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für die Ermordung der deutschen Missionare und überdem eine Gewährleistung dafür zu erhalten, daß solche Vor gänge sich nicht wiederholen. Die chinesische Regierung, welche die Niederlassung der Ausländer innerhalb ihres Machtbereichs zuläßt, muß denselben auch den nöthigen staatlichen Schutz verleihen können. Nach einer Londoner Meldung gewährt Rußland der chinesischen Regierung keine Unterstützung, wenn diese sich weigern sollte, den Anforderungen des deutschen Reiches Genüge zu thun. Der Etat für das Rechnungsjahr 1898 (von jetzt ab wird die Bezeichnung „Etatsjahr 1898/99" ersetzt durch „Rechnungsjahr 1898", „Etatsjahr 1899/1900" durch „Rechnungsjahr 1899" u. s. w.) schließt in Ein nahme und Ausgabe ab mit 1,437,139,979 Mk. Das sind 66,967,404 Mk. mehr als im Vorjahre. Bei den Ausgaben entfallen 1,240,630,952 Mk. auf die fort dauernden, 139,082,036 Mk. auf die einmaligen Aus gaben des ordentlichen und 87,426,991 Mk. auf die jenigen des außerordentlichen Etats. errerrLi-U«^-..»'«. Zur Ministerkrise in Oesterreich verlautet noch von wohl informirter Stelle, daß die eigentliche Ursache des Sturzes Badenis die durch ihn verschuldete Aussichts losigkeit der parlamentarischen Erledigung des Ausglcichs- provisoriums, die der Kaiser entschieden wünschte, war. Der Kaiser hatte deshalb den Frhrn. v. Gautsch noch vor zwei Wochen zur Audienz beschieden und ihn befragt, ob er die Bürgschaft für die Durchdringung des Provi soriums übernehmen wolle. Dies sei mit Wissen Badenis geschehen. Gautsch erklärte jevoch damals, er könne diese Bürgschaft einstweilen nicht übernehmen. Späterhin er klärten sich die Führer der deutschen Opposition bereit, falls Gautsch der Nachfolger Baoenis würde, die Ob- struction einzustellen, so daß der Kaiser, als er den un garischen Ministerpräsidenten Banffy in der letzten Audienz empfing, diesem versicherte, das Ausgleichsprovisorium werde im schlimmsten Aall um den Preis eines Personen wechsels im Ministerium parlamentarisch erledigt werden. Das neue Beamtenministerium gilt nur als ein Ueber- gangsminisierium. Nur unter der Voraussetzung, daß Abrahamowicz beseitigt, die lex Falkenhayn aufgehoben und die Sprachenverordnung bis auf Weiteres außer Kraft gesetzt wird, sind die deutschen Hauptparteien bereit, in sachliche Erörterung über das Ausgleichsprovisorium einzutreten. Den Bemühungen des neuen Ministerprä sidenten v. Gautsch ist die Bildung des Cabinets bereits gelungen. Frhr. v. Gautsch übernimmt neben dem Präsidium das Ministerium des Innern, Wclsers- heimb Landesvertheidigung, Böhm Finanzen, Latour Unterricht, Wittek Eisenbahnen, Ruber Justiz, Körber Handel, Graf Bylau Ackerbau. Die Wiedereinberufung des Reichsraths ist noch für diese Woche in Aussicht genommen. Die Czechen drohen mit Obstruction, da ihnen ein politisches Sedan bereitet worden sei; sie for dern mit der gesammten Rechten, daß Abrahamowicz Präsident bleibe, während dieser selbst unbedingt zu demonstriren entschlossen ist. Sollte er nachgeben und bleiben, so wird der Reichsrath unverzüglich geschlossen werden. Neue Nachrichten über Ausschreitungen in Böhmen liegen nicht vor; bis zur Wiedereröffnung der Parlamentsverhandlungen in Wien wird eS wohl auch ruhig bleiben. Die Verhandlungen des Abgeordnetenhauses werden am 10. December etwa wieder ausgenommen werden; auf ihren Verlaus darf man gespannt sein. Hochinteressant ist die Entscheidung des obersten Ge richtshofes in Wien, wonach die Sprachenverordnun gen der Rechtsgültigkeit entbehren. Auf Grund diefes Urtheils müssen jetzt die Verhandlungen vor dem Reichsgericht in Eger deutsch geführt werden. Gegen den Abg. Wolf wurde, wie aus Wien be richtet wird, die Untersuchung eingestellt, gegen andere Abgeordnete war Strafanzeige nicht erstattet worden. In Wolf's Redaction löste eine Ovation die andere ab, im Hof des Gebäudes standen zu Hunderten Studenten, die abwechselnd die „Wacht am Rhein" und das „Bis marcklied" sangen. Wols mußte jeder Abtheilung einige Worte sagen: „Ihr Alle habt mitgeholfen bei der schweren Arbeit. Wir erkennen das vollauf an! Jetzt haltet Ordnung und werdet Herr Eurer Erregung!" Aehnliches wiederholte er immer und immer wieder. Wols erhält zahlreiche Telegramme aus allen Theilen des Landes, in denen man ihn als den Mann der That feiert; überall, wo es Studenten und Techniker deutscher Nationalität giebt, werden Deputationen an ihn ent sendet. Die Meldungen von Kundgebungen aus allen Städten Oesterreichs laufen immer zahlreicher ein; wo die Bevölkerung cinsprachig ist, verläuft der Jubel in Eintracht, wo Czechen und Deutsche zusammenwohnen, kommt es zu Conflicten. In Eger war große, allgemeine Illumination; aber es wurden auch die dunkel gebliebe nen Fenster eingeschlagen. In Linz wurden dem Abg. Ebenhöch die Fenster. eingeworsen, worauf er aus dem Fenster fchoß. Türkei. Die Aufstände in Albanien scheinen doch ernster zu sein, als man vielfach angenommen, die Aufständischen haben eine ganze Anzahl von Ortschaften geplündert und viel Unheil angerichtet. Aus dem MrrLdKuihale. "Waldenburg, 1. December. In der gestern Abend stattgehabten Versammlung des hiesigen Gewerbevereins, zu welcher auf ergangene Einladung die erste Klaffe der hiesigen Gewerblichen Fach- und Fortbildungsschule sich ebenfalls cingefunden hatte, kam nach der üblichen Be grüßung durch den Vorsitzenden zunächst das Protokoll über die letzte Sitzung zur Verlesung, alsdann brachte der Vorsitzende ein Schreiben des Gewerbevereins an den Vorsitzenden des Landesverbandes sächsischer Volks bildungsvereine, betreffend einen Vorgang in letzter Vereinssitzung, zur Kenntnitz und theilte verschiedene Gegenstände aus der Registrande der Handels- und Gewerbekammer Chemnitz mit, betreffend eine Petition des hiesigen Bürgervereins an das kgl. Finanzministerium um Genehmigung zur Ausführung der Vorarbeiten für die von der Elektricitätsgesellschast vormals Kummer L Co. in Niedersedlitz geplante elektrische Eisenbahn Limbach- Waldenburg-Gößnitz, und betreffend die Verleihung einer Anerkennungsurkunde an den Schlaffer und Werksührer Herrn Carl Ehregott Bernhardt hier. Sitzungsberichte lagen vor aus Crimmitschau und Glauchau. Ausge nommen sind wiederum 2 Mitglieder. Herr Seminar- Oberlehrer Kaeseberg sprach alsdann über Erregung von Elektricität durch Vertheilung unter Vor führung von zahlreichen Experimenten vermittelst einer größeren Influenzmaschine, die sich im Besitze des hie sigen Seminars befindet. Nach einem geschichtlichen Rückblick auf die Entdeckungen und Erfindungen auf elektrischem Gebiete erklärte der Herr Vortragende die Erzeugung der Elektrrcität durch die Influenzmaschine und zeigte die verschiedenartigen Wirkungen des er zeugten Stromes. Besonders interessant waren hierbei die im verdunkelten Saal durch den elektrischen Funken zur Darstellung kommenden Lichtwtikungen (Funkener zeugung mit lautem Knall, Lichtbüschel, Erleuchtung der Geisler'schen Röhren rc.). Die wohlgelungenen Experi mente wurden seitens der zahlreichen Versammlung mit regstem Interesse verfolgt und am Schluffe dem Herrn Vortragenden reichster Beifall gespendet. Ihrem Danke gab die Versammlung durch Erheben von den Plätzen Ausdruck. * — Die Theatergesellschaft des Herrn Schleichardt brachte gestern Abend das Lustspiel „Zwei Wappen" von Oskar Blumenthal und G. Kadelburg zur Aufführung und errang dasselbe, unterstützt durch die vorzügliche Jn- scenirung und verständnißvolle Auffassung der Rollen seitens der Darsteller einen durchschlagenden Erfolg. Der Saal war leidlich besetzt. * — In Glauchau plant man zur Beseitigung der Ueberschwemmungsgesahr die Herstellung eines Mulden flutkanals ; nach Beschluß der städtischen Collegien daselbst ist bereits ein Gesuch an die kgl. Staatsregierung in Dresden um Erbauung eines solchen Kanals aus Staats kosten gerichtet worden. Auch der Landtagsabg. Herr Bößneck-Glauchau sprach in der 2. Kammer am 24. No vember die Hoffnung aus, daß die kgl. Staatsregierung die Stadt Glauchau bei der projectirten Herstellung eures Muldenflutkanals finanziell kräftig unterstützen werde. Projectirt ist hierbei die Einmündung des Kanals ent weder bei Jerisau oder weiter unterhalb am sogenannten Vogelberg. Namentlich gegen das letztere Project machen sich indessen erhebliche B^enken geltend, da dessen Aus führung für Remse, Kertzsch, Altstavtwaldenburg und den tief gelegenen Theil der Stadt Waldenburg nicht ohne Gefahr sein dürfte. * — Auf eine seinerzeit in Frohnsdorf beschlossene Petition ist Herrn Kirchschullehrer Jehnigen daselbst vom kgl. sächsischen Ministerium die Mittheilung zugegangen, daß bei Boderitz, sowie zwischen Beiern und Langen leuba-Niederhain Verkehrsstellen in Aussicht genommen sind. * — In Schwaben ist die Maul- und Klauenseuche ausgebrochen. — Am 27. November wurde von nachmittags 3 Uhr ab im Sitzungssaale der königlichen Amtshauptmannschaft in Glauchau die 8. diesjährige Sitzung des Bezirks ausschusses abgehalten. Nach einigen geschäftlichen Mil theilungen und Erledigung mehrerer die Bezirksanstalt Lichtenstein betreffenden Angelegenheiten fanden beziehent lich bedingungsweise Genehmigung: Die Schankerlaub nißgesuche Heinzes in St. Egidien, Kleindiensts in Niederlungwitz, Hofmanns in Ernstthal, Sonntags in Gößnitz — für Callenberg —, und der p. Adler in Lugau — für Gersdorf —, ferner das Gesuch Riedels in Seiferitz um Genehmigung zu Veranstaltung von Marionctten-Theater-Vorstellungen, das Gesuch Josts in Kleinchursdorf um Gestattung des Verkaufs von Cognac, die Acetylengas-Anlage Kretzschmars in Mülsen St-Micheln, die Kleinviehschlächterei-Anlage Vogels daselbst, das Dispensationsgesuch der verehelichten Waldenburger in Alt-Waldenburg in Dismembrationssachen, das revidirte Anlagen-Regulativ für Rüsdorf und der Nachtrag zum Anlagen-Rrgulativ für Rödlitz. Nach ersolgter Ueber- weisung der Bau-Unfall-Entschädigungs-Beiträge für das Jahr 1896 auf die Bezirkskaffe beschäftigte den Bezirks- Ausschuß weiter das Gesuch, die Bildung einer politischen Gemeinde „Hüttengrund" betreffend, sowie die Gesuche um Vermittelung von Wegebau-Staatsbeihilfen auf das Jahr 1898 und um Vermittelung von Staatsbeihilfen für die Volksbibliotheken, weiterhin eine Aenderung des fürstlichen Gutsbczirks Waldenburg und des Stadtbezirks Waldenburg und mehrere Anlagenrekurse. Nachdem hierauf der Bezirksausschuß sich noch über die Gesuche um Gewährung von Beihilfen aus Bezirksmittcln zu Wegebauzwecken, über die Wahl eines Hochbau-Sachoer- ständigen für die Enteignung des Areals zur Erweiterung des Bahnhofs Hohenstein-Ernstthal, über die Wahl der Mitglieder der Seuchen-Commission auf das Jahr 1898 und über die Vorschläge für die Wahl der Vertrauens männer zu den Ausschüssen für die Aufstellung der Ge schworenen- und Schöffenliste, sowie über die Anerkennung eines Gemeindevorstandes als berufsmäßigen Gemeinde beamten schlüssig gemacht hatte, wurde die Sitzung abends 7 Uhr geschloffen. — Vom Schwurgericht Zwickau wurde am Dienstag der Mutter- und Schwestermörder Alfred Jahn aus Crimmitschau in jedem Falle, also zwei Mal, zum Tode verurtheilt. Auch wurden ihm die bürgerlichen Ehren rechte dauernd abgefprochen und die Kosten auferlegt. — Ein starkes Wetterleuchten wurde am Sonntag Abend in Zwickau am nordwestlichen Himmel beobachtet. Nus Aem SHchKeMaMe. — Dw 1. Kammer trat am Dienstag in die Be- rathung über das kgl. Decret Nr. 15, den Gesetzent wurf wegen provisorischer Forterhebnng der Steuern und Abgaben im Jahre 1895 betr., ein. Die Kammer nahm denselben an. Nächste Sitzung Donnerstag. — In der 2. Kammer begann am Dienstag die Berathung mit vem Entwurf eures Gesetzes, die Ab änderung des Gesetzes über das Vereins und Ver ¬ sammlungsrecht vom 22. November 1850 betr. Nach Z 24 und 25 des Gesetzes, das Vereins- und Ver ¬ sammlungsrecht vom 22. November 1850 betreffend, dürfen Vereine, deren Zweck sich auf öffentliche Ange legenheiten bezieht, nur dann Zweigvereine bilden, resp. mit anderen Vereinen in Verbindung treten, wenn sie das Recht der Körperschaft erlangt haben. Nachdem der Reichstag in der Sitzung vom 17. Juni 1896 den An trag Bassermann angenommen, welcher lautet: „In ländische Vereine jeder Art dürfen mit einander in Ver bindung treten. Entgegenstehendc landesgesetzliche Be stimmungen sind aufzuheben" hat die Regierung beschlossen, den Z 24 des sächsischen Vereinsgesetzes zu ändern. Der Entwurf sichert inländischen Vereinen jeder Art, also auch politischen und solchen, die sich mit öffentlichen Angelegenheiten befassen, die Befugniß zur Bildung von Zweigvereinen und die volle Verbindungsfreiheit mit inländischen und deutschen Vereinen zu. Dagegen kann die Befugniß auf Verbindung politischer Vereine mit außerdcutschen Vereinen nicht ohne Weiteres ausgedehnt werden, da dies geeignet sein könnte, unsere innerstaat lichen Interessen und Beziehungen zu fremden Staaten zu schädigen. Für die Fälle, wo der internationale Verkehr unbedenklich erscheint, soll das Ministerium des Innern ermächtigt sein, Genehmigung zu ertheilen. Nach längerer Debatte, an der die Abgg. Kühlmorgen, Seifert, Kellner, Fräßdorf, Opitz, Streit, Schill, Goldstein und Mehnert, sowie der Staatsminister v. Metzsch theilnah- men, wird der Entwurf der Gesetzgebungsdeputation über- wiesen. Alsdann kommt der Entwurf eines Gesetzes behufs der revidirten Gesindeordnung für das Königreich Sachsen vom 2. Mai 1897 zur allgemeinen Vorbe- rathung. Auch dieser wurde nach kurzer Debatte an die Gesetzgebungsdeputation überwiesen. Nächste Sitzung Donnerstag. — Der Sächsische Landtag wird, wie wir aus sicherer Quelle erfahren, bis Ende April oder Anfang Mai tagen. Die Vertreter des Landes werden demnach auch am 23. April, dem Tage, an dem das 25jährige Re gierungsjubiläum und der 70jährige Geburtstag Sr. Majestät des Königs zusammen gefeiert werden, noch in Dresden anwesend sein, um die Feier hier mitbegehen zu können. Es entspricht dies auch einem besonderen Wunsche Sr. Majestät des Königs. — Die Biersteuer hat sich in EhtMUitz im letzten Jahre um 7000 Mk. erhöht: Dieses Resultat ist durch Erhöhung des Consums der besseren Biere um 11,800 Hektoliter erzielt worden. Von einfachen Bieren wurden rund 4000 Hektoliter weniger abgesetzt. — In Hohenstein erstrebt man den Bau einer elektrischen Bahnlinie von Hohenstein über Gersdorf nach Lugau-OelSnitz. — In Plauen wurde am Montag früh in der 4. Stunde in südlicher Richtung Wetterleuchten beobachtet. Altenburg, 30. November. Se. Hoheit Herzog Ernst begiebt sich morgen nach Leipzig und nimmt im Hotel „Kaiserhos" auf 14 Tage Wohnung, da er wiederum wie in früheren Jahren wegen seiner rheumatischen Schmerzen in der Anstalt des Herrn Or. Ramdohr heilgymnastische Uebungen vornehmen will. — Se. Hoheit Prinz Ernst hat Kleinasien durchreist und Aufenthalt in Konstantinopel genommen. — Die neuste Uebersicht über den Abbau von Braunkohlen im Herzogthum Altenburg bestätigt die alte Erfahrung, daß die Zahl der Braunkohlengruben immer mehr zurückgeht, trotzdem aber die Forderung