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Erscheint täglich mit Aufnahme der Tage noch Sonn- und Festtagen. Annahme von Inseraten für die nächster- scheinende Nummer bis vormittags 11 Uhr. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. 25 Pf. Einzelne Nrn. 5 Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., Eingcs. 20 Pf. Tabellarischer Satz wird doppelt berechnet. und VMenhnrger Ilmeiger. Filialen: in Altstadtwaldenburg bei Herrn Kaufmann Otto Förster; in Kaufungen bei Herrn Fr. Janaschek; in Langenchursdorf bei Herrn H. Stiegler; in Penig bei Herrn Wilhelm Dahler, Cigarrengeschäft an der Brücke; m Rochsburg bei Herrn Paul Zehl; in Wolkenburg bei Herrn Ernst Rösche; in Ziegelheim bei Herrn Eduard Kirsten. Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. Zugleich weit verbreitet in den Städten Penig, Lunzenau, Vichtenstein-Ealluberg, und in den Ortschaften der nachstehenden Standesamtsbezirke: Altstadt-Waldenburg, Braunsdorf, Callenberg, St. Egidien, Ehrenhain, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenchursdorf, Langen leuba-Niederhain, Langenleuba-Oberhain, Niederwiera, Oberwiera, Oberwinkel, Oelsnitz i. E., Reichenbach, Remse, Rochsburg, Rußdorf, Schlagwitz, Schwaben, Wolkenburg und Ziegelheim. Freitag, den >7. December 1897. Witterungsbericht, ausgenommen am 16. December nachm. 4 Uhr. Barometerstand 770 WM. reducirt aus den Meeresspiegel. Thermometerstand -s- 8,5° 0. (Morgens 8 Uhr -s- 2,5°) Feuchtigkeitsgehalt der Luft nach Lambrechts Polymeter 69°/°. Thaupuukt -f- 3 Grad. Windrichtung: Süd. Daher Witternngsaussichten für den 17. December: Halb bis ganz heiter. *Waldenbnrg, 16. December 18Ü7. Beruhigend für uns und versöhnend sür China klang die Auskunft, die am 6. d. M. der Staatssekretär v. Bülow über unser Engagement in der Bucht von Kiau- Tschou gegeben hat, obwohl wir durch sie nicht viel klüger geworden sind, als zuvor. Die Besetzung der Bucht, sagte er, bezwecke einestheils die Erzielung der Sühne für die Ermordung der Missionare, anderentheils die Erreichung größerer Sicherheit gegen die Wiederkehr solcher Vorkommnisse. Als unsere erste Aufgabe aber werde betrachtet, in Ostasien die Interessen der Schiff fahrt, des Handels und der Industrie zu fördern und zu pflegen. Doch sei keineswegs zu fürchten, daß wir uns in Abenteuer stürzen würden. Das Reich sei China gegenüber von Wohlwollen und freundlichen Absichten erfüllt. Die Landung und die Besetzung der Bucht seien in schonender Weise erfolgt. Die Fortdauer der Freundschaft, die zwischen den beiden Reichen bestehe, sei erwünscht. Diese Liebeserklärung in Verbindung mit den offenen Stückpforten unserer Schiffe hat die chinesische Regierung überwältigt, sie hat den Rückzug angetreten, mindestens ist dies bei den minder wichtigen Punkten, über die verhandelt worden ist, Kirchenbau, Gedächtnißtasel, Ent schädigung der Hinterlassenen der M ffionare, Ersatz der Kosten der Entsendung unseres Geschwaders und der Landung, Bestrafung der Schuldigen, geschehen. Unklar blieb nach den englischen Nachrichten die Frage, ob und welche Rechte dem Reiche in der Bucht von Kiau-Tschou Und der Provinz Schantung eingeräumt seien. Die Erreichung exclusiver Eisenbahn- und Bergwerksrechte ist unwahrscheinlich, weil der Widerspruch anderer Mächte Europas dadurch herausgefordert sein würde. Der Ab schluß eines Vertrags, der die Bucht und die Stadt als Kohlenstation pachtweise an Deutschland für längere Zeit überläßt, läßt sich erwarten. Da hierdurch das Reich in Rechte eintritt, die durch den Vertrag vom 28. October 1896 Rußland eingeräumt worden sind, so erscheint die Annahme begründet, daß dieses im Voraus seine Zustimmung erklärt hat, aber auch, daß es entschädigt worden ist durch die Einräumung eines Hafens oder mehrerer Häsen auf Korea. Auch Frank reich wird nicht leer ausgehen wollen, in Paris ist die Besetzung der Pescadoren bei Formosa mehrfach als nothwendig im Interesse der französischen Besitzungen am Chinesischen Meere bezeichnet worden, seit Formosa von Japan annectirt worden ist. England hat sich schon Festland gegenüber Hongkong gesichert, vielleicht hat es weitergehcnde Wünsche. China ist reif für europäische Colonisation, die Penelope, die sich der zahlreichen Freier nicht mehr erwehren kann. Europa darf keine Zeit verlieren angesichts des Er starkens und der Actionslust einerseits deS benachbarten Japan, andererseits der Vereinigten Staaten von Nord- omerika, die auch Nachbarn werden, sobald Panama oder Nicaragua durchstochen sein wird. Für den Anschluß Deutschland« an Rußland und Frankreich im Frühjahr 1895 zur Verhinderung der Besitznahme der Halbinsel Liaotong durch Japan hat China seinen Dank abgestattet durch Abtretung eines vier Quadrat-Kilometer großen Grundstücks bei Tientsin und Zulassung einer deutschen Niederlassung in Hankau am Jangtsekiang, doch sollen diese Zugeständnisse in Berlin allzu dürftig gefunden worden sein. Die Fest sitzung in Schantung unweit deS Golfs von Petschjli gestattet die schnelle Erzwingung einer Genugthuung für künftig etwa eintretende chinesische Unbilden, bietet auch einen vorzüglichen Stützpunkt für den deutschen Handel. Rußland in Korea gewinnt einen zuverlässigen Nachbar, wie sür die deutsche Station die Nähe russischer Kriegs schiffe von Bedeutung ist. Wir smd erst an der Küste von China. Um in das Innere des Reiches einzudringen, muß, so bemerkt hierzu die „Berl. Börs.-Ztg.", Europa seine christliche Propa ganda einschränken. Ausrichtige und intelligente Missio nare bestätigen, was der ehemalige deutsche Gesandte v. Brandt constatirt, daß China zur Aufnahme des Christen thums weniger geeignet ist, als ein anderes Land. Die Chinesen sind leicht zu gewinnen, wenn man ihre alte Kultur und ihre Traditionen nicht antastet. Ihre Sitten- lchre ist iehr achtbar, die Familie unantastbar, sie haben keinen Gott, nach Menschenart gedacht. Die mitunter hervortretenden Ausbrüche von Fanatismus der Menge sind abwehrend, durch erklärliches Mißverstehen christlicher Mysterien hervorgerusen, die in das einfach denkende, verstandesklare Volk niemals eingehen werden. Gerade die christliche Orthodoxie, welche die TranSsubstantiation nicht symbolisch, sondern magisch aufgefaßt sehen will, hat bewirkt, daß die unseligen Beschuldigung:n des Kmderraubs zu blutigen Opfern gegen die Christen immer wiederkehren. China muß der westlichen Kultur durch den Kaufmann zugänglich gemacht werden, hernach wird das werthvollste der christlichen Lehre bei den Söhnen des Himmels von selbst Eingang finden. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Der Kaiser, in Marine-Jnfanteriuniform, traf Mitt woch Vormittag auf dem Dammthorbahnhof in Hamburg ein, begleitet von seinem dritten Sohn, dem Prinzen Adalbert, ferner von dem Generalobersten Grafen Walder- see, dem commandirenden Admiral v. Knorr, den Staats sekretären v. Bülow und Tirpitz, sowie den Cabinetschefs v. Lucanus, v. Hahnke und v. Senden. Der Monarch begrüßte die zum Empfange erschienenen Herren und be gab sich sodann zu Wagen nach dem Rathhause, vom Publikum mit stürmischen Zurufen begrüßt, wogegen Prinz Adalbert nach dem Hafen fuhr und eine Rundfahrt auf der Elbe machte. Nach Besichtigung des Rathhauses fand in der festlich decorirten Rose des Rathhauskellers ein Frühstück statt. Später erschien der Kaiser in der Börse, empfangen von den Mitgliedern der Handelskammer. Saal und Gallerien waren von einer vieltausendköpfigen Menschenmenge besetzt, die in anhaltende donnernde Hoch rufe ausbrach. In Vertretung des Handelskammerprä- sidentcn hielt Herr A. Wörmann eine Ansprache an den Kaiser, in der er auf die Ehre des Besuches hinwies, heiße Wünsche für eine glückliche Fahrt des Prinzen Heinrich aussprach, und die er mit den Worten schloß: „Dem mächtigen Schirmherrn des deutschen Reichs und der deutschen Flagge auf allen Meeren, Sr. Maje stät Kaiser Wilhelm tl. ein donnerndes Hoch!" Die Rede, welche mehrfach von lautem Beifall unterbrochen wurde, rief beim Schluffe tausendstimmigen brausenden Jubel hervor. Der Kaiser dankte sichtlich erfreut und reichte Herrn Wörmann die Hand. Um 1'/« Uhr reiste Se. Majestät nach Kiel weiter; auch hier, woselbst die Ankunft nachmittags erfolgte, war der Kaiser Gegenstand lebhafter Kundgebungen, nicht minder Prinz Heinrich, welcher seinen kaiserlichen Bruder von der Bahn abholte. Abends fand im kgl. Schlöffe ein großes Abschiedsmahl statt, bei welchem der Kaiser einen Trinkspruch ausbrachte. In Wilhelmshaven fand am Mittwoch die Formation des für die Expedition nach China bestimmten Marine« Jnfanteriebataillons und derMatrosen-Artillerie» Compagnie statt. Die nach China bestimmten Geschütze und, die Munition nebst Lafetten und Protzen wurden in vier Sonderzügen von Spandau nach Wilhelmshaven überführt. Die Mannschaften des Seebataillons sollen 1 Jahr in China bleiben. Kaiser Wilhelm ist bekanntlich dem österreichischen „Reichskanzler" sehr gewogen. Das erhellt auch aus der Thatsache, daß der Monarch den Grafen Goluchowski zu der ihm jüngst vom Kaiser Franz Joseph verliehenen Ordensauszeichnung beglückwünscht hat. Die Militärstrasprozeßresorm soll trotz der langen und unerwarteten Ausdehnung der Etatsberathung noch vor Weihnachten in erster Lesung erledigt werden. Herr v. Buol ist entschloßen, erforderlichenfalls zur Erreichung dieses Zieles noch am kommenden Montag eine Sitzung abzuhalten. lieber die deutschen Pläne in der Kiautschoubucht stellt man in England die kühnsten Vermuthungen an. Jetzt heißt es, Deutschland beabsichtige ganz Shantung mit deutschen Familien zu bevölkern und Kiautschou zu einem offenen Hafen zu machen. Die Hauptsache für uns ist und bleibt, daß England trotz seiner Mißgunst und seines Neides aus das deutsche Vorgehen in Ostasien einflußlos bleibt. Am heutigen Donnerstag ist das zweite Kreuzerge schwader mit dem Prinzen Heinrich an der Spitze unter den Segenswünschen des ganzen deutschen Volkes und den begeisterten Kundgebungen Tausender und Abertau sender von Zuschauern nach Ostasien in die See ge gangen. Der Kaiser hatte es sich nicht nehmen lassen, dem Geschwader persönlich da« Geleit zu geben. Wir wünschen und hoffen, daß Deutschlands Forderungen von China werden erfüllt werden, ohne daß es eines Schwert streiches bedarf; sollte es aber anders kommen, dann haben wir die feste Gewißheit, daß die deutschen Truppen unerschrockenen Muthes sür die Ehre des Reiches cin- treten werden. Kehrt Prinz Heinrich heim von seiner ostasiatischcn Expedition, dann kehrt er auch im Triumphe zurück, des sind wir gewiß. Aber wie gesagt, hoffent lich bedarf es nur der Entfaltung einer Respekt ein- flößenden Streitmacht Seitens Deutschlands, um den langzöpfigen Chinesen die Erkenntniß beizubringcn, daß Widersetzlichkeit hier nicht am Platze ist. Daß diese Erkenntniß jetzt bereits Boden gewinnt, dafür liegen mancherlei Anzeichen vor. Von den Chinesen war nach der Besetzung der Kiautschou-Bucht durch die Deutschen die telegraphische Verbindung unterbrochen worden. Auf die Vorstellung des deutschen Geschwaderchess, Admirals v. Diederichs, ist die Leitung unverzüglich wieder herge stellt worden. Damit ist aber bereits die Bereitwillig keit der Chinesen zur Anerkennung der Besetzung ausge sprochen. Einem Londoner Blatte zufolge haben die Deutschen ihr Occupationsgebiet bei Kiautschou ausge dehnt und ein Gebiet von etwa 400 Quadratmeilen in ihre Controle eingeschloffen. Sie haben Anstalten zur Verwaltung getroffen und erheben schon Abgaben. Diese Londoner Meldung entspricht augenscheinlich nicht der Wirklichkeit. Die brüffeler „Jndßpenvance" veröffentlicht eine Unterredung mit dem japanischen Botschafter in Paris. Derselbe stellte die baldige Theilung Chinas in Aussicht, weshalb Japan mit Rußland ein Ueberein kommen zur Wahrung der be'derseitigen Inter, ssen im Thiilungssalle geschlossen hätte. Deutschland Hao. rech.