Soiree statt, zu welcher zahlreiche Einladungen an Reichs tags-Abgeordnete ergangen waren. Ueber die Behandlung, welche die liberale Par tei dem Fürsten Bismarck angedeihen lasse, äußert sich das „Deutsche Tageblatt" mit folgenden Worten: „Man mag über des Fürsten Bismarck social-reformatorische Pläne denken, wie man will, — auch Conservative halten sie nicht in allen Punkten für richtig, — das Eine sollte aber Jeder, welcher Partei er angehörc, nicht vergessen, daß sich der Fürst um sein Vaterland verdient gemacht hat, wie Wenige, und, mag er ihn auch nicht begehren, einen berechtigten Anspruch auf den Dank der Na tion hat. Anerkannt muß auch werden — und selbst von dem letzten seiner Gegner, — daß die großen Reformen, welche er anstrebt, keinen anderen Zweck haben, als unser Vaterland, soweit es in Menschenhand steht, glücklicher und zufriedener zu machen. Wer jenes erreicht und dieses erstrebt, der darf doch zum Mindesten den Anspruch erheben, daß seine Gegner ihm sachlich entgegentreten. Und welchen Anblick haben uns die bisherigen Verhand lungen des Reichstags geliefert? Auf Schritt und Tritt sucht eine erbitterte Opposition die Person des Fürsten anzugreifen, zu verdächtigen, zu verleumden und den Mangel der sachlichen Einwände gegen seine Projekte durch niedrige Verunglimpfungen seiner Person zu ersetzen. Was durch offenen ehr lichen Kampf nicht zu erreichen ist, das soll durch unausgesetzte boshafte Nadelstiche erlangt werden. Und diese Taktik rührt nicht von gestern her; wir sehen dieses Schauspiel schon seit Jahren, sehen auch leider, daß das Volk diese Leute wiederwählt. Wahrlich, wäre bei uns das Gefühl für die natio nale Ehre so lebendig, wie bei unseren westlichen Nachbarn, der Unwille des ganzen Volkes würde sich gegen dieses Treiben wenden und ihre Urheber von der parlamentarischen Bildfläche verschwinden lassen. Nach dem stenographischen Bericht lautet die Stelle in dec neulichen Reichstagsrede des Fürsten Bismarck, welche Italien betraf, also: „Nehmen Sie Italien: haben wir da nicht die Republik vorübergehend theilweise — ich weiß nicht, ob im Einverständniß der Gesammtheit — schon gehabt? Jedenfalls spukt sie in vielen Köpfen und man ist dort dem deutschen Fortschritt schon voraus. Können Sie irgend welche Garantie für die Zukunft über nehmen, namentlich wenn Golt die Dynastie, die auf wenigen Augen steht, nicht im Leben erhielte? Sind Sie gewiß, daß die Prophszeihungen, die der Herr Vorredner für falsch erklärt, dann sich dort nicht verwirklichen könnten? Das ist unmöglich vor herzusagen. Ist der Weg, den Italien seit 20 Jahren gegen dieses Ziel hin zurückgelegt hat, nicht erkennbar, und ist nicht der Endpunkt — ich will nicht behaupten, daß es ihn erreicht — ist dieser Endpunkt nicht erkennbar?" In Betreff des Parlamsntsbaues, für welchen nunmehr ein Gesetzentwurf dem Bundesrathe zuge gangen ist, der dieser in seiner Sitzung vom 5. d. zur Vorberathung an die Rechnungscommission ver wiesen hat, hört man, daß man zwar davon Abstand nehmen wird, nochmals eine Preisbewsrbung für diesen Zweck auszuschreiben, daß man jedoch auch diejenigen Projecte, welche bei der früheren Preis ausschreibung prämiirt wurden, nicht voll und ganz ausführen wird, sondern daß man einer technischen Commission dieselben vorzulegen beabsichtigt, um möglicherweise aus diesen Entwürfen durch eine Combination ein Project zu erzielen, welches zur Ausführung gelangen könnte. Man wird sich ent sinnen, daß der erste Preis jener Concurrenz nicht erkannt wurde, sondern nur der zweite und dritte Preis zur Veriheilnng gelaugte, welcher den Pro- jecten der Herren Bohnstedt resp. v. Großheim zu erkannt wurden. Man glaubt nun, daß aus einer Combination beider Projecte es einer technisch-künst lerischen Commission möglich werden dürste, ein ge eignetes Bauproject zu Stande zu bringen. Der Nachtragsetat zum Reichshaushalts etat pro 1882/83 stellt eine Summe von 852,500 M. in Einnahme, welche bei den Matrikulacbeiträ- gen durch Reparation auf die Einzslstaaten aufge bracht werden soll und die als einmalige Ausgabe des Etats des Innern zur Ausführung des Gesetz entwurfs betreffend die Erhebung einer Bsrufsstatistik sowie zur Vornahme einer Viehzählung im Jah.e 1882 zur Verwendung gelangen soll. Der Entwurf des Gesetzes, betreffend die Erhe bung einer Berufsstatistik, so wie die Vornahme einer Viehzüchtung im Jahre 1882 lautet in den einzelnen Paragraphen, wie folgt: ß 1. Im Jahre 1882 findet die Erhebung einer allgemeinen Berufs- und einer Viehzählung für den Umfang des Reichs statt. § 2. Die statistischen Aufnahmen werden von den Landesregierungen bewirkt. Die Lieferun gen der erforderlichen Echebungsformulare und die Verarbeitung des Urmaterials erfolgt von Reichs wegen. ß 3. Der Bundesrath bestimmt den Tag der statistischen Aufnahmen und erläßt die zur Ausführung dieses Gesetzes erforderlichen Vorschriften. 8. 4. Wer die auf Grund dieses Gesetzes an ihn gerichteten Fragen wissentlich wahrheitswidrig beantwortet, oder anderen Verpflichtungen zuwider handelt, welche nach den zur Ausführung dieses Ge setzes erlassenen und bekannt gemachten Vorschriften (8 3) ihm obliegen, ist mit Geldstrafe bis zu Ein hundert Mark oder mit Haft zu bestrafen. Unter den beanstandeten Wahlen befindet sich auch diejenige des 1. Präsidenten des Reichstags, v. Levetzow. Dieselbe ist in Königsberg nur mit sehr geringer Mehrheit erfolgt. Der Schluß des Reichstages soll gegen den 19. oder-20. d. Mts. erfolgen, da an ein Tagen des Reichstages nach Neujahr doch kaum zu denken sein dürfte. Es sind im Reichtage noch zu erledigen der Reichshaushalts-Etat, dis Hamburger Vorlage, die Denkschrift über das Socialistengesetz und sind an weiteren Vorlagen noch zu erwarten die über den Bau eines Reichstagsgebäudes, die Berufsstattstik, dec in der Thronrede angekündigtr Entwurf der zweijährigen Etats und vierjährigen Legislaturperioden, sowie an Anträgen von Mitgliedern des Hauses die über die Erweiterung des Haftpflichtgesetzes, einer procentualen Börsensteuer, Revision des Gerichts kostengesetzes rc. Italien. In den Deputirtenkreisen herrscht seit dem Be- kauntwerden der Rede des Fürsten Bismarck über Italien die größte Aufregung. Man wollte den Minister d's Aeußeren, Mancini, intsrpelliren, doch bat dieser, die Interpellation zu unterlassen, da eine öffentliche Erklärung die Lage nur schwie- ger gestalten würde. Mancini telegraphirte an den diplomatischen Vertreter in Berlin um genaue De tails. Der „Popolo Romano" sagt: Italien müsse es recht sein, daß Preußen die Legation beim päpst lichen Stuhle wiederherstelle; wenn man jedoch in Deutschland die Hoffnung nährt, Fürst Bismarck werde größere Garantien für die Freiheit des Papstes befürworten, dann täuscht man sich. Bismarck wisse, daß das Garantiegesetz nicht internationaler Natur sei, und daß Italien niemals in seine inneren An gelegenheiten eine Einmengung zulassen werde. Rußland. Seit einiger Zeit war Petersburg in höchster Aufregung über einen Geisterspuk in der Kasan kathedrale. Allnächtlich zog der Geist ves ermorde ten Czaren Alexander II. in derselben Uniform, in welcher er begraben liegt, durch die Kirche. Vor derselben fanden massenhaft Volksversammlungen statt. Jetzt hat man die Unternehmer dieses Geister spuks in der Person eines Studenten und eines Kirchenwächlers ermittelt und verhaftet. Der Student wäre angeblich ein Mitglied der revolutionären Par tei; er hatte den Wächter bestochen und stellte, an- gethan mit weißen Laken und auf dem Kopf eine Theaterkrone, vor dem Gesicht eine Maske, den Schatten des verstorbenen Kaisers dar. An die Hausbesitzer der Hauptstraßen zu Peters burg erging die polizeiliche Aufforderung, diejenigen