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Schönburger TniMM und Waldenburger Anzeiger Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn» und Festtagen. Beiträge find erwünscht und werden eventuell honorirt. Annahme von Inseraten für die nächster- scheinende Nummer bis Mittags 12 Uhr des vorhergehenden Tages. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. SO Pf. Alle Postanstalten, die Expedition und die Colporteure dieses Blattes nehmen Be stellungen an. Einzelne Nummern 8 Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., unter Eingesandt 20 Pf. 267. Freitag, den 18. Nodember 1881. Rchtr. II. versteigert werden. Waldenburg, am 16. November 1881. Der Stadtrath. In Vertretung: Limmer, Stadtrath. Bekanntmachung. Nächste Mittwoch, den 2». November e., Nachmittags 4 Uhr soll das im ehemaligen Carl Richter'schen, jetzt der Stadtgememde Waldenburg gehörigen Garten anstehende Gartenhaus auf den Abbruch gegen das Me^ gebot und sofortige Erlegung des Kaufpreises an Ort und L-telle öffentlich Bekanntmachung. Donnerstag, den 24. November 1881, von Nachmittags » Uhr an sollen die auf hiesiger Neugaffe, dem Königsplatz und der Johannisstraße be findlichen, durch Einrichtung der neuen Wasserleitung überflüssig gewordenen drei steinernen Wassertröge anstehend an Ort und Stelle gegen Meist gebot und gleich baare Bezahlung öffentlich versteigert werden. Waldenburg, den 16. November 1881. Der Stadtrath. In Vertretung: Limmer, Stadtrath. Rchtr II. "Waldenburg, 17. November 1881. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Die Thronrede, mit welcher Se. Majestät der Kaiser am 17. d. den Reichstag eröffnen wird, soll sehr umfangreich — umfangreicher als bei früheren derartigen Gelegenheiten und in einem sehr ernsten Ton gehalten sein. Dieselbe legt ihr Hauptgewicht auf die inneren Fragen und verweist insbesondere auf die Wichtigkeit der socialen und wirthschaftlichen Reformen, welche die Neichsregie- rung anstrebe. In ernstmahne.tdem Ton spricht so dann Se. Majestät die Hoffnung aus, daß der neugewählte Reichstag im Interesse des Wohles des Vaterlandes und der Bevölkerung diese Politik der Reichsregierung unterstützen werde. Man erzählt sich in den politischen Kreisen, daß es der ausdrück liche Wunsch des Kaisers sei, in der Eröffnungsrede diese Ansichten zu erkennen zu geben. Die erste Sitzung des Plenums des Reichs tags ist auf Donnerstag Namittag 2'/e Uhr anbe- raumt worden. Den Vorsitz als Alterspräsident bis zur definitiven Wahl des Präsidiums wird, wie bereits erwähnt, Feldmarfchall Graf v. Moltke führen, der auch bereits auf dem Bureau des Reichs tags am 15. d. erschienen und weitere Informatio nen entgegengenommen hat. Das Institut der Jugendschriflführer existirt bekanntlich nicht mehr, vielmehr ernennt nach Al. 3 des H. 1 der Geschäfts ordnung provisorisch für die Frist bis zur Con- stituirung des Vorstandes vier Mitglieder zu Schrift führern. Die „Nord. Allg. Ztg." enthält folgendes zweifel los officiöse Communiquö: „Wie wir hören Hal der Reichskanzler ein Abschiedsgesuch bei Sr. Majestät weder schriftlich noch mündlich eingereicht, sond-r» nur um die Ermächtigung gebeten, mit den beiden Seiten der voraussichtlichen katholisch-libe ralen Reichstagsmajorität in Unterhandlung darüber zu treten, ob und unter welchen Bedingun gen sie vereint oder getrennt bereit sein wür den, die Leitung der Reichsregierung in die Hand zu nehmen. Der Reichskanzler glaubt hier über eine Entscheidung herbeiführen zu müssen, be vor er sich entschließt, sein Amt Angesichts einer Majorität weiter zuführen, deren Opposition sich wesentlich im Kampf gegen seine Person concentrirt. Sein, wie uns scheint, berechtigter Wunsch ist, die Verantwortung für eine von unerwünschte» Kreisen möglicherweise nicht frei zu hallende Minorilätsregierung nicht zu übernehmen, wenn die Gesammtheit oder eine Fraction der Majo rität bereit ist, ihrerseits das Staalsschiff in sicheren Bahnen weiter zu führen. Die Entscheidung Sr. Majestät des Kaisers über diese Anträge wird demnächst zu erwarten sein, sobald der Reichstag constituirt ist." Von den officiellen Wahlresultaten fehlen nur noch diejenigen aus den Wahlkreisen 8. Marien werder v. Brauschitsch (Cons.) gegen Fricke (Cent.) 7. Liegnitz vr. Gleist (N.-L.) gegen Frhrr. v. Zedlitz (Cons.) und I. Kassel vr. Schläger (N.-L.) und Knobel (Cons.) Aus den übrigen festgestellten Wahlkreisen ergiebl sich in Bezug auf die fractio- nelle Zusammensetzung des Reichstags folgendes Resutal: Fractionen der Deutsch.-Conservativen 49, der deutschen Reichspartei 25, der Nationalliberalen 41, der Liberalen Vereinigung 36, der deutschen Fortschrittspartei 58, des Centrums 105, der Polen 18, der Socialdemokralen 12 und bei keiner Frac tion 34. Hierzu kommen noch 14 Doppelwahlen, von denen I Stöcker auf die Conseroativen, 1 Hobrecht auf die Nationalliberalen, 4 Forckenbeck — 2 mal — Lüders Görlitz und Rickert auf die Libe rale Vereinigung, 5 vr. Gieschen, Hermes, Lenz mann, Richter, 1 Hagen und v. Saucken-Tarputschen auf die Fortschrittspartei, 1 Schorlemer-Alst auf das Centrum, 1 Liebknecht auf die Socialdemokralen und 1 Falk auf die Wilden entfällt, so daß jene Frak tionen Aussicht haben um die entsprechende Zahl der Doppelwahlen sich zu verstärken. Außerdem sind augenblicklich noch zwei unerledigte Mandate vorhanden, das des Abg. Franßen im 1. Aachener Wahlkreise und das des vr. Blumstein im 6. Elsaß. Wahlkreise. Die Zahl der bis zum 16. abends bei dem Bureau der Reichstags angemeldeten Abgeordneten beläuft sich auf circa 100. Man erwartet, daß die Mehr zahl der auswärtigen Abgeordneten erst heule Abend oder morgen früh hier eintreffen werden. Heute Abend finden bereits Fractionsberathungen statt, und zwar der Deutsch-Conservativen und derLiberalen Vereinigung (Secessionisten); es ist jedoch zu er warten, daß die Versammlung heute Abend nur sehr mäßig besucht wird. Deshalb haben auch die Deutsch-Conservativen zu morgen Mittag 12 Uhr eine Fractionssitzung anberaumt. Zur selben Zeit wird auch die Fraction der Deutschen Neichspartei eine Sitzung abhalten. Zwischen dem Reichskanzler und dem Kron prinzen des deutschen Reichs Hal Fm 15. d. eine Unterredung stattgefunden. Die Initiative hierzu ist vom Kronprinzen ausgegangen. Dieselbe währte geraume Zeit und wird derselben eine hohe politische Bedeutung zugeschrieben. Die „Nat.-Ztg." meint: „Sollte es, was wir als wahrscheinlich betrachten dürfen, zu einer Verständigung gekommen sein, so würde die demnächst bevorstehende Entwickelung unserer inneren Politik ein wesentlich anderes Ge sicht zeigen, als die hochfliegenden conservativen- klerikalen Hoffnungen der jüngsten Zeil annahmen." Vom Reichskanzler begab sich der Kronprinz zum Kaiser, mit dem er eine längere Unterredung hatte. Von der ersten Audienz, die Fürst Bismarck beim Kaiser hatte, wird erzählt, der Reichskanzler habe beim Eintreten in die Thüre gesagt: „Ich bringe Jynen keine unangenehme Nachricht, Majestät!" Von dem Stellvertreter des Reichskanzlers, Staats minister v. Bötticher ist an das Bureau des Reichstags folgende Mittheilung gelangt, welche den Mitgliedern, so weit sie bis jetzt angemeldet, zugegangen ist: „Nach eingegangener Allerhöchsten Bestimmung wollen Seine Majestät der Kaiser den Reichstag am 17. d. M. Nachmittags 1'/r Uhr im Weißen Saal des hiesigen Königlichen Schlaffes Allerhöchst selbst eröffnen. Der feierlichen Eröffnung wird ein Gottesdienst vorhergehe» und zwar für die Mitglieder der Evangelischen Kirche in der Schloßkapelle um 12'/2 Uhr, für die Mitglieder der Katholischen Kirche in der St. Hedwigs-Kirche um I Uhr. Die Allerhöchsten und Höchsten Herr schaften werden bei dem Gottesdienste in der Schloß kapelle rechts vom Altar Platz nehmen. Den Aller höchste» und Höchsten Herrschaften gegenüber wird das diplomatische Corps nebst de» Herren Staats ministern, Generalen, Wirklichen Geheimen Rächen, Rächen erster Klaffe, Obersten resp. Regiments- Commandeuren und vortragenden Rächen in den Ministerien placirt. Die dem Altar gegenüber be findlichen Plätze sind, und zwar in den vordersten Reihen der mittleren Abtheilung für die Herren Mitglieder des Bundesrathes und die Uebrigen für die Herren Abgeordneten zum Reichstage bestimmt. Nach beendetem Gottesdienst begeben sich die Mit glieder des Bundesraths nach dem Grünen Salon, während die Generale, die Wirklichen Geheimen Räche, die Räche erster Klasse, die Obersten resp. Regiments - Commandeure und die vortragenden Räthe in den Ministerien unter der Tribüne nach der Lustgartenseite des Weißen Saales, die Abge ordneten zum Reichstag aber in demselben gegenüber dem Throne Aufstellung nehmen. Für die Mitglie der des diplomatischen Corps wird auf der nach der Kapelle zu belegenen Tribüne des Weißen Saals eine Loge bereit gehalten. Der Anzug ist für die Herren, welche Uniform tragen, in Gala mit dunk len Unterkleidern. Die Vorfahrt für die Mitglieder des Bundesrathes ist unter Portal IV Aufgang auf der Theatertreppe, für sämmtliche übrige an dem Gottesdienst rc. theilnehmenden Herren von der Schloßfreiheit rc." Mit Spannung sieht man allgemein der bevor stehenden Reichstagspräsidenten-Wahl entgegen. In parlamentarischen Versammlungen ist die Prä sidentenwahl gewöhnlich die erste Gelegenheit, bei welcher die verschiedenen Parteien ihre Kräfte messen und die mit einander verwandten Parteien sich zu nähern suchen. Auch pflegen aus dem Ergebniß der Präsidentenwahl allerlei Schlüsse in Bezug auf den zu erwartenden Verlauf der Verhandlungen gezogen zu werden. Was jüngst in Blättern von bereits getroffenen Verabredungen zwischen den Conservati- ven und der Centrumsfraction gemeldell worden, gehört in das Reich der Vermuthungen. Dagegen darf es als feststehend erachtet werden, daß das Centrum auf die erste Präsidentenstelle keinen An spruch erheben, sondern diesen Posten den Deutsch- Conservativen zugestehen und für sich den ersten Vicepräsidentenposten verlangen wird. Von Mil-