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den in der letzten Zeit zu außerordentlicher Höhe angeschwollenen Kosten in keinem angemessenen Ver- hältniß stünden. Gleichzeitig wird die in Zusammen hang mit dieser Strömung stehende Absicht ange deutet, dem Bey von Tunis einen Theil seiner ihm durch den Vertrag vom 12. Mai d. I. entzogenen Rechte zuriickzuerstatlen. In der Nacht vom Freitag auf Sonnabend wur den in Paris die Kaffeehäuser und sonstigen Buden, die sich im Tuileriengarten befinden, von einer Räuberbande ausgeraubt und verwüstet. Die Sache erregt Aufsehen, da dies im Herzen von Paris geschehen konnte. Die Missethäter wurden bis jetzt noch nicht entdeckt. Daß Paris heute so unsicher ist, verdankt man besonders dem General Farre, der fast alle militärischen Wachen in Paris, auch die, welche sonst am Eingangs der Tuilerieen und auf dem Place de la Concorde steht, eingezogen hat. Türkei. Wie die „Turquie" meldet, ist die vor sieben Monaten begonnene Volkszählung in Konstan tinopel zu Ende geführt worden und hat mit Einschluß der Weiber und Kinder keine größere Zahl als 350,000 Bewohner ergeben. Das gedachte Blatt ist jedoch der Meinung, daß bei der Zählung nicht sehr regelmäßig vorgegangen worden sein möge und die Bevölkerung viel stärker sein müsse. Aus dem Muldeuthale. ^Waldenburg, 10. November. Se. Durchlaucht Fürst Wilhelm v. Löwenstein (Triefenstein) ist mit Prinzessin Tochter heute Vormittag zum Besuch am Fürstlichen Hofe hier eingelroffen. Aus dem Sachseulaude. — Die zweite sächsische Kammer nahm am 9. d. die Wahl dreier Mitglieder und dreier Stellver treter des Landtagsausschusses zur Verwaltung der Staatsschulden vor. Zu ersteren werden auf Antrag des Abg. Or. Stephani per Acclamation Präs. Haberkorn und die Abgg. Günther und Böhnisch, zu deren Stellvertreter die Abgg. Roth, Schumann und Uhlemann gewählt. Die nächste Sitzung ist auf Freitag angesetzt worden. — Nach Ausweis der Ergebnisse der Civil- und Strafrechtspflege imKönigreich Sachseu für 1878 — 79, zusammengestellt von Herrn Generalstaatsanwall Or. v. Schwarze, wurden im Jahre 1878 und im 1., 2. und 3. Quartal 1879 in Summa 3078 Klagen in Ehesachen angebracht und 1491 Ehen getrennt. Die Zahl der verhandelten Concurse be trug in demselben Zeitraum 1436, der verhandelten Civilprozefse 247,957. Nach den summarischen Ergebnissen auf dem Geb'ete der Strafrechtspflege sind im obengenannten Zeitraum 70,073 Anzeigen über verübte Verbrechen eingegangen, 37,137 Unter suchungen erledigt worden. Die Zahl der Ange schuldigten betrug 48,522, die der Abgeurtheilten 43,004; von letzteren sind freigesprochen worden 6442, verurtheilt 36,562. Unter den Verurthcilten befanden sich 12,726 bereits früher criminell Be strafte. Erkannt wurde in 8 Fällen auf Todesstrafe (sämmtlich in Folge landesherrlicher Gnade in le benslängliche Zuchthausstrafe verwandelt), in 1 Fall auf lebenslängliche, in 1704 Fällen auf zeitliche Zuchthausstrafe, in 27,818 Fällen auf Gefängniß und in 8 Fällen auf Festungshaft. — Dem Asyl für obdachlose Männer in Dresden, das jetzt fast keinen Tag den gestellten Anforderungen zu genügen vermochte, hat Se. Majestät der König 300 Mark und Se. königl. Hoheit Prinz Georg 150 Mark gespendet. Hoffentlich findet dies an allerhöchster Stelle gegebene schöne Beispiel eifrig Nachahmung, damit es möglich werde, dem in's Leben gerufenen Humanitären Institute jene Aus dehnung zu geben, welche durch die traurigen Ver hältnisse nun einmal begehrt wird. — In den ersten 3 Quartalen dieses Jahres wurden in Dresden 1535 Heirathen geschloffen, 6212 Kinder geboren, von denen 1168 (18,«°/o) uneheliche waren, und 4403 Todte begraben. — Im Laufe des Sonntag Abend sind in Leipzig 11 Personen (drei Schneidergesellen, ein Cigarren macher, ein Buchdrucker, ein Buchbinder, ein Schuh macher, ein Handelsmann, ein Böttcher, ein Tischler und ein Hanvarbeiter) bei Verbreitung eines Wahl aufrufes für Bebel verhaftet worden. — Am Montag früh machte in Freiberg ein 23 Jahre alter Bergmann auf dem Thurmhof schachte seinem Leben dadurch ein Ende, daß er sich in den Schacht stürzte. Derselbe ist etwa 70 Meter tief hinabgefallen und von der heraufaehenden Tonne, auf die er aufschlug, aufgefangen worven. — Bei der am 8. d. in Plauen rc. erfolgten Stichwahl erhielt I)r. Hartmann (cons.) 7545, Landmann (lib.) 6147 Stimmen. Hartmann ist demnach gewählt. — Am 5. dss. Mts. war der Windmühlenbesitzer Trobeljahr in Zschoppach bei stillstehendem Werke mit einer Correclur im sogenannten Zeug beschäftigt, als plötzlich ein Windstoß die Mühle in Bewegung setzte. Der Unglückliche war so zerquetscht, daß er alsbald eine Leiche war. — In Laustgk ist eine unerhörte Thierquälerei begangen, leider Gottes aber der Thäter noch nicht entdeckt worden. Dem einer dortigen Einwohnerin gehörigen Hunde ist an beiden Seiten des Bauches das Fell zerschnitten und über den Rücken vollständig abgezogen worden. Das Thier kam noch lebend nach Hause, wurde aber, um es von seinen Qualen zu erlösen, getödtet. — Im Granilbruche zu Belmsdorf bei Bischofs werda versagte dem Steinbrecher Meschke ein Stein schuß. Obschon ihn der Bruchmeister warnte, wollte er doch den Schuß feucht heraus bohren. Diese Tollkühnheit bestrafte sich furchtbar, denn der Schuß entlud sich, riß ihm die linke Hand total weg und zerschmetterte ihm Kinn und Hinterkopf derartig, daß an seinem Aufkommen gezweifelt wird. — Der alte Gottesacker in Meerane war am 8. d. nachmittags gegen 2 Uhr der Schauplatz eines seltsamen Vorkommnisses. Um die angegebene Zeil vernahmen dort Passirende, aus dem Bernstein'schen Erbbegräbniß kommend, ängstliche Hilferufe. Man forscht nach und bemerkt in dem düstern Gewölbe eine männliche Person. Nachdem man mittelst Feuilleton. Chamäleona. Eine Novelle von Klara Aeichner. (Fortsetzung.) Verwundet kam er zurück, ich eilte herbei, ihn zu pflegen und seine ungünstigen Verhältnisse zu theilen, — sie waren ohne Vorbereitung über mich herein gebrochen, denn von seinen Finanz-Angelegenheiten wußte ich nichts. Da wies man mich von seiner Schwelle zurück wie eine Dirne, die Dienerschaft hatte strengen Auftrag, Niemand — mich vor allem nicht — einzulaffen. Ich erzwang mir, auf mein Gattenrecht pochend, mit Gewalt den Eintritt und übte meine Pflicht. Graf Wallensee machte ein etwas verlegenes Gesicht, — seine Verwundung war nur unbequem, nicht gefährlich. Wußte er um das Complot, welches mich ihm fernhalten sollte? Noch hielt ich es für einen Frevel, an eine solche Niedrigkeit zu denken. „Nach seiner Genesung machte er — angeblich im Interesse seiner ungünstigen Lage — eine Reise und kam nicht wieder; ich blieb allein zurück. Statt des Grafen kam ein Schreiben, worin mir die Familie mittheilte, daß man die Curatel aufheben wollte, wenn ich in eine Scheidung willigen werde. Außerdem bot man mir lebenslänglich eine Rente unter der Bedingung, niemals den Namen Gräfin Wallensee zu führen: man wollte mir also Mann und Namen abkaufen! Und der Gras? O, er hatte eingewilligt — ich erhielt von ihm einen Brief, indem er einige leidlich klingende Phrasen schrieb, von Schicksal, Hochherzigkeit und dergleichen, — fast kam es heraus, als müßte ich ihm noch dank bar sein, daß er aus übergroßer Liebe mir nicht zumuthen wolle, sein Schicksal, das meine Zustim mung zur Scheidung wieder glänzend machen sollte, künftig noch mit ihm zu theilen. Er wolle mich glücklicher wissen — schrieb er mir — und darum mußte ich frei sein. Als ich in diese infame Be dingung nicht willigte, fchoß man den letzten Pfeil ab: man drohte mit einer Ungültigkeitserklärung unserer Ehe auf Grund eines bcim Abschlusse der selben vorgekommenen Formfehlers. Sie behaup teten, daß sie nur „aus Schonung" das Anerbieten zu einer freiwilligen Lösung gemacht; widerstrebte ich aber, so würden sie auch vor einem Scandale nicht zurückschrecken. Da stand ich — für mich zwar mein gutes Recht, aber keine Helfer, es geltend zu machen, gegen mich eine mächtige, bis in die maßgebendsten Kreise einflußreiche, vor nichts zurück schreckende Familie. Da kam unerwartet ein Retter, — kein sogenannter „guter Freund", — nein, ein Feind: der Kurator des Grafen, sein früherer Vor mund. Auch er war mir nie gewogen gewesen, aber er war ein Mann von Ehre; die gegen mich, die wehrlose Frau, geübte Schändlichkeit empörte ihn, er nahm sich der Sache an, nicht parteiisch für mich, sondern er wehrte nur der Infamie: so kam die Scheidung zu Wege, die mich von der Person und dem Vermögen des Grafen Wallensee trennte, nicht von dem Namen, den ich darum mit mehr Ostentation führe, als sonst wohl bei Künst lerinnen Sitte ist. „Jahre sind seitdem vergangen, — Graf Wallen Leiter eingestiegen, findet man noch, daß der dort aufbewahrte Sarg erbrochen und der darin befindliche Leichnam, der seit 14 Jahren dort geruht, in eine ganz andere Lage gebracht worden ist. Die Person, d. h. die lebendige, gab sich als der in der Her- mannstraße daselbst wohnende Weber Nötzelt zu er kennen, dessen Verhaftung sofort erfolgte. Wie der Genannte in das Gewölbe gekommen, ob in irgend einer Absicht oder in Trunkenheit, darüber fehlt noch der Aufschluß. — In Radeburg brannte in der Nacht zum 8. d. das etwas isolirt stehende Haus des Schuhmachers Lehmann nieder. Ein 10jähriges Mädchen, Namens Rietzschel, konnte noch gerade vom Sattler Rosen berg jun. mittelst Leiter aus dcm mit Rauch ge füllten Zimmer herausgeholt werden. — Am Sonntag Nachmittag ist im Auerbacher Staatsforstrevier der Unlerförster von Minkwitz aus Wildenthal von einem böhmischen Wilddieb mit Schrot in die linke Hand unv rechte Brust geschossen und dadurch lebensgefährlich verletzt worden. Der Thäter wurde nach Eibenstock eingeliefert. — In Gera besteht noch eine im Jahre 1841 gegründete Zeugmacher-Jnnung, von einem Zeug macher Namens de Smit ins Leben gerufen, welche gegenwärtig 206 Mitglieder zählt. Das Vermögen der Innung beträgt 360,727 Mk. und nur diesem Capital ist es zu danken, daß sich die Verbindung noch erhalten hat. Die Zinsen des Capitals wer den jährlich an hilfsbedürftige Jnnungsmeister und Wittwen vertheilt, und konnten im vorigen Jahre 61 Meister und 30 Wittwen mit namhaften Be trägen unterstützt werden. Kürzlich sind der Innung noch zwei Legate von 1000 unv 75 Mk. vermacht worden. — Sehr wunderlich gestaltet sich die engere Wahl im Wahlkreise Weißenfels: Nachdem der national- liberale Candidat Graf Flemming erklärt hat, nicht weiter candidiren zu wollen, hat jetzt der!andere in die Stichwahl gekommene Candidat, der fortschritt liche Gutsbesitzer Rohland, dieselbe Erklärung abge geben. Die beiden Candidaten, für die allein giltig gestimmt werden kann, lehnen also die Wahl ab! Trotzdem wird nach dem Buchstaben des Gesetzes die Stichwahl stattfinden müssen und, falls der Can didat, welcher in ihr die meisten Stimmen erhält, bei der Ablehnung definitiv beharrt, alsdann eine neue Wahl vorzunehmen sein. Vermischtes. Selbstmord des Barons James Rothschild in Paris. Wie der Pariser Correspondent des „Oe- sterr. Volksfreund" aus verläßlicher Quelle erfährt, ist Baron James Rothschild nicht, wie bisher allge mein behauptet wurde, am Herzschlag gestorben, sondern hat sich derselbe mittels eines Rasirmessers die Kehle durchschnitten. Große Geldverluste an der Börse haben den Millionär zum Selbstmorde getrieben. Unser Correspondent, so bemerkt bie Redaction des „Oesterr. Volksfr." dazu, ist ein viel zu erfahrener Journalist, als daß er mit solcher Be stimmtheit schriebe, wenn er seiner Sache nicht voll kommen sicher wäre, und es steht für uns nunmehr see ist todt, ich habe die Nachricht ohne Bewegung gehört, — ich habe es mir abgewöhnt, Erwartungen zu hegen, um mich vor Enttäuschungen zu bewahren. Ich komme mir überlebt vor; das hat mich zur „Chamäleona" gemacht. Ich griff zurück auf meine Kunst, ja ich hatte sogar die Absicht, mich der Bühne zu widmen, indessen — die Verhältnisse haben sich etwas geändert — ich werde vielleicht — heirathen. Der Mann, der einst meine Eyre ge rettet, der Einzige, der sich meiner annahm, als alles mich verließ, er hat mir seine Hand geboten, weil er glaubt, daß ich ihm seinen Lebensabend ver schönern werde. Noch habe ich nicht geantwortet, ich möchte indeß seine Hoffnungen nicht täuschen. Wollen Sie seinen Namen wissen, Kurt?" Kurt hatte schweigend zugehört; jetzt sprach er dumpf: „Wozu? Ich bin es ja nicht." Irenens Antwort war: „Sie sind ein Kind," und dann reichte sie ihm die Hand: „Lieber Kurt, aber ein gutes; ich möchte Sie wohl zum Sohne haben, „wollen Sie?" „Sie können noch scherzen," versetzte Kurt hart, „das ist nicht hübsch von Ihnen, das macht Sie zur — Chamäleona. Wissen Sie auch, daß diese Benennung von mir herstammt?" „So? Sie können sich etwas darauf zu gute thun, der Name gefällt mir. Doch brechen wir nicht ab; sind Sie gar nicht neugierig, den Namen des Mannes zu erfahren, von dem ich spreche?" „Nein," sprach Kurt trotzig, „er hat kein Interesse für mich." (Fortsetzung folgt.)