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flicht Dir den Lorbeer um Deine junge Stirn! Der Kaiser trank auf das Wohl des Prinzen Heinrich mit dem Wunsche für eine gute Fahrt, für eine gute Aus richtung seiner Aufgabe und für eine fröhliche Heimkehr. Prinz Heinrich dankte für das Vertrauen, welches der Kaiser in seine schwache Person setze. „Das Eine ver sichere ich, mich lockt nicht Ruhm, nicht Lorbeer, mich zieht nur Eines: das Evangelium Eurer Majestät ge heiligte Person im Auslande zu künden, zu predigen . Jedem, der es hören will, und auch Denen, die es nicht hören wollen. Dies will ich auch auf meine Fahne ge schrieben haben." Seine Kameraden feien mit ihm eins. Der Prinz schloß mit einem Hurrah auf den Kaiser. Der Kaiser und die Kaiserin haben gemeinschaft lich für den Bau der evangelischen Kirche, der dritten in Tirol, die Summe von tausend Mark gespendet. Bei seinem letzten Aufenthalt in Wiesbaden besuchte der Kaiser die Kunstsäle, wo ein großes Gemälde von H. Petersen „Zur Zeit der Seescgel" seine besondere Auf merksamkeit erregte. Der Monarch hat dieses Bild jetzt angekauft und der Kieler Marineakademie geschenkt. Zur Kaiscrrede bemerkt die „Nat.-Ztg.": Mit dieser Rede ist die deutsche Besitzergreifung in China endgiltig vollzogen, und zwar, wie man wohl annehmcn darf, auf Grund internationaler Besprechungen, welche die friedliche Anerkennung der deutschen Position in der Kiautschoubucht gewährleisten. Mit seiner Rede hat der Kaiser sicherlich der großen Mehrheit des deutschen Vol kes aus der Seele gesprochen. Die Durchsahrt des China-Geschwaders durch den Kanal ging glatt von Statten. Bei Rendsburg verab schiedeten sich der Kaiser und seine Söhne von dem Bruder und Onkel; man umarmte und küßte sich zu wiederholten Malen. In der Stadt waren Hunderte von Menschen auf den Beinen, Jubelrufe erschallten. In den Straßen, die der Kaiser passirte und die mit Fahnen und Guirlanden geschmückt waren, bildeten die Kricgervereine Spalier. Von Rendsburg aus wollte der Kaiser sich mit seinen Söhnen nach FriedrichSruh zum Fürsten Bismarck begeben, woselbst die Ankunft um 7 Uhr abends er wartet wurde. Am Spätabend ist der Kaiser mit den Prinzen noch dem Neuen Palais bei Potsdam zurück gekehrt. Die Weihnachtsferien des Kronprinzen und des Prinzen Eitel Friedrich werden bis zum 4. Januar währen. Die Kaiserin, welche seit mehreren Tagen stark erkältet war, befindet sich auf dem Wege der Besserung. Mit dem Zustandekommen der Militärstrafprozeß- resorm sieht cs nach den Erfahrungen der letzten Reichs tagssitzung nur recht trübe aus. Während der Marine Vorlage, nachdem das Centrum gesprochen, das glücklichste Prognosticon gestellt wurde, muß man bezüglich der militärischen Gerichtsreform das Gegcntheil behaupten. Es ist nur wenig Aussicht dafür vorhanden, daß dieser Entwurf Gesetzeskraft gewinnt. Das deutsche Vorgehen in Ostasien scheint Ruß lands Mißtrauen zu erregen, wenn sich eine Lon doner Meldung bestätigt. Danach soll ein russischer Diplomat erklärt haben, Rußland werde Deutschland freie Hand für die Entwickelung seines Handels aus China geben; das Petersburger Cabinett hoffe aber, Deutschland werde das besetzte Gebiet räumen, sobald eS von China Genugthuung empfange. Wir hoffen, in England wird man nun bald mit diesen und ähnlichen zwecklosen Klatschereien und Hetzereien ein Ende machen. Oesterreich-Ungarn. DaS ungarische Abgeordnetenhaus begann die Ver handlung der AuSgleichsprovisoriumsvorlage. Wird sic nicht rechtzeitig erledigt, was man nicht hofft, haben die beiden Regierungen Vereinbarungen über die Fortdauer des gemeinsamen Zollgebiets getroffen, ohne daß die ungarische Regierung den Verordnungsweg be treten müßte. Frankreich. Das deutsche und französische Heerersorderniß wird im „Figaro" verglichen und berechnet, daß Deutschland im nächsten Haushaltsjahr für sein Heer um 133 Mill. Fr. mehr aufwenden wird als Frankreich, während ein altes Vorurtheil das Gegentheil annehme. Schweiz. Die vereinigte Bundesversammlung wählte mit großer Mehrheit Ruffy-Wardt (radikal) zum Bundespräsidenten für 1898 und zum Vicepräsidenten Müller (rad.). Aus dem Muldenthale. *Waldevburg, 17. December. In der gestern Abend von 6 Uhr ab stattgehabten gemeinschaftlichen Sitzung der städtischen Collegien hierselbst kam zunächst die Be theiligung an der Bezirksstistung zur nochmaligen Vor- läge. Seitens des Herrn AmtshauptmannS Ebmeier in Glauchau war in Vorschlag gebracht worden, zur Ver größerung deS Martin-LutherstistS in Hohenstein seitens der Stadt- und Landgemeinden deS Bezirks eine Stiftung von 36,000 Mk. zu gründen. Auf die Stadt Walden burg würde hierbei ein nach dem zur staatlichen Ein kommensteuer eingeschätzten Einkommen berechneter Bei trag von 1050 Mark entfallen. Herr Bürgermeister Aretschmer machte hierbei darauf aufmerksam, daß nach Abzug deS Einkommens der fürstlichen Herrschaft nur ein Beitrag von 600 Mk. zu zahlen sei. Unter der Voraussetzung, daß der Beitrag auf diese Summe herab gesetzt, letztere auf 4 Jahre verthcilt werde, sowie daß sämmtliche Land- und Stadtgemeinden sich bethciligen und die genannte Stfftungssumme nicht überschritten werde, empfahl er den Collegien, diesen Beitrag zu be willigen. In der sich hierüber entwickelnden Debatte wurde darauf hingewiesen, daß e« sich nach Zeitungs meldungen gar nicht mehr um das ursprüngliche Projekt, sondern um die Errichtung eines Rettungshauses in Glauchau handle, daß aber die Stadt Waldenburg bereits eine Jubiläumsstiftung in Höhe von 30,000 Mk. zur Errichtung eines Hospitals in hiesiger Stadt ins Auge gefaßt und damit ihrer patriotischen Pflicht genügt habe. Die Collegien lehnten denn auch einstimmig eine Betheiligung an der beabsichtigten Bezirksstiftung ab. Bezüglich des Beitrages der Stadt Waldenburg zu den Kosten der Vorarbeiten für die elektrische Bahn Limbach- Waldenburg beschlossen die Collegien nach längerer Be sprechung, zu den bereits gewährten 300 Mk., die zum allergrößten Theile durch eine freiwillige Sammlung auf gebracht worden waren, noch 300 Mk. nachzubewilligen in der Voraussicht, daß die Errichtung dieser Linie nicht nur der hiesigen Großindustrie, sondern auch der Ge schäfte treibenden Bevölkerung hierselbst mannichfache Vor theile bieten wird. Eine Minderheit vertrat die Mei nung, daß diese 300 Mk. nur in dem Falle zu bewil ligen seien, wenn die Bahn bis in die unmittelbare Nähe der Stadt geführt werden würde. Der dritte Punkt der Tagesordnung, die Gründung einer Expedientenstelle, wurde von der Tagesordnung abgesetzt. Darauf folgte noch eine geheime Sitzung. In der sich anschließenden öffentlichen Stadtverordnetcnsitzung kam die Errichtung einer 10. Lehrerstelle an hiesiger Bürgerschule zur Be schlußfassung. In einem längeren Schreiben des Herrn Schuldirector Schlund wurde dieser Antrag, der bereits vom Schulausschuß und dem Stadtrathe genehmigt wor den ist, näher begründet. Nach längerer Berathung stimmte das Collegium gegen 1 Stimme diesem Anträge ebenfalls zu. *— Cs verdient darauf aufmerksam gemacht zu wer den, gelegentlich der Weihnachtseinkäufe auch den kleinen Geschäftsmann zu bedenken. In den großen Geschäften und Bazaren drängen sich die Menschen, während es in den kleinen leer bleibt, und doch bedeutet der Mißerfolg gerade in dieser Zeit oft den Ruin der Existenz. Da rum, liebe Leser und Leserinnen, laßt die kleinen Kauf leute nicht vergebens gewartet haben; Ihr werdet von ihnen ebenfalls gut bedient. * — Das Publikum wird auch in diesem Jahre von dem Reichspostamt ersucht, mit den Weihnachtssendungen bald zu beginnen, damit sich die Packetmafsen nicht in den letzten Tagen vor dem Feste in einer die Pünktlich keit in der Beförderung allzusehr beeinträchtigenden Weise anhäufen. Ferner wird eine dauerhafte Ver packung mit deutlicher Aufschrift im Interesse der Ab sender und Empfänger der Sendungen selbst als dringend wünschenswerth bezeichnet. * — Die Liste der am 6. d. gezogenen sächsischen Staatsschuldenkaffenscheine ist erschienen und in unserer Erpedition einzusehen. * — Nächsten Sonntag hält der Landwirthschastliche Verein Ziegelheim in seinem Vereinslokal, KühnS Schank- wirthschaft, eine Versammlung ab, in welcher Herr Director Uhrmonn aus Annaberg einen Vortrag über verschiedene Züchtungsverfahren und deren Erfolge hält. Jedermann hat zu dieser Versammlung freien Zutritt. — Im städtischen Schlacht- uud Viehhofe zu Glancha« ist die Maul- und Klauenseuche ausgebrochen. — Der in Glaucha« fahrplanmäßig früh 8 Uhr 3 Minuten von Dresden eintreffende Schnellzug hatte gestern Donnerstag, wie das „Gl. T." berichtet, durch zu spätes Einfahren eines schwer beladenen Güterzuges 10 Minuten Verspätung erhalten. Die Maschine des Geraer ZugeS, welche aus dem Maschinenhause heraus kam, fuhr nun infolge des sehr dichten Nebels und da der Führer glaubte, der Schnellzug sei bereits passirt, direkt von hinten auf den Schnellzug auf. Durch den heftigen Anprall zersprangen die Laternen der Geraer Zugsmaschine, während an dem Schnellzug die Rohre der Dampfbremse platzten. Die in den Hinteren beiden Wagen des Schnellzuges befindlichen Paffagiere mußten sofort umsteigen, worauf die Wagen abgehängt wurden. Ware die Geraer Maschine stärker auf den Schnellzug aufgefahren, so war ein Unglück unausbleiblich, so aber ist glücklicherweise dar Publikum mit dem bloßen Schrecken davongekommen. — Die am Dienstag in Zwicküv in Gegenwart von Vertretern königlicher und städtischer Behörden abgchal- tene, zahlreich besuchte Diöcesanversammlung der Ephoric Zwickau beschloß einstimmig, eine Kundgebung gegen die neuen Schmähungen der evangelischen Kirche durch den Papst und die Erklärung zu erlassen, daß die Versamm lung und die von ihr vertretenen Gemeinden treu zu ihrer Kirche stehen, der sie den reichen Segen der Re formation verdanken. Superintendent Meyer-Zwickau wandte sich auch gegen da- Unwesen des Spiritismus. — Das am 31. Juli in mehrere Schächte deS Re vier» Zwicka« eingedrungene Hochfluthwaffer ist etwa um ein Drittel in den ersoffenen Schächten gesunken und hat vielleicht noch ca. 100 Meter Tiefe. Das nach der Hochfluth auf 48 Grad Wärme gestiegene Wasser des Teichwiesenschachtes ist zur normalen Temperatur zurückgegangen und hat zweifellos die seit Jahrzehnten anhaltenden Kohlcnbrände dieses Schachtes erstickt. Aus dem Sachsenlande. — Die 2. Kammer setzte am Donnerstag die allge meine Vorberathung über die Wetterführung der Reform der direkten Steuern fort. Abg. Hähnel (cons.) bezeich nete die Vermögenssteuer als für die Landwirthschaft verhängnißvoll. Zur Erhöhung der Lehrergehalte wolle die Landwirthschaft gern ihr Theil beitragen, nur nicht übermäßig, deshalb sei er für Beibehaltung der Grund steuer, die — in der gegenwärtigen Gestalt unannehmbar — sobald sie eine progressive werde, schwer belastend würde. Abg. Schubert (cons.) erblickte in der Ver mögenssteuer eine Gefahr in der Werthung der Grund stücke. Abg. Grünberg (soc.) war der Ansicht, daß die Grundsteuer nicht aufgehoben werden könne. Werde die progressive Einkommensteuer bis zu 8 Procent erhoben unter Aushebung des Schulgeldes, dann sei seine Frac- lion auch für Aushebung der Grundsteuer. Abg. Steyer (cons.) steht der Vorlage sympathisch gegenüber. Abg. Grumbt icons.) wandte sich gegen die Besteuerung der in großen Etablissements angelegten Vermögen, da ihm das steuertechnisch für unmöglich erscheine. Abg. l)r. Schill (nl.) bezweifelte, ob man mit der Einführung einer Vermögenssteuer dem Volke eine große Freude bereiten werde. Die Erbschaftssteuer sei unbedingt abzulehnen. Abg. Leithold sprach sich für Wegfall der Grundsteuer aus. Der Grundbesitz werde mit Einführung der Ver mögenssteuer dreifach besteuert. Auch mit der Erbschafts steuer könne er sich richt einverstanden erklären. Die Abgg Heymann, Großmann und Niethammer sprachen sich gegen die Vermögenssteuer aus. Abg. Teichmann bezeichnete die Vermögenssteuer als eine große Härte für Industrie. Abg. Goldstein trat für die Erbschafts steuer ein. Das Dekret wurde schließlich der Gesetz gebungsdeputation überwiesen. — In Crimmitschau ist die Streichersche Buckskin- fabrik abgebrannt. Auch das Färbereigebäude der an grenzenden Fiedlerschen Fabrik ward in Mitleidenschaft gezogen. — Bei dem Abbruch der alten Gottesackerkirche in Crimmitschau stieß man am Mittwoch auf ein Ge wölbe, in dem ein gut erhaltener Sarg sichtbar wurde. Die eine Seite des Grabgewölbes zeigt die eingemeißelte Jahreszahl 1764. In der Gruft befand sich ein Sarg, in dem ein werbliches Skelett lag. — Zum Director der Volksschule in HartmaUUss -ors bei Burgstädt ist Herr Lehrer Bräunig aus Chem nitz gewählt worden. Deutscher Reichstag. 12. Sitzung vom 16. December 1897. 1'/« Uhr: Am Bundesrathstische Graf Posadowsky, v. Goßler u. a. Vor Eintritt in die T.-O. wird die Wahl des Abg. Paasche (nl.) als nicht erloschen erklärt. Darauf wird die Etats berathung fortgesetzt. Präsident v. Buol: Ich weise die Herren darauf hin, daß der vorliegende Gegenstand daS Haus heute bereits am sechsten Tage beschäftigt und noch ein wichtiger Gegenstand vor den Weihnachtsferien der Erledigung in erster Lesung harrt. Abg. Förster lAntisem.) geht zunächst auf eine Reihe von Petitionen ein, die dem Hause zugegangen sind. (Der Präsi dent v. Buol verweist den Redner darauf, daß für die Be sprechung dieser Petitionen ein besonderer Weg durch die Ge schäftsordnung vorgeschrieben ist, den er einzuschlagen anheim stellt. Bei der Etatsberathung könne er diese Debatte nicht zulassen.) Ich bedaure, fährt Abg. Förster fort, daß der Bundesrath so wenig die Wünsche des Hauses berücksichtigt, so in der Vivisectionsfrage, der Diätenfrage, der Erhöhung der Unterbeamtengehälter, speciell derjenigen der Landbrief träger, auch bezüglich des Impfzwanges. Herr v. Stumm hat gestern davor gewarnt, hier die auswärtige Politik in die Debatte zu ziehen, aber diese ist doch nie für den Reichstag ein noli ms tanxsrs gewesen, und wie solle man auch, ohne die auswärtige Politik zu streifen, den wichtigsten Theil der diesmaligen Etatsberathung, die Flottenfrage besprechen? In Sachen der österreichischen Deutschen haben mich die Worte Zimmermann? und Hasses ebenso mit Genugthuung erfüllt, wie die des Abg. v. Hodenberg mich befremdet-haben. Um nicht bitter gegen Badeni zu werden, will ich nicht näher auf diese Sache eingehen. Ich hoffe jedenfalls, daß die jetzige Regie rung in kräftiger und würdiger Weise dem Auslande gegen über unsre Interessen vertreten wird. Infolge einiger weiteren bei der Unruhe im Hause unverständlich gebliebenen Ausdrucke deS Redners bemerkt Frhr. v. Buol: Der Vorredner hm einen früheren Ab geordneten hochverrätherischsr Umtriebe beschuldigt; ich möchte doch bitten, gegen einen Abwesenden solche Anschuldigungen zu unterlassen. Unterstaatssekretär v. Richt Hofen: Schon der Herr Staatssekretär deS Auswärtigen Amts hat vorgestern die Mahnung an daS Haus gerichtet, sich nicht in solcher Weise in innere Angelegenheiten eines befreundeten Nachbarstaats zu mischen. In wieweit dieser Rath von Mitgliedern dieses Hauses befolgt wird, entzieht sich meiner Beurtheilung von dieser Stelle aus. Wenn aber von dem letzten Herrn gesagt worden ist, Kaiser Wilhelm I. habe in Gestein den Kaiser von Oesterreich gebeten, die Deutschen in Oesterreich zu schützen, und es sei Zeit, daran jetzt zu erinnern, so kann ich wohl da» Urtheil über diese unehrerbietig« Aeußerung dem Hause überlassen. Abg. Lieber (Etr.): Die Herren Richter und Bebel haben